Die
Verwertung der Gene oder das geklonte Paradies des Mehrwerts
Zugegeben,
wer sich heute um radikale Gesellschaftskritik kümmert, denkt
nicht in erster Linie an Novartis und Nestlé oder allgemein
gesagt, an die "Biotechnologien". Bei den Biotechnologien
handelt es sich um eine der sog. Schlüsseltechnologien, die
in Zukunft nicht nur den globalisierten Markt erobern und hohe Gewinne
abwerfen, sondern (wie angeblich keine andere Technologie zuvor)
vor allem dem Menschen dienen sollen. In Folge der Entschlüsselung
des menschlichen Genoms hat sich zwar eine gesellschaftliche Debatte
entwickelt; diese kommt jedoch in ihrer Einschätzung, die Biotechnologien
verändern irgendwie das Welt- und Selbstverständnis des
Menschen, über eine bio-ethische Betrachtungsweise nicht hinaus
und beinhaltet somit im Kern typische Merkmale eines Absegnungsdiskurses.
In diesem bleiben Ideologiekritik und ökonomische Aspekte weitestgehend
ausgeklammert. Die radikale Linke kommt an der Biotechnologiedebatte
allerdings nicht vorbei, wenn sie die Auswirkungen von Neoliberalismus
und globalisierten Kapitalismus auf ihre Tagesordnung setzt, da
die Verbindungen der Biotechnologien mit freiem Markt und Neoliberalismus
offensichtlich sind.
Das
Ende vom Anfang...
Scheinbar sind sich in der öffentlichen Debatte
alle einig: Die Biotechnologien werden der Zukunft ihren Stempel
aufdrücken wie es die Informations- und Kommunikationstechnologien
in der letzten Modernisierungsperiode getan haben. Im aktuellen
gesellschaftlichen Biotechnologie-Diskurs gehen sowohl Befürworter
wie Gegner davon aus, dass die Definition davon, was überhaupt
menschliches Leben ist, sich fundamental verändert. Diese Entwicklung
wird auf die seit ungefähr 10 Jahren immens erweiterten Möglichkeiten
zurückgeführt, in die biologischen Grundlagen von Lebewesen
einzugreifen. Was das im Einzelfall bedeutet, bleibt jedoch ziemlich
unkonkret. Während die Befürworter in religiöser
Faszination eine Welt ohne Krankheit, Leid und allzu frühen
Tod prophezeien, warnen demgegenüber viele Gegner in linken
Kreisen vor dem Horrorszenario eines gentechnisch aufgemotzten Übermenschen
oder Klerikal-Konservative vor "der Aneignung der Schöpfung
durch den Menschen". Doch die Betrachtung der schon heute durchgesetzten
Praxis reicht aus um den Propheten des Biotechnikzeitalters samt
ihrer durchweg als positiv und unvermeidlich dargestellten Techniken
entgegenzutreten.
Wenn von biotechnologischen Möglichkeiten die Rede ist sind
meist Manipulation der DNA (chemische Formel der Gene), künstliche
Befruchtung, Stammzellgewinnung Organtransplantation und Klonieren,
Gentherapien, Retortenbabys aber auch gentechnisch hergestellte
Nahrungsmittel und Saatgut in der Landwirtschaft gemeint. Dabei
beruhen nicht alle Biotechnologien auf der Gentechnologie. Diese
stellt den radikalsten Eingriff in die Funktionsweisen von Lebewesen
dar und ist am umstrittensten, während die "traditionellen"
Biotechnologien wie Gentech-Lebensmittel, künstliche Befruchtung
und Organtausch sich praktisch ohne gesellschaftlichen Widerstand
durchgesetzt haben.
Eine
demokratische Debatte
In der Öffentlichkeit verliert sich die Debatte dann auch durchweg
in wissenschaftlichen Detailfragen und sog. Expertentum, das in
der Konstituierung der Bioethik-Kommission durch Bundeskanzler Schröder
einen vorläufigen Höhepunkt fand. Vorläufiges Fazit:
das Übel liegt nur in der falschen Anwendung ("ja zum
therapeutischen Einsatz, nein zur Menschenklonierung").
Im Verein mit den klerikalen Gegnern beruft sich diese Kritik im
allgemeinen auf vage und fragwürdige ethische Prinzipien, die
bloß das Schlimmste verhüten sollen und trägt insofern
von vornherein den Charakter eines Rückzuggefechtes. Das gilt
auch für die bloße Aufzählung der negativen Auswirkungen
der Biotechnologien, in der sich neben der zurück-zur-Natur-Fraktion
auch viele Linke hervortun. Bereits reale Folgen, wie die völlige
Abhängigkeit der Bauern in der Peripherie von bio-multinationen
Konzernen und deren Gen-Saatgut, sowie die beschleunigte Zerstörung
ihrer Lebensgrundlagen werden zwar genannt, jedoch selten in den
Zusammenhang mit der kapitalistischen Verwertungslogik gebracht.
Ebenfalls richtig benannt wird von diesen Kreisen die Verbreitung
einer quasireligiösen Anbetung des genetischen Materials in
der wissenschaftlichen Welt, die jeden gesellschaftlichen Aspekt
negiert und einen eugenischen Sozialdarwinismus fördert. Aber
auch hier ergibt sich das Problem, dass die Kritik in der Regel
darüber nicht hinaus geht.
Zunächst einmal darf sich Biotechnologiekritik nicht auf Einzelaspekte
und -interessen beschränken, weil sie dadurch Gefahr läuft
in Fragen des Verbraucherschutzes sowie Petitionen in Sachen mangelnder
demokratischer Transparenz gefangen zu bleiben. Auch ausschließlich
die zukünftige praktische Art der Anwendung von Biotechnologie
in Frage zu stellen, führt in eine Sackgasse, genauso wie die
Reduktion der Kritik auf ungerechte Verteilungspraktiken. Es kann
nicht das Ziel sein, zu bemängeln, dass etwa nur die Wohlhabenden
in den Genuss der verheißungsvollen Biotech-Produkte kommen
werden. Ebenso in die Irre führt die Forderung dass auch die
Länder, aus denen das meiste Rohmaterial der Bioindustrie stammt,
anständig am Gewinn beteiligt gehören.
Eine grundsätzliche Kritik der Biotechnologie muss sich deshalb
vom laufenden klerikal muffelnden Ethik-Diskurs deutlich abheben,
der bloß vor Auswüchsen bei ihrer Anwendung warnt. Eine
Aufteilung in eine gute und schlechte Anwendung der Biotechnologien
macht keinen Sinn. Auf den Punkt gebracht lassen sich die Biotechnologien
von der Entwicklung, durch die sie hervor gebracht wurde, schwerlich
trennen oder als deren monströsen Auswuchs einfach abschaffen,
um dann mit derselben Wissenschaft, derselben Technik und derselben
Medizin wie vorher weiterzumachen. Ähnlich dem unkontrollierten
globalen Finanzmarkt als Entwicklungsstufe der kapitalistischen
Arbeitsgesellschaft stellen auch die Biotechnologien nur die logische
Weiterentwicklung am Profit orientierter Wissenschaft, Technik und
Medizin dar. Wer diesen Entwicklungen grundsätzlich zustimmt,
kann dann wirklich nur noch über das Für und Wieder der
Gentherapie oder die Etiketten genmanipulierter Lebensmittel diskutieren.
Verwertung
der Gene
Dem Kapitalismus wohnt das Streben nach totaler Verwertung
inne. Die Gentechnik stellt dabei eine äußerste Konsequenz
des modernen, warengesellschaftlichen Naturverständnisses und
-verhältnisses dar, weil in ihr das Prinzip des Werts auf die
Spitze getrieben wird. Alle Formen des Lebens, ob es sich nun um
Pflanzen, Tiere oder Menschen handelt, werden wie ein und dasselbe
undifferenzierte genetische Material behandelt. Gentechniker behaupten,
dass jedes lebende Wesen auf die DNA als zugrunde liegendes biologisches
Material reduzierbar ist, das man beliebig auseinander nehmen und
neu zusammensetzten kann. Von allen Unterschieden und Besonderheiten
wird damit radikal abstrahiert.
Trotzdem macht es keinen Sinn dem Phantom eines genetisch optimierten
Übermenschen auf den Leim zu gehen, wie es nicht wenige Kritiker
praktizieren, die bloß in negativer Besetzung selber dem Machbarkeitswahn
der Betreiber der Biotechnologie aufsitzen. Es muss eher darum gehen
die immanenten Grenzen naturwissenschaftlichen Größenwahns
aufzuzeigen. Katastrophale Perspektiven ergeben sich weniger daraus,
dass die gentechnologischen Hirngespinste der Betreiber eins zu
eins Wirklichkeit werden könnten. Vielmehr ist die in der Gentechnik
materialisierte Form der Naturbeherrschung in der Lage, jede Form
des Lebenden auf die Stufe eines mechanischen Baukastens bzw. Ersatzteillagers
zu degradieren. Das Vorhaben der kapitalistischen Verwertung des
biologischen Erbmaterials offenbart aber auch die gentechnologische
Eindimensionalität der kapitalistischen Wissenschaft. Alle
Problemstellungen in Sachen Krankheit, Hunger, Tod haben sich in
treuer Wissenschaftsgläubigkeit ihren Heilsversprechen zu unterwerfen.
So wie in der kapitalistischen Arbeitswelt das Individuum als bloßes
Rädchen der "Maschine" sein Leben fristet und seine
Arbeitskraft verkauft, so fordern Wissenschaft und Bioindustrie
nun den Organismus selbst in seinen Einzelteilen als Wertobjekt
ein.
"Wer
die Vergangenheit beherrscht, beherrscht die Zukunft; wer die Gegenwart
beherrscht, beherrscht die Vergangenheit" (G. Orwell, 1984)
Die öffentliche Verbreitung technischen Machbarkeitswahns
schlägt sich wiederum auch in der gesellschaftlichen Debatte
nieder, in der Nutzen-Kosten-Rechnungen negiert und zunehmend einer
"positiven" Eugenik das Wort geredet wird. In Zeiten weitgehender
Befreiung des Kapitals von staatlicher und arbeitsrechtlicher Regulierung
haben auch biologistische Denkstrukturen Hochkonjunktur. Die privatwirtschaftlich
organisierte doppelte Freiheit des Lohnabhängigen favorisiert
die Freiheit des privaten Glücks, die von Effizienz- und Rentabilitäts-Denken,
dem Prinzip des individuellen Überlebens und der Gier nach
dem persönlichen Vorteil dominiert wird. Auf dieser ideologischen
Grundlage entwickeln sich neue gesellschaftliche Normierungs- und
Selektionsprinzipien, die durch die Möglichkeiten der Biotechnologien
letztendlich gesellschaftlich konsensfähig gemacht und durchgesetzt
werden. Die Gentechnik wird als Höhepunkt der hunderttausendjährigen
Menschheitsgeschichte und als Triumph der modernen Wissenschaft
begeistert abgefeiert, wie etwa die Entschlüsselung des menschlichen
Genoms durch das staatlich finanzierte internationale Human Genom
Project (HUGO). Ziel ist die "Verbesserung" des Menschen
unter der Vorgabe "Leben zu fördern". Dabei geht
es im Kern um eine neue "positive" Eugenik, die nicht
von Rassenfanatikern betrieben, sondern vielmehr von braven Eltern
nachgefragt wird, die sich Sorgen um die genetische Ausstattung
ihrer Kinder machen. Bioethiker und Mediziner übernehmen hierbei
eine nicht unwichtige vermittelnde Rolle, da sie durch das eine
oder andere ethische Geplänkel für scheinbar ausreichende
gesellschaftliche Transparenz sorgen. Blinde Wissenschaftsgläubigkeit
und sog. Eigenverantwortung vereinigen sich zu so etwas wie Hoffnung
auf gesellschaftlichen Fortschritt, eine Perspektive, in der soziale/r
Fortschritt und Befreiung keine Rolle mehr spielt. Somit verlagert
sich im gesellschaftlichen Diskurs die Hoffnung auf Emanzipation
und Souveränität mehr und mehr aufs Biologische.
Dabei wird die neue Eugenik im Gegensatz zur Bevölkerungspolitik
im Nazifaschismus ihre Selektions- und Ausgrenzungsprinzipien ohne
Massenmord und -sterilisationen durchsetzen, zumindest in den kapitalistischen
Zentren. Die Mittel der "positiven" Eugenik sind demgegenüber
subtiler: Kein Bus, der die "Volksschädlinge" zur
Vergasung abholt, wie während des Euthanasie-Programms im Nazifaschismus
im sog. T4-Programm; vielmehr gesellschaftlicher Druck bis in die
kleinsten Poren, der unausgesprochen Zwang zum Gencheck, zum "gesunden"
Nachwuchs, "rechtzeitiger" Abtreibung etc.. Nach dem Verständnis
ihrer Vertreter geht es ihnen nicht um Volksgesundheit oder andere
staatlich verordnete Kollektivzwänge, sondern um Gesundheitsmaximierung
von Individuen unabhängig ihrer äußerlichen Merkmale
wie Haut- oder Augenfarbe. Auf dieser Grundlage lassen sich gesellschaftliche
Risiken individuell zurechnen und müssen dementsprechend selbst
verantwortet werden. Dementsprechend lassen sich z.B. Arbeitslosigkeit
oder Krankheit nicht mehr als gesellschaftliche Risiken oder gar
als Folgen kapitalistischer Verwertungsprinzipien identifizieren,
sondern stellen zukünftig nur noch einen unverantwortlichen
Umgang mit den eigenen biologischen Ressourcen dar. Kurz gesagt
handelt es sich um eine Eugenik ohne Eugeniker bzw. um Sozialrassismus
ohne Rassisten. Dennoch stellen bei allen Unterschieden weder die
Gentechnologie noch die Nazimedizin Monströsitäten einer
an sich "guten" Medizin dar. Eher kommt in beiden Fällen
die Medizin, die ihren Gegenstand völlig verdinglicht hat,
zu sich selbst.
Verfügungsgewalt
über Frauenkörper
Eine weitere Bedeutung erlangt dieses Prinzip in der Beratung und
Vorsorge schwangerer Frauen sowie in der aktuellen Diskussion über
die Stammzellenforschung. Die in den letzten Jahren entwickelten
Angebote der selektiven pränatalen (vorgeburtlichen) Diagnostik
und deren rechtlichen Absicherung mit ihrer Verheißung auf
den Ausschluss von Krankheit und Behinderung führen letztendlich
dazu, dass keine schwangere Frau mehr am gesellschaftlichen Zwang
zum gesunden Kind vorbei kommt. Während die Notwendigkeit der
Ausweitung der pränatalen Diagnostik anfangs mit typischen
Kosten- Nutzen-Rechnungen begründet wurde, ist der öffentliche
Diskurs mittlerweile von den gentechnologischen Möglichkeiten
bestimmt, die angeblich einen Zuwachs an reproduktiver weiblicher
Selbstbestimmung mit sich bringen. Vor allem bei den Biotechnologien
wie der In-Vitro-Fertilisation (IVF) oder der Präimplantations-diagnostik
(PID) sind Frauen einerseits Konsumentinnen und Interessentinnen,
auf der anderen Seite steigt die Nachfrage der Bioindustrie nach
den Forschungsprodukten "Ei" und "Embryo" zur
Stammzellengewinnung. Die Grenze zwischen der "freien Wahl"
der IVF oder dem gesellschaftlichen oder persönlichem Zwang
dazu lässt sich jedoch nur schwer ziehen, da der gesellschaftliche
Druck zum gesunden Kind deutlich zugenommen hat. Letztendlich manifestiert
sich in der Nutzung "weiblicher Rohstoffe" wie auch im
Zwang zum Gebähren "gesunder" Kinder der patriarchale
Verfügungsanspruch auf Frauenkörper. Mit einer als "frei"
unterstellten Entscheidung von Frauen für oder gegen ein Kind
hat das jedenfalls nichts gemeinsam.
Besonders aktuell und aufschlussreich in diesem Kontext ist die
Frage nach der "menschlichen Würde" eines eingefrorenen
Embryos als aussichtsreicher Stammzelllieferant. Den Stammzellen
wird ein großes medizinisches und therapeutisches Potenzial
zugesprochen. Die Bundestagsenquete-komission hat jüngst nach
"viel Kopfzerbrechen" diese Frage ethisch-moralisch mit
"ja" beantwortet und dem Gesetzgeber die Ablehnung des
Stammzellenimports empfohlen. Damit hat sie sich in Opposition zu
der v.a. von Forschern besetzten Bio-Ethik-Kommission des Bundes
begeben, die den Zellimport ausdrücklich befürwortet.
Dass der Stammzellimport aber schon längst gängige Praxis
ist, demonstriert die Rolle der Petitionisten, die der Realität
hinterher zu laufen haben. Allenfalls wird es solchen Bedenkenträgern
gelingen, dass einigen der schlimmsten Auswüchse Grenzen gezogen
werden. Meist handelt es sich dabei aber um ohnehin notwendige Reformen
und Regulierungen, die als großzügige Zugeständnisse
an systemkonforme gesellschaftliche Gruppen verhökert werden.
Die viel weitergehende aber auch nahe liegende Frage wäre,
wie die Gesellschaft überhaupt dazu kommen kann, eingefrorene
Embryos zu produzieren. Diese bleibt jedoch von der allgemeinen
Kritik unberührt und damit weiterhin unbeantwortet. Dabei müssen
wissenschaftliche Entwicklungen über den manipulierbaren ethisch-moralischen
Rahmen hinaus unter den herrschenden kapitalistischen Verwertungsbedingungen
betrachtet werden, den sie sich, wie alles andere auch, zu unterwerfen
haben.
Ein
Modernisierungsschub wie wir ihn kennen... und deshalb ablehnen
Die Biotechnologien stellen einen enormen "Fortschritt"
in der seit der Neuzeit andauernden Enteignung und Privatisierung
aller für das Leben der Menschen notwendigen Ressourcen und
der Abschaffung aller ansatzweise kollektiv oder individuell selbst
bestimmten Lebenszusammenhänge dar. Der Begriff von Privateigentum
erreicht in der Verbreitung von Patenten auf Lebewesen (einschließlich
Teilen und Funktionen des Menschen) ein groteskes Stadium. Am Ende
soll der Mensch selbst in seinen elementarsten Funktionen und Verrichtungen
von der Wissenschaft und der sie vermittelnden Industrie abhängen.
Nach Auffassung der Betreiber hat sich in einem neuen Akkumulationsschub
die unendliche Genmasse in eine ebenso unendliche Wertmasse zu verwandeln,
verheißungsvolle Gewinne werden in Aussicht gestellt. Tatsächlich
werden in diesem Sektor jedoch kaum Realinvestitionen getätigt
und Arbeitsplätze geschaffen. Beeindruckender sind da eher
die satten spekulativen Kursgewinne der Bioindustrie und die enorme
Kapitalkonzentration in den zehn marktführenden Biotechnologiefirmen,
die der fanatischen Jagd nach dem Patent frönen. Trotz weltweiter
wirtschaftlicher Rezession nach dem 11. September sorgen sie bei
den Anlegern weiterhin für hohe Renditen. Im Vergleich zur
seiner Zeit ähnlich umwälzenden Atomtechnologie, die sich
weitestgehend unter staatlicher Aufsicht und vermutlich in der Hand
weniger Staaten befindet, stellen die Biotechnologien, als Hort
des freien Marktes, eine fast völlig unkontrollierte Spielwiese
für größenwahnsinnige Biotechniker dar, die ihre
Verfahren quasi überall wiederholen und praktizieren können.
"Zu
Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt und Genetiker!"
Eine Wissenschaft wie die Gentechnologie ist unter kapitalistischen
Bedingungen als Ganzes abzulehnen. Dafür bedarf es nicht jedes
Mal des Nachweises, warum ihr jeweils jüngster Einfall katastrophale
Folgen haben wird ohne als vermeintlicher Nutznießer jahrelang
als Versuchskaninchen dienen zu müssen. Es genügt, die
komplette Abhängigkeit von den Profiterwartungen der Bioindustrie
zu betrachten sowie die völlige Unverantwortlichkeit, mit der
Genetiker vorgehen und die Ausgrenzung derer, die grundlegende Zweifel
an ihr äußern.
Von positiven Auswirkungen der heutigen Bio-Technik zu schwadronieren
hat deshalb schon gar keinen Sinn. Denn kaum eines der Probleme,
die heute die Welt und ihre Bewohner plagen, ist technologisch lösbar.
Es handelt sich nämlich um gesellschaftliche Probleme. Genau
darauf hinzuweisen und den Kapitalismus als Ganzes abzuschaffen,
ist Aufgabe der radikalen Linken.
Veranstaltungen
Biotechnologien
und "positive" Eugenik - Leistungsethik und Ausgrenzung
Mittwoch 23.Januar 2002, 19 Uhr
Apex, Burgstrasse, mit Udo
Sierck, Mitinitiator der Behinderten- und Krüppelbewegung,
veröffentlichte u.a. die Wohltätermafia und Normalisierung
von rechts. Biopolitik und Neue Rechte
Biotechnologien
und Neoliberalismus - Die Verwertung der Gene
Mittwoch 13.Februar 2002, 19 Uhr
Apex , Burgstrasse, mit Fritz Storim, Uni Bremen
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