Berliner Zeitung, 24.5.03
G-8-Minister beraten über Wiederaufbau
Attac kritisiert Demonstrationsverbot
PARIS/BERLIN, 23. Mai. Der Wiederaufbau Iraks und die Lage in Nahost standen am Freitag im Mittelpunkt des Außenministertreffens der G-8-Staaten in Paris. Das Treffen bereitete zugleich den Gipfel der Staats- und Regierungschefs der G-8-Staaten vom 1. bis zum 3. Juni im französischen Evian vor. Am Rande kamen US-Außenminister Colin Powell und sein französischer Kollege Dominique de Villepin zu einem ausführlichen Vier-Augen-Gespräch zusammen. Der Ton der Unterredung wurde von Pariser Seite als "freundlich und freimütig" bezeichnet. "Ich bestrafe Frankreich nicht", hatte Powell am Donnerstagabend in einem Interview des französischen Senders TF1 gesagt. "Wir müssen aber die gesamte bilaterale Politik überprüfen und sehen, ob vielleicht gewisse Veränderungen notwendig sein werden."
Frankreich hatte den US-Angriff auf Irak in der Vergangenheit stets abgelehnt und im Weltsicherheitsrat als Veto-Macht die Kriegsgegner angeführt. Trotz der Verabschiedung der von den USA vorgelegten Irak-Resolution im Sicherheitsrat sind die durch den Krieg ausgelösten Spannungen zwischen den G-8-Staaten nicht völlig ausgeräumt.
Die globalisierungskritische Organisation Attac kritisierte am Freitag die wegen des G-8-Gipfels angeordneten Grenzkontrollen als Einschränkung von Bürgerrechten. Indem Grenzkontrollen eingeführt, Demonstrationen untersagt und mit einem riesigen Sicherheitsaufgebot Panik in der Bevölkerung geschürt werde, versuchten die Veranstalter berechtigte Kritik an der fehlgesteuerten Globalisierung zu diskreditieren, sagte der Attac-Sprecher Malte Kreutzfeldt. Frankreich hat wegen des Gipfels das Schengen-Abkommen bis zum 4. Juni außer Kraft gesetzt, Einreisende in das Land werden seit Donnerstag stichprobenartig kontrolliert. Auch das Bundesinnenministerium in Berlin kündigte am Freitag verstärkte Kontrollen an der Grenze zu Frankreich und zur Schweiz an. (AFP/sav.)
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