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Repression

Die Repression in Genua mit einem Toten hunderten Schwerverletzten, Folter und Prügel für die Festgenommen stellt für alle eine neue Qualität staatlichen Terrors in Europa dar. Die Fragen nach der politischen Bewertung der Ereignisse, wie auch der Repression stehen dabei im Mittelpunkt, ebenso wie die Frage nach der Perspektive radikal linken Widerstandes in der "Antiglob" Bewegung.
Ebenso in diesen Kontext gehört die Frage nach den Gefangenen. Derzeit befinden sich noch über 40 Personen [daruntern 10 Deutsche] in den Knästen des italienischen Staatsterrors unter mehr oder weniger übeln Bedinungen. Die Freiheit der Gefangenen muss erkämpft werden. Macht Aktionen, Kundgebungen, Demonstrationen oder spendet Kohle.

In diesem Sinne:

Kampf dem Staatsterrorismus!
Smash capitalism!

Hier findet ihr folgende Artikel: [wird noch erweitert]

- Interview des Radio Z mit dem EA Milano
- update Nr.5 des EA-Milano [indymedia]
- Das Konstrukt vom "Black bloc" [indymedia germany]

- Neues zu den Todesumständen von Carlo Giuliani [indymedia italy]
- Augenzeugenbericht des Überfalls auf die Diaz Schule [von indymedia]
- Zeugnis eines Fotografen [indymedia italy]

Update 14.8. : Es ist auf alle Fälle so, dass die Inhaftierten Deutschen weiterhin in U-Haft verbleiben müssen. Gegen sie läuft ebenfalls das Konstrukt des black bloc [siehe dort]. Als Beweismittel werden schwarze Klamotten, Campnigegenstände, Fotos und andere "höchst aufschlußreiche" Indizien in Feld geführt. Absurd - Aber wie die Anwälte sagen: Die sind keine Verfahren, die juristisch entschieden werden, sondern einzig und allein politisch.
Also: Get in action - die Freiheit der Gefangenen erkämpfen!!!

Interview von Radio Z mit dem EA Milano

Noch 42 Menschen in Genua in Haft - Neues vom Ermittlungsausschuss Milano

Von den beim G8-Gipfel in Genua Festgenommen befinden sich noch 42 Menschen in 4 Gefängnissen Genuas. Trotz zweifelhafter Beweislage müssen einige von ihnen mit bis zu mehreren Jahren Haft rechnen.

Radio Z sprach mit einer Vertreterin des Ermittlungsausschusses Milano, der die Gefangenen bzw. deren Angehörige unterstützt. Übrigens: der Ermittlungsausschuß braucht für seine Arbeit Geld.

Das Interview in Stichworten:
Noch 42 Menschen in Haft (letzte Woche: 51)
- Donnerstag letzter Woche: Festnahme eines Italieners in Turin, der jetzt im Gefängnis Marassi in Genua sitzt; Anklage: soll in Genua LKW gefahren haben, aus dem Waffen geliefert wurden (stützt sich auf Indizien)
- Haftprüfungstermin heute: Ergebnisse noch nicht klar. RichterInnen dürfen sich 5 Tage Zeit lassen, bis sie dessen Ergebnisse präsentieren d.h. es kann wegen des Feiertags am Mittwoch bis Montag dauern. Doch für morgen werden die ersten Ergebnisse erwartet
- Freilassung kann sich je nach Herkunftsland ein paar Tage verzögern, da Nicht-ItalienerInnen evtl. in Abschiebehaft genommen werden
- 1 Italiener wurde letzte Woche entlassen, einer steht seit vergangener Woche unter Hausarrest - Alle Menschen, die bereits ihren 2. Haftprüfungstermin hatten und bei denen auf Haftfortdauer entschieden wurde, bleiben erstmal in Haft (10 Personen). Sie erwartet ein Prozess, der in ca. 1 Jahr eröffnet wird. Bis dahin bleiben sie evtl. in U-Haft. Dagegen wurde aber Revision eingelegt. - Anklagepunkte: § 416 (Gründung oder Zugehörigkeit von bzw. zu einer kriminellen Vereinigung) bzw. § 419 (Plünderung bzw. Zerstörung). Strafmaß: 5 bis 15 Jahre Haft in Extremumständen (ist so hoch, weil es unter der italienischen Mafiagesetzgebung läuft).

eMail: web@radio-z.net
Homepage: http://www.radio-z.net

Up Date Numero 5 des EA Milano vom 9.8. 19.30h

2 weitere Gefangene aus der Haft entlassen
Noch 45 G8 Gefangene im Knast

Bereits Anfang der Woche wurde beim 2.Haftpruefungstermin ein Italiener freigelassen, was nicht heisst, dass die Anklage fallengelasssen worden ist; ein anderer Italiener bekam Haftverschonung und steht nun unter Hausarrest.

Gestern, Mittwoch, den 8.8. bekam ein Ire ebenfalls Haftverschonung; er wurde von Genua nach Dublin, mit dem Flugzeug abgeschoben, wo er gegen 22.00 Uhr ankam. Dort wurde er mit grossem Beifall herzlichst empfangen. Am Sonntag, den 22.7. wurde er beim Verlassen eines Campingplatzes von den Bullen festgenommen und mit dem Besitz einer gefaehrlichen Waffe (einem schweizer Taschenmesser) und Widerstand gegen die Staatsgewalt (Widersetzung der Festnahme) angeklagt. Ausserdem wurden gegen ihn Ermittlungen wegen Angriff mit diesem besagten schweizer Messer auf einen Polizeibeamten eingeleitet.
Erst drei Tage nach seiner Verhaftung wurden das irische Konsulat und Angehoerige von den italienischen Behoerden informiert. Nach seiner Ankunft in Dublin erklaerte er, dass er einigermassen ok sei, aber einer seiner Knochen nicht richtig sitzten wuerde. Die Anklagepunkte gegen den Iren sind nicht fallengelassen worden. Auf das Ergebnis einer forensischen Untersuchung des schweizer Messers wird noch gewartet.
Es ist durchaus moeglich, dass er nach seinem Prozess in Italien eine Haftstrafe in italienischen Gefaengnissen absitzen muss.

Heute, Freitag, oder morgen Samstag wird eine Deutsche aus dem Knast Pontedecimo in Genua nach Deutschland abgeschoben, es ist ebenfalls moeglich, dass sie noch einen Prozess der italienischen Regierung zu erwarten hat.

Die italienischen Anwaelte, die die 45 Gefangenen vertreten, gehen davon aus, dass es bei allen Inhaftierten, wenn nicht zur U-Haft in Italien, wenigstens zur Abschiebung und auch auf jeden Fall zum Prozess kommt. Bei den Haftpruefungsterminen, die in den letzten und naechtsen Tagen anstehen, wird lediglich entschieden, ob die Inhaftierten von der Haft verschont werden, oder in Italien bis zu 6 Monaten in die U Haft muessen.

Es kommt in ca. einem Jahr zum Prozess gegen die Inhaftierten. Bei diesem Prozess koennen die Angeklagten anwesend sein, muessen es aber nicht. Wenn sie sich zum Zeitpunkt ihrer Verurteilung nicht in Italien, aber in einem anderen Land der Europaeischen Union befinden, muessen sie im Falle der Verurteilung zu Haftstrafen an Italien ausgeliefert werden.
Diese Regelung ist Teil des Schengener Abkommens und dieses steht auf jeden Fall ueber nationaler Gesetzgebung. Handelt es sich bei den Verurteilten nicht um EU Buerger, ist es von den bilateralen Beziehungen des Herkunftslandes zu Italien abhaengig, ob ausgeliefert wird oder nicht. Wenn die Richter entscheiden, dass Fluchtgefahr besteht, werden die Inhaftierten in italienischen Gefaengnissen weiterhin in U Haft behalten, oder sie werden unter Hausarrest gestellt. Auch Nicht-Italiener koennen in Italien unter Hausarrest gestellt werden, das ist allerdings nur in einer "Gemeinschaft" moeglich, die "Kontrolle" ueber die oder den Angeklagten ausueben kann, also z.B. die eigene Familie (muss in Italien leben), Kirchengemeinden, Vereine, Kommunen, soziale oder kirchliche Organisationen.

Wahrscheinlich besteht dann eine taegliche Meldefrist, die Hausarrestierten koennen aber spezielle Ausgangsgenehmigungen beantraen. Es ist wahrscheinlich auch moeglich, Besuche zu empfangen.

Noch was wichtiges: Die Itallienischen GSF Anwaelte wollen Klage gegen die italienische Polizei und Behoerden einreichen und sammeln deswegen alle Zeugenaussagen der Betroffenen. Alle Betroffenen oder Zeugen haben noch drei Monate Zeit, Material fuer diese Klage bei den italienischen Anwaelten einzureichen. Das koennen Gedaechtnisprotokolle, Zeugenaussagen, aerztliche Atteste, Fotos oder Videoaufzeichnungen (bitte keine belastenden) sein.

Die Anwaelte in den Herkunftslaendern der Betroffenen, bzw. ZeugInnen brauchen von den italienischen Anwaelten des GSF eine Authorisation, um das Material beglaubigen zu koennen. Eine Kontaktadresse von den italienischen Anwaelten des GSF reichen wir nach, so schnell wie moeglich.

eMail: eamilano@email.com

Leider keine Realsatire: Das Konstrukt vom "Black bloc"

Am Freitag konkretisierten RichterInnen auf 6 Din A 4 Seiten bei einem Haftprüfungstermin das Konstrukt eines "Black Bloc".

Auf dessen Basis könnten in Genua Verhaftete als Mitglieder einer kriminellen Vereinigung verurteilt werden.
Im folgenden eine Zusammenfassung der richterlichen "Erkenntnisse".

Black Bloc: Zerstörung von Privateigentum und Infiltration von Pazifisten
Zehn Menschen aus Berlin, Bremen und Oberhausen wurden zwei Tage nach den Demonstrationen gegen den G8-Gipfel 40 km außerhalb Genuas in der Nähe eines Campingplatzes von Carabinieris kontrolliert und sofort festgenommen.
Der Grund der Verhaftung war eben unter anderem der Besitz mehrerer schwarzer Pullis.

Vorgeworfen wird den Festgenommenen die Zugehörigkeit zum Black Bloc, der nach den italienischen Terrorgesetzen zu einer kriminellen Vereinigung erklärt wurde.
Bei 2 Haftprüfungsterminen wurde für die 7 Frauen und drei Männer jeweils Haftfortdauer angeordnet. Am Freitag konkretisierten die RichterInnen auf 6 Din A 4 Seiten das Konstrukt eines "Black Bloc".
Auf dessen Basis könnten diese 10 Gefangenen und andere als Mitglieder einer kriminellen Vereinigung verurteilt werden. Im folgenden eine Zusammenfassung der richterlichen "Erkenntnisse":

Der "Schwarze Block" repräsentiert eine bewaffnete Vereinigung, die in einer nicht-hierarchischen, dafür aber horizontalen Form organisiert ist. Er setzt sich aus unabhängigen Gruppen zusammen, ohne einen einzigen Chef oder Kopf zu haben. Diese Strukur versetzt den "Schwarzen Block" in die Lage, sehr dynamisch zu agieren.
Er ist fähig passende Strategien zu entwickeln, schnelle und kollektive Entscheidungen mit grossem Echo zu treffen, wobei die einzelnen Gruppen stets autonom bleiben.
Der "Black Bloc" hat eine politische Reife erreicht, die ihn zu einer realen Kraft werden lässt.

Charakteristisch für den "Schwarzen Block" ist, dass sich in ihm Gruppen in einer Gemeinschaft zu kriminellen Zielen und gemeinsamen Interessen zusanmmenfinden. Zu diesen Zielen gehört unter Anderem die Zerstörung von Privateigentum und die Infiltration von Pazifisten - Ziele, die als programmierte Verbrechen definiert werden müssen.

- Die Struktur des "Black Bloc" gliedert sich in drei Ebenen auf:
Die oberste Ebene ist für die theoretische Planung der Ideologie, der Identifikation und der Strategie zuständig.
Die zweite Ebene plant bereits präventiv Aktionen für mögliche politische Ereignisse.
Die dritte Ebene besteht aus Einsatzkommandos, die diese Planungen in die Tat umzusetzen haben, wie es eben in Genua geschehen ist
.

Dieser letzten Ebene der Einsatzkommandos sollen auch die 10 Betroffenen angehören.

Carlo Giuliani - Neues zu Todesumständen

Übersetzung einer Veröffentlichung bei Indymedia Italy

Eine Bilderserie Zeigt wichtige Details über den Mord des Demonstranten
in Genua. [...]Lupenrein die Wahrheit in einer Fotosequenz, die einem das
Blut in den Adern gefrieren lässt, die Gewissheit, dass der Feuerlöscher,
den Carlo Giuliani in den Händen hielt von den Carabinier geworfen wurde.

web link: http.//www.sherwood.it/sherwoodcomunicazione/ora.pdf

Wo wird er ihn gefunden haben, der Carlo Giuliani, den Feuerlöscher, der ihn das
Leben kostete? Er hat ihn auf der Straße aufgelesen, nachdem dieser aus dem
Inneren des Jeeps der Carabinieri geschleudert worden war. Während Polizisten
im Aufstandbekämpfungsanzug die Szene beobachten, als wenn sie ein Eingreifen
nicht für nötig hielten. Und dann noch diese Pistiole, zeitlich vor dieser Bedrohung
mit dem Feuerlöscher gezogen... Seit einer Woche stellte man sich die gleiche
Frage: wo wird er ihn aufgetan haben, der Carlo Giuliani, diesen Feuerlöscher?
Angesichts der immer wieder gesehenen Bilder, die in diesen Tagen nichts
anderes getan haben als uns die Bravour, die Organisation und, vor allem, die
Schnelligkeit mit der der schwarze Block es schaffte, selbst Gehwege zu
pulverisieren, hatten wir gedacht, er sei das Opfer irgendeiner vandalistischen
Tat.

Dann, gestern früh, die Ankunft dieser Bilderreihe. Und das Blut gefriert uns in
den Adern. Der Feuerlöscher war nicht auf der Straße gefunden worden, er war
aus dem Carabinieri-Jeep geschleudert worden und von Carlo Giuliani wieder
aufgelesen worden, der dann seinerseits versucht hat, ihn in den Jeep
zurückzuwerfen. Wir wissen, wie das endete. Und man kann nicht behaupten, er
sei aus dem Jeep geworfen worden, nach dem sie durch diesen sperrigen
Gegenstand getroffen worden waren.

Weil, wie aus dem ersten Bild deutlich hervorgeht, neben dem fliegenden
Feuerlöscher deutlich die Sohle eines Springerstiefels zu sehen ist, Sohle die
vermutlich zuvor die Rückscheibe des Fahrzeugs zerschlagen hatte.

Leider ist alles klar. Leider gibt es nicht einmal einen Hauch von Tränengas, der
die Bilder trüben könnte. Leider existiert eine grausige Wahrheit, mit der
abgerechnet werden muss. Diese Bilder gehören zu einer Serie, die keine Zweifel
hinterlässt. Die die Tatsache ausser Zweifel sein lässt, dass die Pistole bereits
dann ausserhalb des Jeeps gerichtet war, als Carlo Giuliani noch dabei war, den
Feuerlöscher aufzulesen. Und es gibt kein Tränengas. Also war es unmöglich zu
meinen, man würde tief zielen, gerade mal um ein bißchen Krach zu machen,
ausreichend um diese Jungs auf Distanz zu dem Jeep zu bringen um mit diesem
auszubüchsen. Eine Bilderreihe die zeigt, wie Polizisten in
Aufstandbekämpfungsanzug (im ersten Bild links) es nicht für nötig gehalten
haben, einzugreifen, nicht einmal mit einer einfachen Ladung Schlagstockschläge.
Eine Bilderreihe also. Sichtbar unter www.sherwood.it, die site der diese Bilder
zugesandt wurden, eine der sites, die die Materialien für die Dokumentation über
die Ereignisse in Genua sammelt. Die, wie wir hoffen, möglichst bald veröffentlicht
wird.

 

Assassini !!! - Augenzeugenbericht Überfall auf Schule Diaz

Am Abend des 21.Juli2001 gegen 23:30 Uhr hielt ich mich im Gebäude des IMC
auf, das sich gegenüber einer anderen Schule befand, in der sich ca. 150
Menschen einquartiert hatten, als die Polizei mit ca. 50 Riotcops anrückte. Ich
filmte, wie die Polizisten in das Gebäude eindrangen. Aus dem Gebäude gab es
keine Gegenwehr, und die Polizisten machten auf mich den Eindruck einer
blutgierigen aufgehetzten Meute in Uniform. Ich konnte kaum filmen, da vor
Angst meine Hände zitterten. Durch die beleuchteten Fenster konnte ich auf den
verschiedenen Stockwerken nur einzelne Polizisten erkennen, die mit erhobenen
Knüppeln durch das Gebäude rannten. Etwa hundert Meter davon entfernt waren
Sanitäter bereits mit dem ersten Schwerverletzten beschäftigt. Durch die Kamera
konnte ich erkennen, wie sie der bewusstlosen Person den Puls fühlten, als die
Polizei auch in unser Gebäude eindrang. Offenbar um die Dokumentation des
Überfalls zu verhindern, wurden wir gezwungen, uns in einem Gang zu
versammeln. Während der halben Stunde konnte ich trotz der geschlossenen
Fenster immer wieder entsetzte Schreie aus dem gegenüberliegenden Gebäude
hören. Als die Polizei schließlich nach ca. einer halben Stunde unser Gebäude
verließ, begab ich mich mit der Kamera auf das Dach, von wo aus ich die Schule
und den Vorplatz überblicken konnte. Ich habe nie etwas furchtbareres gesehen,
als die folgenden Szenen. Ca. 80 Personen verliessen von Polizisten begleitet das
Gebäude. Unter den Personen, die noch gehen konnten, erkannte ich Kirsten
Wagenschein. Inetwa die Hälfte der Personen konnte noch selber gehen. Manche
von ihnen hatten Notverbände an Kopf und anderen Stellen. Die andere Hälfte
wurde auf Bahren aus dem Gebäude getragen. Immer noch einmal rückte eine
neue Ambulanz mit drei oder vier weiteren Bahren an. Kaum eine der Personen
auf den Bahren bewegte sich noch, manche waren bis auf den Kopf in eine Art
Schlafsack eingewickelt. Eine Person bewegte nur immer wieder den Kopf hin und
her, als ob sie einem furchtbaren Schmerz oder etwas ähnlich Entsetzlichem zu
entfliehen versuchte, der Kopf aber die einzige Bewegungsmöglichkeit darstellte.
Eine andere Person lag still bis auf die Beine, dieinnerhalb des Befestigungsgurtes
der Bahre auf- und ab zitterten. Die meisten der Personen auf den Bahren
bewgten sich gar nicht mehr. Gegen Ende der Abtransporte kam durch die
mittlerweile etwa hundert Riotcops ein Mann im Anzug auf den Eingang des
Gebäudes zu. Nach einem ersten Umherblicken in der Eingangshalle klatschte er
zufrieden etwa dreimal, und schüttelte einigen der Polizisten die Hände. Als ich
später am Abend die gestürmte Schule betrat, traf ich in dieser Eingangshalle
neben einem Chaos persönlicher Gegenstände auf mittlerweile getrocknete
Blutlachen. Das Treppenhaus war von meterlangen Blutspuren an der Wand
verschmiert, und auch in den oberen Stockwerken befanden sich mittlerweile
getrocknete Pfützen von augenscheinlich Litern vergossenen Blutes.
Ich habe nie etwas Grausameres erlebt.#



Zeugnis eines Fotografen aus Genua


Bei Indymedia Italy Erschienen unter dem Titel: "Catarro sulla Foto di Fausto
- BOLZANETO ROCCAFORTE FASCHISTA - La testimonianza di un ostaggio rilasciato". 28.07.01. 18,21 Uhr.

BOLZANETO; FASCHISTISCHE FESTUNG
Das Zeugnis einer entlassenenen Geisel

A., fotograf, übergibt einem Indymedia-Journalisten sein Zeugnis und entscheidet sich, aus Angst vor Repressalien, anonym zu bleiben.
"Am Samstag wurde ich verhaftet, während ich mich dort zum Fotografieren aufhielt: dadurch, dass ich mich zu einem gewissen Zeitpunkt von der Gruppe der anderen Fotografen gelöst hatte, blieb ich isoliert zurück, war also extrem exponiert. Ich habe einen Polizeiansturm kommen gesehen und bin instinktiv geflüchtet, allein, bis ich mich in einem menschenleeren Seitengässchen wiederfand. Ich war mir soeben meiner Lage bewusst geworden, da kamen schon 3-4 Angehörige der Digos in Zivil (Politische Abteilung der Polizei A.d.Ü.) und stellten sich unvermittelt vor mir auf. Für sie ist ein Fotograf, alleine in einem leeren Gässchen, mit Sicherheit eine grosse Freude. Sie haben begonnen, mich mit Knüppeln zu schlagen (von wegen Schlagstöcke!), ich erinnere mich, dass einer von ihnen, der, der mit dem Stock am rabiatesten vorging, einen Moped-Fahrerhelm und eine Jacke in Orange, wie die der Journalisten, trug.
Nach der Verhaftung bin ich zum genueser Polizeipräsidium überführt worden,
zusammen mit anderen jungen Leuten.Gegen mich war bereits eine absurde
Anklage erhoben worden: Gewalt und Widerstand gegen eine Amtsperson und Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung (letzteres wörtlich übersetzt: Subversive Vereinigung, A.d.Ü) zum Zweck der Verwüstung der Stadt.
Ich sei praktisch einer vom schwarzen Block gewesen, ihrer Meinung nach, erst recht weil ich zu dem Zeitpunkt und rein zufällig ein schwarzes T-Shirt trug.
Samstag Nacht ist für mich die "grosse Nacht der Folterungen" gewesen: zum
Gefängnis von Bolzaneto gelangt man aus Genua, es ist ein fünfzehn Auto-Minuten entferntes Kaff. Ich habe diese fünfzehn Minuten in einem
Streifenwagen mit vier Polizisten zurückgelegt, die keine Minute aufgehört haben mir Fausthiebe auf den Kopf zu verpassen: sie beschimpften mich und fuhren fort, mich zu schlagen. Der Fahrer beschwerte sich, weil ihn das Steuern des Autos wegen den vielen Kurven daran hinderte, mit der von ihm gewünschten Beharrlichkeit auf mich loszugehen, wobei auch er sich während der wenigen geraden Streckenabschnitte umdrehte und mir Prügel an den Kopf versetzte.
Dann hörte ich den Fahrer sein Ansinnen Manifestieren, am Straßenrand anzuhalten, um einem Kollegen die Steuerung des Wagens zu überlassen,
um sich richtig Zeit nehmen zu können, seine ganze Boshaftigkeit an mir herauszulassen.
Ich war in Handschellen und durfte keine Fragen stellen. Als ich nach Bolzaneto kam, das in wirklichkeit kein Gefängnis, sondern ein mobiles Präsidium ist und begriffen habe, welche Behandlung für uns vorgesehen war, hatte ich einen einzigen Gedanken; "wenigstens können sie uns nicht umbringen", auch wenn es keine absolute Sicherheit war.
Im Gefängnis waren wir in Gruppen von 10-15 Personen in grossen Zellen eingeschlossen. Die Polizisten hielten unsere Köpfe gegen den Fußboden, um uns daran zu hindern, den Ort und die Gesichter unserer Peiniger klar zu sehen.
Dann haben sie uns mit dem Gesicht zur Wand in eine Reihe aufgestellt und haben
uns gezwungen, den Kopf und die Hände gegen die Wand und die Beine gespreizt zu halten und haben uns stundenlang mit Schlägen und Beleidigungen überhäuft.
Sie versuchten, uns Weh zu tun, ohne Spuren zu hinterlassen, wenn auch mancher schon gezeichnet war: es gab den einen oder anderen mit vernähten Wunden, zerschlagenen Zähnen, Blutergüssen. Sie haben uns geohrfeigt, getreten, es gab welche, die weinten und zusammenbrachen, währenddessen amüsierten sich die Polizisten, ich sage es in aller Deutlichkeit gerade weil sie unter sich dem duce ( Benito Mussolini, Führer, A.d. Ü.) huldigten und faschistische Parolen wechselten. Ich habe Polizisten das Foto von Fausto Bertinotti (italienischer, "roter", Politiker A.d.Ü. ) bespucken gesehen: ich habe auch persönlich die gegen einen französichen Fotografen mit brennenden Zigaretten ausgeübten Misshandlungen zu Gesicht bekommen, von denen in etlichen Zeitungen die Rede war. Einen einzigen Carabinere gab es dort, der die jungen Leute zur Toilette oder zum Trinken begleitete und nicht zuließ,
dass die Jungs auf dem Weg Opfer der Übergriffe anderer Polizisten wurden. Wahrscheinlich versuchte er auf seine Weise, die Gewalttätigkeiten abzuwehren.
Um die Toilette zu erreichen musste man durch einen Gang an anderen Zellen vorbei, die sich wegen der Säuberungsaktionen der Nacht aufgefüllt hatten.
Ich habe mein Leben zunichte werden, die Sicherheiten, die mein Dasein begründeten, zusammenbrechen gesehen. Es bedeutet, dass sie sich deines Lebens ermächtigen können, und damit tun, was sie wollen. Ich habe mich besiegt gefühlt. Am Sonntag bin ich in das Gefgängnis von Alessandria verbracht worden, wo ich bis Dienstag Nachmittag geblieben bin. Während der Verbringung mussten die Gefangenen jeweils zu Zweit mit Handschellen aneinandergekettet auf die LKws der Gefängnispolizei steigen. Niemand wusste wohin man uns brachte, wer es versuchte, den Mund aufzumachen, erhielt Drohungen. Ich wähle, anonym zu bleiben, weil ich, angesichts der von den Sicherheitskräften eingesetzten Methoden, um meine Unversehrtheit fürchte"