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Sozialer Konflikt in Kolumbien: Wie über Ursachen aufklären?
Interview: Harald Neuber Junge Welt 05.06.2003
http://www.jungewelt.de/2003/06-05/018.php

jW sprach mit Miguel Cifuentes, Sekretär einer regionalen Landarbeitervereinigung in Zentralkolumbien und Mitglied der Menschenrechtsorganisation CREDHOS

F: Seit einem Jahr hat Kolumbien mit Alvaro Uribe Vélez einen Präsidenten, der dem rechtsextremen Lager zugerechnet wird. Eine seiner ersten Maßnahmen war die Einrichtung eines Netzwerkes ziviler Informanten. Wie steht es um das Vorhaben?

Dieses Netzwerk leistet « gute Arbeit ». Seither hat eine wahre Hexenjagd auf Aktivisten aus Gewerkschaften, Menschenrechtsorganisationen und linken Parteien eingesetzt.

F: Was für Leute arbeiten als Informanten?

Es sind normale Menschen, Arbeiter, Angestellte, vielleicht der Nachbar. Das Perfide an dem Plan ist, daß er sich die Not der Menschen zunutze gemacht hat. Wegen steigender Arbeitslosigkeit in Kolumbien und einer strukturellen Krise der Wirtschaft lassen sich immer mehr Menschen anwerben, weil sie auf etwas Geld hoffen. Bezahlt wird für jede Information über « subversive Tätigkeiten ».

F: Wie gehen progressive Kräfte dagegen vor?

Über 300 Organisationen haben eine internationale Kampagne « Ein anderes Kolumbien ist möglich - mit Frieden und sozialer Gerechtigkeit » gestartet. Das wichtigste Anliegen ist Aufklärung über die katastrophale Menschenrechtslage in Kolumbien.

F: Auf welche Resonanz stoßen Sie damit in Europa?

Auffällig ist die mangelnde Information über die Ursachen des Konfliktes. Viele Menschen in Europa urteilen nach einem einfachen Schema: Wer Gewalt anwendet, ist schlecht. Natürlich sind bewaffnete Auseinandersetzungen grundsätzlich abzulehnen. Solange in Kolumbien aber keine strukturellen Veränderungen stattfinden, wird es keinen Frieden geben. 85 Prozent des bebaubaren Bodens gehören nur 15 Prozent der Bevölkerung.

F: Wer stellt sich gegen eine Landreform?

Natürlich zunächst die traditionellen Kräfte auf dem Land, lokale Kaziken, Viehzüchter, Drogenbarone. Aber es handelt sich nicht ausschließlich um einen archaischen Konflikt, sondern um ein sehr modernes neoliberales Projekt der USA und einer von ihnen installierten Regierung. Seit einigen Jahren nehmen die Aktivitäten multinationaler Konzerne erheblich zu. Es geht vor allem um US-amerikanische Interessen an den Gold- und Ölressourcen des Landes.

F: Wie sieht Ihre Arbeit in den nächsten Monaten aus?

Die Informationspolitik steht im Vordergrund. Seit vergangenem Oktober haben wir jedoch immer größere Probleme, ausländische Menschenrechtsbeobachter einzuladen. Mehrere Aktivisten aus Kanada, Europa und den USA wurden bereits ausgewiesen. Bei den bevorstehenden Auseinandersetzungen wollen die Regierung und ihre Handlanger in Militär, Paramilitär und Polizei möglichst keine Zeugen haben.

F: Welche Möglichkeiten haben Sie von Kolumbien aus zu informieren?

Seit mehreren Monaten sind wir dabei, ein Mediennetzwerk in den ländlichen Regionen zu etablieren. Doch diese Arbeit ist heikel. Erst Anfang März wurde auf mich ein Anschlag verübt. Als ich von einer Versammlung auf die Straße trat, eröffneten Unbekannte das Feuer auf mich. Politische Gegner der Machthaber leben in Kolumbien gefährlich.

* Veranstaltung mit Miguel Cifuentes: heute in Berlin, Mehringhof, 19 Uhr, über den Kolumbien-Plan und die « Regionale Andeninitiative » der USA

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