von Werner Pacian - 18.07.2002 12:22
http://de.indymedia.org/2002/07/26413.shtml
Weltweit bekannte Baumbesetzerin Julia Butterfly Hill in Quito verhaftet - sie wollte bei Ölfirma gegen die Ölförderung im Amazonasgebiet protestieren
Hamburg/Quito — Es ist ein Kampf wie David gegen Goliath: Bauern und Umweltschützer gegen Ölkonzerne und internationale Banken. Mächtigere Gegner gibt es kaum. Das bekam auch die kalifornische Baumbesetzerin Julia Butterfly Hill zu spüren. Zusammen mit sieben Umweltschützern wurde Hill am Dienstag Nachmittag in Quito von der ecuadorianischen Polizei festgenommen und ohne Haftbefehl in ein Gefängnis gesperrt.
Ihr Vergehen: Hill hatte zusammen mit Umweltschützern und einigen Bauern, über deren Grundstücke die WestLB-Ölpipeline gebaut werden soll, ein Gespräch mit dem kalifornischen Ölkonzern „Occidental Petroleum” vereinbart. Occidental Petroleum ist eine der sechs Partnerfirmen der Düsseldorfer WestLB, denen die Bank den Bau der 500 km langen Ölpipeline durch den Regenwald mit einem 900-Millionen-Dollarkredit finanziert. Als die Umweltschützer vor dem Büro der Ölfirma eintrafen, wurde ihnen der Zutritt zu dem Treffen verweigert. Die daraufhin friedlich vor dem Büro der Ölfirma protestierenden Umweltschützer wurden kurze Zeit später von der Polizei verhaftet.
Ähnlich erging es auch zwei Bauernfamilien im 250 Km entfernten Lago Agrio im ecuadorianischen Amazonasgebiet, dem Anfangspunkt der geplanten Ölpipeline. In den dortigen Regenwäldern soll das Erdöl aus dem Boden gepumpt werden. Ihr Vergehen: Die Bauernfamilien hatten sich vor ihrem Haus getroffen, um über die Enteignung ihres Grund und Bodens durch die Ölfirmen zu beraten. 25 Polizisten stürmten daraufhin unter Einsatz von Tränengasgranaten das Grundstück und nahmen die Bauern fest, darunter zwei 13 und 14 Jahre alte Mädchen, und brachten sie in ein Gefängnis nach Lago Agrio.
Hill wurde weltberühmt, als sie unter dem Namen Julia Butterfly fast zwei Jahre lang in über sechzig Metern Höhe auf einem 2000 Jahre alten Redwood-Baum ausharrte und den Urwaldriesen so vor der Rodung durch eine Holzfirma rettete. Seit zwei Wochen reist Hill durch Ecuador, um gegen die umstrittene West-LB-Ölpipeline im Regenwald zu protestieren. Am Montag hatten Hill und Dutzende Bewohner des ecuadorianischen Dorfes Mindo ein Grundstück im Nebelwald des Mindo-Nambillo-Reservates wiederbesetzt. Dabei stellten sie fest, dass die Ölfirmen dort bereits illegale Bauarbeiten durchgeführt haben. Das Mindo-Nambillo-Reservat ist ein einzigartiges Ökosystem mit der weltweit höchsten Dichte an Vogelarten, darunter viele von Ausrottung bedrohte Arten.
Im April hatten lokale Umweltgruppen das Grundstück mit Spendengeldern von Rettet den Regenwald gekauft. Die Ölpipeline soll über einen schmalen Berggrat in 3000 m Höhe auf dem 1500 ha großen Nebelwaldgrundstück gebaut werden. Obwohl der rechtmäßige Besitz im Grundbuch eingetragen wurde, hatten Polizei und Militär in den vergangenen Wochen den Umweltschützern aus Mindo immer wieder den Zutritt zu ihrem Grundstück versperrt. Jetzt hat ein Gericht entschieden, dass die Besitzer ein Recht auf freien Zugang zu ihrem Grundstück haben. Am kommenden Freitag (19.7.2002) will sich ein Richter persönlich vor Ort ein Bild von der Lage machen. Der nächste Schritt ist die Stilllegung der Bauarbeiten per richterlicher Anordnung.
Bereits Anfang Januar hatten die Bewohner aus Mindo nach Hills Vorbild die Urwaldbäume auf dem Grundstück monatelang besetzt und verhinderten so die für den Pipelinebau geplante Rodung der Bäume. Die Gemeinde Mindo, in der die Menschen überwiegend vom Naturtourismus leben, ist praktisch geschlossen gegen die WestLB-Ölpipeline, weil sie eine Zerstörung ihrer Lebensgrundlage befürchtet. Ende März wurde das Umweltcamp von einer Spezialeinheit der ecuadorianischen Polizei ohne jede Rechtsgrundlage geräumt und die Umweltschützer der Sabotage angeklagt. Ihnen droht nun eine Gefängnisstrafe von 16 Jahren. Drei damals ebenfalls verhaftete junge deutsche Frauen waren eine Woche lang inhaftiert und erst auf internationalen Druck ins Ausland abgeschoben worden.
Unter den am Dienstag verhafteten Personen befindet sich auch Yvonne Ramos von der ecuadorianischen Umweltorganisation Acción Ecológica, die im Januar als Expertin vor dem Eine-Welt-Ausschuss im nordrhein-westfälischen Landesparlament die Umwelt- und Sozialauswirkungen des Pipelineprojekts der WestLB angeklagt hatte. Sowohl die WestLB als auch die Landesregierung als Hauptanteilseigner der Bank haben immer wieder behauptet, dass das Ölpipelineprojekt internationale Umwelt- und Sozialstandards wie die der Weltbank einhält. Unabhängige Gutachter und die Vorsitzende des Eine-Welt-Ausschusses Ute Koczy, die im April die Pipelinetrasse in Ecuador besichtigte, haben jedoch das Gegenteil bescheinigt. Rettet den Regenwald e.V. fordert den sofortigen Stopp des Pipelinebaus und die Einstellung der Finanzierung der Pipeline durch die öffentlich-rechtliche WestLB.
Rettet den Regenwald e.V.
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