Wie vergangene Nacht im US-Bundestaat Florida bekanntgegeben wurde, haben sich die die Handelsminister aus 34 amerikanischen Ländern auf die Bildung einer Freihandelszone geeinigt, welche ab 2005 mit 800 Millionen Menschen den größten gemeinsamen Markt der Welt entstehen lassen soll. Alle Streitpunkte sollen in diesem Kompromisspapier jedoch ausgeklammert worden sein. Das Papier ist ein Rahmenabkommen und erlaubt den Vetragspartnern, empfindliche Themen aus den Verhandlungen auzuklammern. "FTAA light" wurde in erster Linie von den USA und Brasilien ausgearbeitet. In den letzten Jahren gab es verschiedene Konflikte, die sich negativ auf die Verhandlungen auswirkten. So wollten die USA keine Agrarsubventionen mit in das Abkommen aufnehmen. Länder wie Brasilien taten sich schwer mit dem Patentwesen und Fragen des geistigen Eigentums, des öffentlichen Beschaffungswesens und des Investitionsschutzes. Das Treffen war von intensiven Protesten begleitet.
FTAA ist die Erweiterung von NAFTA, welches 1994 in Kraft trat. Mit demselben Datum begann in Mexiko der Aufstand der Zapatistas, welcher die Geburtsstunde der NoGlobal-Bewegung markiert.
FTAA steht für Free Trade Area of the Americas und ist die Erweiterung des North American Free Trade Agreement (NAFTA) in mittelamerikanischen Ländern. Die einzige Ausnahme bildet bisher Kuba. Die Gründe dafür liegen auf der Hand. Die Verhandlungen für die Schaffung der amerikanischen Freihandelszone begannen bereits nach dem 1994 die NAFTA geschaffen wurde. Die Idee für die FTAA geht auf die Clinton-Regierung zurück.
"Mit der Unterschrift unter dem NAFTA-Freihandelsabkommen 1994 wurde Mexiko zur Aufhebung aller Handelsschranken zwischen dem Land, den USA und Kanada verpflichtet. Die Folgen für die traditionelle Bewirtschaftung im Süden Mexikos sind enorm, die Streuung des Landbesitzes zur Subsistenzwirtschaft und das kollektive Eigentum sind den Regierungsplänen ein Dorn im Auge. Mit den Angriffen aber mehrt sich auch der Widerstand, der nun auch in Mexiko-Stadt als Terror bezeichnet und verstärkt bekämpft wird."
Harald Neuber, Telepolis, 08.11.2001
Während der vergangenen drei Jahre gab es alle zwei bis drei Monate Verhandlungstreffen. Dort wurden die verschiedenen Positionen der einzelnen Regierungen ausgerollt. Die letzten Hauptreffen im kanadischen Quebec im April 2001 und in Quito, in Equador 2002 dienten der Ausarbeitung eines Kompromispapiers, welches nun beim erneuten FTAA-Treffen in Miami, in Florida unterschrieben wurde. Das gesamte Vertragswerk soll bis Ende 2004 ausgearbeitet und unterschrieben sein, um die Freihandelszone 2005 verwirklichen zu können.
Dies bedeutet konkret, dass in diesem Bereich keine Zölle oder Handelsbeschränkungen existieren. Jedoch ist eine Freihandelszone nicht mit einer Zollunion gleichzusetzen, da die Mitgliedsstaaten gegenüber Drittstaaten ihre verschiedenen Zolltarife beibehalten.
Es gibt viele Gründe die Schaffung einer derartigen Freihandelszone anzuprangern. Die Auswirkungen eines derartigen Abkommens sind sehr komplex und treffen sämtliche gesellschaftlichen Bereiche Die amerikanischen Gewerkschaften befürchten eine Abwanderung von Arbeitsplätzen in Billiglohnländer.
Arbeitsrechte und Naturschutz wären die grössten Opfer der FTAA. Von vielen wird befürchtet, dass die FTAA die Vormachtstellung der USA festigt und eher soziale Ungerechtigkeit und Armut fördert, als sie geringer werden lässt. Zudem erfährt der gesamte mittelamerikanische Raum derzeit eine zunehmendeMilitarisierung, die in direktem Zusammenhang mit der FTAA, steht. Das bereits angesprochene Patentwesen ist ein weiterer Kritikpunkt der FTAA- Gegner. Ein Beispiel: die Pharmaindustrie:
"Das raffinierte, ja perfide am TRIPS-Abkommen ist, dass der Patentschutz mit einem Wirtschaftsabkommen verknüpft ist, von dem viele Länder sich Vorteile erhofften, etwa verbesserte Exportmöglichkeiten bei Textil- und Agrarprodukten. Doch der angebliche Freihandel ist ohne TRIPS nicht zu haben. Das Abkommen ist Teil der GATT-Verträge, die beim Beitritt zur WTO komplett akzeptiert werden müssen. Für die Pharmamultis ist TRIPS dagegen ein komfortabler und billiger Weg, den internationalen Schutz ihres geistigen Eigentums durchzusetzen. Die Organisation Oxfam registriert schon seit einigen Jahren, dass die Industrienationen Wirtschaftsabkommen zunehmend mit Patentstandards verknüpfen. Das Free Trade Area of the Americas, FTAA ist so ein Fall oder auch das US-Jordanische Handelsabkommen. Eine europäische Variante der Forcierung des Patentschutzes ist das SPC-Zertifikat (PDF), mit dem die Patentlaufzeit für ein Medikament um fünf Jahre verlängert werden kann."
So, in einem Telepolis-Artikel von Katja Seefeld vom 5. März 2002.
Sämtliche Antikopierschutzprogramme sollen innerhalb der FTAA verboten werden. Auch die Informationsfreiheit wird mit Voranschreiten der FTAA-Verhandlungen immer weiter beeinträchtigt. Während des FTAA-Treffens in Quebec im April 01 forderten FBI-Mitarbeiter von Indymedia Seattle mit einem gerichtlichen Beschluss die Übergabe sämtlicher Logfiles. Auch das gewalttätige Vorgehender Sicherheitskräfte mit Tränengas, Elektroschockgeräten, Gummigeschossen und Wasserwerfen gibt einen bitteren Vorgeschmack auf das, was die amerikanischen Staaten ab 2005 erwarten könnte. Das FTAA ist ein Abkommen, das über die Köpfe der Bürger der amerikanischen Länder hinweg entschieden wird. Dem sogenannten Outsourcing, der voranschreitenden Privatisierung und Kommerzialisierung des staatlichen Tafelsilbers wie Bildung, Wasser, Strom, Postwesen und sozialmedizinische Versorgung wird mit dem FTAA Vorschub geleistet. Somit werden Errungenschaften der sozialen Bewegung in Amerika und Europa, die zu Selbstverständlichkeiten einer Zivilgesellschaft geworden sind im Handumdrehen zu nichte gemacht. Das FTAA ist kein amerikanisches Problem. Die Umsetzung des FTAA wird mit dazu beitragen, dass man weltweit schon bald bildlich an den Zähnen eines Menschen dessen soziale Stellung ablesen kann. Durch sogenannte Investor-to-State" Gerichtsverfahren wird grossen Firmen ermöglicht, Druck auf Regierungen auszuüben und demokratische Regelungen zum Sozial- und Naturschutz zu umgehen. Damit gewinnt die Wirtschaft einen höheren Stellenwert als der Staat. Folge dessen ist, dass der Staat lediglich als steuernbeziehendes Kontrollorgan der Bürger eines Territoriums fungiert und selbst auch den Regeln des Marktes zu folgen hat: eine generelle Auswirkung der Globalisierung. Das FTAA schafft jedoch nicht nur Verlierer. Zu den grössten Gewinnern gehören das Agrar-Business (PDF)und die Biotech-Industrie. Von "Spreading Democracy" ist all dies weit entfernt.
Das FTAA ist kein unumgänglicher Weg, der gegangen werden muss, da andere Lösungen nicht existieren würden. Die Hemispheric Social Alliance hat schon vor langer Zeit ein alternatives Konzept für die Entwicklung der amerikanischen Staaten erstellt (PDF).
In Europa steht dem seit 1960 die EFTA, die European Free Trade Association gegenüber. Die EFTA wurde am 4. Januar 1960 von Dänemark, Norwegen, Österreich,Portugal, Schweden, der Schweiz und dem Vereinigten Königreich gegründet. Später kamen Finnland, Island und Liechtenstein hinzu. Die Mehrzahl dieser Länder wechselte jedoch zur EWG bzw. EU. Die EFTA besteht derzeit aus Island, Liechtenstein, Norwegen und der Schweiz. Im Rahmen der EFTA wurden auch die Verträge zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) ausgehandelt. Die Schweiz ist als einziger EFTA-Staat nicht Mitglied im EWR.
Die USA sind nicht daran interessiert, Zollschranken weltweit aufzuheben. Der jüngste Konflikt bezeht sich auf George W. Bushs Bestreben, die Industrie der USA vor ausländischer Konkurrenz zu schützen. Am 19. November wurde beschlossen, die Einfuhr von Textilien aus dem Billiglohnland China zu limitieren. Dazu sollen nun bestimmte Regulierungsquoten eingeführt werden. Daraufhin verschlechterten sich die Beziehungen zwischen China und den USA. Über geplante Veträge über die Einfuhr von Baumwolle, Soja und Getreide wollen man in China vorerst nicht mehr verhandeln wollen. Den von den USA erhobenen Stahlimportzöllen hat die Welthandelsorganisation WTO jedoch einen Riegel vorgeschoben und sie für rechtswidrig erklärt. Wenn die USA dies nicht anerkennen, dürfen die betroffenen Länder selbst derartige Zölle erheben.
In der Europäischen Union wurden trotz unterschiedlicher Steuern die internen Grenzkontrollen abgeschafft und ein Binnenmarkt gebildet. Die Erhebung und Verrechnung verschiedener Steuern im gewerblichen Verkehr ist hier Aufgabe der nationalen Finanzämter, bei Privatpersonen wird auf den Ausgleich der verschiedenen Steuern verzichtet. Zölle sind jedoch eine der ganz wenigen eigenen Einnahmequellen der EU, die sich ansonsten fast ausschließlich aus Geldtransfers von den Mitgliedstaaten finanziert. Dennoch tritt heute der Einnahmezweck (Fiskalzoll) immer mehr in den Hintergrund. In den Vordergrund ist die Funktion des Zolls als Schutz der inländischen Wirtschaft getreten (Wirtschaftszoll). Angesichts der Globalisierung und dem Ziel eines freien Weltmarkts verliert allerdings auch dieser Aspekt mittlerweile an Bedeutung. (Quelle: Wikipedia)
Der Europäische Wirtschaftsraum (EWR) erweitert den Binnenmarkt der Europäischen Union auf die drei EFTA-Staaten Island, Liechtenstein und Norwegen. Im EWR wurden die Zölle zwischen den Mitgliedsstaaten abgeschafft und es gelten etwa 80% der Binnenmarktvorschriften der EG. Jedoch handelt es sich nicht um eine Zollunion mit gemeinsamem Zolltarif. Ferner sind, anders als innerhalb der EG, Verbrauchssteuern bei der Einfuhr zu bezahlen. Dennoch ist der EWR aufgrund der Anwendbarkeit einer Vielzahl von Harmonisierungsvorschriften mehr als eine einfache Freihandelszone. Für die EWR-Länder, die nicht Mitglied der EG sind, erfolgt die Überwachung des EWR-Abkommens und der abgleiteten Vorschriften durch die EFTA-Überwachungsbehörde und den Gerichtshof der EFTA. Für die EG-Mitgliedsstaaten ist die Europäische Kommission sowie der Europäische Gerichtshof zuständig. (Quelle: Wikipedia)
Die zweitgrösste Wirtschaftskooperation im Asien-Pazifik-Raum ist die ASEAN. Sie wurde bereits 1967 gegründet und umfasst Malaysia, Brunei, Indonesien, Vietnam, Kambodscha, Singapur, Laos, die Philippinen, Thailand und Myanmar (Birma). In Zukunft will man auch in Sicherheitsfragen, jedoch nicht direkt militärisch zusammenarbeiten. Am 19. November wurde auf Bali unter hohen Sicherheitsvorkehrungen der Asean-Concord II Vertrag unterschrieben. Dieser zielt auf die Schaffung eines gemeinsamen Marktes, der bis 2020 realisiert werden soll, ab. Dessen grösstes Kapital sind die zwei Milliarden Menschen in diesem Gebiet. Neben der ASEAN existiert seit 1989 auch die APEC, die Asia Pacific Economic Cooperation, die den gesamten pazifischen Raum und deshalb auch Australien mit einbezieht. Weitere Mitglieder sind Brunei, Chile, China, Hongkong, Indonesien, Japan, Kanada, Südkorea, Malaysia, Mexiko, Neuseeland, Papua-Neuguinea, Peru, Philippinen, Russland, Singapur, Taiwan, Thailand, Vietnam, aber auch die USA.
Im Mai 2003 besuchte George W. Bush die Colubia State University und äusserte kurz nach dem offiziellen Ende des Irak-Kriegs vor den Studenten, dass er sich eine Freihandelszone im Nahen Osten vorstellen könne. Schliesslichwürden mir Jordanien und Israel bereits entsprechende Verträge existieren, die eine Grundlage dafür bilden würden. Dazu müsse auch der Boykott Israels aufgegeben werden.
2300 North Miami Avenue / 23rd St.
Public Information line 305-576-9774
Indymedia Center 305-576-9773
STOP FTAA Media Hotline:
(786) 380-7957
Kontakt zu Anti-FTAA Initiativen:
Stop the War Coalition
John Rees, England
(011 44) 207.053.2155
Stop the FTAA
Adam Hurter, USA
305.576.4881
School of the Americas Watch
Matthew Smucker, USA
202.903.7257