Von Kintto Lucas
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(Quito, 28. Juli 2002, comcosur).- Soziale Organisationen aus Ecuador fordern von den Regierenden Südamerikas die Ablehnung des gesamtamerikanischen Freihandelsabkommens (FTAA/ALCA) und im Besonderen die Zurückweisung des Plan Colombia. Sie befürchten, dass sich der bewaffnete Konflikt in Kolumbien durch diesen Plan auf die gesamte Region ausdehnen könnte.
Die Angst vor einer Südamerikanisierung des Plan Colombia entwickelte sich verstärkt in den letzten Tagen, als Informationen öffentlich wurden, nach denen im Rahmen der Drogenbekämpfung ein multinationaler Militäreinsatz geplant wird. Die Nachricht wurde am Sonntag, dem 28. Juni, von der Tageszeitung "Jornal do Brasil" aus Río de Janeiro verbreitet. Sie basiert auf einem Interview mit dem chilenischen General José Miguel Pizarro, Präsidialdirektor von Red Táctica, einer Agentur, die sich dem Waffenhandel zwischen den Vereinigten Staaten und Lateinamerika widmet, sowie aus Quellen brasilianischer Militärkreise.
Für den Indígena-Führer Miguel Lluco von der Bewegung "Pachakutik" kann eine multinationale Intervention in Kolumbien der Beginn eines regionalen Krieges mit nicht vorhersehbaren Folgen sein. "Wir werden nicht akzeptieren, dass Ecuador und ganz Amerika in eine bewaffnete Intervention verwickelt werden. Wir fordern von den Präsidenten Südamerikas, die sich Ende der Woche in Ecuador zusammenfinden, dass sie sich gegen jegliche Aktion dieser Art aussprechen," sagte Lluco.
Laut Genaral Pizarro planen seit Januar diesen Jahres 30 Offiziere der Chilenischen Kriegsakademie eine Art Intervention in Kolumbien, an der 2600 Soldaten aus verschiedenen Ländern unter Führung der USA und mit dem Mandat der UNO teilnehmen sollen. Der chilenische Militär bestätigte, dass sich Chile an dieser Aktion beteiligen werde, wenn dies vier weitere südamerikanische Staaten ebenso tun. Diese sind Argentinien, Ecuador, Uruguay und Peru.
"Argentinien soll sein Verstärkungsbataillon zu Verfügung stellen und Uruguay die Infanterieeinheiten", versicherte Pizarro, und fügte hinzu, dass Peru "nicht mit einem geringeren Befehlsstab als dem Chiles zusammenarbeiten wird" und Ecuador "schon seine Zerstörer an der kolumbianischen Grenze positioniert hat".
Der General bestätigte gegenüber der brasilianischen Tageszeitung, dass, sobald die verschiedenen Länder die Beteiligung an dem Militärschlag unterzeichnet hätten, dieser Ende Januar 2004 beginnen könne, da bis dahin die Guerilleros durch die Kämpfe mit der kolumbianischen Armee ausreichend geschwächt sein sollten. Er wies außerdem auf die Möglichkeit hin, dass viele der verfolgten Rebellen in die angrenzenden Länder Brasilien, Ecuador, Peru und Venezuela fliehen könnten.
Jorge Loor, Vorsitzender der Nationalen Bauernkoordination, wies indes darauf hin, dass selbst wenn die in der brasilianischen Zeitung angekündigte Intervention nicht stattfinde, Ecuador bereits in den Konflikt verwickelt sei, da die Vereinigten Staaten in Puerto de Manta eine Basis für Aktionen in Kolumbien benutzen.
Der ecuadorianische Vizepräsident, Pedro Pinto, versicherte dagegen, dass es nicht einen Anhaltspunkt gebe, auf Grund dessen man annehmen könne, Ecuador könne sich an einer lateinamerikanischen Eingreiftruppe beteiligen. "Die ecuadorianische Regierung stellt die Basis Puerto de Manta zu Verfügung, um den Drogenhandel zu überwachen, nicht den Terrorismus; das wurde eindeutig von Präsident Gustavo Noboa und dem Kanzler Heinz Moeller klargestellt", äußerte sich Pinto.
Auch der Regierungssprecher Oscar Zuloaga bekräftigte, dass es der Wille des ecuadorianischen Volkes sei, sich nicht in den kolumbianischen Konflikt einzumischen: "Den bewaffneten Konflikt in Kolumbien müssen die Kolumbianer lösen und die ecuadorianische Regierung soll seine Grenzen und seine Bürger schützen." Unter dieser Prämisse "zeichnet sich weder die Bildung noch die Beteiligung Ecuadors oder ecuadorianischen Soldaten an irgend einer Eingreiftruppe ab, sei es eine Interventions- oder eine Friedenstruppe, die auf kolumbianischem Territorium agiert," dementierte der Politiker.
Loor bestätigte, dass diverse soziale Bewegungen von den zwölf Präsidenten, die am Wochenende am 2. Südamerika-Gipfel in Guayaquil teilnehmen, fordern, sich gegen den Plan Colombia und die gesamtamerikanische Freihandelszone (FTAA/ALCA) auszusprechen.
Der Plan Colombia wurde von dem scheidenden kolumbianischen Präsidenten Andrés Pastrana mit der Unterstützung der USA ins Leben gerufen und soll der Bekämpfung des Drogenanbaus und -handels dienen. Aber in den Augen vieler Analysten ist er eine versteckte Anti-Guerilla-Aktion.
Letzen Juni bestätigte der ecuadorianoische Verteidigungsminister, Hugo Unda, gegenüber ausländischen Pressevertretern, dass von der Basis Puerto de Manta Geheimoperationen gegen den Drogenhandel in Kolumbien ausgeführt werden. Als er gefragt wurde, ob sich die Aktionen auch auf die Guerilla bezögen, antwortete er, dass dieses Gebiet "ein politisches Problem" sei. Als er weiterhin gefragt wurde, ob er die Guerilla als ein politisches oder ein Drogenproblem ansehe, sagte der Minister, dass dieses Thema Teil eines internen kolumbianischen Problems sei, das von Kolumbien gelöst werden müsse. Ecuador dürfe sich da nicht einmischen.
Auch Mitarbeiter des brasilianischen Verteidigungsministeriums sagten gegenüber dem Jornal do Brasil, dass Brasilien eine friedliche Lösung des Konflikts an Stelle einer kriegerischen unterstütze. Sie bestätigten auch, dass sich der brasilianische Präsident Fernando Henrique Cardoso mit seinem kolumbianischen Amtskollegen Alvaro Uribe Vélez in Verbindung setzen möchte, um die friedliche Beilegung des Konflikts zu erörtern. Diesen Vorschlag wollte er beim Besuch Uribes am 28. Juli in der Hauptstadt Brasilia machen.
Auch die uruguayische und die chilenische Regierung dementierten die Beteiligung an einer eventuellen multinationalen Streitkraft und erklärten, dass sie sich lediglich an Friedensmissionen beteiligen würden.