Guten Tag. Wir sind hier drei Mitglieder des PCN. Wir haben zusammen an diesem Vortrag gearbeitet: Hernan, Luz Mary und ich.
Das Erste was wir zum Ausdruck bringen wollen ist, dass die Auswirkungen des globalen Kapitalismus für uns etwas Permanentes gewesen sind. Seit wir aus Afrika nach Amerika gebracht wurden, haben wir erfahren können, was die Folgen eines globalisierten Kapitalismus sind. Angefangen hat es beim dem Prozess der kulturellen Entwurzelung, bei dem wir aus unserem ursprünglichen Lebenszusammenhang herausgerissen wurden, über den Kolonialismus bis hin zu dem, was heute als ökonomische Globalisierung bezeichnet wird. Kapitalismus hat für uns immer Sklaverei, Ausgrenzung, Ausbeutung, Unterdrückung, Repression und Negation bedeutet.
Sogar in den sogenannten "demokratischen Gesellschaften" wie Kolumbien, haben wir den sogenannten "Wohlfahrtsstaat" nicht anerkannt. Wir sind von Vorteilen dieses "Wohlfahrtsstaates" immer ausgeschlossen geblieben. Wir leben in isolierten Regionen, die gleichzeitig jedoch in die Mechanismen der Ausbeutung und der extraktiven Wirtschaft eingebunden sind. Wir sind als Arbeitskräfte vom nationalen und internationalen Kapital ausgenutzt worden. Bis 1941 gab es in unseren Gebieten noch Goldminen des internationalen Kapitals. Die Auswirkungen der wirtschaftlichen Globalisierung sind im Falle der Schwarzen Gemeinschaften etwas Permanentes gewesen.
Die Ausbeutung und Ausgrenzung, die wir in dieser ungerechten Beziehung mit dem Kapital erfahren haben, hat paradoxerweise aber auch dazu beigetragen, dass wir Lebensformen erhalten und weiterentwickeln konnten, die auf anderen Werten beruhen wie die der dominierenden, vom Kapitalismus geprägten Gesellschaft. Unser zentralerWert in der sozialen Beziehung ist das Leben selbst, deshalb basieren auch unsere Beziehungen zu anderen Personen auf einen Respekt des Lebens und anderer Lebensformen. Unser Lebensprojekt hängt vom Angebot der Umwelt, von anderen Lebensprojekten und der Solidarität ab. Für uns ist die Vielfalt und der Respekt des anderen ein fundamentaler Wert im Aufbau unserer Gesellschaft und im Überleben unserer kulturellen Vision der Welt und der Beziehung zu den anderen. In diesem Sinne ist unser historisches Projekt immer ein Kampf um die Freiheit gewesen, ein permanenter Kampf für den Aufbau und Erhalt dieser Werte im Leben selbst. Wir sagen dass "wir sind weil andere sind" (somos porque otros son). Es ist klarfür uns, dass das Leben nicht ohne die anderen sein kann.
Diese Werte stehen im Widerspruch zu den Werten, die von allen Ausdrucksformen des Kapitalismus ausgehen. Tatsächlich haben wir in diesem ganzen historischen Prozess, seit der Entwurzelung und Versklavung unserer Vorfahren nach Amerika bis jetzt, verschiedene grausame Ausdrucksformen des Kapitals erlebt. Die Modernisierung als Barbarei war immer in diesen Formen des Kapitals zu erkennen. Das neoliberale Projekt hat die Bedingungen der Unterdrückung und Ausbeutung weiter verschärft. Was ein Phänomen in Philadelphia ist, [sie bezieht sich auf die Bedingungen der Obdachlosen von dem Cheri Honkala im vorherigen Vortrag erzählt hat], ist seit langem das alltägliche Leben von vielen Sektoren der kolumbianischen und lateinamerikanischen Gesellschaft: ohne Haus, ohne Land, ohne Möglichkeiten, etwas zu produzieren, ohne Lebensgrundlage. Der "Wohlfahrtsstaat" und der neoliberale Staat haben aus dem Leben etwas gemacht, was wir "Wegwerfmenschen" nennen. Es gibt keine Möglichkeiten, etwas zu produzieren. Viele Leute bedeuten gar nichts für ein System, in dem das Leben nicht zählt. Der Neoliberalismus bedeutet die Präsenz von Multinationalen Konzernen in unseren Ländern und die Überausbeutung. Der Neoliberalismus hat die totale Vernichtung aller Dienstleistungen des Wohlfahrtsstaates bedeutet, für die wenigen Sektoren, die Zugang zu diesen Vorteilen hatten. In Kolumbien stieg das Elend durch die Privatisierung der öffentlichen Betriebe, die Verteuerung der Dienstleistungen und durch die Liberalisierung von verschiedenen Leistungen die lebensnotwendig sind, wie Kommunikation, medizinische Versorgung und Unterkunft.
Der Prozess der Schwarzen Gemeinschaften entsteht also als eine Reaktion auf, aber auch als konkrete Aktion gegen diese Situation. Unsere Gemeinschaften leisteten einen kulturellen Widerstand in ihrem Alltag nicht nur die gegen die ungerechten Handlungen des Kapitals, sondern gegen das System an sich. Wir haben es geschafft, andere Werte am Leben zu halten, zum Beispiel nicht zu akkumulieren. Dieser kulturelle Widerstand ist einem Lebensraum verbunden in dem versucht wird eine andere Lebensform zu erhalten und entwickeln, in der wir das Leben behaupten, in dem wir ein Leben in Freude führen. Diese Behauptung der Hoffnung ist eine Grundbedingung um die Freiheit zu erkämpfen. Ohne die Behauptung dieser drei Aspekte: der Hoffnung, des Lebens und der Freude, wäre es für uns unmöglich ein Projekt des Befreiungskampfes zu tragen. In dem Sinne setzt sich der Prozess der Schwarzen Gemeinschaften für drei grundsätzliche Aspekte ein, den Aufbau der Identität, des Lebensraumes und der Autonomie. Dies sind die drei Eckpunkte um die sich sowohl unsere Kultur aufbaut, als auch unsere neue Widerstandstrategien gegen die zunehmenden Drohungen des Kapitals und des herrschenden Systems über unsere Gebiete und unser Leben.
Unsere Beziehung zum Norden hat drei Merkmale oder drei Formen:
Wir haben mit Peoples' Global Action (PGA) eine Initiative, die angefangen hat, diese Herausforderungen anzupacken. PGA ist ein Versuch, der 1998 angefangen hat, der bislang nur eine kurze Lebenszeit hat, jedoch große Erfahrungen gemacht hat wie die Proteste in Mai 98 in Genf oder Seattle, dieses große Ereignis in den USA, die Proteste in Prag oder die Vernetzung, die zwischen verschiedenen Bewegungen in der Welt entstanden ist. Die Herausforderungen dieser globalen Aktion haben mit verschiedenen Sprachen, Rhythmen und Kontexten zu tun. Zum Beispiel, was für uns "Lebensraum" (territorio) bedeutet, ist nicht das was Lebensraum für euch bedeutet. Das haben wir aber hier, in der BRD und jetzt erst gelernt. Es sind diese Arten von Begegnungen, die wir brauchen, und diese Art von Herausforderungen, denen wir entgegenwirken müssen, um weitere Begegnungspunkte zu identifizieren und effizienter werden. Die Strategien des Kapitals zwingen auch uns, effizient in der gemeinsamen Aktion zu sein. Dazu müssen wir die Mechanismen des Kapitalismus und die verschiedenen Gesichter der Globalisierung sichtbar machen. Der IWF, die WTO oder die Weltbank sind im Alltag unserer Gemeinschaften etwas unfassbares, und das ist auch eine Strategie des Kapitals. Es sind Staaten, die außerhalb unseres Staates liegen, die über unsere Zukunft unserer Leben entscheiden. Es ist sehr wichtig, in einer globalen Aktion die Auswirkungen des globalisierten Kapitalismus zu denunzieren und zu zeigen, dass es verheerend für die meisten Menschen dieser Welt ist. Die Mechanismen und die Verantwortlichen der Ausgrenzung und des Todes von vielen Menschen und vielen Formen des Lebes sichtbar zu machen, ist ein Beitrag im Kampf.
Ein wichtiger Aspekt ist die Information. Die Information hat und nimmt eine immer wichtigere Rolle in diesen Widerstandsstrategien ein. Zum Beispiel genauer zu wissen, was die internationale Entwicklungshilfe plant. Zu wissen, wer am Krieg in Kolumbien teilnimmt. Informationen wie die um den Plan Colombia benötigen sowohl einen Datenaustausch von Kolumbien nach hier, wie von hier nach Kolumbien. Das Phänomen des Plan Colombias ist global und geht uns alle an.
In der Erfahrung von PGA haben wir uns drauf geeinigt, dass die Kämpfe gegen alle Formen der Unterdrückung wichtig sind: die Frauen gegen die Formen des Patriarchats (das finde ich problematisch, weil damit wieder Frauen die Rolle der Bekämpfung des Patriachats zugeschoben wird, die eine Aufgaben von allen - Männern wie Frauen - sein sollte. Damit wird das Patriarchat doch wieder als "Nebenwiderspruch" festgeklopft. Anm. der Übersetzerin) und alle anderen Kämpfe gegen Unterdrückung. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Autonomie und die Vielfalt der Widerstände. Die Autonomie innerhalb der Einheit behalten, ist ein wesentlicher Aspekt der Solidarität und der Strategie des Widerstandes. Wir müssen die verschiedenen Aktionsformen erhalten und die gemeinsamen Aktionspunkte finden, über die wir uns einigen können, um Einheit in der Aktion zu erreichen.
Es gibt verschiedene Interpretationen des Begriffes der Gewalt. Unsere Freunde aus Indien beispielsweise verstehen das Zerstören von materiellen Strukturen, die die Essenz des Kapitals unterstützen, als nicht gewaltfreie Aktionen. Das sind Beiträge von anderen Bewegungen, die für uns auch wichtig zu verstehen sind. Wir müssen nicht nur Begegnungspunkte finden, sondern auch gemeinsame Aktionsformen.
Zum Abschluss: Wir denken, dass wir nicht von Null anfangen müssen. Die Erfahrungen von PGA sind sehr brauchbar. Die Differenzen und Defizite, die wir haben, sind Ausgangspunkte. Wir müssen verstehen, dass wir verschiedene Rhythmen und Kontexte haben, dass die Widerstandsaktionen nicht notwendigerweise die gleichen Formen annehmen. Die Bewertung dieser verschiedenen Aktionsformen sind Gebiete, in denen wir noch viel zu gewinnen haben, in denen wir uns noch besser kennenlernen und auseinandersetzen müssen, damit wir mehr Effektivität in den globalen Strategien entwickeln können.