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Date: Fri, 22 Feb 2002 12:39:16 +0100
Kolumbien: Militär bombardiert entmilitarisierte Gebiete

Indymedia.de
http://germany.indymedia.org/2002/02/16471.html
Von: piquetero        22.02.2002 04:00

Kolumbien: Militär bombardiert entmilitarisierte Gebiete

Die kolumbianische Armee hat heute Donnerstag mit massiven Bombenangriffen
auf die entmilitarisierte Zone im Süden des Landes begonnen

Die kolumbianische Armee hat heute Donnerstag mit massiven Bombenangriffen
auf die entmilitarisierte Zone im Süden des Landes begonnen. Laut Standard
werden im Rahmen der "Operation Tanatos" genannten Aggression 13.000
Soldaten mobilisiert; 85 "strategische Ziele" sollen bombardiert und die
entmilitarisierte Zone unter die Gewalt des Staates gebracht werden.
Während im Süden die im Rahmen des "Plan Colombia" von den USA gelieferten
Waffen und Geräte, wie etwa Blackhawk-Hubschrauber, eingesetzt werden,
rollen zur gleichen Zeit Panzer der Armee durch die Hauptstadt Bogotá.
Über die Zahl der bei den Bombenangriffen Ermordeten haben bürgerliche
Medien bisher geschwiegen.

In einer Fernseh-Ansprache forderte Präsident Pastrana kurze Zeit vor dem
Beginn der Bombardierungen den sofortigen Rückzug der Guerrillabewegung
FARC (Revolutionäre Streitkräfte Kolumbiens) aus der Zone. Pastrana habe
sich entschlossen, den sog. "Friedensprozess" mit der FARC abzubrechen, da
diese "ihr wahres Gesicht", das des "Terrorismus" und der
"Friedensunwilligkeit" gezeigt hätten.

Als Vorwand dient Pastrana die Entführung eines Oppositionspolitikers und
Mitglieds der Verhandlungsdelegation mit der FARC, Jorge Gechen Turbay,
der am Mittwoch nach der erzwungenen Landung eines Geschäftsflugzeugs von
"Rebellen in Tarnkleidung" gekidnappt wurde, die restlichen Fluggäste und
die Crew wurden von den EntführerInnen unverletzt zurückgelassen. Egal ob
wahr oder nicht, für Pastrana steht fest: die FARC ist es gewesen. Genauso
fest steht seit kurzem auch, dass die FARC die entmilitarisierte Zone
schon immer "zur Aufrüstung und als Drogenlabor" benutzt habe. Noch vor
zwei Jahren hat Pastrana selbst öffentlich bezweifelt, dass die Guerrilla
mit dem Drogenhandel in Verbindung stehe - der wird nämlich tatsächlich
von den Paramilitärs dominiert, deren Gebiete vom "Plan Colombia",
natürlich ganz zufällig, nicht tangiert werden - und auch die Bezeichnung
der FARC als "terroristische Organisation" war für ihn bis zum
11.September nicht so eine ausgemachte Sache.

In einer Stellungnahme äußert sich jedenfalls ein Sprecher der FARC, über
die Entführung und eine Beteiligung seiner Organisation daran nicht
informiert gewesen zu sein. Die FARC sieht in der Ansprache Pastranas eine
Kriegserklärung des Präsidenten und der Oligarchie. Nicht von ungefähr,
denn am Donnerstag gab es auch einen Anschlag, der schon eher auf die
Interessen hindeutet, die von einer Zerschlagung der linken Opposition
profitieren: der Anschlag galt der Ölpipeline von Cano Limon, genau jene
Pipeline zu deren Schutz George W. Bush gerne die Militärhilfe für
Kolumbien noch weiter erhöhen möchte.

Die Entführung eines Politikers oder Unternehmers zählt für den
kolumbianischen Staat mehr als die alltäglichen Massaker an der
Bevölkerung durch die Armee und die mit ihnen verbündeten Paramilitärs.
Jetzt hat die Regierung den Vorwand, auf den sie gewartet hat, um die
bewaffnete politische Opposition im Land, ganz im Zeichen von Bushs
"Antiterror-"Krieg, wegzubomben. Wenn Präsident Pastrana behauptet, dass
dabei "auf die Sicherheit der Zivilbevölkerung geachtet" werde, dann ist
er so glaubwürdig wie die Massenmörder vom paramilitärischen Dachverband
AUC, die nach der Ansprache von Pastrana zynisch verkündet haben, "die
zivile Bevölkerung zu respektieren" - solange sie sich von der Guerrilla
fernhält, ebenso wie von Gewerkschaften, sozialen Bewegungen und
Oppositionsparteien. Denn im Gegensatz zur Darstellung in den bürgerlichen
Medien sind die Zehntausenden von Menschen, die jährlich in Kolumbien
ermordet werden, ebenso wie die mehr als 2 Mio. Flüchtlinge, nicht
"direkte Opfer des Bürgerkrieges" zwischen Armee und Guerrillas. Sie
werden von staatlichem und paramilitärischem Terror - was im Grunde aufs
selbe hinausläuft - systematisch massakriert. Die "Ökonomie des Terrors"
hat in Kolumbien eine lange Geschichte, die weit vor der Gründung der
ersten Guerrillabewegung begonnen hat, die nur die Reaktion darauf ist.

Wenn Pastrana "die Armee der 40 Mio. KolumbianerInnen" aufruft, gegen die
Guerrilla Widerstand zu leisten, dann hat das mit der Realität nichts zu
tun. Die Menschen flüchten schon jetzt vor den Bomben und dem befürchteten
grenzenlosen paramilitärischen Terror nach dem Abzug der Guerrilla aus der
entmilitarisierten Zone.

DESHALB: AUF ZUR KOLUMBIANISCHEN BOTSCHAFT! SOLIDARITÄT IST EINE WAFFE!

(quellen: standard, reuters, frankfurter rundschau, ap)


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