Faschisten bekämpfen! Auf allen Ebenene! Mit allen Mitteln!
Am 27. Mai 2000 plant die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD)
zusammen mit ihrer Jugendorganisation Junge Nationaldemokraten (JN) erneut
einen Bundeskongreß im niederbayerischen Passau. Nachdem seit fast zwanzig
Jahren die faschistische DVU und die rechte CSU ihre alljährliche Großveranstaltung
in der örtlichen Nibelungenhalle durchführen, versucht nun auch die NPD
ein weiteres braunes Massenspektakel in dem zur NS-Zeit errichteten Teutonenbau
zu etablieren. Gleichzeitig wird versucht, dem jahrelangen antifaschistischen
Widerstand ein Ende zu setzen. Derzeit sehen sich 33 Passauer AntifaschstInnen
dem Vorwurf ausgesetzt, eine "kriminelle Vereinigung" nach §129 gebildet
zu haben. Doch wo Nazis ihre Hetze verbreiten, muß ihnen statt Ruhe und
Ordnung entschlossener Widerstand entgegenschlagen.
Bereits im Februar 1998 hatten NPD und JN mehrere tausend FaschistInnen
zu einem "Tag des nationalen Widerstandes" nach Passau mobilisiert. Zuvor
hatte sich die "Passauer Aktion Zivilcourage" (PAZ) gegründet, die mit
über 2000 Unterschriften zu einer Blockade der Nibelungenhalle aufrief.
Gleichzeitig mobilisierten autonome AntifaschistInnen zur Blockade, die
Antifaschistische Aktion / Bundesweite Organisation (AA / BO) rief darüber
hinaus zu einer Großdemonstration auf. Bei den gemeinsamen Blockadeversuchen
von Passauer BürgerInnen und autonomen AntifaschistInnen kam es schließlich
zu Angriffen gegen FaschistInnen, so daß mehrere NPD-Busse beschädigt
wurden. Nachmittags demonstrierten über 2000 AntifaschistInnen gegen den
Bundeskongreß der NPD, gegen Polizeistaat und rassistische Hetze. Durch
die Breite des Widerstandes aller antifaschistischen Kräfte, bei dem verschiedene
Aktionsformen gleichberechtigt nebeneinander standen, konnte die Isolierung
linksradikaler Politik aufgebrochen werden. Ziel muß es nun sein, an diesen
Widerstand anzuknüpfen und gemeinsam mit allen antifaschistischen und
fortschrittlichen Kräften gegen die FaschistInnen vorzugehen!
NPD - 2. "Tag des nationalen Widerstandes"
Unter dem Motto: "Bewegung muß Partei ergreifen" mobilisiert die NPD am
27. Mai in die Nibelungenhalle, mit dem Ziel, das Spektakel von 1998 zu
wiederholen. Als Besonderheit will die Partei dann auch ihren Beschluß,
österreichische Staatsbürger als Miglieder für die Partei zuzulassen,
in Passau feiern. Daß NPD und JN nun erneut nach Passau mobilisieren,
hat gute Gründe. Schon im Februar 1998 hatte die NPD versucht, mit der
Großveranstaltung in Passau ihre Führungsrolle auszubauen. Denn nach den
Verboten verschiedener faschistischer Parteien und Organisationen Mitte
der 90er Jahre gelang es ihr aufgrund ihres Parteistatus, Faschisten jeglicher
Couleur zu sammeln und organisatorisch zu vereinigen. Für die Mobilisierungsfähigkeit
spielte vor allem die JN eine wichtige Rolle, die eine Brücke zur militanten
Nazi- und Skinheadszene schlug. Anschaulich vorgeführt wurde die neue
Stärke bei den Großaufmärschen in den Jahren 1997 und 1998, wo jeweils
mehrere tausend FaschistInnen auf die Straße gingen. Die staatliche Strategie
im Umgang mit den Faschisten hat sich mittlerweile aber dahingehend verändert,
daß Aufmärsche - und gleichzeitig die antifaschistischen Gegenveranstaltungen
- zunehmend verboten werden. Die geplante Großkundgebung der NPD bietet
den Faschisten dagegen die Möglichkeit, erneut eine der europaweit größten
faschistischen Veranstaltungen durchzuführen und so Erfolge zu präsentieren,
die für den Zusammenhalt des rechten Lagers nötig sind.
Passau - "die heimliche Hauptstadt der Bewegung"
Das gerade das konservativ-katholische Passau von Faschisten zum Wallfahrtsort
erklärt wurde und wird, liegt an den "Standortvorteilen" der Stadt. Gewährleistet
werden diese von der dort vorherrschenden Verdrängungslogik einerseits
und dem Polizeistaatsklima gegen AntifaschistInnen andererseits. So präsentiert
sich das idyllische Dreiflüssestädtchen in der Öffentlichkeit gerne als
"weltoffene" Universitäts- und Kulturstadt. Um den Tourismus als eine
der Haupteinnahmequellen und den Wirtschaftsstandort insgesamt nicht zu
gefährden, sind die Stadtoberen seit Jahren darum bemüht, dieses Image
entgegen der dortigen Realität aufrechtzuerhalten. Gemeint sind unter
anderem die alljährlichen Treffen der faschistischen DVU, die seit 18
Jahren Großveranstaltungen mit bis zu 5000 FaschistInnen abhält. Das Verhalten
der Stadt Passau zu diesen Nazitreffen ging über Lippenbekenntnisse nicht
hinaus. Zuletzt beschränkte sich der Protest auf Klagen gegen die Nutzung
der Nibelungenhalle durch die DVU, die jedoch wegen ihrer juristischen
Aussichtslosigkeit noch nicht einmal symbolhaften Charakter hatten. Mittlerweile
werden diese Prozesse nicht mehr geführt. Die NPD kann sich also sicher
sein, daß ihr von offizieller Seite keine Steine in den Weg gelegt werden,
im Gegenteil. Als sich die PAZ 1998 zur breit angelegten Offensive entschloß,
fiel der Oberbürgermeister Willi Schmöller (SPD) in Eintracht mit Polizeichef
Leonhard Gruber den fortschrittlichen Kräften der Passauer Bevölkerung
in den Rücken, indem sie über die konservative Monopolzeitung Passauer
Neue Presse (PNP) dazu aufriefen, sich nicht an der Blockade zu beteiligen,
mit dem Hinweis, die TeilnehmerInnen würden sich strafbar machen. Kein
Wunder also, daß sich die NPD neben der DVU in Passau wohlfühlt. Die Gründe
sieht Willi Schmöller freilich ganz woanders. So behauptete er kurz vor
der DVU-Veranstaltung 1998 in der Süddeutschen Zeitung, die Schuldige
an den kontinuierlichen Treffen sei die Historikerin Anna Rosmus, da sie
mit ihren Veröffentlichungen über die NS-Zeit in Passau die Braunen geradezu
angezogen hätte. Die Passauerin hatte vor einigen Jahren die Stadt verlassen,
nachdem sie mit Drohbriefen und Morddrohungen terrorisiert worden war.
Widerstand im Polizeistaat Bayern
Trotz der schlechten politischen Bedingungen, wie fehlende linksliberale
Öffentlichkeit, dem konservativen Meinungsmonopol der PNP und Behinderungen
durch die Stadtverwaltung, entwickelte sich seit 1983 kontinuierlicher
antifaschistischer Widerstand. Dabei war es zeitweilig gelungen, mit einer
breit angelegten Bündnisarbeit beachtliche Mobilisierungserfolge zu erzielen.
Die antifaschistische Linke in Passau ist jedoch seit jeher nicht nur
den Diffamierungs- und Hetzkampagnen der örtlichen Presse und reaktionären
Politikern ausgesetzt. Seit 1995 setzte zusätzlich eine massive Kriminalisierungswelle
ein, bei der willkürliche Kontrollen, Hausdurchsuchungen und Verfahren
wegen Bagatelldelikten an der Tagesordnung waren. Den Höhepunkt bildete
jedoch eine bundesweite Durchsuchungsaktion am 12. Mai 1998 gegen Passauer
AntifaschistInnen, mit dem Vorwurf der "Bildung einer kriminellen Vereinigung"
nach §129. Mit 4500 abgehörten Telefonaten läßt sich schon jetzt ein gigantisches
Ausmaß der Überwachung, die noch immer anhält, erahnen. Im Fadenkreuz
der Ermittler steht dabei die "Antifaschistische Aktion Passau", eine
Gruppe die seit 1992 mit Bündnis-, Öffentlichkeits- und Jugendarbeit kontinuierlich
linksradikale Politik betrieben und regional vermittelt hat. Durch die
Einbindung in die AA / BO geschah dies nicht isoliert, sondern auf dem
Stand der bundesweiten Entwicklung. Nicht zufällig nach den Aktionen gegen
den NPD-Kongreß im Februar 1998 ist das bayerische Landeskriminalamt bemüht,
durch dieses Verfahren autonome AntifaschistInnen zu isolieren, einzuschüchtern
und antifaschistische Strukturen zu durchleuchten und zu zerschlagen.
Denn gerade die Durchbrechung der Isolation linksradikaler Politik ist
dem "Freistaat" Bayern ein Dorn im Auge und läuft den politischen Ausgrenzungsstrategien
entgegen. Damit einher geht auch das Abstrafen der Initiatorin der PAZ,
die wegen "Aufruf zu Straftaten" zu einer Geldbuße von 800 DM verurteilt
wurde, sowie zahlreiche weitere Verfahren, zum Teil nach §129, gegen UnterstützerInnen.
So wird versucht, diejenigen zu kriminalisieren und mundtot zu machen,
die sich aktiv und entschlossen gegen die FaschistInnen zur Wehr setzen.
Kapitalismus abschaffen!
Die staatliche Verfolgung der radikalen Linken hat Kontinuität. Heute
wird, einhergehend mit der Gleichsetzung von "links" und "rechts", zur
Extremistenjagd geblasen, um - so die gängige Version - die "demokratische
Mitte" der Gesellschaft zu schützen. Dieses Vorgehen beinhaltet nicht
nur die Diskreditierung von antifaschistischer Politik als "totalitär".
Die Einteilung der Gesellschaft in "extreme" Ränder und einer demokratischen
"Mitte" erweist sich, auf die gesellschaftliche Realität angewandt, als
unhaltbare Konstruktion, die den Zusammenhang von bürgerlicher Gesellschaft
und Faschismus verschleiert. So konnten sich die etablierten Parteien
der EU zum Beispiel nur dadurch von den österreichischen Rechtsextremisten
der FPÖ abgrenzen, indem sie das Problem auf Jörg Haider oder allenfalls
auf die Parteimitglieder der FPÖ beschränkten. Daß die FPÖ dort mit einer
Massenbasis und auf völlig regulärem Weg zur Macht kam, mußte dabei ausgeblendet
werden. Denn dann hätte die Entwicklung in Österreich als ein allgemeines
Problem kapitalistischer Gesellschaften thematisiert werden müssen. Die
Abgrenzung gegenüber Haider fiel dafür um so heftiger aus, galt es doch,
den eigenen Weg, der beständig nach rechts abdriftet, in die demokratische
Mitte zu rücken. Denn rassistische Asylpolitik, repressive Innenpolitik,
Sozialabbau und Aggression nach Außen ist Realität rot-grüner Regierungspolitik.
Für all das steht auch Jörg Haider, der weiß, wie er seine rechtsextremistischen
Ambitionen mediengerecht verkaufen kann. So ist es auch kein Wunder, wenn
der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber die öffentliche Kritik
an der ÖVP-FPÖ Koalition als überzogen kritisiert. Der bürgerliche Staat,
als Verwaltungsinstanz kapitalistischer Verwertungslogik, beinhaltet auch
immer den Faschismus als mögliche Option der politischen Verwaltung. In
Österreich zeigt sich deutlich, daß rechtsextreme Politik den bürgerlichen
Staat nicht gefährdet. Vielmehr drängt etwas zu Tage, das schon immer
Teil der Gesellschaft war: Rassismus und Antisemitismus gären nun nicht
mehr nur in den Kellern des kapitalistischen Produktionsprozesses, sondern
wollen denselben endlich wieder mitgestalten. Das Verhältnis von Staat
und Faschisten zu thematisieren und Kapitalismus als Ursache des Faschismus
zu bekämpfen, ist Aufgabe eines konsequenten Antifaschismus. Gerade deshalb
werden AntifaschistInnen zur Zielscheibe der staatlichen Repression. Denn
der Gedanke, daß es eine Alternative zum kapitalistischen System geben
kann, soll ein für allemal aus den Köpfen verschwinden.
Auf geht`s in die Provinz!
Auf die staatliche Repression gegen AntifaschistInnen, die letztlich den
Faschisten als Schützenhilfe dient, kann es nur eine Antwort geben: offensiven
Widerstand, der zusammen mit allen fortschrittlichen Kräften auf die Straße
getragen werden muß. Wir werden als AA / BO am 27. Mai unter dem Motto:
"Antifaschistisch kämpfen! Kein Friede mit Kapitalismus und Polizeistaat!"
nach Passau mobilisieren, weil wir nicht tatenlos hinnehmen wollen, daß
Faschisten sich vor dem Hintergrund biederer Beschaulichkeit und Polizeistaatsterror
gegen AntifaschistInnen neue Freiräume eröffnen. Es ist notwendig, AntifaschistInnen
in der konservativ-gleichgültigen Provinz zu unterstützen und bundesweiten
Druck auf die Stadt Passau und die bayerischen Polizeibehörden auszuüben.
Denn Antifaschismus ist nicht kriminell, sondern notwendig!
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