Repression
Die
Repression in Genua mit einem Toten hunderten Schwerverletzten, Folter
und Prügel für die Festgenommen stellt für alle eine neue
Qualität staatlichen Terrors in Europa dar. Die Fragen nach der politischen
Bewertung der Ereignisse, wie auch der Repression stehen dabei im Mittelpunkt,
ebenso wie die Frage nach der Perspektive radikal linken Widerstandes
in der "Antiglob" Bewegung.
Ebenso in diesen Kontext gehört die Frage nach den Gefangenen. Derzeit
befinden sich noch über 40 Personen [daruntern 10 Deutsche] in den
Knästen des italienischen Staatsterrors unter mehr oder weniger übeln
Bedinungen. Die Freiheit der Gefangenen muss erkämpft werden. Macht
Aktionen, Kundgebungen, Demonstrationen oder spendet Kohle.
In diesem
Sinne:
Kampf dem
Staatsterrorismus!
Smash capitalism!
Hier findet ihr folgende
Artikel: [wird noch
erweitert]
- Interview des
Radio Z mit dem EA Milano
- update Nr.5 des EA-Milano [indymedia]
- Das Konstrukt vom "Black bloc" [indymedia germany]
- Neues zu den Todesumständen
von Carlo Giuliani [indymedia italy]
- Augenzeugenbericht des Überfalls auf die Diaz Schule
[von indymedia]
- Zeugnis eines Fotografen [indymedia italy]
Update 14.8. : Es ist auf alle Fälle so, dass die Inhaftierten
Deutschen weiterhin in U-Haft verbleiben müssen. Gegen sie läuft
ebenfalls das Konstrukt des black bloc [siehe dort]. Als Beweismittel werden
schwarze Klamotten, Campnigegenstände, Fotos und andere "höchst
aufschlußreiche" Indizien in Feld geführt. Absurd - Aber
wie die Anwälte sagen: Die sind keine Verfahren, die juristisch entschieden
werden, sondern einzig und allein politisch.
Also: Get in action - die Freiheit der Gefangenen erkämpfen!!!
Interview von Radio Z
mit dem EA Milano |
Noch 42 Menschen in Genua in Haft - Neues vom Ermittlungsausschuss
Milano
Von den beim G8-Gipfel in Genua Festgenommen befinden
sich noch 42 Menschen in 4 Gefängnissen Genuas. Trotz zweifelhafter
Beweislage müssen einige von ihnen mit bis zu mehreren Jahren Haft
rechnen.
Radio Z sprach mit einer Vertreterin des Ermittlungsausschusses
Milano, der die Gefangenen bzw. deren Angehörige unterstützt. Übrigens:
der Ermittlungsausschuß braucht für seine Arbeit Geld.
Das Interview in Stichworten:
Noch 42 Menschen in Haft (letzte Woche: 51)
- Donnerstag letzter Woche: Festnahme eines Italieners in Turin,
der jetzt im Gefängnis Marassi in Genua sitzt; Anklage: soll in
Genua LKW gefahren haben, aus dem Waffen geliefert wurden (stützt
sich auf Indizien)
- Haftprüfungstermin heute: Ergebnisse noch nicht klar. RichterInnen
dürfen sich 5 Tage Zeit lassen, bis sie dessen Ergebnisse präsentieren
d.h. es kann wegen des Feiertags am Mittwoch bis Montag dauern.
Doch für morgen werden die ersten Ergebnisse erwartet
- Freilassung kann sich je nach Herkunftsland ein paar Tage verzögern,
da Nicht-ItalienerInnen evtl. in Abschiebehaft genommen werden
- 1 Italiener wurde letzte Woche entlassen, einer steht seit vergangener
Woche unter Hausarrest - Alle Menschen, die bereits ihren 2. Haftprüfungstermin
hatten und bei denen auf Haftfortdauer entschieden wurde, bleiben
erstmal in Haft (10 Personen). Sie erwartet ein Prozess, der in
ca. 1 Jahr eröffnet wird. Bis dahin bleiben sie evtl. in U-Haft.
Dagegen wurde aber Revision eingelegt. - Anklagepunkte: § 416 (Gründung
oder Zugehörigkeit von bzw. zu einer kriminellen Vereinigung) bzw.
§ 419 (Plünderung bzw. Zerstörung). Strafmaß: 5 bis 15 Jahre Haft
in Extremumständen (ist so hoch, weil es unter der italienischen
Mafiagesetzgebung läuft).
eMail: web@radio-z.net
Homepage: http://www.radio-z.net
|
Up
Date Numero 5 des EA Milano vom 9.8. 19.30h |
2 weitere Gefangene aus
der Haft entlassen
Noch 45 G8 Gefangene im Knast
Bereits Anfang der Woche
wurde beim 2.Haftpruefungstermin ein Italiener freigelassen, was
nicht heisst, dass die Anklage fallengelasssen worden ist; ein anderer
Italiener bekam Haftverschonung und steht nun unter Hausarrest.
Gestern, Mittwoch, den
8.8. bekam ein Ire ebenfalls Haftverschonung; er wurde von Genua
nach Dublin, mit dem Flugzeug abgeschoben, wo er gegen 22.00 Uhr
ankam. Dort wurde er mit grossem Beifall herzlichst empfangen. Am
Sonntag, den 22.7. wurde er beim Verlassen eines Campingplatzes
von den Bullen festgenommen und mit dem Besitz einer gefaehrlichen
Waffe (einem schweizer Taschenmesser) und Widerstand gegen die Staatsgewalt
(Widersetzung der Festnahme) angeklagt. Ausserdem wurden gegen ihn
Ermittlungen wegen Angriff mit diesem besagten schweizer Messer
auf einen Polizeibeamten eingeleitet.
Erst drei Tage nach seiner Verhaftung wurden das irische Konsulat
und Angehoerige von den italienischen Behoerden informiert. Nach
seiner Ankunft in Dublin erklaerte er, dass er einigermassen ok
sei, aber einer seiner Knochen nicht richtig sitzten wuerde. Die
Anklagepunkte gegen den Iren sind nicht fallengelassen worden. Auf
das Ergebnis einer forensischen Untersuchung des schweizer Messers
wird noch gewartet.
Es ist durchaus moeglich, dass er nach seinem Prozess in Italien
eine Haftstrafe in italienischen Gefaengnissen absitzen muss.
Heute, Freitag, oder morgen
Samstag wird eine Deutsche aus dem Knast Pontedecimo in Genua nach
Deutschland abgeschoben, es ist ebenfalls moeglich, dass sie noch
einen Prozess der italienischen Regierung zu erwarten hat.
Die italienischen Anwaelte,
die die 45 Gefangenen vertreten, gehen davon aus, dass es bei allen
Inhaftierten, wenn nicht zur U-Haft in Italien, wenigstens zur Abschiebung
und auch auf jeden Fall zum Prozess kommt. Bei den Haftpruefungsterminen,
die in den letzten und naechtsen Tagen anstehen, wird lediglich
entschieden, ob die Inhaftierten von der Haft verschont werden,
oder in Italien bis zu 6 Monaten in die U Haft muessen.
Es kommt in ca. einem Jahr zum Prozess gegen die Inhaftierten. Bei
diesem Prozess koennen die Angeklagten anwesend sein, muessen es
aber nicht. Wenn sie sich zum Zeitpunkt ihrer Verurteilung nicht
in Italien, aber in einem anderen Land der Europaeischen Union befinden,
muessen sie im Falle der Verurteilung zu Haftstrafen an Italien
ausgeliefert werden.
Diese Regelung ist Teil des Schengener Abkommens und dieses steht
auf jeden Fall ueber nationaler Gesetzgebung. Handelt es sich bei
den Verurteilten nicht um EU Buerger, ist es von den bilateralen
Beziehungen des Herkunftslandes zu Italien abhaengig, ob ausgeliefert
wird oder nicht. Wenn die Richter entscheiden, dass Fluchtgefahr
besteht, werden die Inhaftierten in italienischen Gefaengnissen
weiterhin in U Haft behalten, oder sie werden unter Hausarrest gestellt.
Auch Nicht-Italiener koennen in Italien unter Hausarrest gestellt
werden, das ist allerdings nur in einer "Gemeinschaft" moeglich,
die "Kontrolle" ueber die oder den Angeklagten ausueben kann, also
z.B. die eigene Familie (muss in Italien leben), Kirchengemeinden,
Vereine, Kommunen, soziale oder kirchliche Organisationen.
Wahrscheinlich besteht
dann eine taegliche Meldefrist, die Hausarrestierten koennen aber
spezielle Ausgangsgenehmigungen beantraen. Es ist wahrscheinlich
auch moeglich, Besuche zu empfangen.
Noch was wichtiges: Die
Itallienischen GSF Anwaelte wollen Klage gegen die italienische
Polizei und Behoerden einreichen und sammeln deswegen alle Zeugenaussagen
der Betroffenen. Alle Betroffenen oder Zeugen haben noch drei Monate
Zeit, Material fuer diese Klage bei den italienischen Anwaelten
einzureichen. Das koennen Gedaechtnisprotokolle, Zeugenaussagen,
aerztliche Atteste, Fotos oder Videoaufzeichnungen (bitte keine
belastenden) sein.
Die Anwaelte in den Herkunftslaendern
der Betroffenen, bzw. ZeugInnen brauchen von den italienischen Anwaelten
des GSF eine Authorisation, um das Material beglaubigen zu koennen.
Eine Kontaktadresse von den italienischen Anwaelten des GSF reichen
wir nach, so schnell wie moeglich.
eMail: eamilano@email.com
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Leider
keine Realsatire: Das Konstrukt vom "Black bloc" |
Am Freitag konkretisierten
RichterInnen auf 6 Din A 4 Seiten bei einem Haftprüfungstermin das
Konstrukt eines "Black Bloc".
Auf dessen Basis könnten in Genua Verhaftete als Mitglieder einer
kriminellen Vereinigung verurteilt werden.
Im folgenden eine Zusammenfassung der richterlichen "Erkenntnisse".
Black
Bloc: Zerstörung von Privateigentum und Infiltration von Pazifisten
Zehn Menschen aus Berlin,
Bremen und Oberhausen wurden zwei Tage nach den Demonstrationen
gegen den G8-Gipfel 40 km außerhalb Genuas in der Nähe eines Campingplatzes
von Carabinieris kontrolliert und sofort festgenommen.
Der Grund der Verhaftung war eben unter anderem der Besitz mehrerer
schwarzer Pullis.
Vorgeworfen wird den Festgenommenen die Zugehörigkeit zum Black
Bloc, der nach den italienischen Terrorgesetzen zu einer kriminellen
Vereinigung erklärt wurde.
Bei 2 Haftprüfungsterminen wurde für die 7 Frauen und drei Männer
jeweils Haftfortdauer angeordnet. Am Freitag konkretisierten die
RichterInnen auf 6 Din A 4 Seiten das Konstrukt eines "Black Bloc".
Auf dessen Basis könnten diese 10 Gefangenen und andere als Mitglieder
einer kriminellen Vereinigung verurteilt werden. Im folgenden eine
Zusammenfassung der richterlichen "Erkenntnisse":
Der "Schwarze Block" repräsentiert
eine bewaffnete Vereinigung, die in einer nicht-hierarchischen,
dafür aber horizontalen Form organisiert ist. Er setzt sich aus
unabhängigen Gruppen zusammen, ohne einen einzigen Chef oder Kopf
zu haben. Diese Strukur versetzt den "Schwarzen Block" in die Lage,
sehr dynamisch zu agieren.
Er ist fähig passende Strategien zu entwickeln, schnelle und kollektive
Entscheidungen mit grossem Echo zu treffen, wobei die einzelnen
Gruppen stets autonom bleiben.
Der "Black Bloc" hat eine politische Reife erreicht, die ihn zu
einer realen Kraft werden lässt.
Charakteristisch für den
"Schwarzen Block" ist, dass sich in ihm Gruppen in einer Gemeinschaft
zu kriminellen Zielen und gemeinsamen Interessen zusanmmenfinden.
Zu diesen Zielen gehört unter Anderem die Zerstörung von Privateigentum
und die Infiltration von Pazifisten - Ziele, die als programmierte
Verbrechen definiert werden müssen.
- Die Struktur des
"Black Bloc" gliedert sich in drei Ebenen auf:
Die oberste Ebene ist für die theoretische Planung der Ideologie,
der Identifikation und der Strategie zuständig.
Die zweite Ebene plant bereits präventiv Aktionen für mögliche politische
Ereignisse.
Die dritte Ebene besteht aus Einsatzkommandos, die diese Planungen
in die Tat umzusetzen haben, wie es eben in Genua geschehen ist.
Dieser letzten Ebene der Einsatzkommandos sollen auch die 10 Betroffenen
angehören.
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Carlo Giuliani
- Neues zu Todesumständen
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Übersetzung
einer Veröffentlichung bei Indymedia Italy
Eine Bilderserie Zeigt wichtige Details über den Mord des Demonstranten
in Genua. [...]Lupenrein die Wahrheit in einer Fotosequenz, die
einem das
Blut in den Adern gefrieren lässt, die Gewissheit, dass der
Feuerlöscher,
den Carlo Giuliani in den Händen hielt von den Carabinier geworfen
wurde.
web link: http.//www.sherwood.it/sherwoodcomunicazione/ora.pdf
Wo wird er ihn gefunden
haben, der Carlo Giuliani, den Feuerlöscher, der ihn das
Leben kostete? Er hat ihn auf der Straße aufgelesen, nachdem
dieser aus dem
Inneren des Jeeps der Carabinieri geschleudert worden war. Während
Polizisten
im Aufstandbekämpfungsanzug die Szene beobachten, als wenn
sie ein Eingreifen
nicht für nötig hielten. Und dann noch diese Pistiole,
zeitlich vor dieser Bedrohung
mit dem Feuerlöscher gezogen... Seit einer Woche stellte man
sich die gleiche
Frage: wo wird er ihn aufgetan haben, der Carlo Giuliani, diesen
Feuerlöscher?
Angesichts der immer wieder gesehenen Bilder, die in diesen Tagen
nichts
anderes getan haben als uns die Bravour, die Organisation und, vor
allem, die
Schnelligkeit mit der der schwarze Block es schaffte, selbst Gehwege
zu
pulverisieren, hatten wir gedacht, er sei das Opfer irgendeiner
vandalistischen
Tat.
Dann, gestern früh,
die Ankunft dieser Bilderreihe. Und das Blut gefriert uns in
den Adern. Der Feuerlöscher war nicht auf der Straße
gefunden worden, er war
aus dem Carabinieri-Jeep geschleudert worden und von Carlo Giuliani
wieder
aufgelesen worden, der dann seinerseits versucht hat, ihn in den
Jeep
zurückzuwerfen. Wir wissen, wie das endete. Und man kann nicht
behaupten, er
sei aus dem Jeep geworfen worden, nach dem sie durch diesen sperrigen
Gegenstand getroffen worden waren.
Weil, wie aus dem ersten
Bild deutlich hervorgeht, neben dem fliegenden
Feuerlöscher deutlich die Sohle eines Springerstiefels zu sehen
ist, Sohle die
vermutlich zuvor die Rückscheibe des Fahrzeugs zerschlagen
hatte.
Leider ist alles klar.
Leider gibt es nicht einmal einen Hauch von Tränengas, der
die Bilder trüben könnte. Leider existiert eine grausige
Wahrheit, mit der
abgerechnet werden muss. Diese Bilder gehören zu einer Serie,
die keine Zweifel
hinterlässt. Die die Tatsache ausser Zweifel sein lässt,
dass die Pistole bereits
dann ausserhalb des Jeeps gerichtet war, als Carlo Giuliani noch
dabei war, den
Feuerlöscher aufzulesen. Und es gibt kein Tränengas. Also
war es unmöglich zu
meinen, man würde tief zielen, gerade mal um ein bißchen
Krach zu machen,
ausreichend um diese Jungs auf Distanz zu dem Jeep zu bringen um
mit diesem
auszubüchsen. Eine Bilderreihe die zeigt, wie Polizisten in
Aufstandbekämpfungsanzug (im ersten Bild links) es nicht für
nötig gehalten
haben, einzugreifen, nicht einmal mit einer einfachen Ladung Schlagstockschläge.
Eine Bilderreihe also. Sichtbar unter www.sherwood.it, die site
der diese Bilder
zugesandt wurden, eine der sites, die die Materialien für die
Dokumentation über
die Ereignisse in Genua sammelt. Die, wie wir hoffen, möglichst
bald veröffentlicht
wird.
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Assassini
!!! - Augenzeugenbericht Überfall auf Schule Diaz
|
Am
Abend des 21.Juli2001 gegen 23:30 Uhr hielt ich mich im Gebäude
des IMC
auf, das sich gegenüber einer anderen Schule befand, in der
sich ca. 150
Menschen einquartiert hatten, als die Polizei mit ca. 50 Riotcops
anrückte. Ich
filmte, wie die Polizisten in das Gebäude eindrangen. Aus dem
Gebäude gab es
keine Gegenwehr, und die Polizisten machten auf mich den Eindruck
einer
blutgierigen aufgehetzten Meute in Uniform. Ich konnte kaum filmen,
da vor
Angst meine Hände zitterten. Durch die beleuchteten Fenster
konnte ich auf den
verschiedenen Stockwerken nur einzelne Polizisten erkennen, die
mit erhobenen
Knüppeln durch das Gebäude rannten. Etwa hundert Meter
davon entfernt waren
Sanitäter bereits mit dem ersten Schwerverletzten beschäftigt.
Durch die Kamera
konnte ich erkennen, wie sie der bewusstlosen Person den Puls fühlten,
als die
Polizei auch in unser Gebäude eindrang. Offenbar um die Dokumentation
des
Überfalls zu verhindern, wurden wir gezwungen, uns in einem
Gang zu
versammeln. Während der halben Stunde konnte ich trotz der
geschlossenen
Fenster immer wieder entsetzte Schreie aus dem gegenüberliegenden
Gebäude
hören. Als die Polizei schließlich nach ca. einer halben
Stunde unser Gebäude
verließ, begab ich mich mit der Kamera auf das Dach, von wo
aus ich die Schule
und den Vorplatz überblicken konnte. Ich habe nie etwas furchtbareres
gesehen,
als die folgenden Szenen. Ca. 80 Personen verliessen von Polizisten
begleitet das
Gebäude. Unter den Personen, die noch gehen konnten, erkannte
ich Kirsten
Wagenschein. Inetwa die Hälfte der Personen konnte noch selber
gehen. Manche
von ihnen hatten Notverbände an Kopf und anderen Stellen. Die
andere Hälfte
wurde auf Bahren aus dem Gebäude getragen. Immer noch einmal
rückte eine
neue Ambulanz mit drei oder vier weiteren Bahren an. Kaum eine der
Personen
auf den Bahren bewegte sich noch, manche waren bis auf den Kopf
in eine Art
Schlafsack eingewickelt. Eine Person bewegte nur immer wieder den
Kopf hin und
her, als ob sie einem furchtbaren Schmerz oder etwas ähnlich
Entsetzlichem zu
entfliehen versuchte, der Kopf aber die einzige Bewegungsmöglichkeit
darstellte.
Eine andere Person lag still bis auf die Beine, dieinnerhalb des
Befestigungsgurtes
der Bahre auf- und ab zitterten. Die meisten der Personen auf den
Bahren
bewgten sich gar nicht mehr. Gegen Ende der Abtransporte kam durch
die
mittlerweile etwa hundert Riotcops ein Mann im Anzug auf den Eingang
des
Gebäudes zu. Nach einem ersten Umherblicken in der Eingangshalle
klatschte er
zufrieden etwa dreimal, und schüttelte einigen der Polizisten
die Hände. Als ich
später am Abend die gestürmte Schule betrat, traf ich
in dieser Eingangshalle
neben einem Chaos persönlicher Gegenstände auf mittlerweile
getrocknete
Blutlachen. Das Treppenhaus war von meterlangen Blutspuren an der
Wand
verschmiert, und auch in den oberen Stockwerken befanden sich mittlerweile
getrocknete Pfützen von augenscheinlich Litern vergossenen
Blutes.
Ich habe nie etwas Grausameres erlebt.#
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Zeugnis
eines Fotografen aus Genua |
Bei Indymedia Italy Erschienen unter dem Titel: "Catarro sulla
Foto di Fausto
- BOLZANETO ROCCAFORTE FASCHISTA - La testimonianza di un ostaggio
rilasciato". 28.07.01. 18,21 Uhr.
BOLZANETO; FASCHISTISCHE
FESTUNG
Das Zeugnis einer entlassenenen Geisel
A., fotograf, übergibt
einem Indymedia-Journalisten sein Zeugnis und entscheidet sich,
aus Angst vor Repressalien, anonym zu bleiben.
"Am Samstag wurde ich verhaftet, während ich mich dort
zum Fotografieren aufhielt: dadurch, dass ich mich zu einem gewissen
Zeitpunkt von der Gruppe der anderen Fotografen gelöst hatte,
blieb ich isoliert zurück, war also extrem exponiert. Ich habe
einen Polizeiansturm kommen gesehen und bin instinktiv geflüchtet,
allein, bis ich mich in einem menschenleeren Seitengässchen
wiederfand. Ich war mir soeben meiner Lage bewusst geworden, da
kamen schon 3-4 Angehörige der Digos in Zivil (Politische Abteilung
der Polizei A.d.Ü.) und stellten sich unvermittelt vor mir
auf. Für sie ist ein Fotograf, alleine in einem leeren Gässchen,
mit Sicherheit eine grosse Freude. Sie haben begonnen, mich mit
Knüppeln zu schlagen (von wegen Schlagstöcke!), ich erinnere
mich, dass einer von ihnen, der, der mit dem Stock am rabiatesten
vorging, einen Moped-Fahrerhelm und eine Jacke in Orange, wie die
der Journalisten, trug.
Nach der Verhaftung bin ich zum genueser Polizeipräsidium überführt
worden,
zusammen mit anderen jungen Leuten.Gegen mich war bereits eine absurde
Anklage erhoben worden: Gewalt und Widerstand gegen eine Amtsperson
und Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung (letzteres wörtlich
übersetzt: Subversive Vereinigung, A.d.Ü) zum Zweck der
Verwüstung der Stadt.
Ich sei praktisch einer vom schwarzen Block gewesen, ihrer Meinung
nach, erst recht weil ich zu dem Zeitpunkt und rein zufällig
ein schwarzes T-Shirt trug.
Samstag Nacht ist für mich die "grosse Nacht der Folterungen"
gewesen: zum
Gefängnis von Bolzaneto gelangt man aus Genua, es ist ein fünfzehn
Auto-Minuten entferntes Kaff. Ich habe diese fünfzehn Minuten
in einem
Streifenwagen mit vier Polizisten zurückgelegt, die keine Minute
aufgehört haben mir Fausthiebe auf den Kopf zu verpassen: sie
beschimpften mich und fuhren fort, mich zu schlagen. Der Fahrer
beschwerte sich, weil ihn das Steuern des Autos wegen den vielen
Kurven daran hinderte, mit der von ihm gewünschten Beharrlichkeit
auf mich loszugehen, wobei auch er sich während der wenigen
geraden Streckenabschnitte umdrehte und mir Prügel an den Kopf
versetzte.
Dann hörte ich den Fahrer sein Ansinnen Manifestieren, am Straßenrand
anzuhalten, um einem Kollegen die Steuerung des Wagens zu überlassen,
um sich richtig Zeit nehmen zu können, seine ganze Boshaftigkeit
an mir herauszulassen.
Ich war in Handschellen und durfte keine Fragen stellen. Als ich
nach Bolzaneto kam, das in wirklichkeit kein Gefängnis, sondern
ein mobiles Präsidium ist und begriffen habe, welche Behandlung
für uns vorgesehen war, hatte ich einen einzigen Gedanken;
"wenigstens können sie uns nicht umbringen", auch
wenn es keine absolute Sicherheit war.
Im Gefängnis waren wir in Gruppen von 10-15 Personen in grossen
Zellen eingeschlossen. Die Polizisten hielten unsere Köpfe
gegen den Fußboden, um uns daran zu hindern, den Ort und die
Gesichter unserer Peiniger klar zu sehen.
Dann haben sie uns mit dem Gesicht zur Wand in eine Reihe aufgestellt
und haben
uns gezwungen, den Kopf und die Hände gegen die Wand und die
Beine gespreizt zu halten und haben uns stundenlang mit Schlägen
und Beleidigungen überhäuft.
Sie versuchten, uns Weh zu tun, ohne Spuren zu hinterlassen, wenn
auch mancher schon gezeichnet war: es gab den einen oder anderen
mit vernähten Wunden, zerschlagenen Zähnen, Blutergüssen.
Sie haben uns geohrfeigt, getreten, es gab welche, die weinten und
zusammenbrachen, währenddessen amüsierten sich die Polizisten,
ich sage es in aller Deutlichkeit gerade weil sie unter sich dem
duce ( Benito Mussolini, Führer, A.d. Ü.) huldigten und
faschistische Parolen wechselten. Ich habe Polizisten das Foto von
Fausto Bertinotti (italienischer, "roter", Politiker A.d.Ü.
) bespucken gesehen: ich habe auch persönlich die gegen einen
französichen Fotografen mit brennenden Zigaretten ausgeübten
Misshandlungen zu Gesicht bekommen, von denen in etlichen Zeitungen
die Rede war. Einen einzigen Carabinere gab es dort, der die jungen
Leute zur Toilette oder zum Trinken begleitete und nicht zuließ,
dass die Jungs auf dem Weg Opfer der Übergriffe anderer Polizisten
wurden. Wahrscheinlich versuchte er auf seine Weise, die Gewalttätigkeiten
abzuwehren.
Um die Toilette zu erreichen musste man durch einen Gang an anderen
Zellen vorbei, die sich wegen der Säuberungsaktionen der Nacht
aufgefüllt hatten.
Ich habe mein Leben zunichte werden, die Sicherheiten, die mein
Dasein begründeten, zusammenbrechen gesehen. Es bedeutet, dass
sie sich deines Lebens ermächtigen können, und damit tun,
was sie wollen. Ich habe mich besiegt gefühlt. Am Sonntag bin
ich in das Gefgängnis von Alessandria verbracht worden, wo
ich bis Dienstag Nachmittag geblieben bin. Während der Verbringung
mussten die Gefangenen jeweils zu Zweit mit Handschellen aneinandergekettet
auf die LKws der Gefängnispolizei steigen. Niemand wusste wohin
man uns brachte, wer es versuchte, den Mund aufzumachen, erhielt
Drohungen. Ich wähle, anonym zu bleiben, weil ich, angesichts
der von den Sicherheitskräften eingesetzten Methoden, um meine
Unversehrtheit fürchte"
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