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NACHRICHTEN Dienstag, 13. März 2001
Die Zapatistas feiern auf dem Zocalo
Mehr als 100000 Mexikaner empfangen die Vertreter der Befreiungsfront in
der Hauptstadt
Wer sich auf dem Zocalo von Mexiko-Stadt durchsetzt, der ist weit
gekommen. In der neueren Geschichte des Landes war der historische
Hauptplatz im Herzen der Metropole immer wieder Bühne für die politische
Feuertaufe: Ihn füllte Cuauhtemoc Cardenas, als er aus der mächtigen
Partei der Institutionalisierten Revolution (PRI) austrat und deren
Niedergang einleitete. Ihn füllte Vicente Fox von der liberal-
konservativen Partei der Nationalen Aktion (PAN), nachdem er im Dezember
zum Präsidenten gekürt worden war und nach 71 Jahren die Herrschaft der
PRI beendete. Und ihn füllten am Sonntag die 24 Anführer der
Zapatistischen Befreiungsarmee (EZLN) unter Leitung des Subcomandante
Marcos.
Mehr als 100000 Menschen zwischen Kathedrale und Nationalpalast feierten
die Rebellen wie Rockstars, für Logenplätze auf den Balkonen gaben
Neugierige bis zu 1800 Mark aus. Es war der Höhepunkt dieser Tournee
zugunsten der zehn Millionen Ureinwohner, die aus San Cristobal im
Bundesstaat Chiapas 15 Tage lang und 3000 Kilometer weit bis mitten in die
Hauptstadt führte, zuletzt auf denselben Wegen, die der Revolutionär
Emiliano Zapata 1914 zurückgelegt hatte. Die Regierung stellte zum Schutz
4000 Polizisten und ließ Hubschrauber kreisen.
Zu den Ehrengästen der EZLN gehörten die Präsidentenwitwe Danielle
Mitterrand, Bauernführer Jose Bové und Nobelpreisträger Jose Saramago. Der
Held des Tages war wie immer der Maskierte mit der Pfeife und der blumigen
Sprache: Marcos. „Es ist Zeit, dass der Fox und der, dem er dient, uns
zuhören”, verkündete der Hauptredner, der den Präsidenten despektierlich
„der Fox” nennt. Marcos forderte „einen würdigen Platz für die Farbe der
Erde”, wie er die Indianer nennt. „Es ist Zeit, dass dieses Land aufhört,
eine Schande zu sein und nur die Farbe des Geldes trägt.” Nie mehr ein
Mexiko ohne uns, stand als Motto auf der Tribüne. Die meisten Zuhörer
waren begeistert. Der Zapatismus, schwärmte der spanische Schriftsteller
Manuel Vazquez Montalban, sei „eine weltweite Bewegung gegen den
Neoliberalismus in einem Moment, in dem die Linke gefallen war.”
Nun schlägt die Stunde der Diplomatie. Am Montag trafen sich Vertreter von
EZLN und Parlament, um die Wiederaufnahme eines Dialoges zu besprechen,
der seit 1996 unterbrochen und von Fox und Marcos zuletzt nur aus der
Ferne geführt worden war. Als Voraussetzung verlangt die EZLN die Annahme
der Gesetze über Rechte und Kultur der Indios, die Auflösung von drei
Militärkasernen in Chiapas und die Freilassung der inhaftierten
Zapatisten. Die Einladung von Fox lehnte Marcos ab: „eine Falle”.
Allerdings will er so lange in Mexiko-Stadt bleiben, bis die Bedingungen
erfüllt sind, was vor allem Unternehmer irritiert.
Peter Burghardt
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Bildunterschrift:
Markenzeichen der Revolution: Zwei Augen zieren ein Banner, das Anhänger
der Zapatisten als Sonnenschutz benutzen.
Foto:
Reuters