nadir start
 
initiativ periodika Archiv adressbuch kampagnen suche aktuell
Online seit:
Mon Feb 19 21:55:48 1996
 

Heiter bis Wolkig als Unwetter

aus: Zeck Nr 24, Seite 7

Heiter bis Wolkig als Unwetter !

Um es gleich vorweg zu nehmen: Ich habe die Vergewaltigungsszene nicht gesehen, "trotzdem" steht fuer mich die Solidaritaet mit den Frauen im Mittelpunkt, die sich so sehr angegriffen fuehlten, dass sie den Mut fanden, auf die Buehne zu gehen und dort ihre Wut zum Ausdruck zu bringen (obwohl sie nicht mit einer breiten Zustimmung im Publikum rechnen konnten).

Ich habe fast die ganze erste Haelfte von HbW gesehen, Langeweile und muedes Laecheln wechselten sich ab. Dann das eine oder andere Fragezeichen in meinem Kopf darueber, was wollen die 4 mir (Frau) sagen, wenn sie ohne jegliche Komik den Studenten parodieren, der in der Mensa erfolglos eine Frau anbaggert? Ich weiss es nicht.

Dann Telefonsex in der Ex-DDR -- ist Realitaet. Richtig. Ist beschissene Realitaet finde ich.

Der Einheitskasper ist - irgendwie - peinlich beruehrt. Wo bleibt der Sinn? Spaetestens wenn dieser Einheitskasper am Ende der Szene darueber witzelt, dass diese wieder "Aerger mit dem Frauenplenum" hervorrufen wird, spaetestens da geht der Schuss los - und zwar nach hinten fuer die Frauen. Als uns dann die phantastischen Vier mit ihren nackten Aerschen und ueberzogenen Schwaenzen belaestigten, da ist die Aussicht auf einen Tee mit Freundinnen in der Kneipe allemal erquicklicher als diese Krach-Flach-Dumm-Show.

Eine Vergewaltigungsszene scheint mir im Nachhinein fast logische Fortsetzung des Vorangegangenen zu sein.

Haben die Maenner (ob auf der Buehne oder im Publikum) eigentlich irgendwann einen Gedanken daran verschwendet, dass alle Frauen (auch im Publikum) Opfer von sexueller Unterdrueckung und/oder Vergewaltigung sind? Dass dies kein "Phaenomen" ist, ueber das wir diskutieren, lamentieren und Witze reissen koennen, wollen ? Die Frauen, die sich mit den offensichtlichen und subtilen Unterdrueckungsmethoden der Maenner intensiv beschaeftigen, stecken oftmals sogar tiefer im Dreck als andere. Dass kann z.B. heisen, die Telefon - Sexszene, die Vergewaltigungsszene etc. einfach nicht ertragen zu koennen, weil sie ein Angriff auf die Frauen sind und nicht - wir behauptet wird - ein Angriff auf die Frauenunterdrueckung.

Wessen Wahrnehmung, wenn nicht die von den betroffenen Frauen, soll denn hier Massstab sein ?

Die Aussagen aus dem Publikum "Die verstehen ja keinen Spass" sind angesichts der Realitaeten in denen wir Frauen uns bewegen bestenfalls als vollkommen stumpf anzusehen.

Bei HbW war zu hoeren, "klar issas schwierig fuer Maenner Sexismus darzustellen, aber...". So klar schien mir das an dem Abend gar nicht zu sein. "...und da muss Mann eben aufpassen, sonst ist es nicht mehr witzig:. Falsch. Sondern: Sexismus ist nicht witzig.

Witzig waere eine Persiflage auf den Versuch linker Maenner sich "irgendwie korrekt gegenueber Frauen" zu verhalten oder sich ihres eigenen Sexismus bewusst zu werden, oder oder oder... Aber Sexismus im grossen Deutschland als Scherz ? Ich sage nicht, dass das unmoeglich ist, kann es mir allerdings ueberhaupt gar nicht vorstellen.

Fazit des Abends:
Das Publikum war furchtbar und hat mir mit seinen Beschimpfungen und dem anschliessenden Nichtverhalten zu den Beschimpfungen Angst gemacht.

HbW sollen entweder bei dem angedroschenen Cannabis- Raumschiff und Plattfuss - - Autonomen bleiben und so die Groehl- Suaf- Fraktion zufriedenstellen oder mal was witziges machen. Die alte Show ist gut fuers Schmidt's, aber nicht fuer halbwegs intelligente Menschen.

Richtig gut waren die Diskussionen nach der Show in der Halle.