Von Genf via Lausanne nach Evian
Früh am morgen, 01.06.2003 05:31
http://ch.indymedia.org/demix/2003/06/10007.shtmlein kleiner Bericht vom 31.5. in Annemasse (Protest gegen die Sozialdemokratische Partei), einer Bootsfahrt von Lausanne über den See nach Evian und ein Besuch in zwei Camps in Lausanne.
Feu au LacGenf
in der Stadt sind viele Geschäfte mit Holzbrettern verbarrikadiert. 1998, anlässlich der Proteste gegen die Tagung der WTO (Welthandelsorganisation), die fünfzig Jahre verschärfte Ausbeutung feierte, gab es schon einmal heftige riots, über die monatelang in der Stadt diskutiert wurde. So gelingt die Panikmache der Medien, und in der nacht auf den 1.6. gab es ja auch die ersten Brände, kaputten scheiben, umgekehrten Glascontainer, usw. in der Innenstadt.
Doch die Bevölkerung der "Stadt des Friedens", in der die kommunale Regierung die zentrale Brücke mit italienischen Regenbogenfriedensfahnen schmücken ließ, reagiert sehr kreativ. Kaum eine Bretterwand ist unbeschriftet geblieben, überall verzieren fantasievolle (und einfache) Botschaften, witzige Kommentare und Zeichnungen das Holz: "Der Kapitalismus hat Angst", "The only good system is a sound system", usw.
Genf- Annemasse
Zunächst fuhren wir als kleine Gruppe mit der Straßenbahn nach Annemasse. Von der Straßenbahnendstation direkt an der schweizerisch- französischen Grenze ist es ein ganzes Stück zu Laufen bis zum Camp. Gewöhnlich fährt ein Shuttle (Zubringerbus) vom Bahnhof zum Camp, aber heute war eben nichts normal. Wir sind gar nicht erst bis zum Camp gelangt. Im Chateau Rouge veranstaltete die Parti Socialiste (PS, Sozialdemokratische Partei) ein "Forum für eine andere globalisiserung" mit Podiumsgesprächen. Eingeladen war auch Susan George, Vizepräsidentin von Attac France.
Eine Gruppe von mehreren hundert Autonomen protestierte gegen die Sozialdemokratie. Es gebe keinen Kapitalismus mit einem menschlichen Antlitz. Sie stürmten auf das Gebäude zu und klebten Aufkleber auf die Scheiben. Der Wachschutz wurde sehr aggressiv gegenüber den Protestierenden und einige Scheiben gingen zu Bruch. Die CRS (Riot Cops) schritt ein und sprühte viel Tränengas um drängte die Protestierenden zurück. Es hieß, dass die Veranstaltung anschließend abgebrochen wurde.
Genf - Lausanne - Evian
Um mal das Delegiertenfeeling zu kosten, entschieden wir uns nach Evian zu fahren. Wann kommt mensch sonst während Gipfelprotesten in den Genuss einer Bootsfahrt? Ein Shuttlebus wartet in regelmäßigen Abständen am Genfer Flughafen. Bayerische Polizei beobachtet argwöhnisch alle ankommenden Menschen.
mit dem Shuttlebus geht es auf der Autobahn nach Lausanne. Auf der Autobahn verweisen Schilder auf das Village hin. "Camping Altermondialistes" steht auf offiziellen orangenen Hinweisschildern. Altermondialistes ist doch ein viel netteres Wort als GlobalisierungsgegnerInnen oder -kritikerInnen: diejenigen die für eine andere Welt sind.
Lausanne - Evian
Zum Lausanner Hafen hin stehen (wie seinerzeit in Göteborg und Genua) Container entlang der Straße. Unüberwindbar ist auf den Containern noch Stacheldraht gerollt. Den Hafen zu stürmen dürfte ziemlich aussichstlos sein. Ein Gitterzaun umzingelt die rote Zone, Polizisten steigen in den Shuttlebus ein und kontrollieren die Fahrgäste. Erst danach wird dem Bus die Zufahrt in die rote Zone erlaubt.
Lausanne (Schweiz) ist am nördlichen Ufer des Genfer Sees gelegen, Evian befindet sich am gegenüberliegenden Seeufer in Frankreich. Am Hafen wartet ein Schiff, schwer bewacht von der französischen Polizei. Ein bis zwei Schlauchboote fahren hinterher, auf der Schiffsbrücke suchen Polizisten mit Ferngläsern den See ab. Quer über den See besteht ebenfalls eine rote Zone, der ist Luftraum ausser für die Polizeihelikopter gesperrt, und mehrere Polizeiboote sichern den Ueberfahrtsweg ab.
Der G8 Gipfel soll heute im Seebadeort Evian beginnen, und direkt am Ufer prangt riesengroß das Casino - welch Sinnbild für den kriselnden Kasinokapitalismus!
Lausanne
In Lausanne befindet sich einerseits das Oulala c'village Camp und nicht weit davon entfernt direkt am Seeufer das Oulala Forum. Letzteres ist stärker selbstorganisiert. Es befindet sich gleich beim Unisportgelände und wurde besetzt, woraufhin die Stadt es geduldet haben. Die Behörden haben dem Village beinahe luxuriöse sanitäre Anlagen zur Verfügung gestellt, und es gibt einen Shuttle zwischen den beiden nahegelegenen Camps. Eine Bar "Temperature 40" gibt es auch. Die weitaus größere Zahl der AktivistInnen zieht es vor, im kleineren Camp direkt am Seeufer zu verweilen, die Stimmung ist hier viel ausgelassener.
Feu au Lac
Vom kleineren Camp in Lausanne aus sind die Feuer am See nicht so gut zu sehen, dafür ist die Blickentfernung zum anderen Ufer zu weit. Dennoch gibt es in der Nähe von Lausanne ein relativ großes Feuer zu sehen, und weitere kleinere Feuer. Die rund fünfzig Feuer rund um den See wurden von Festen begleitet, ein wichtiges Ereignis für die lokale Bevölkerung.
aktuell: was geht in genf, annemasse und lausanne?: http://www.de.indymedia.org/2003/05/52996.shtml
Was wir in Annemasse taten: http://www.de.indymedia.org/2003/05/53017.shtml
Annemasse Protest teargassed: http://www.uk.indymedia.org/front.php3?article_id=70130
Indy-Lille / G8 : arrestation de Bruno et repression: http://paris.indymedia.org/article.php3?id_article=3450