AP, 1.6.03, 15.20 Uhr

Zehntausende demonstrieren gegen G-8-Gipfel in Evian

Nächtliche Krawalle und Straßenblockaden zum Gipfelauftakt - Polizei setzt Tränengas ein

Genf/Lausanne (AP) Zehntausende Globalisierungsgegner haben am Sonntag gegen den G-8-Gipfel in Evian mobil gemacht. Zwei große Protestmärsche aus Genf und der französischen Stadt Annemasse schlossen sich an der Grenze zusammen. Die Organisatoren sprachen von 120.000 Teilnehmern, die Polizei meldete 20.000 Demonstranten. In mehreren Orten kam es zu Ausschreitungen militanter Demonstranten. Bei einer Protestaktion in der Schweiz wurde ein Mann schwer verletzt: Nach Polizeiangaben stürzte er beim Abseilen von einer Autobahnbrücke ab.

Sowohl aus Genf als auch aus dem rund zehn Kilometer entfernten Annemasse zogen Gipfelkritiker friedlich zur französisch-schweizerischen Grenze zwischen beiden Städten. "Erlasst die Schulden" oder "Gegen einen endlosen Krieg: endloser Widerstand" war auf ihren Transparenten zu lesen. Die beiden Protestzüge marschierten geschlossen zurück nach Frankreich.

Zuvor war es zu teils massiven Ausschreitungen und Plünderungen gekommen. In Annemasse blockierten am Morgen rund 1.500 Demonstranten die Hauptstraße zum Konferenzort Evian mit einer brennenden Barrikade. Vermummte bewarfen die Sicherheitskräfte mit Steinen, die Polizei setzte Tränengas und Wasserwerfer ein.

In Genf protestierten in der Nacht rund 300 Jugendliche gewaltsam gegen den Gipfel. Sie zogen in kleinen Gruppen durch die Innenstadt, zerstörten Schaufenster, setzten Barrikaden in Brand und warfen Molotow-Cocktails. Mehrere Geschäfte, das Gebäude des Genfer Stadtrats, die Kantonalbank und das Gebäude der Tageszeitung "Tribune de Geneve" wurden beschädigt. Holzbarrikaden, mit denen sich Banken vor Randalierern schützen wollten, wurden in Brand gesetzt, ebenso ein Auto. Unter Polizeischutz bekämpfte die Feuerwehr die Brandherde. "Sie operieren in kleinen Gruppen, was es schwer macht, sie unter Kontrolle zu bringen", sagte ein Polizeisprecher.

Später blockierten tausende Demonstranten mehrere Rhone-Brücken, darunter auch die zentrale Mont-Blanc-Brücke. Mit brennenden Barrikaden versuchten sie, den Verkehr zum französischen Ufer des Genfer Sees und damit auch nach Evian stoppen.

In Lausanne stürmte eine Gruppe von Demonstranten am Sonntagmorgen eine Tankstelle und verteilte geplünderte Zigaretten und Süßigkeiten an Passanten. Andere Gruppen zerstörten Telefonzellen und rissen Straßenschilder ab. Die Polizei gab Warnschüsse mit Gummigeschossen in die Luft ab und setzte Tränengas ein. Die Behörden verboten wegen der Krawalle eine angemeldete und zunächst genehmigte Demonstration am Nachmittag. Mehrere Randalierer wurden festgenommen.

Der überwiegende Teil von etwa 2.000 Demonstranten in Lausanne demonstrierte friedlich. Ihr Zorn richtete sich nach dem Irak-Krieg vor allem gegen US-Präsident George W. Bush und den britischen Premierminister Tony Blair. Die Autobahn zwischen Lausanne und Genf musste wegen Blockadeaktionen zeitweise gesperrt werden.

Deutsche Polizisten unterstützen Schweizer Kollegen in Genf

Die Polizeipräsenz in Genf wurde am Sonntag weiter verstärkt. Auch ein Teil der zum Schutz des Flughafens in Genf-Cointrin abgestellten deutschen Polizisten sollten ihre Schweizer Kollegen im Stadtzentrum unterstützen, wie Polizeidirektorin Micheline Spoerri im Westschweizer Radio mitteilte. Insgesamt haben Frankreich und die Schweiz rund 24.000 Soldaten und Polizisten für den G-8-Gipfel mobilisiert.


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