Erfolg für Flughafengegner

Aufständische Bauern freigelassen. Angebot der Regierung in Mexiko als unzureichend abgelehnt

junge Welt vom 16.07.2002 http://www.jungewelt.de/2002/07-16/003.php

Harald Neuber

Bei dem Aufstand mexikanischer Bauern gegen den geplanten Bau eines Großflughafens im Norden von Mexiko-Stadt hat die Bundesregierung nach mehreren Tagen gewalttätiger Zusammenstöße eingelenkt. Gouverneur Aturo Montiel Rojas ließ in der Nacht zum Montag alle elf inhaftierten Demonstranten frei, zudem bot er für die von dem Projekt betroffenen Gemeinden Sozialprogramme an. Die ließen sich davon zunächst nicht beeindrucken. »Wir wollen einen umfassenden Zukunftsplan der Regierung sehen«, so einer der Sprecher des besetzten Dorfes San Salvador Atenco.

Nach Angaben der staatlichen Menschenrechtskommission seien die Demonstranten in der Haft geschlagen worden. Zwei Anführer der Aufständischen, Adán Espinoza und Ignacio del Valle, waren mißhandelt worden. In einer ersten Stellungnahme nach seiner Freilassung erklärte del Valle am frühen Montag morgen: »Wir sind erschöpft, aber zufrieden.« Was geschehen sei, hätte geschehen müssen, um die Regierung zum Handeln zu zwingen.

Der Konflikt schwelt schon seit vergangenem Jahr. Ende Oktober hatte die Bundesregierung ein Dekret veröffentlicht, mit dem die Bewohner der Region gegen eine Pauschalentschädigung enteignet werden sollten. Wiederholt hatte es Proteste gegen das geplante Megaprojekt gegeben, dem Tausende Menschen weichen müßten. Ende Februar dann besetzten die betroffenen Bewohner ihre Gemeinden und organisierten eine Selbstverwaltung. Die lokalen Regierungsvertreter von PRI und PRD hatten die Rathäuser schon Ende Oktober stillschweigend verlassen.

Während San Salvador Atenco völlig von der Bildfläche verschwinden soll, würden für den geplanten Flughafen zumindest Teile angrenzender Gemeinden enteignet werden. De facto hätte der Bau aber für weitaus mehr Menschen katastrophale Konsequenzen, denn die Region lebt fast ausschließlich von Landwirtschaft.

Nach monatelanger Besetzung der betroffenen Gemeinden und Demonstrationen der Anwohner in Mexiko-Stadt war es am vergangenen Donnerstag während einer Straßenblockade zu gewalttätigen Auseinandersetzungen mit der Bundes- und Gemeindepolizei gekommen. Mehrere Polizisten und drei Journalisten wurden von den Aufständischen festgenommen. Die Bundespolizei ließ daraufhin die elf Gefangenen frei. Die wenigsten von ihnen stammen aus den aufständischen Gemeinden, denn zunehmend solidarisieren sich auch Bewohner der rund 60 Kilometer entfernten Hauptstadt mit dem Protest. Am Montag wurden schließlich auch die Geiseln freigelassen. Nun sollen sich beide Seiten an einen Verhandlungstisch setzen.

Bislang hatte sich die Regierung Gesprächen mit den Demonstranten verweigert. Die wiesen darauf hin, daß eine zusätzliche Landebahn des bereits bestehenden Flughafens ausreichen würde. »Hier binnen weniger Jahre einen neuen Flughafen aus dem Boden zu stampfen, ist reiner Wahnsinn«, sagte Miguel Valcárcel, ein Sprecher des Dorfes Atenco, bereits im März gegenüber junge Welt. Weil die Regierung entgegen aller Expertenmeinungen an den Plänen festhalte, dränge sich der Eindruck auf, daß sich einflußreiche Kreise Profite erhofften.

Die Enteignung von kollektiv verwaltetem Land, sogenannten ejidos, wurde erst möglich, nachdem 1992 von dem damaligen Präsidenten Carlos Salinas ein entsprechender Passus aus der Verfassung entfernt wurde. Seit der mexikanischen Revolution war dieses Land geschützt. Landkonflikte haben seither vor allem auch im landwirtschaftlich geprägten Süden des Landes zugenommen.

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