Anschläge in Venezuela März 2003

Von Dario Azzellini

Bei Bombenanschlägen auf die spanische und kolumbianische Botschaft wurden in der Nacht von Montag auf Dienstag drei Personen verletzt. Die Opposition und die spanischen Medien beschuldigten sofort Chávez-Anhänger der Anschläge. Laut Aussagen eines oppositionellen Distriktbürgermeisters von Caracas seien nach den Anschlägen vor Ort Schreiben bolivarianischer Massenorganisationen - bolivarianische Zirkel und Koordination Simon Bolivar - vorgefunden worden. Die Ereignisse wirken allerdings sehr konstruiert. Chávez hatte erst am Sonntag die USA, Kolumbien und Spanien aufgefordert sich nicht in interne Angelegenheiten Venezuelas einzumischen, nachdem die spanische Außenministerin Ana Palacios die Verhaftung des Arbeitgeberpräsidenten kritisiert hatte und der kolumbianische Innenminister Venezuelas Weigerung die FARC als terroristisch einzustufen mit den Worten kommentierte es sei klar, dass Chávez niemanden als Terroristen einstufe mit dem er sich ständig treffen würde. Eine Aussage von der sich selbst die kolumbianische Regierung sofort distanzierte. Unwahrscheinlich scheint auch, dass legale Massenorganisationen wie die Bolivarianischen Zirkel Anschläge durchführen und sich hinterher auch noch dazu bekennen. So scheinen die Anschläge passend inszeniert worden zu sein, um weiterhin die Stimmung in Venezuela zuzuspitzen.

In diesem Zusammenhang ist auch ein weiterer Zwischenfall bedeutend. Die PDVSA-Zentrale "La Campiña", die nach wie vor von zahlreichen Regierungsanhängern geschützt wird, wurde Samstag Nacht von der unter oppositioneller Kontrolle stehenden Stadtpolizei angegriffen. Dabei wurde ein regierungstreuer Militärpolizist getötet und fünf Personen verletzt. Der Schütze sei allerdings von Zeugen identifiziert worden.

Die Opposition scheint verärgert über die Tatsache, dass die Erdölindustrie bis Ende Februar wieder eine Tagesproduktion von 2,8 Million Barrel erreicht haben soll. Damit wäre nahezu die ursprüngliche Fördermenge von 3,1 Millionen Barrel erreicht. Ein großer Erfolg für die Chavez-Regierung angesichts der offiziell 12.400 Entlassenen bei dem staatlichen Erdölunternehmen PDVSA, die zum größten Teil hochrangige Ingenieure, Techniker und Manager waren.

Bezüglich der Ermordung von drei oppositionellen Militärs vor etwa einer Woche, für die die Opposition die Chavez-Regierung verantwortlich macht, deuten die bisherigen Ermittlungen auf persönliche Ursachen oder Rache als Tatmotive hin. Zumindest waren die ermordeten Militärs einen Tag zuvor mit oppositionellen Kollegen in einen heftigen Streit geraten. Eine Überlebende des Schusswaffenüberfalls, der drei Militärs und einer jungen Frau das Leben kostete, berichteten der Angriff sei von einem Mann mit Spitznamen "El Zorro" (Der Fuchs) angeführt worden, der Sicherheitschef der auf dem Plaza Francia versammelten oppositionellen Militärs sei. Die Zeugin war mitsamt der anderen Opfer entführt worden und erlitt ebenfalls einen Kopfschuss, den sie allerdings schwerverletzt überlebte, so konnte sie Aussagen über die Täter machen.

Zufriedenheit beim Großteil der Bevölkerung und Empörung bei der rechtsextremen Opposition verursachte vergangene Woche die Verhaftung des Streikführer und Vorsitzenden des Unternehmerverbandes Carlos Fernández, der unter Hausarrest gestellt wurde. Gegen den Vorsitzenden des korrupten Gewerkschaftsverbandes CTV, Carlos Ortega, wurde ebenfalls ein Haftbefehl erlassen, dieser entzog sich jedoch der Verhaftung und kündigte an die CTV "aus der Klandestinität" führen zu wollen. Den Angeklagten wird bezüglich ihrer Unterstützung des Putsches im April vergangenen Jahres "Vaterlandsverrat, Rebellion, kriminelle Bandenbildung und Aufruf zu kriminellen Handlungen und Verwüstung" vorgeworfen. Fernández hatte auch die Selbsternennung des Putschpräsidenten unterzeichnet. Darüber hinaus sollen weitere 24 Haftbefehle gegen Putschbeteiligte vorliegen.

Indes sind hunderte von kleinen, mittleren und größeren Einzelgewerkschaften, viele davon ehemals im Dachverband CTV organisiert, und die bolivarianische FBT dabei einen neuen Gewerkschaftsdachverband zu gründen. Die offizielle Gründung des neuen Gewerkschaftsverbandes mit dem Namen "Nationale Vereinigung der Arbeiter Venezuelas" (Unete), an dem unter vielen anderen auch die Gewerkschaft der öffentlichen Angestellte (Fedeunep), der Metroarbeiter, der PDVSA-Beschäftigten der Region Zulia angehören, soll im März erfolgen.

Die Initiative kam zustande nachdem der von der CTV ausgerufene Streik nur von den besser situierten Angestellten des Erdölkonzerns PDVSA und einer kleinen Gewerkschaft höherer Angestellter der Privatbanken befolgt wurde. Bis dato hatten die CTV-Mitgliedsgewerkschaften noch gehofft die Kontrolle über die CTV übernehmen zu können, unter anderem liegt eine bis heute unbearbeitete Klage gegen die Vorstandswahlen vor, da die CTV-Spitze nicht einmal 50% der abgegeben Stimmzettel präsentierte und Carlos Ortega zum Sieger der Wahlen erklärte.


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