Nach wochenlangen landesweiten Protesten hat der Präsident Carlos Mesa am Montag Abend, den 6.Juni vor dem Kongreß seinen Rücktritt eingereicht.
Die konservative Regierung wünscht sich den im Volk verhaßten Vaca Diez als Nachfolger. Er ist auch Favorit der USA, gilt als Hardleiner, und hat versprochen, mit allen Mitteln für Ruhe und Ordnung zu sorgen. Davor haben natürlich viele angst, denn sie wissen, was das bedeutet: Ein blutiges Niedermetzeln der Mobilisierungen.
Dienstag, 7. Juni: Tags darauf demonstrierten wieder zigtausende in den Straßen von La Paz, es gab viele Verletzte und noch mehr Gefangennahmen.
Unter den Demonstranten befanden sich zahlreiche Grubenarbeiter (Mineros), die demonstrativ Dynamitstangen mit sich herumtrugen (einer hat sich damit eine Hand in die Luft gesprengt)
Gegen Abend lieferten sich Hunderte von Grubenarbeitern und Aymaras (der zahlenmäßig größte Indianerstamm in Bolivien) massive Straßenschlachten mit den Sicherheitskräften.
Entscheidungsfindungsprozesse bei indigenas ('Indianern') laufen üblicherweise sehr langsam, da sie total basisdemokratisch strukturiert sind: erst wenn das letzte Dorf die Entscheidung mitträgt wird gehandelt. Nun haben aber Aymaras aus Omasuyo [eine bolivianische Provinz] entschieden: "Si no hay solucion, Omasuyos al congreso!". "Wenn es keine Lösung gibt, werden die Omasuyos den Kongreß stürmen!"
Auch am Mittwoch, den 8.Juni gab es wieder massenhafte Proteste in allen größeren Städten des Landes und zahlreiche Straßenblockaden (90 an der Zahl) in den Provinzen.
Die Mobilisierung hat sich inzwischen auch auf die Vororte von La Paz ausgeweitet.
In El Alto (Industriestadt nahe La Paz) hat sich eine 'Asamblea Popular Originaria' gebildet, die 'originäre Volksversammlung' ist schlecht übersetzt, geht aber so etwa in die Richtung.
Zu der Forderung der Nationalisierung kommt seit dem Rücktritt Mesas nun auch die Forderung nach dem Rücktritt von Vaca Diez.
Donnerstag, 9. Juni: Kongreß und Regierung verlagern Ihre Geschäfte nach Sucre, weil es in La Paz aufrgrund der anhaltenden Massenproteste unmöglich wurde. Am selben Tag gibt es aber auch Massenmobilisierungen dorthin. Im Anschluß kommt es zu massiven Auseinandersetzungen. Dabei wird ein Minenarbeiter erschossen, ein Gewerkschaftsführer: Das erste Todesopfer aus unmittelbaren Zusammenstößen.
Am Abend verzichtet Vaca Diez auf die Präsidentschaftskandidatur. Stattdessen wird der Verfassungsrichter Eduardo Rodríguez nominiert.
Das war vielleicht ein gewagter Schritt, weil Vaca Diez auch ein Favorit der USA war. Aus den Medien ist in dieser Richtung natürlich nichts zu vernehmen, ich vermute aber mal stark, daß die USA für Vaca Diez Rueckzug grünes Licht gegeben haben, weil sonst hätte es erst richtig geknallt.
Freitag, 10.Juni: Große Teile der Sozialen Bewegungen beschließen die Proteste vorerst einzustellen und Teile der Straßenblockaden aufzugeben, zumal es über weite Teile des Landes kein Benzin und kein Gas mehr gab und die Lage für viele dramatisch wurde, die Versorgung von Krankenhäusern war zusammengebrochen, in den Städten wurden Lebensmittel knapp und die Leute (die meisten in den Städten haben Gasherde) konnten nicht kochen.
Diese Ruhephase dürfte aber nicht besonders lange anhalten, zumal die neue Regierung inzwischen klargemacht hat, daß es keine Nationalisierung der Rohstoffe geben wird.
So gingen am Dienstag, den 14.Juni, als der neuer Präsident Rodriguez das neue Kabinett vorstellte, wieder tausende von Bergarbeitern in La Paz auf die Straße, um für die Nationalisierung der Rohstoffe zu demonstrieren. Diesmal blieb die allabendliche Repression der Tage zuvor zum Glück aus. Am selben Tag haben Aymaras Straßenblockaden in El Altro errichtet.
Fortsetzung folgt -- "La Lucha Continua!"