27.5.2000: Antifaschistische Demonstration in Passau

Antifaschistisch kämpfen! Kein Friede mit Kapitalismus und Polizeistaat!

Am 27. Mai will die NPD/JN in Passau den 2. Tag des nationalen Widerstandes begehen. In diesem Jahr steht die Veranstaltung unter dem Motto "Bewegung muss Partei ergreifen". Aus diesem Grunde wird es einen antifaschistischen Aktionstag geben.

8.00 Uhr:
Aktionen um die Nibelungenhalle, Kundgebungen und Infostände

13.30 Uhr:
Demonstration (Auftakt Rathaus)
im Anschluss Konzert

16.30 Uhr:
Strassenfest am "Unterer Sand"

 

Information und Kontakt



Antifaschistische Aktion Passau
Grosse Messergasse 8
94082 Passau

0177 / 334 81 70


Bundesweite Aktion Zivilcourage



Genauere Infos zur Unterschriftensammlung der BAZ
findet Ihr hier!

Aufruf


Faschisten bekämpfen! Auf allen Ebenene! Mit allen Mitteln!


Am 27. Mai 2000 plant die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) zusammen mit ihrer Jugendorganisation Junge Nationaldemokraten (JN) erneut einen Bundeskongreß im niederbayerischen Passau. Nachdem seit fast zwanzig Jahren die faschistische DVU und die rechte CSU ihre alljährliche Großveranstaltung in der örtlichen Nibelungenhalle durchführen, versucht nun auch die NPD ein weiteres braunes Massenspektakel in dem zur NS-Zeit errichteten Teutonenbau zu etablieren. Gleichzeitig wird versucht, dem jahrelangen antifaschistischen Widerstand ein Ende zu setzen. Derzeit sehen sich 33 Passauer AntifaschstInnen dem Vorwurf ausgesetzt, eine "kriminelle Vereinigung" nach §129 gebildet zu haben. Doch wo Nazis ihre Hetze verbreiten, muß ihnen statt Ruhe und Ordnung entschlossener Widerstand entgegenschlagen.

Bereits im Februar 1998 hatten NPD und JN mehrere tausend FaschistInnen zu einem "Tag des nationalen Widerstandes" nach Passau mobilisiert. Zuvor hatte sich die "Passauer Aktion Zivilcourage" (PAZ) gegründet, die mit über 2000 Unterschriften zu einer Blockade der Nibelungenhalle aufrief. Gleichzeitig mobilisierten autonome AntifaschistInnen zur Blockade, die Antifaschistische Aktion / Bundesweite Organisation (AA / BO) rief darüber hinaus zu einer Großdemonstration auf. Bei den gemeinsamen Blockadeversuchen von Passauer BürgerInnen und autonomen AntifaschistInnen kam es schließlich zu Angriffen gegen FaschistInnen, so daß mehrere NPD-Busse beschädigt wurden. Nachmittags demonstrierten über 2000 AntifaschistInnen gegen den Bundeskongreß der NPD, gegen Polizeistaat und rassistische Hetze. Durch die Breite des Widerstandes aller antifaschistischen Kräfte, bei dem verschiedene Aktionsformen gleichberechtigt nebeneinander standen, konnte die Isolierung linksradikaler Politik aufgebrochen werden. Ziel muß es nun sein, an diesen Widerstand anzuknüpfen und gemeinsam mit allen antifaschistischen und fortschrittlichen Kräften gegen die FaschistInnen vorzugehen!

NPD - 2. "Tag des nationalen Widerstandes"

Unter dem Motto: "Bewegung muß Partei ergreifen" mobilisiert die NPD am 27. Mai in die Nibelungenhalle, mit dem Ziel, das Spektakel von 1998 zu wiederholen. Als Besonderheit will die Partei dann auch ihren Beschluß, österreichische Staatsbürger als Miglieder für die Partei zuzulassen, in Passau feiern. Daß NPD und JN nun erneut nach Passau mobilisieren, hat gute Gründe. Schon im Februar 1998 hatte die NPD versucht, mit der Großveranstaltung in Passau ihre Führungsrolle auszubauen. Denn nach den Verboten verschiedener faschistischer Parteien und Organisationen Mitte der 90er Jahre gelang es ihr aufgrund ihres Parteistatus, Faschisten jeglicher Couleur zu sammeln und organisatorisch zu vereinigen. Für die Mobilisierungsfähigkeit spielte vor allem die JN eine wichtige Rolle, die eine Brücke zur militanten Nazi- und Skinheadszene schlug. Anschaulich vorgeführt wurde die neue Stärke bei den Großaufmärschen in den Jahren 1997 und 1998, wo jeweils mehrere tausend FaschistInnen auf die Straße gingen. Die staatliche Strategie im Umgang mit den Faschisten hat sich mittlerweile aber dahingehend verändert, daß Aufmärsche - und gleichzeitig die antifaschistischen Gegenveranstaltungen - zunehmend verboten werden. Die geplante Großkundgebung der NPD bietet den Faschisten dagegen die Möglichkeit, erneut eine der europaweit größten faschistischen Veranstaltungen durchzuführen und so Erfolge zu präsentieren, die für den Zusammenhalt des rechten Lagers nötig sind.

Passau - "die heimliche Hauptstadt der Bewegung"

Das gerade das konservativ-katholische Passau von Faschisten zum Wallfahrtsort erklärt wurde und wird, liegt an den "Standortvorteilen" der Stadt. Gewährleistet werden diese von der dort vorherrschenden Verdrängungslogik einerseits und dem Polizeistaatsklima gegen AntifaschistInnen andererseits. So präsentiert sich das idyllische Dreiflüssestädtchen in der Öffentlichkeit gerne als "weltoffene" Universitäts- und Kulturstadt. Um den Tourismus als eine der Haupteinnahmequellen und den Wirtschaftsstandort insgesamt nicht zu gefährden, sind die Stadtoberen seit Jahren darum bemüht, dieses Image entgegen der dortigen Realität aufrechtzuerhalten. Gemeint sind unter anderem die alljährlichen Treffen der faschistischen DVU, die seit 18 Jahren Großveranstaltungen mit bis zu 5000 FaschistInnen abhält. Das Verhalten der Stadt Passau zu diesen Nazitreffen ging über Lippenbekenntnisse nicht hinaus. Zuletzt beschränkte sich der Protest auf Klagen gegen die Nutzung der Nibelungenhalle durch die DVU, die jedoch wegen ihrer juristischen Aussichtslosigkeit noch nicht einmal symbolhaften Charakter hatten. Mittlerweile werden diese Prozesse nicht mehr geführt. Die NPD kann sich also sicher sein, daß ihr von offizieller Seite keine Steine in den Weg gelegt werden, im Gegenteil. Als sich die PAZ 1998 zur breit angelegten Offensive entschloß, fiel der Oberbürgermeister Willi Schmöller (SPD) in Eintracht mit Polizeichef Leonhard Gruber den fortschrittlichen Kräften der Passauer Bevölkerung in den Rücken, indem sie über die konservative Monopolzeitung Passauer Neue Presse (PNP) dazu aufriefen, sich nicht an der Blockade zu beteiligen, mit dem Hinweis, die TeilnehmerInnen würden sich strafbar machen. Kein Wunder also, daß sich die NPD neben der DVU in Passau wohlfühlt. Die Gründe sieht Willi Schmöller freilich ganz woanders. So behauptete er kurz vor der DVU-Veranstaltung 1998 in der Süddeutschen Zeitung, die Schuldige an den kontinuierlichen Treffen sei die Historikerin Anna Rosmus, da sie mit ihren Veröffentlichungen über die NS-Zeit in Passau die Braunen geradezu angezogen hätte. Die Passauerin hatte vor einigen Jahren die Stadt verlassen, nachdem sie mit Drohbriefen und Morddrohungen terrorisiert worden war.

Widerstand im Polizeistaat Bayern

Trotz der schlechten politischen Bedingungen, wie fehlende linksliberale Öffentlichkeit, dem konservativen Meinungsmonopol der PNP und Behinderungen durch die Stadtverwaltung, entwickelte sich seit 1983 kontinuierlicher antifaschistischer Widerstand. Dabei war es zeitweilig gelungen, mit einer breit angelegten Bündnisarbeit beachtliche Mobilisierungserfolge zu erzielen. Die antifaschistische Linke in Passau ist jedoch seit jeher nicht nur den Diffamierungs- und Hetzkampagnen der örtlichen Presse und reaktionären Politikern ausgesetzt. Seit 1995 setzte zusätzlich eine massive Kriminalisierungswelle ein, bei der willkürliche Kontrollen, Hausdurchsuchungen und Verfahren wegen Bagatelldelikten an der Tagesordnung waren. Den Höhepunkt bildete jedoch eine bundesweite Durchsuchungsaktion am 12. Mai 1998 gegen Passauer AntifaschistInnen, mit dem Vorwurf der "Bildung einer kriminellen Vereinigung" nach §129. Mit 4500 abgehörten Telefonaten läßt sich schon jetzt ein gigantisches Ausmaß der Überwachung, die noch immer anhält, erahnen. Im Fadenkreuz der Ermittler steht dabei die "Antifaschistische Aktion Passau", eine Gruppe die seit 1992 mit Bündnis-, Öffentlichkeits- und Jugendarbeit kontinuierlich linksradikale Politik betrieben und regional vermittelt hat. Durch die Einbindung in die AA / BO geschah dies nicht isoliert, sondern auf dem Stand der bundesweiten Entwicklung. Nicht zufällig nach den Aktionen gegen den NPD-Kongreß im Februar 1998 ist das bayerische Landeskriminalamt bemüht, durch dieses Verfahren autonome AntifaschistInnen zu isolieren, einzuschüchtern und antifaschistische Strukturen zu durchleuchten und zu zerschlagen. Denn gerade die Durchbrechung der Isolation linksradikaler Politik ist dem "Freistaat" Bayern ein Dorn im Auge und läuft den politischen Ausgrenzungsstrategien entgegen. Damit einher geht auch das Abstrafen der Initiatorin der PAZ, die wegen "Aufruf zu Straftaten" zu einer Geldbuße von 800 DM verurteilt wurde, sowie zahlreiche weitere Verfahren, zum Teil nach §129, gegen UnterstützerInnen. So wird versucht, diejenigen zu kriminalisieren und mundtot zu machen, die sich aktiv und entschlossen gegen die FaschistInnen zur Wehr setzen.

Kapitalismus abschaffen!

Die staatliche Verfolgung der radikalen Linken hat Kontinuität. Heute wird, einhergehend mit der Gleichsetzung von "links" und "rechts", zur Extremistenjagd geblasen, um - so die gängige Version - die "demokratische Mitte" der Gesellschaft zu schützen. Dieses Vorgehen beinhaltet nicht nur die Diskreditierung von antifaschistischer Politik als "totalitär". Die Einteilung der Gesellschaft in "extreme" Ränder und einer demokratischen "Mitte" erweist sich, auf die gesellschaftliche Realität angewandt, als unhaltbare Konstruktion, die den Zusammenhang von bürgerlicher Gesellschaft und Faschismus verschleiert. So konnten sich die etablierten Parteien der EU zum Beispiel nur dadurch von den österreichischen Rechtsextremisten der FPÖ abgrenzen, indem sie das Problem auf Jörg Haider oder allenfalls auf die Parteimitglieder der FPÖ beschränkten. Daß die FPÖ dort mit einer Massenbasis und auf völlig regulärem Weg zur Macht kam, mußte dabei ausgeblendet werden. Denn dann hätte die Entwicklung in Österreich als ein allgemeines Problem kapitalistischer Gesellschaften thematisiert werden müssen. Die Abgrenzung gegenüber Haider fiel dafür um so heftiger aus, galt es doch, den eigenen Weg, der beständig nach rechts abdriftet, in die demokratische Mitte zu rücken. Denn rassistische Asylpolitik, repressive Innenpolitik, Sozialabbau und Aggression nach Außen ist Realität rot-grüner Regierungspolitik. Für all das steht auch Jörg Haider, der weiß, wie er seine rechtsextremistischen Ambitionen mediengerecht verkaufen kann. So ist es auch kein Wunder, wenn der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber die öffentliche Kritik an der ÖVP-FPÖ Koalition als überzogen kritisiert. Der bürgerliche Staat, als Verwaltungsinstanz kapitalistischer Verwertungslogik, beinhaltet auch immer den Faschismus als mögliche Option der politischen Verwaltung. In Österreich zeigt sich deutlich, daß rechtsextreme Politik den bürgerlichen Staat nicht gefährdet. Vielmehr drängt etwas zu Tage, das schon immer Teil der Gesellschaft war: Rassismus und Antisemitismus gären nun nicht mehr nur in den Kellern des kapitalistischen Produktionsprozesses, sondern wollen denselben endlich wieder mitgestalten. Das Verhältnis von Staat und Faschisten zu thematisieren und Kapitalismus als Ursache des Faschismus zu bekämpfen, ist Aufgabe eines konsequenten Antifaschismus. Gerade deshalb werden AntifaschistInnen zur Zielscheibe der staatlichen Repression. Denn der Gedanke, daß es eine Alternative zum kapitalistischen System geben kann, soll ein für allemal aus den Köpfen verschwinden.

Auf geht`s in die Provinz!

Auf die staatliche Repression gegen AntifaschistInnen, die letztlich den Faschisten als Schützenhilfe dient, kann es nur eine Antwort geben: offensiven Widerstand, der zusammen mit allen fortschrittlichen Kräften auf die Straße getragen werden muß. Wir werden als AA / BO am 27. Mai unter dem Motto: "Antifaschistisch kämpfen! Kein Friede mit Kapitalismus und Polizeistaat!" nach Passau mobilisieren, weil wir nicht tatenlos hinnehmen wollen, daß Faschisten sich vor dem Hintergrund biederer Beschaulichkeit und Polizeistaatsterror gegen AntifaschistInnen neue Freiräume eröffnen. Es ist notwendig, AntifaschistInnen in der konservativ-gleichgültigen Provinz zu unterstützen und bundesweiten Druck auf die Stadt Passau und die bayerischen Polizeibehörden auszuüben. Denn Antifaschismus ist nicht kriminell, sondern notwendig!