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jW-Interview zum Camp in Ecuador

junge Welt vom 22.03.2002

Interview

Gegen Globalisierung, für Menschenrechte: Was geschah im Grenzcamp in Ecuador?

jW sprach mit P José Gerzio, Mitorganisator des »Campameamento internacional« für soziale Gerechtigkeit und Menschenrechte, das vom 14. bis 21. März stattfand

Interview: Mischa Bicker

An dem Camp nahe der ecuadorianische Hauptstadt Quito und der kolumbianischen Grenze nahmen rund 350 Aktivisten aus 20 Ländern Lateinamerikas, aus Nordamerika und Europa teil.

F: Warum und wann entstand die Idee, ein solches Camp in Ecuador zu organisieren?

Es war vor fast einem Jahr, als sich eine Gruppe mit Vertretern verschiedener Länder und unterschiedlicher politischer Erfahrung zusammenfand. Ziel war zunächst, den »Plan Colombia« (Kolumbienplan) und die FTAA, das gesamtamerikanische Freihandelsabkommen, zu bekämpfen. Wir haben uns entschieden, das Camp in Ecuador an der kolumbianischen Grenze zu veranstalten, weil die Region dort als Krisenregion bezeichnet wird. Durch die zunehmende Militarisierung der Gegend besteht faktisch die Gefahr, daß paramilitärische Gruppen dort Fuß fassen. Wir wollten daher in diesen politischen Raum eindringen und uns der Militärmacht entgegenstellen.

F: Was gab es für Aktionen?

Wir haben zu Beginn des Camps zwei Delegationen gebildet. Eine fuhr an die Pazifikküste zur Hafenstadt Manta und die andere in die Erdölstadt Lago Agrio an der kolumbianischen Grenze. Sonntag abend waren beide Delegationen wieder zurück im Basiscamp. In Arbeitsgruppen, Vorträgen, Filmen und Aktionen informierten sich die Teilnehmer und tauschten Erfahrungen im Kampf für globale soziale Gerechtigkeit aus.

F: Wie weit konnten die Ziele des Camps verwirklicht werden?

In fast jedem Land in Südamerika sind Bevölkerungsgruppen von der FTAA und im Amazonasgebiet vom Plan Colombia bedroht. Um den Widerstand zu koordinieren, sind solche Treffen notwendig. In Manta demonstrierten 2 000 Landarbeiter für die Stillegung der dortigen US-Basis, von der aus die ehemals entmilitarisierte Zone Kolumbiens angegriffen wird. In Lago Agrio protestierten 200 Aktivisten gegen die Pipeline durch den Regenwald.

F: In Barcelona gingen in den letzten Tagen mehrere hunderttausend Menschen gegen ein Europa des Krieges und der Abschottung auf die Straße. Sehen sich die lateinamerikanischen Compañeros als Teil einer weltweiten, globalisierungskritischen Bewegung?

Meiner Meinung nach besteht zwischen den Europäern in Barcelona und den Amerikanern in Seattle eine geringe Distanz. Im Unterschied zu der Antiglobalisierungsbewegung in den Industrienationen sind die Menschen hier mit viel einschneidenderen Problemen konfrontiert, von denen sie sich natürlich als erstes befreien wollen. Der globale Zusammenhang spielt für sie kaum eine Rolle.

F: Was passiert jetzt nach dem Camp?

Im November ist ein Treffen der FTAA in Quito geplant. Bis dahin arbeiten wir weiter an einer Koordination, um das Treffen zu stören.


Ecuador | AGP