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Paraguay 17.April/ Infomaterial

Im ersten Text geht es um die Auswirkungen von Pestiziden auf den Soya-Monokulturfeldern (MONSANTO Kulturen) durch den deutschstämmigen Großgrundbesitzer Hermann Schlender. (=zwei mögliche Bezugspunkte für den 17. April).

Im Zweiten wird ausgehend vom gleichen Fallbeispiel noch mal ausführlicher v.a. auf die Gesundheitsprobleme im Kontext von Soyaanbau eingegangen.

Und im dritten Text geht es darum, wie Stiftungen, MNc und NGOs den aggressiven Monokulturanbau legitimieren (wollen) und den massiven Widerstand dagegen.

Die Texte:

  1. Paraguay: Drohende Straflosigkeit im Fall Silvino Talavera, von Reto Sonderegger
  2. Paraguay: Soja = Pestizide und Paramilitarismus, von BASE-IS (Paraguay) und GRR (Argentinien)
  3. Lateinamerikanische Campesinaorganisationen wehren sich: WWF und Coop: nachhaltig für Monokultur, von Fernando Glenza*

Paraguay: Drohende Straflosigkeit im Fall Silvino Talavera

Von Reto Sonderegger

Silvino Talavera starb am 8. Januar 2003 im Alter von 11 Jahren im Süden Paraguays an den Folgen von Vergiftungen mit Pestiziden. Die verantwortlichen Sojafarmer wurden in zwei Instanzen schuldig gesprochen, das bestätigende Urteil des Obersten Gerichtshofes steht allerdings noch aus. Fällt bis am 4. Dezember kein Urteil, gilt der Fall als verjährt und die Sojaproduzenten werden straflos ausgehen.

Als Silvino Talavera am 2. Januar 2003 auf dem Fahrrad vom Einkaufen im mehreren Kilometer entfernten Laden zurückkam, sprühte der deutschstämmige Sojero Hermann Schlender seine Soja RR[1] mit Glyphosat, um die Unkrautkonkurrenz auszuschalten. Er hatte seinen Traktor auf dem schmalen Weg eben gewendet und schaltete seine Feldspritze genau in dem Moment ein, als Silvino hinter ihm war. Er wurde von oben bis unten vollgespritzt, die mitgebrachten Teigwaren und das Fleisch ebenfalls. Aus den verseuchten Lebensmitteln wurde ein Nachtessen für die ganze Grossfamilie von 22 Personen zubereitet. Innert weniger Stunden breiteten sich Erbrechen, Uebelkeit, Kopfschmerzen und Schwindel in der ganzen Familie aus. Nur dank der Hilfe aus der nahe gelegenen agrarökologischen Schule, ein Projekt des deutschen Hilfswerkes Misereor, konnten die am schwersten betroffenen Kinder in das Spital von Encarnación gebracht werden. Am 6. Januar wurden sie entlassen und kehrten nach Hause auf ihr kleines Stück Land inmitten endloser Sojafelder zurück. Der Zufall wollte es, dass an diesem Tag ein anderer Nachbar und Sojaproduzent, Alfredo Laustenlager, sein Feld mit Glyphosat behandelte. Da das Feld bis 15 Meter an die armseligen Holzhütten der Familie heranreichte und der Wind den Nebel dorthin verfrachtete, wurde die Familie schon wieder hohen Dosen dieses Pestizides ausgesetzt. Der Organismus von Silvino hatte keine Widerstandskräfte mehr und er starb am 8. Januar. Seine Mutter Petrona Villasboa begann einen langen Kampf in den juristischen Institutionen, um Gerechtigkeit für ihren Sohn zu erstreiten. Mit Hilfe ihrer Organisation CONAMURI[2] erreichte sie in zwei Instanzen einen Schuldspruch, gegen den die Sojeros aber erfolgreich rekurrierten. Der Fall wurde bei der zuständigen Behörde in Encarnación auf Eis gelegt und es kursierten Gerüchte im Departement Itapúa, dass die zwei Sojafarmer den zuständigen Richtern eine hohe Summe übergeben haben sollen. Fakt ist, dass in Paraguay ein Gerichtsfall in dreieinhalb Jahren durch alle Instanzen hindurch abgeschlossen sein muss. Im Falle der Tötung von Silvino wird die Frist am 4. Dezember dieses Jahres abgelaufen sein. Deshalb versuchen die basisbäuerlichen Bewegungen zusammen mit Menschenrechtsgruppen und internationaler Unterstützung, nun den nötigen Druck aufzubauen, dass es auch noch zu einer dritten und definitiven Verurteilung kommt.

Die beiden Sojafarmer zählen mächtige Personen aus dem Umfeld des kürzlich verstorbenen Ex-Diktators Alfredo Strössner zu ihren Freunden. Diese sind direkt mit Firmen verbunden, die in Paraguay Agrochemikalien handeln und verkaufen. Ausserdem ist Soja unterdessen das wichtigste Exportprodukt des Landes. Der Druck auf Petrona Villasboa und ihre Familie ist deshalb enorm. Als sie nach dem Tod von Silvino für drei Monate nach Asunción gingen und in den Räumen von CONAMURI lebten, wurden ihre wenigen Habseligkeiten gestohlen, die sie zurückliessen. Das Vieh, die Fische und die Gemüsekulturen waren alle durch das Herbizid betötet worden. Als sie zurückkehrten, wurden sie mehrfach bedroht. Um ihr Land wurde ein Ring mit Eukalyptusbäumen gepflanzt, die - als starke Wasserzehrer - die sie buchstäblich hätte auf dem Trockenen enden lassen sollen. Doch die Familie gab nie auf. Dann verschwand am 29. April dieses Jahres Petronas Bruder Serapio Villasboa Cabrera. Die schlimmsten Befürchtungen bestätigten sich am folgenden 8. Mai, als er in einem nahen Waldstück mit elf Messerstichen tot aufgefunden wurde. Die zuständige Staatsanwältin weigerte sich, ernsthafte Nachforschungen anzustellen, weil die Familie sowieso nur auf Entschädigungsgelder aus sei.

Als ich im Januar 2006 die Familie Villasboa besuchte, war Petronas älteste Tochter Sofía schwanger. Das Kind kam im April auf die Welt und wirkte in den ersten zwei Monaten gesund. Im Alter von drei Monaten aber begann der Kopf von Vidal Samuel Ocampo Villasboa zu wachsen. Die Aerzte diagnostizierten Hydrocephalie, Wasserkopf. Trotz intensiver Behandlung im Kinderspital von Asunción verstarb Vidal am 11. September. Hidrocephalie ist die direkte Folge von Endosulfan, einem Insektizid, welches in den Sojamonokulturen ausgiebig vergewendet wird. Endolsulfan verursacht Aborte und Missbildungen bei Föten und Neugeborenen. Deshalb wurde es kürzlich im indischen Bundesstaat Kerala verboten und Opfer entschädigt. Davon ist man in Paraguay im Moment noch weit entfernt. Höchste Priorität hat deshalb die Erhöhung des Druckes auf die zuständigen Behörden, damit ein Präzedenzfall zugunsten der Opfer des Agrobusiness geschaffen wird.

Aktuelle Informationen zum Fall Silvino sind im Internet unter www.silvinotalavera.phy.ca zu finden. Für genauere Informationen zu Soja und Paraguay verweise ich auf www.grr.org.ar und dort unter paraguay sojero weiterschauen. Sehr empfehlenswert ist auch, unter www.rel-uita.org (agrotóxicos) nachzuschauen. Und vergesst nicht, unter www.paraquat.ch eure Meinung zu Syngenta kundzutun.

[1] RR steht für roundup ready, eine gentechnisch veränderte Sojasorte von Monsanto, die gegen ihr firmeneigenes Herbizid Glyphosat resistent ist.

[2] Coordinadora Nacional de Mujeres Rurales e Indígenas, Mitgliedorganisation von CLOC (Coordinadora latinoamericana de las organizaciones campesinas) und Via Campesina


Paraguay: Soja = Pestizide und Paramilitarismus

Ein Text von BASE-IS (Paraguay) und GRR (Argentinien)

Das Leiden ohne Ende der Familie Villasboa

Die Tragödie der Bauernfamilie von Petrona Villasboa aufgrund von Agrochemikalien scheint kein Ende zu nehmen. Die Spuren von Vergiftungen mit Pestiziden in der Familie mehren sich immer mehr. Der neueste Fall betrifft den drei Monate alten Enkel von Petrona, der an einem Wasserkopf leidet. Auch nach drei Jahren Kampf in den Gerichten wartet die Familie auf ein Urteil gegen die Verantwortlichen für den Tod ihres Sohnes Silvino.1

Petronas Sohn Silvino war 11 Jahre alt, als er im Januar 2003 im Departament Itapúa mit einem Pestizid-Cocktail besprüht wurde, wie er für die gentechnisch veränderten Sojamonokulturen verwendet wird. Ebenfalls besprüht wurden die Lebensmittel, die Silvino nach Hause brachte, die die Vergiftung von 22 Familienmitgliedern zur Folge hatte. Neben Silvino mussten auch seine Schwestern Sofía und Patricia, damals 13 und 2 Jahre alt, in den nächsten Tagen aufgrund der erlittenen Vergiftungen hospitalisiert werden. Als sich ihr Gesundheitszustand stabilisiert hatte, wurden sie nach Hause geschickt. Aber dort sah sich die Familie wiederum Sprühungen ausgesetzt, diesmal durch einen anderen Sojafarmer. Silvino hatte keine Abwehrkräfte mehr und starb einige Tage später. Im Blut der Geschwister fand man Fenol, Carbamat und Glyphosat. Die ganze Familie leidet an schweren gesundheitlichen Schäden aufgrund des erbarmungslosen Einsatzes von Pestiziden in der Region. Petrona führt seit damals mit der Unterstützung ihrer Organisation CONAMURI2 einen harten Kampf vor den Gerichten wegen der Ermordung ihres Sohnes und der Vergiftung der ganzen Familie.

Nach dem Tod von Silvino verliess die Familie ihr Land für drei Monate und ging nach Asunción, weil bei der zweiten Spritzung all ihre Nutztiere, die Fische und die Kulturen für den Eigengebrauch vernichtet wurden. In dieser Zeit wurde ihr Haus geplündert und das wenige gestohlen, was sie hatten. Sie mussten danach wieder bei Null anfangen.

Aber die Familie Talavera Villasboa leidet nicht nur an Krankheiten. Während der letzten drei Jahre wurden sie immer wieder eingeschüchtert und bedroht. Ihre Tiere wurden umgebracht und die Sojafarmer pflanzten Reihen mit Eukalyptusbäumen um ihr Stück Land, um die Erde auszutrocknen. Im Mai dieses Jahres verschwand Petronas Bruder Serapio Villasboa. Nach einigen Tagen wurde er in einem Waldstück tot aufgefunden mit 11 Messerstichen am ganzen Körper. Man kann annehmen, dass es sich um einen weiteren Mord an einem Militanten einer Bauernorganisation durch die berühmt-berüchtigten Bürgerwehren handelt. Die Bürgerwehren (Guardias Ciudadanas) werden vom Innenministerium geführt und sind mit den Grossgrundbesitzern und Sojafarmern verbunden. Ihre bewaffneten Schläger verfolgen vor allem Kaderleute der Bauernorganisationen. Laut Aussagen der Familie weigert sich die Staatsanwältin, Nachforschungen für die Aufklärung des Verbrechens anzuordnen, weil sie der Familie unterstellt, mit dem Tod eines Familienangehörigen einzig wirtschaftliche Vorteile herauszuholen. Dabei bezog sie sich auf das Gerichtsverfahren wegen des Todes von Silvino.

Silvinos grössere Schwester Sofía trug 2003 sehr schwere Vergiftungen davon. Sie war diejenige, die die besprühen Lebensmittel kochte. Seither verschlechterte sich ihr Gesundheitszustand ständig und verschlimmerte sich 2005 als sie während drei Monaten an chronischen Kopf- und Magenschmerzen, Schwindel und Sehverlust litt. Sofía gebar im April diese Jahres mit 17 Jahren ein Kind, Vidal Ocampos. Er schien gesund geboren worden zu sein, doch nach 2 Monaten begann sein Kopf unkontrollierbar zu wachsen. Es wurde Hidrocephalie (Wasserkopf) diagnostiziert, eine Krankheit bei der im Kopf exzessiv Gehirnflüssigkeit angereichert wird. Das Kind wurde nach Asunción ins Kinderspital gebracht, wo ihm ein Ventil eingesetzt wurde, um die Flüssigkeit abzulassen. Hidrocephalie wird als Missbildung des zentralen Nervensystems angeschaut. Die Krankheit kann angeboren oder erworben sein. Angeborenen Hidrocephalie kann durch Umwelteinflüsse während der Entwicklung des Fötus verursacht werden. In diesem Fall beispielsweise durch Pestizide.

Sofías Sohn Vida Ocampos starb am 3. Oktober im Alter von 5 Monaten.

In Mexico entdeckten Forscher der Gesundheitsabteilung in Nayrit den kausalen Zusammenhang zwischen dem Ausgesetztsein von Agrochemikalien und angeborenen Missbildungen. Besonders betroffen sind Frauen, die während dem ersten Drittel der Schwangerschaft agrotoxischen Stoffen ausgesetzt sind.3 Die Studie zeigt, dass das Risiko von Missbildungen bei Müttern, die Agrochemikalien ausgesetzt sind, dreimal höher ist, als bei der nicht betroffenen Bevölkerung.

In Misiones, im Norden Argentiniens, werden 5 von 1000 Kindern mit Meliomeningocelie geboren , einer Missbildung des zentralen Nervensystems im Zusammenhang mit Hidrocephalie. Die Fälle häufen sich in den Gebieten, wo Tabak und Eukalyptus für die Zellstoffgewinnung angebaut und viele Pestizide eingesetzt werden. Das Problem setzt sich in der ganzen Umwelt fest: Degradierung der Böden, Verschmutzung der Luft und Vergiftung der Wasservorkommen. Weiter schätzt man, dass in Misiones 13% der Bevölkerung eine Behinderung aufweisen, das doppelte der Landesnorm.4

Auch in Chile ist die Zahl der angeborenen Missbildungen in den letzten 15 bis 20 Jahren massiv gestiegen und zählt zu den höchsten in ganz Lateinamerika; besonders in den Regionen, wo Früchte und Zellulose produziert werden. In der 6.Region, südlich von Santiago de Chile, befindet sich der Schwerpunkt der industrialisierten Landwirtschaft mit dem immer wiederkehrenden massiven Gebrauch von Pestiziden. In Rancagua registrierte man 4.1% angeborene Missbildungen bei Neugeborenen, 27.65% der Eltern arbeiteten in der Landwirtschaft mit Agrochemikalien und 19.11% der Fälle waren wegen der Lage ihrer Häuser den Giftstoffen ausgesetzt. 5

Frau Doktor Tagliari von der Universität Passo Fundo in Rio Grande do Sul (BR) untersuchte im Jahre 1986 Fälle von Neugeborenen, deren Mütter direkt Pestiziden ausgesetzt waren. Sie fand heraus, dass 38% der Missbildungen neurologische Erkrankungen waren. Davon waren 44% Fälle von Hidrocephalie. Die Sojamonokulturen stechen dabei mit ihrem hohen Auftreten im Zusammenhang mit neurologischen Missbildungen hervor: 78% der Fälle entsprechen dieser Monokultur und 22% dem Weizen.6

Die erwähnten Untersuchungen sind ein blosser Bruchteil vieler weiterer Studien, die die verheerenden Auswirkungen der Pestizide auf die Gesundheit beweisen. In den Spitälern von Asunción häufen sich die Fälle der Kinder mit Missbildungen, Tumoren, Leukämie und Atemproblemen. Im Kinderspital lag während langer Zeit ein anderes Neugeborenes mit Wasserkopf neben Petronas Enkel. In einem sehr kritischen Zustand nach 4 erfolglosen Operationen. Das Baby kam aus der Zone Capiatà Km. 20, wo im Jahre 2004 20'000 Liter Agrochemikalien ausflossen, weil sich der Lastwagen überschlug. Der LKW war übrigens ohne Nummernschilder unterwegs. Die Gifte gelangten in den nahe gelegenen Bach und so bis zum See Ypacaraí. 30 Menschen mussten damals im Spital behandelt werden.7

Wegen des unbarmherzigen Einsatzes von Pestiziden peinigt eine Welle von Krankheiten die bäuerliche Bevölkerung Paraguays. Neben der Armut, die die von Soja umzingelte Landbevölkerung, erdulden muss. Die Regierung schliesst die Augen vor diesem schleichenden Genozid und weigert sich, die Toten und Kranken mit Pestiziden in Verbindung zu setzen. Das grosse Sojabusiness hat einen zu hohen Preis für das Land. Die 6%, die es zum Bruttoinlandprodukt beiträgt, scheint die Regierung blind zu machen für die ökologischen, sozialen und gesundheitlichen Folgen, die der Einsatz von bis zu 20 Liter Glyphosat pro Hektar Soja RR und weitere Anwendungen von noch giftigeren Pestiziden wie Endosulfan, Paraquat und sogar DDT. Je mehr Gewinne der private Sektor des Sojabusiness erzielt, desto weniger öffentliche Gelder stehen für die Gesundheit zur Verfügung. Paraguay investiert in die Wasserstrasse Paraguay-Paranà (Hidrovía, HPP), um den Sojaexport zu erleichtern und zu beschleunigen. Das Land verschuldet sich dafür bei den Finanzinstitutionen wie der Weltbank und der interamerikanischen Entwicklungsbank. Unterdessen verspricht uns die Weltbank für die Armutsprobleme als Lösung "Schuldentausch durch Gesundheit und Natur" (canje de deuda por salud y naturaleza, debt for nature swap). Alles mit Geld der USAID und investiert durch betrügerische lokale NGO's. Mit dieser Privatisierung sichern sich die reichen Länder des Nordens die letzten natürlichen Überbleibsel mit hoher Artenvielfalt. Schlussendlich scheint es, dass die Dummheit, Visionslosigkeit, Korruption und Straflosigkeit, welche diese Regierung beherrschen, die eigene Bevölkerung opfern, um am Agroexportmodell festzuhalten.

Während all dem werden immer mehr Kinder mit Missbildungen geboren, die entweder zu einem frühen Tod oder lebenslanger Behinderung führen. Die Familie Villasboa schleppt weiterhin die grosse Last der Krankheiten, die durch die Pestizide verursacht wurden: Verdauungsprobleme, Allergien, Atemschwierigkeiten, hormonelle Störungen. Die Verantwortlichen Sojafarmer für den Tod von Silvino, Herman Schelender und Alfredo Laustenlager, befinden sich weiterhin auf freiem Fuss, trotz dreijährigem juristischem Kampf. Der Fall ist im Obersten Gerichtshof auf die lange Bank geschoben worden, wie es der Sojalobby gefällt. Sie produzieren weiterhin GVO Soja, besprühen Bauerngemeinden und verursachen Krankheit und Verwüstung für die kommenden Generationen.

Kommt es bis Ende Oktober nicht zu einem Urteil der obersten Instanz, werden die beiden Sojeros straflos davonkommen. Die bäuerlichen Bewegungen sind sich jedoch am mobilisieren, um dies im letzten Moment noch zu verhindern.

  1. Rulli, J. 2006. Otro asesinato de campesino de las Guardias Ciudadanas. www.grr.org.ar
  2. Coordinadora Nacional de Mujeres Rurales e Indigenas; Mitglied von Via Campesina
  3. das heisst nicht,das die Frauen direkt auf dem Feld sein müssen. Oft vergiften sie sich beim Waschen der Arbeitskleider ihrer Ehemänner.
  4. 31-08-2005. Malformaciones en las provincias de Misiones por uso de agrotóxicos-Por El Paranaense.
  5. Rojas, A., Ojeda B. y Barraza, X.. 2000 Malformaciones congénitas y exposición a pesticidas. Rev. Méd. Chile v. 128 n.4 Santiago de Chile
  6. Tagliari, M.R. 1986. Relevamiento de ocurrencia de malformaciones congénitas en la ragion de Passo Fundo-RS, Brasil. Un Passo Fundo.
  7. 12-10-2004. Un camión sin licencia casi causó catastrofe ambiental. Ultima Hora. Paraguay

Lateinamerikanische Campesinaorganisationen wehren sich

WWF und Coop: nachhaltig für Monokultur

WWF und Coop lancieren ein internationales Soja-Forum im Dienste der Multis. Sie sehen verlassene Ländereien, wo andere ihr Heim und ihre Existenz haben.

Fernando Glenza*

(24.2.05) In den letzten Jahren hat die argentinische Landwirtschaft ihre Produktion dank Gentechsoja auf ungeahnte Höhen gesteigert. Laut kritischen Stimmen ist die Soja der Hauptfeind für Argentinien als Agrarland und Produzent von Nahrungsmitteln. Die Soja erlaubt eine Produktionssteigerung, bewirkt aber die Zerstörung der Böden, unwiederbringbare Verluste in der Biodiversität, das Verschwinden der traditionellen Grundnahrungsmittel und eine Erhöhung der Arbeitslosigkeit, des Hungers und des Elends, da die kleinen und mittleren Hersteller und die Landarbeiter vertrieben werden. Das Gleiche geschieht in anderen Ländern Lateinamerikas.

In den Jahren 2003 und 2004 haben die transnationalen Nahrungsexportmultis Strategien entwickelt, um Umwelt- und Produzentenvereinigungen zu vereinnahmen. Damit wollen sie in den kommenden Jahren ihre Produktionsziele erreichen und die Menge Soja legitimieren, die, ihnen zufolge, die globalisierte Welt benötigen wird. In diesem Sinne organisiert der World Wildlife Fund (WWF) über seine assoziierte Fundación Vida Silvestre Argentina (FVSA) für März dieses Jahres ein Treffen in Foz do Iguaçu, an dem das Projekt der "Nachhaltigen Soja" lanciert werden soll. Das Treffen überwindet lokale Grenzen, um sich in ein tatsächlich globales Sojaforum zu transformieren.

Im letzten Jahrzehnt haben die wichtigsten Herstellerländer in Südamerika - Brasilien, Argentinien, Paraguay und Bolivien - ihre Produktion auf mehr als 60% der Welternte verdoppelt.

Der WWF gibt zu, dass der extensive Anbau und die Ausdehnung der Agrargrenzen hohe soziale und ökologische Kosten wie Abforstung, Wasserverschmutzung und Bodenerosion sowie soziale Konflikte in den lokalen Gemeinden mit sich bringt. Er weiss, dass die Ausdehnung des Sojaanbaus Ökosysteme wie den Atlantischen Wald (zu dem auch der Parana-Dschungel gehört), den Cerrado, den Chaco, die Yungas und die Chiquitanía schwer belastet. Dennoch segnet diese Organisation die zukünftige Befriedigung einer Nachfrage ab, von der man annimmt, dass sie in den nächsten zwanzig Jahren um 60% zunehmen wird.

Was steckt hinter all dem? Etwas einfaches: Geld.

Für seine Arbeit bildet der WWF Allianzen mit vielen Organisationen, darunter der UNO, der International Union for the Conservation of Nature und Agenturen wie der Europäischen Kommission, der USAID und der Weltbank. Die Einnahmen des WWF stammen laut eigenen Angaben zu 60% aus privaten Schenkungen, zu 21.6% aus Beiträgen von Regierungen und Entwicklungsagenturen, zu 6% aus Stiftungen, zu 5.4% aus Unternehmen und zu 7% aus anderen Quellen. Im Schema des WWF bildet die höchste Kategorie des Unternehmenssponsors der "Compañero des Naturschutzes für "multinationale Unternehmen", "die zum globalen Naturschutz beitragen, für die der WWF arbeitet".

Der WWF wählt "das beste Unternehmen mit sozialer Unternehmensverantwortung und der besten Umweltpraxis" aus. Zu den Unternehmen, die der "Naturschutzorganisation" Geld zufliessen lassen, gehören Monsanto, Dow Chemical, ChevronTexaco, Exxon-Mobil, Shell International, Weyerhausen und Duke Energy, wie aus WWF-Dokumenten hervorgeht.

Der vom WWF promovierte "Runde Tisch für nachhaltige Soja" vereint die folgenden Unternehmen und Institutionen im Organisationskomitee: Die Schweizer Supermarktkette Coop, katholische Organisation Cordaid aus Holland, die Gruppe André Maggi aus Brasilien (den grössten Sojaproduzenten im Mato Grosso) und die niederländisch-britische Unilever.

* aus Agencia de Prensa de Mercosur, 24.2.05: Monsanto sostiene â la World Wildlife Fund

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Gegenmobilisierung in Foz do Iguaçu

(dd) 500 Delegierte einer Reihe südamerikanischer Organisationen trafen sich während des WWF-Kongresses an einem "Gegentreffen für Nahrungssicherheit, Agrarreform und soziale Gerechtigkeit" in der Technischen Universität der brasilianischen Landlosenbewegung MST in Foz do Iguaçu. Sie zogen zum Abschluss vor das Hotel Bourbon, wo die 250 TeilnehmerInnen des WWF-Forums aus Unternehmen, Gross-NGOs und der brasilianischen Regierung es vorzogen, den gepflegten "Dialog" nicht auf die "terra"", terra? und "globalisieren wir den Kampf - globalisieren wir die Hoffnung" skandierende Plebs ante portas auszuweiten. Bemerkenswert am Gegentreffen ist die Tatsache, dass es Vía Campesina Internacional, das MST und eine Reihe weiterer bäuerische Organisationen aus Argentinien, Paraguay und Bolivien mit Piqueter@-Organisationen städtischer Arbeitsloser oder etwa Bankangestelltengewerkschaften zusammenbrachte. Laut Aussagen von Beteiligten handelte es sich beim Gegentreffen um den Beginn eines Kampfzyklus, der die Fragen der Agrarreform, der kleinbäuerischen ökologischen Produktion versus die Monokulturen von Grossgrundbesitz und Multis mit dem Kampf gegen die Schuldenzahlung, für Arbeitsplätze etc. verbinden soll.

Nachhaltigkeit der Multis

(dd) Auf 20 Millionen ha wird in Brasilien Soja angebaut, in Argentinien auf der Hälfte des landwirtschafltichen Bodens. Das soll massiv gesteigert werden. Und zwar "umweltschonend" und "sozialverträglich", also konsum-bekömmlich. WWF und Coop (über ihren Naturaplan-Fonds) haben dafür 2004 die Basel Criteria for Responsible Soy Production ausarbeiten lassen. (Ähnlich bringen beim parallelen Programm zur Ölpalme WWF und Migros das gute Gewissen ein). Denn, wie der Roundtable on Sustainable Soy in Foz do Iguaçu nicht müde wird zu betonen, bringt der Multi-kontrollierte Sojaanbau "Nutzen und Probleme". Zentral soll dabei sein, Soja nicht mehr auf frisch gerodetem Gebiet anzupflanzen: "In ganz Südamerika gibt es riesige Landwirtschaftsflächen, die brach liegen, weil unangepasstes Management die Bodenfruchtbarkeit verminderte" (Coop, Juni 2004, Nachhaltig produziertes Soja statt Abholzung). Die Basel-Kriterien betonen: "(Soja-) Farmentwicklung sollte aktiv danach trachten, degradiertes und verlassenes Ackerland zu benutzen" (in Punkt 3.1.1). "Verlassenes Ackerland?" - von diesem Schlachtruf wissen die indigenen Völker und die überall von ihrem Land Vertriebenen seit Jahrhunderten ein eigenes Lied zu singen. Es ist erschreckend, wie sich die alte Sicht der zivilisierten Herrenmenschen, die Leere sehen, wo nicht Gewinn erwirtschaftet wird, unter "Naturschutz"- Mäntelchen wieder Bahn bricht. Aufreizend auch im Zusammenhang, dass in den letzten Jahren aus Chile und Argentinien mehrere Fälle bekannt wurden, die zeigen, dass "konservationistische" Naturschutzverbände à la WWF aus den USA, Multimillionäre wie Ted Turner (Ex-Boss von CNN) oder der Benettonkonzern gigantische Ländereien in den rohstoff- und wasserreichen Südzonen dieser Länder aufkaufen; in strategischen Zonen, für die sich Öl- und Nahrungsmultis genauso wie das Pentagon interessieren; Zonen, in denen in Argentinien sezessionistische Tendenzen alimentiert werden - alles dem Naturschutz zuliebe. In Argentinien mussten die Brüder Benetton einen propagandistischen Schwenker einlegen, nachdem ihr Versuch, Mitglieder von Mapuche- Comunidades zwangszuenteignen, zuviel Staub aufgewirbelt hatte - von wegen "verlassenes" Land!

Coop und WWF zeichnen das lieber grün. Laut Basel-Kriterien sollen Fruchtfolgen der Bodenerosion entgegen wirken, der Pestizideinsatz auf das "Notwendige" reduziert. Minimallöhne ausbezahlt werden etc. Das Regelwerk wird explizit als Selbstregulierungsmechanismus, "kontrolliert" von "unabhängigen Experten" u.ä. angepriesen. Der "Runde Tisch" sollte die internationale Verpflichtung auf diese Kriterien erbringen. Lobend werden berüchtigte Vorbilder erwähnt (Schmidheinis Tropenholzlabel oder der UNO/WEF-Global Compact). Interessant übrigens der Begriff der Nachhaltigkeit, wie er in Punkt 3.1.2 sichtbar wird: Schon gerodetes, neu für Sojaanbau verwertetes Land ist dann "nachhaltig", wenn der Unternehmer sich dafür verpflichtet, eine naturbewachsene Fläche in der Grösse von 20-30% des neuen Sojabodens in Ruhe zu lassen, im Kriterien-Slang: zu "schützen".

Einzig in Sachen Gentech betonen die Kriterien die Ablehnung. Wie weit das allerdings nur ein europäischem KonsumentInnenbewusstsein noch geschuldeter Schlenker ist, wird sich weisen. In Lateinamerika dominiert Monsanto mit ihrer Gentechsoja. Und eskaliert massiv mit der Regierung Lula als Gehilfin und einer Europäischen Kommission, die alles daran setzt, über den ersten Schritt der Aufhebung der Produktedeklarationspflicht Gentech WTO-konform zu verbreiten.

Die von den Multis ins Auge gefassten brutale Ausweitung der Monokultur jedoch begleiten WWF et Co. vorbehaltlos. Von den Ergebnissen des übrigens auch vom seco gesponserten Promotionstreffen in Iguaçu ist (noch?) wenig auf der Forumshomepage zu erfahren (sustainablesoy.org). Mehr dafür von einem verwandten Versuch des argentinischen WWF-Ablegers FVSA. Um die von "den Märkten" anvisierte Produktionsausweitung von 100 Tonnen Exportnahrungsmittel (primär Soja) gediegen zu begleiten, organisiert das FSVA im Verbund mit den Agrokonzernen seit 2003 ein "Forum der 100 Nachhaltigen". Man "engagiert" sich in der Raumplanung und hat schon riesige "verlassene" Flächen als ideal für Sojaanbau ausgemacht.

Bittere Ernte

Der Anbau von gentechnisch veränderter Soja könnte der britischen Wissenschaftszeitschrift New Scientist zufolge in Argentinien eine Umweltkrise auslösen. Laut dem Bericht stimuliert die Abhängigkeit von einem einzigen Kulturtyp das Wachstum von pestizid-resistentem Unkraut. Die Pflanzer, sagt die Zeitschrift, müssen das Doppelte einer normalen Dosis Pestizid benutzen und vergiften so den Boden und verursachen Schäden bei anderen Anbaukulturen und beim Vieh. Die argentinischen Pflanzer benutzen Gentechsaatgut des Unternehmens Monsanto, das entwickelt wurde, um gegen Glysophat resistent zu sein. Einige Samen wachsen an nicht-adäquaten Orten, und um sie zu zerstören, braucht es die doppelte Menge Glysophat als normal, da sie resistent sind. Laut Umweltorganisationen wie dem Grupo de Reflexión Rural zerstört der exzessive Gebrauch von Glysophat die für die Kompostierung von Pflanzenmaterial nötigen Bakterien und macht damit den Boden steril. Doch der New Scientist betont, dass die Schuld nicht notwendig an der Gentechnik liegt, sondern in der Praxis der Monokultur.

Seit dem wirtschaftlichen Zusammenbruch von Argentinien wird Soja auf der Hälfte des Kulturbodens gesät. Man nennt das Phänomen die "Sojaisierung" der Wirtschaft und als Folge befindet sich der Anbau von Reis, Mais, Kartoffeln, Linsen und die Herstellung von Milchprodukten im Sturzflug.

(aus BBC World Service (span.), 16.4.04, Soya: amarga cosecha?. )


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