ZAPATISTISCHE ARMEE DER NATIONALEN BEFREIUNG
Dies ist unser einfaches Wort, das danach sucht, die Herzen der Menschen zu berühren, die wie wir bescheiden und einfach sind, aber auch wie wir würdig und rebellisch.
Dies ist unser einfaches Wort, um darüber zu berichten, was unser Schritt gewesen ist und wo wir uns nun befinden, um zu erklären, wie wir die Welt und unser Land sehen, um zu sagen, was und wie wir es zu tun beabsichtigen, und um andere Menschen dazu einzuladen, mit uns gemeinsam in etwas sehr Großes zu gehen, das sich Mexiko nennt, und etwas noch viel Größerem, das sich Welt nennt.
Dies ist unser einfaches Wort, um allen Herzen, die aufrichtig und edel sind, zu erzählen, was wir uns in Mexiko und auf der Welt wünschen. Dies ist unser einfaches Wort, denn es ist unsere Idee, alle anzusprechen, die so sind wie wir, und uns mit ihnen zu vereinen, wo auch immer sie leben und kämpfen.
I. – Von dem, was wir sind
Wir sind die Zapatistas der EZLN, obwohl man uns heute auch "Neozapatistas" nennt. Nun gut, wir Zapatistas der EZLN haben uns im Januar 1994 in Waffen erhoben, da wir genug hatten von so viel Schlechtem, das von den Mächtigen ausging, die uns nur erniedrigten, uns beraubten, uns einsperrten und töteten, und niemand tat oder sagte etwas.
Deshalb sagten wir "Ya Basta! - Es reicht!", das heißt, daß wir nicht länger zulassen würden, daß sie uns verachteten und schlechter behandelten als Tiere. Und dann sagten wir auch, daß wir Demokratie, Freiheit und Gerechtigkeit für alle Mexikaner wollten, obwohl wir selbst uns auf die indigenen Völker konzentrieren würden. Denn es ist so, daß wir von der EZLN fast ausschließlich Indígenas aus Chiapas sind, aber wir wollten nicht nur für unser eigenes Wohl kämpfen oder nur für das Wohl der Indígenas von Chiapas, oder nur für die indigenen Völker von Mexiko, sondern wir wollten mit allen gemeinsam kämpfen, die bescheidene und einfache Menschen wie wir sind und die sich in großer Not befinden und unter der Ausbeutung und dem Raub der Reichen und ihren schlechten Regierungen leiden, hier in unserem Land Mexiko und in anderen Ländern der Welt.
Und so handelt unsere kleine Geschichte davon, daß wir die Ausbeutung der Reichen satt hatten und uns deshalb organisierten, um uns zu verteidigen und für Gerechtigkeit zu kämpfen. Am Anfang waren wir nicht viele, nur ein paar, die hin und her gingen, um mit den anderen Menschen, die wie wir sind, zu sprechen und ihnen zuzuhören. Dies taten wir viele Jahre lang, und wir taten es im Geheimen, das heißt, ohne Aufsehen zu erregen. Das heißt, wir vereinigten unsere Kräfte im Stillen.
So verbrachten wir 10 Jahre, und schon bald wuchsen wir und wurden viele Tausende. Dann bereiteten wir uns gut vor mit der Politik und den Waffen, und plötzlich, als die Reichen das Neue Jahr feierten, überraschten wir sie in ihren Städten, die wir einfach einnahmen, und sagten allen, daß wir hier sind, daß sie uns zur Kenntnis nehmen müssen. Die Reichen waren ganz schön erschrocken und schickten ihre großen Armeen, um uns zu vernichten, wie sie es immer machen, wenn die Ausgebeuteten rebellieren, sie schicken ihre Armee, um alle zu vernichten.
Aber sie konnten uns nicht vernichten, weil wir uns vor dem Krieg sehr gut vorbereitet hatten und in unseren Bergen stark geworden waren. Und so liefen die Soldaten herum, suchten uns und schossen ihre Bomben und Kugeln auf uns, und sie planten bereits, alle Indígenas umzubringen, weil sie nicht wußten, wer Zapatista war und wer nicht. Und wir rannten und kämpften, kämpften und rannten, wie es schon unsere Vorfahren getan hatten. Ohne uns zu ergeben, ohne nachzugeben, ohne besiegt zu werden.
Und dann gingen die Menschen in den Städten auf die Straße und begannen mit ihren Rufen, daß der Krieg aufhören sollte. Und dann stoppten wir unseren Krieg und hörten diesen Brüdern und Schwestern aus der Stadt zu, die uns sagten, wir sollten versuchen, eine Einigung zu erzielen, das heißt eine Vereinbarung mit den schlechten Regierungen, um das Problem zu lösen, ohne töten. Und wir hörten auf die Menschen, denn diese Menschen sind, wie wir sagen, "das Volk", das heißt, das mexikanische Volk. Also legten wir das Feuer beiseite und ergriffen das Wort. Und schließlich sagten die Regierungen, daß sie sich gut benehmen würden, daß sie zu einem Dialog und zu Vereinbarungen bereit seien und diese erfüllen würden. Und wir sagten, daß das gut wäre, aber daß es auch gut wäre, diese Menschen kennenzulernen, die auf die Straße gegangen waren, um den Krieg zu beenden.
Deshalb sprachen wir, während wir mit den schlechten Regierungen Dialog führten, auch mit diesen Menschen, und wir sahen, daß die meisten von ihnen bescheidene und einfache Menschen waren wie wir, und daß wir beide gut verstanden, warum wir kämpften, das heißt, sie und wir. Und diese Menschen nannten wir "Zivilgesellschaft", weil die Mehrheit von ihnen keiner politischen Partei angehörte, sondern ganz normale Menschen waren, einfache und bescheidene Menschen wie wir.
Aber es stellte sich heraus, daß die schlechten Regierungen kein gutes Abkommen wollten, sondern daß es nur eine Täuschung von ihnen war zu sagen, daß wir reden und eine Vereinbarung treffen sollten, und daß sie inzwischen ihre Angriffe vorbereiteten, um uns ein für allemal auszuschalten. Und so griffen sie uns mehrmals an, aber sie besiegten uns nicht, denn wir leisteten Widerstand und viele Menschen auf der ganzen Welt mobilisierten sich. Und so dachten sich die schlechten Regierungen, daß es ein Problem ist, daß viele Menschen aufmerksam sind und schauen, was mit der EZLN geschieht, und so machten sie den Plan, so zu tun, als würde nichts geschehen.
Und in der Zwischenzeit umzingelten sie uns, belagerten uns und hofften, daß uns die Menschen vergessen würden, da unsere Berge sehr zurückgezogen sind und das Land der Zapatistas weit weg liegt. Und immer wieder versuchten die schlechten Regierungen, uns zu täuschen oder uns anzugreifen, wie im Februar 1995, als sie uns eine große Menge Soldaten schickten, aber sie besiegten uns nicht.
Denn wir waren, so heißt es, nicht allein, viele Menschen unterstützten uns, und wir leisteten gut Widerstand. Und so mußten die schlechten Regierungen mit der EZLN Vereinbarungen schließen, und diese Vereinbarungen heißen "Vereinbarungen von San Andrés", denn San Andrés heißt der Ort, wo diese Vereinbarungen unterzeichnet wurden. Und in diesen Gesprächen waren es nicht wir allein, die mit denen von der schlechten Regierung sprachen, sondern wir luden viele Menschen und Organisationen dazu ein, die für die indigenen Völker Mexikos kämpften und kämpfen, und alle sprachen ihr Wort, und alle gemeinsam vereinbarten wir, was wir den schlechten Regierungen sagen würden.
So war dieser Dialog, es waren nicht nur die Zapatistas auf der einen Seite und die schlechten Regierungen auf der anderen, sondern auf der Seite der Zapatistas waren auch die indigenen Völker Mexikos und ihre Unterstützer. Und so sagten die schlechten Regierungen in diesen Vereinbarungen, daß sie unsere Rechte anerkennen und unsere Kultur respektieren würden, und daß sie das als Gesetz in der Verfassung verankern würden. Aber nachdem sie die Vereinbarung unterzeichnet hatten, taten die schlechten Regierungen so, als hätten sie sie vergessen, und es vergingen viele Jahre, ohne daß diese Vereinbarungen erfüllt wurden.
Im Gegenteil, die Regierung griff die Indígenas an, um zu erwirken, daß sie in ihrem Kampf zurückweichen würden, wie am 22. Dezember 1997, als Zedillo den Mord an 45 Männern, Frauen, alten Leuten und Kindern im Dorf ACTEAL in Chiapas beauftragte. Dieses schlimme Verbrechen kann nicht leicht vergessen werden und zeigt, wie die schlechten Regierungen in ihrem Herzen nicht zögern, diejenigen, die sich gegen die Ungerechtigkeiten auflehnen, anzugreifen und zu töten.
Und während all das geschah, versuchten wir Zapatistas, die Erfüllung der Vereinbarungen von San Andrés zu erreichen, und leisteten in den Bergen des mexikanischen Südostens Widerstand. Und dann begannen wir, mit anderen indigenen Völkern Mexikos und ihren Organisationen zu sprechen, und wir vereinbarten mit ihnen, daß wir gemeinsam für die gleiche Sache kämpfen wollten, nämlich für die Anerkennung der Rechte und Kultur der Indígenas.
Dabei unterstützten uns viele Menschen aus der ganzen Welt und hochrespektierte Personen, deren Wort groß ist, weil sie große Intellektuelle, Künstler und Wissenschaftler Mexikos und der ganzen Welt sind. Wir führten auch internationale Treffen durch, das heißt wir trafen mit Menschen aus Amerika und aus Asien, aus Europa, Afrika und Ozeanien, um mit ihnen zu sprechen, und wir lernten ihre Kämpfe und ihre Art kennen, und wir nannten das "intergalaktische" Treffen, um witzig zu sein und weil wir auch die von anderen Planeten eingeladen hatten, aber wie es scheint, ist von denen niemand gekommen, und wenn doch, dann haben sie das nicht klar gesagt.
Aber wie auch immer, die schlechten Regierungen hielten sich nicht an ihr Wort, und so machten wir einen Plan, um mit den vielen Mexikanern zu sprechen, die uns unterstützten. 1997 unternahmen wir eine Reise nach Mexiko Stadt, die hieß "Der Marsch der 1.111", denn es nahmen jeweils ein Compañero oder eine Compañera aus jedem zapatistischen Dorf daran teil, aber die Regierung beachtete uns nicht.
1999 führten wir eine Befragung im ganzen Land durch, die zeigte, daß die Mehrheit der Menschen mit den Forderungen der indigenen Völker einverstanden ist, aber die schlechten Regierungen beachteten uns wieder nicht. Und schließlich führten wir 2001 den so genannten "Marsch für die indigene Würde" durch, der von Millionen Menschen aus Mexiko und anderen Ländern unterstützt wurde und dorthin führte, wo die Abgeordneten und Senatoren sitzen, also zum Kongreß, um die Anerkennung der mexikanischen Indígenas zu fordern. Aber es zeigte sich, daß die Politiker der PRI, der PAN und der PRD sich untereinander absprachen und die Rechte und die Kultur der Indígenas einfach nicht anerkannten.
Das war im April 2001, wo die Politiker deutlich zeigten, daß sie keinerlei Anstand haben und unverschämte Leute sind, die nur daran denken, wie sie ihre Reichtümer vergrößern können, wie schlecht sie als Regierende sind.
Das darf man nicht vergessen, denn ihr werdet sehen, daß sie jetzt wieder sagen werden, daß sie die indigenen Rechte anerkennen werden, aber es ist eine Lüge, die sie verbreiten, damit wir unsere Stimme für sie abgeben.
Sie hatten ihre Chance und haben sie nicht genutzt.
Und da sahen wir, daß Dialog und Verhandlung mit den schlechten Regierungen Mexikos umsonst gewesen waren. Das heißt, daß es nichts bringt, mit den Politikern zu sprechen, denn weder ihr Herz noch ihr Wort ist ehrlich, sondern sie sind verquer und verbreiten Lügen, wie daß sie sich an Vereinbarungen halten würden, aber das tun sie nicht. Das heißt, daß die Politiker der PRI, der PAN und der PRD an dem Tag, als sie ein Gesetz beschlossen, das nichts taugt, gleichzeitig den Dialog töteten und deutlich sagten, daß es ihnen egal ist, was sie vereinbaren und unterzeichnen, denn ihr Wort ist nichts wert.
Also beendeten wir den Kontakt mit den föderativen Gewalten, denn uns wurde klar, daß der Dialog und die Verhandlung wegen diesen politischen Parteien gescheitert waren. Wir sahen, daß ihnen das Blut, der Tod, das Leid, die Mobilisierungen, die Befragungen, die Anstrengungen, die nationalen und internationalen Erklärungen, die Treffen, die Vereinbarungen, die Unterzeichnungen, die Verpflichtungen egal waren. Damit verschloß die politische Klasse nicht nur wieder einmal den indigenen Völkern die Tür, sondern versetzte auch einer friedlichen Lösung des Konflikts auf Basis von Verhandlungen und Dialog den Todesstoß.
Jetzt kann man ihnen nicht mehr glauben, daß sie irgendein Abkommen mit irgend jemandem einhalten. Achtet darauf, damit ihr aus unserer Erfahrung lernen könnt.
Also betrachteten wir all das und dachten in unseren Herzen darüber nach, was wir tun könnten. Und als erstes sahen wir, daß unser Herz nicht mehr war wie früher, als wir den Kampf begannen, sondern daß es gewachsen war, denn wir hatten das Herz vieler guter Menschen berührt. Und wir sahen auch, daß unser Herz verletzter, also verwundeter war. Und es war nicht verwundeter, weil uns die schlechten Regierungen hereingelegt hatten, sondern weil wir, als wir die Herzen anderer berührten, auch ihre Schmerzen berührten. Es war, als würden wir uns in einem Spiegel sehen.
II. - Wo wir jetzt sind
Also dachten wir Zapatistas, daß es nicht genug sei, den Dialog mit der Regierung abzubrechen, sondern daß der Kampf fortgesetzt werden müsse trotz jener faulen Parasiten, die die Politiker sind.
Die EZLN beschloß also, allein und von ihrer Seite, die (entsprechend "unilaterale", weil nur einseitige) Erfüllung der Vereinbarungen von San Andrés über die Rechte und Kultur der Indígenas.
Vier Jahre lang (Mitte 2001 bis Mitte 2005) haben wir uns dieser Aufgabe gewidmet, und auch anderen Aufgaben, die wir euch nennen möchten. Wir begannen, die rebellischen autonomen Zapatista-Bezirke aufzubauen. So organisierten sich die Völker, um zu regieren und sich selbst zu regieren und um stärker zu werden. So ist die autonome Regierung nicht etwa eine Erfindung der EZLN, sondern sie ist aus mehreren Jahrhunderten indigenen Widerstands und aus der zapatistischen Erfahrung selbst gewachsen und ist wie eine Selbstregierung der Gemeinden. Das heißt, es kommt keiner von draußen und regiert, sondern die Völker entscheiden selbst unter sich, wer regiert und wie regiert wird, und wenn der Regierende nicht gehorcht, wird er abgesetzt. Das heißt, wenn der, der regiert, dem Volk nicht gehorcht, wird er als Autorität abgesetzt und jemand anders übernimmt.
Aber dann sahen wir, daß die autonomen Bezirke nicht alle die gleichen Bedingungen hatten, sondern das ein Teil weiter war und mehr Unterstützung von der Zivilgesellschaft bekam, während andere eher vergessen wurden. Es mußte also etwas organisiert werden, um das auszugleichen.
Und wir sahen, daß sich der für das Politisch-Militärische der EZLN zuständige Teil in Entscheidungen einmischte, die eigentlich Aufgaben der demokratischen Autoritäten waren, die "zivil" genannt werden.
Hier ist das Problem, daß der politisch-militärische Teil der EZLN nicht demokratisch ist, denn es ist eine Armee, und wir sahen, daß es nicht gut ist, daß an der Spitze das Militärische steht und unten das Demokratische, denn das Demokratische darf nicht militärisch entschieden werden, sondern umgekehrt: oben sollte das Demokratische politisch regieren und unten das Militärische gehorchen. Oder vielleicht noch besser, daß es kein unten gibt, sondern alles auf einer Ebene ist, ohne Militär, deswegen sind die Zapatistas Soldaten, damit es keine Soldaten mehr gibt.
Gut, aber um dieses Problem zu lösen, begannen wir, das Politisch-Militärische von den autonomen und demokratischen Organisationsformen der zapatistischen Gemeinden zu trennen. Und so wurden Aktionen und Entscheidungen, die zuvor Aufgabe der EZLN gewesen waren, nach und nach auf demokratisch gewählte Vertreter der Völker übertragen. Das ist natürlich leicht gesagt, aber in der Praxis schwer umzusetzen, denn es dauert viele Jahre, erst die Kriegsvorbereitung und dann der Krieg selbst, und man gewöhnt sich an das Politisch-Militärische. Aber wie auch immer, wir haben es umgesetzt, weil das unsere Art ist: Was wir sagen, tun wir auch, denn wenn wir es nicht tun, warum sollten wir es dann sagen.
Und so entstanden die Juntas der Guten Regierung im August 2003, und mit ihnen ging der Prozeß des Selbst-Lernens und der Ausübung des Prinzips des "gehorchend Regierens" weiter. Seitdem und bis Mitte 2005 gab die Führung der EZLN keine Anordnungen mehr in zivilen Angelegenheiten, aber sie begleitete und unterstützte die demokratisch von den Völkern gewählten Vertreter und achtete außerdem darauf, daß die Völker und die nationale und internationale Zivilgesellschaft immer gut darüber informiert wurden, welche Unterstützungen ankamen und was damit geschah.
Und so ging die Aufgabe der Beaufsichtigung der Guten Regierung auf die zapatistischen Unterstützungsbasen über, mit zeitlich begrenzter Übernahme von Verantwortung, so daß alle Männer und Frauen lernen, diese Aufgabe zu übernehmen. Denn wir denken, daß ein Volk, das seine Regierung nicht beaufsichtigt, zur Sklaverei verdammt ist, und wir kämpfen dafür, frei zu sein und nicht dafür, aller sechs Jahre den Sklavenhalter zu wechseln.
Die EZLN hat in diesen 4 Jahren auch die Unterstützungen und die Kontakte in Mexiko und in die ganze Welt an die Räte der Guten Regierung und die Autonomen Bezirke übergeben, die in diesen Jahren des Krieges und Widerstandes erreicht wurden. Außerdem baute die EZLN in dieser Zeit eine wirtschaftliche und politische Unterstützung auf, die es den zapatistischen Gemeinden ermöglicht, mit weniger Schwierigkeiten in der Schaffung ihrer Autonomie und der Verbesserung ihrer Lebensbedingungen voranzukommen. Das ist nicht viel, aber immerhin viel mehr, als es vor dem Aufstand im Januar 1994 gab. Wenn ihr euch eine der Studien, die die Regierungen durchführen, anschaut, werdet ihr sehen, daß die einzigen indigenen Gemeinden, deren Lebensbedingungen sich verbessert haben, was Gesundheitsversorgung, Bildung, Wohnsituation betrifft, diejenigen sind, die sich auf zapatistischem Gebiet befinden, das heißt, wie wir sagen, wo unsere Völker sind.
All das war möglich durch das Vorangehen der zapatistischen Dörfer und die sehr große Unterstützung, die von guten und edlen Menschen kam, die wir "Zivilgesellschaften" nennen, und von ihren Organisationen auf der ganzen Welt. Als ob all diese Menschen das "eine andere Welt ist möglich" wahr gemacht hätten, aber mit Taten und nicht nur mit bloßen Worten.
Und so haben die Völker gute Fortschritte gemacht. Jetzt sind es mehr Compañeros und Compañeras, die lernen, Regierung zu sein. Außerdem, wenn auch nach und nach, nehmen immer mehr Frauen an der Arbeit teil, aber es fehlt noch manchmal an Respekt gegenüber den Compañeras und der Bereitschaft, sie in die Aufgaben des Kampfes einzubeziehen.
Mit den Juntas der Guten Regierung hat sich auch die Koordinierung der Autonomen Bezirke untereinander und die Lösung von Problemen mit anderen Organisationen und mit den offiziellen Behörden verbessert. Und auch die Projekte in den Gemeinden haben sich verbessert, Projekte und Unterstützungen, die von der Zivilgesellschaft der ganzen Welt kommen, werden gerechter verteilt. Gesundheitsversorgung und Bildung haben sich verbessert, obwohl es noch lange nicht ideal ist, ebenso was Wohnsituation und Ernährung betrifft, und in einigen Gebieten hat sich das Landproblem entschärft, da die wieder gewonnenen Ländereien und Fincas aufgeteilt wurden, aber es gibt immer noch Gebiete, denen es an Land zum Anbauen mangelt.
Auch die Unterstützung der nationalen und internationalen Zivilgesellschaft hat sich verbessert, denn vorher ging jeder dahin, wo er gerade hinwollte, aber jetzt schicken die Räte der Guten Regierung die Leute dorthin, wo sie am dringendsten gebraucht werden. Und aus demselben Grund lernen immer mehr Compañeros und Compañeras, mit den Menschen aus anderen Teilen Mexikos und der Welt umzugehen, sie lernen, zu respektieren und Respekt einzufordern, sie lernen, daß es viele Welten gibt und alle ihren Platz, ihre Zeit und ihre Art haben, und daß so gegenseitiger Respekt unter allen Menschen herrschen muß.
Wir, die Zapatistas der EZLN, widmen uns derzeit unserer größten Kraft, nämlich den Völkern, die uns unterstützen. Und ein wenig hat sich die Situation schon verbessert, das heißt, es gibt niemanden, der sagt, die zapatistische Organisation und der zapatistische Kampf seien umsonst gewesen, sondern daß, auch wenn sie uns alle umbringen, unser Kampf doch etwas genützt hat. Aber nicht nur die zapatistischen Völker sind gewachsen, sondern auch die EZLN. Denn in dieser Zeit wurde unsere gesamte Organisation von neuen Generationen erneuert. Oder anders ausgedrückt, sie gaben ihr neue Kraft.
Die Comandantes und Comandantas, die zu Beginn des Aufstandes 1994 im Erwachsenenalter waren, haben heute die Weisheit, die sie in 12 Jahren des Krieges und des Dialoges mit Tausenden Menschen und Frauen auf der ganzen Welt gewonnen haben. Die Mitglieder des CCRI, der zapatistischen politisch-organisatorischen Leitung, beraten und orientieren nun die neuen, die unserem Kampf beigetreten sind und vielleicht einmal leitende Positionen übernehmen werden.
Seit geraumer Zeit haben die "Komitees" (wie wir sie nennen) eine neue Generation von Comandantes und Comandantas vorbereitet, die nach einer Zeit der Ausbildung und der Probe beginnen, die organisatorischen Aufgaben der Befehlsgewalt kennenzulernen und auszuführen. Und unsere aufständischen Männer und Frauen, die Männer und Frauen der Milizen, die lokalen und regionalen Verantwortlichen und die Unterstützungsbasen, die zu Beginn des Aufstandes Jugendliche waren, sind heute reife Männer und Frauen, Kampfveteranen und Respektpersonen in ihren Einheiten und Gemeinden.
Und die, die in jenem Januar 1994 Kinder waren, sind nun Jugendliche, die im Widerstand gewachsen sind und von den Erwachsenen in diesen 12 Jahren des Krieges in der würdigen Rebellion erzogen wurden. Diese Jugendlichen haben eine politische, technische und kulturelle Bildung erfahren, die wir, die wir die zapatistische Bewegung ins Leben riefen, nicht hatten. Diese Jugend bereichert heute mehr und mehr unsere Truppen und besetzt auch immer mehr Führungspositionen der Organisation.
Wir alle haben die Täuschungen der mexikanischen Politklasse und die Zerstörungen, die ihre Aktionen in unserem Land hervorrufen, gesehen. Und wir haben die großen Ungerechtigkeiten und Verbrechen gesehen, die die neoliberale Globalisierung auf der ganzen Welt verübt. Aber dazu sagen wir später noch etwas.
So hat die EZLN in den 12 Jahren des Krieges, der militärischen, politischen, ideologischen und wirtschaftlichen Angriffe, der Belagerung, der Feindseligkeiten und der Verfolgung Widerstand geleistet, und sie haben uns nicht besiegt, wir haben uns weder verkauft noch ergeben, und wir haben Fortschritte gemacht.
Viele Compañeros aus vielen Orten haben sich dem Kampf angeschlossen, so daß wir, anstatt nach so vielen Jahren schwächer zu werden, stärker werden. Sicher gibt es Probleme, die gelöst werden können, indem das Politisch-Militärische vom Zivilen-Demokratischen besser getrennt wird. Aber es gibt Ziele, die wichtigsten, wie unsere Forderungen, für die wir kämpfen, die nicht völlig erreicht worden sind. Nach unserem Ermessen und dem, was wir in unseren Herzen sehen, sind wir an einem Punkt angekommen, an dem wir nicht weiterkommen können, und an dem wir außerdem alles verlieren könnten, was wir haben, wenn wir so bleiben, wie wir sind und nichts mehr tun, um weiter fortzuschreiten. Das heißt, daß der Moment gekommen ist, wieder alles zu riskieren und einen gefährlichen Schritt zu wagen, der es aber wert ist. Denn vielleicht können wir vereint mit anderen sozialen Sektoren, die unter den gleichen Entbehrungen wie wir leiden, das erreichen, was wir brauchen und was wir wert sind. Ein neuer Schritt nach vorn im indigenen Kampf ist nur möglich, wenn sich der Indígena zusammenschließt mit den Arbeitern, Bauern, Studenten, Lehrern, Angestellten … also mit den Arbeitern aus Stadt und Land.
III. – Wie wir die Welt sehen.
Jetzt werden wir euch erklären, wie wir Zapatisten das, was auf der Welt geschieht, sehen. Wir sehen, daß der Kapitalismus heute die stärkste Macht ist. Kapitalismus ist ein soziales System, das heißt eine Form, wie innerhalb einer Gesellschaft die Dinge und Personen organisiert sind, wer etwas hat und wer nichts hat, und wer befiehlt und wer gehorcht. Im Kapitalismus gibt es einige, die Geld haben, also Kapital und Fabriken und Geschäfte und Felder und viele Dinge, und es gibt andere, die nichts haben außer ihrer Kraft und dem Wissen um ihre Arbeit; und im Kapitalismus haben jene das Sagen, die das Geld und die Dinge besitzen, und es gehorchen jene, die nichts anderes besitzen als ihre Arbeitskraft.
Und deshalb bedeutet Kapitalismus, daß es einige wenige gibt, die große Reichtümer besitzen, aber nicht weil sie einen Preis gewonnen, einen Schatz entdeckt oder eine Erbschaft gemacht hätten, sondern weil sie diese Reichtümer durch die Ausbeutung der Arbeit vieler gewonnen haben. Das heißt, Kapitalismus basiert auf der Ausbeutung der Arbeiter, indem die Arbeiter ausgepreßt werden und ihnen aller Gewinn abgenommen wird. Das geschieht auf ungerechte Art, und die Arbeiter bekommen nicht das bezahlt, was ihre Arbeit wirklich wert ist, sondern sie erhalten nur ein Gehalt, das gerade ausreicht, um ein wenig zu essen und sich ein wenig auszuruhen, um am nächsten Tag wieder zur Arbeit zu gehen und ausgebeutet zu werden, sei es auf dem Land oder in der Stadt.
Der Kapitalismus gewinnt seine Reichtümer auch durch Plünderung, das heißt durch Raub, weil er anderen das wegnimmt, wonach er strebt, zum Beispiel Land und natürliche Ressourcen. Das heißt, Kapitalismus ist ein System, in dem die Diebe frei sind und bewundert und als gutes Beispiel hingestellt werden. Zusätzlich zu Ausbeutung und Plünderung unterdrückt Kapitalismus auch, indem er jene, die gegen die Ungerechtigkeit rebellieren, einsperrt und tötet.
Das, was den Kapitalismus am meisten interessiert, sind Waren, weil sie Gewinn einbringen, wenn sie gekauft und verkauft werden. Und deshalb verwandelt der Kapitalismus alles in eine Ware; er macht die Menschen, die Natur, die Kultur, die Geschichte, das Gewissen zu Ware. Dem Kapitalismus zufolge muß alles gekauft und verkauft werden können. Und er versteckt alles hinter Waren, damit wir die Ausbeutung nicht wahrnehmen, die er betreibt. Und die Waren werden dann auf einem Markt gekauft und verkauft. Und deshalb dient der Markt nicht nur zum Kaufen und Verkaufen, sondern er dient auch dazu, die Ausbeutung der Arbeiter zu verstecken. Auf dem Markt sehen wir zum Beispiel den Kaffee bereits verpackt, in einer sehr hübschen Tüte oder Dose, aber wir sehen nicht den Campesino, der bei der Ernte des Kaffees litt, und wir sehen nicht den Coyoten, der ihm nur sehr wenig für seine Arbeit bezahlte, und wir sehen nicht die Arbeiter in der großen Firma, die schufteten und schufteten, um den Kaffee zu verpacken.
Oder wir sehen ein Gerät, mit dem man Musik hören kann, wie Cumbias, Rancheras oder Corridos oder was jeder hören mag, und wir finden, daß es sehr gut ist, weil es einen guten Sound hat, aber wir sehen nicht die Arbeiterin in der Maquiladora, die für einen Hungerlohn stundenlang schuftete, um die Kabel und Einzelteile des Gerätes zusammenzufügen, die weit entfernt von ihrer Arbeitsstelle lebt und viel Geld für die Fahrt ausgeben muß, und sich dabei auch noch in die Gefahr begibt, unterwegs entführt, vergewaltigt und ermordet zu werden, wie das in Ciudad Juárez geschieht.
Das heißt, auf dem Markt sehen wir Waren, aber wir sehen nicht die Ausbeutung, die hinter ihnen steckt. Und dann braucht der Kapitalismus viele Märkte ... oder einen sehr großen Markt, einen Weltmarkt.
Und so kommt es, daß der Kapitalismus von heute nicht so ist wie früher, wo sich die Reichen damit zufriedengaben, die Arbeiter ihrer Länder auszubeuten, sondern heute befindet er sich auf einer Stufe, die sich Neoliberale Globalisierung nennt. Diese Globalisierung bedeutet, daß die Arbeiter nicht mehr nur in einem einzigen oder in mehreren Ländern beherrscht werden, sondern daß die Kapitalisten versuchen, alles auf der ganzen Welt zu beherrschen. Und die Welt, also der Planet Erde, wird auch "Erdglobus" genannt, und deshalb wird das "Globalisierung" genannt, das heißt, es betrifft die ganze Welt.
Hinter dem Neoliberalismus steckt die Idee, daß es dem Kapitalismus freisteht, die ganze Welt zu beherrschen, und daß man resignieren und sich damit abfinden muß und nicht aufbegehren darf, das heißt, nicht rebellieren. Der Neoliberalismus ist also so etwas wie die Theorie oder der Plan der kapitalistischen Globalisierung. Und der Neoliberalismus hat seine wirtschaftlichen, politischen, militärischen und kulturellen Pläne. In all diesen Plänen geht es darum, alle zu beherrschen, und wer nicht gehorcht, wird unterdrückt oder abschottet, damit er seine rebellischen Ideen nicht an andere weitergeben kann.
In der neoliberalen Globalisierung wollen die großen Kapitalisten, die in den mächtigen Ländern wie den Vereinigten Staaten leben, daß die ganze Welt wie ein großer Konzern wird, in dem Waren produziert werden, und wie ein großer Markt. Ein Weltmarkt, ein Markt, um alles auf der ganzen Welt zu kaufen und zu verkaufen und die Ausbeutung auf der Welt zu verstecken.
Die globalisierten Kapitalisten breiten sich in allen Ländern aus, um ihre großen Geschäfte abzuschließen, ihre großen Ausbeutungen. Sie respektieren nichts und mischen sich ein, wie sie wollen, als ob sie andere Länder erobern würden. Deshalb sagen wir Zapatisten, daß die neoliberale Globalisierung ein weltweiter Eroberungskrieg ist, ein Weltkrieg, ein Krieg, den der Kapitalismus um die Weltherrschaft führt. Diese Eroberung wird manchmal mit Armeen geführt, die ein Land besetzen und es gewaltsam erobern. Aber manchmal geschieht das auch durch die Wirtschaft, das heißt, die großen Kapitalisten stecken ihr Geld in ein anderes Land, oder leihen ihm Geld und zwingen es dazu, das zu tun, was sie ihm sagen. Und sie mischen sich auch mit ihren Ideen ein, das heißt mit der kapitalistischen Kultur, die eine Kultur der Ware, der Profite, des Marktes ist.
Der Kapitalismus, der diese Eroberung ausführt, macht alles so, wie er es will, das heißt, er zerstört und verändert alles, was ihm nicht paßt, und eliminiert alles, was ihn stört. Zum Beispiel stören ihn jene, die die Waren der Modernität weder produzieren noch kaufen noch verkaufen, oder jene, die gegen diese Ordnung rebellieren. Und die, die dem Kapitalismus nichts nützen, werden verachtet. Deshalb stören die Indígenas die neoliberale Globalisierung, und deshalb verachtet man sie und will sie eliminieren.
Der neoliberale Kapitalismus hebt auch die Gesetze auf, die ihn daran hindern, auszubeuten und Profite zu machen. Zum Beispiel wird durchgesetzt, daß alles gekauft und verkauft werden kann, und da der Kapitalismus das ganze Geld hat, kauft er auch alles. So zerstört der Kapitalismus die Länder, die er mit der neoliberalen Globalisierung erobert, und versucht, die Dinge so anzupassen oder neu zu erschaffen, wie es für ihn förderlich und angenehm ist. So zerstört die neoliberale kapitalistische Globalisierung alles, was in diesen Ländern ist, sie zerstört ihre Kultur, ihre Sprachen, ihre Wirtschaftssysteme, ihre politischen Systeme, und sie zerstört auch die Weise, wie die Menschen dieser Länder zusammenleben. Das heißt, sie zerstört all das, was ein Land ausmacht.
Die neoliberale Globalisierung will also die Nationen der Welt zerstören und erreichen, daß es nur noch eine einzige Nation oder ein Land gibt, das Land des Geldes, des Kapitals. Und der Kapitalismus will auch, daß alles so läuft, wie er das gern hätte, das heißt, auf seine Weise, und alles was anders ist, mag er nicht und verfolgt es und greift es an, oder stellt es in einer Ecke ab und tut so, als ob es das nicht gäbe.
Kurz gesagt basiert der Kapitalismus der neoliberalen Globalisierung auf der Ausbeutung, der Plünderung, der Verachtung und der Unterdrückung jener, die sich nicht ergeben. Das heißt, genau wie früher, nur jetzt eben globalisiert, weltweit.
Aber es ist nicht so einfach für die neoliberale Globalisierung, weil die Ausgebeuteten aller Länder sich nicht damit abfinden und nicht sagen, das man nichts machen kann, sondern sie rebellieren; und jene, die übrigbleiben und stören, leisten Widerstand und lassen sich nicht eliminieren. Und so sehen wir, daß auf der ganzen Welt die Ausgebeuteten zum Widerstand werden, um sich nicht zu ergeben, das heißt, sie rebellieren, und nicht nur in einem einzigen Land, sondern es gibt überall unglaublich viele davon, das heißt, so wie es eine neoliberale Globalisierung gibt, gibt es auch eine Globalisierung der Rebellion.
Und in dieser Globalisierung der Rebellion kommen nicht nur die Land- und Stadtarbeiter vor, sondern auch andere Männer und Frauen, die aus dem gleichen Grund verfolgt und verachtet werden, weil sie sich nicht beherrschen lassen wollen, so wie die Frauen, die Jugendlichen, die Indígenas, die Homosexuellen, die Lesbierinnen, die Transsexuellen, die Migranten und viele andere Gruppen, die es sowieso auf der ganzen Welt gibt, aber die wir erst sehen, wenn sie "ya basta" rufen, wenn sie genug davon haben, verachtet zu werden, und sich erheben, und jetzt sehen wir sie und hören und verstehen sie.
Wir sehen, daß all diese Menschen gegen den Neoliberalismus kämpfen, das heißt, gegen den Plan der kapitalistischen Globalisierung, und daß sie für die Menschlichkeit kämpfen.
Und bei allem, was wir sehen, sind wir sehr erstaunt über die Dummheit der Neoliberalisten, die mit ihren Kriegen und ihrer Ausbeutung die ganze Menschheit vernichten wollen, aber sind auch sehr glücklich zu sehen, daß es überall Widerstand und Rebellionen gibt, so wie unsere, die ein wenig klein ist, aber hier sind wir. Und das sehen wir auf der ganzen Welt, und unser Herz versteht, daß wir nicht alleine sind.
IV. - Wie wir unser Land Mexiko sehen
Wir werden euch jetzt erzählen, wie wir das, was in unserem Mexiko geschieht, sehen. Was wir sehen, ist, das unser Land von den Neoliberalisten regiert wird. Das heißt, wie wir schon erklärt haben, daß die Regierenden, die wir haben, all das vernichten, was unsere Nation ausmacht, unsere mexikanische Heimat. Die Arbeit dieser schlechten Regierenden besteht nicht darin, für das Wohl des Volkes zu sorgen, sondern sie kümmern sich nur um den Wohlstand der Kapitalisten. Zum Beispiel erlassen sie Gesetze wie das Freihandelsabkommen, das dazu dient, viele Mexikaner ins Elend zustürzen, sowohl Campesinos und Kleinproduzenten, weil sie von den großen agroindustriellen Konzernen "aufgefressen" werden, als auch Arbeiter und kleine Unternehmer, weil sie nicht mit den großen transnationalen Konzernen konkurrieren können, die sich einmischen und ihre Gehälter gering und ihre Preise hoch halten, ohne daß jemand etwas sagt, im Gegenteil, man bedankt sich noch bei ihnen. Das heißt, wie man sagt, einige der wirtschaftlichen Fundamente Mexikos wie die Landwirtschaft, die Industrie und der nationale Handel werden völlig zerstört, und es bleiben nur noch ein paar Trümmer übrig, die sicher auch noch verkauft werden.
Das sind die großen Unglücke unserer Patria. Denn in der Landwirtschaft werden keine Nahrungsmittel mehr produziert, sondern nur das, was die großen Kapitalisten verkaufen, und das gute Land wird durch Tricks und mit Hilfe der Politiker geraubt. Das heißt, die Landwirtschaft befindet sich in der gleichen Lage wie während des Porfirismus, nur daß die Campesinos anstatt von Großgrundbesitzern jetzt von ausländischen Konzernen ausgenommen werden. Und da, wo es vorher Kredite und Schutzpreise gab, gibt es jetzt nur noch Almosen, ... und manchmal nicht einmal das.
Für den Arbeiter in der Stadt sieht es so aus, daß die Fabriken schließen und er seine Arbeit verliert. Oder es werden sogenannte Maquiladoras geöffnet, die aus dem Ausland kommen und einen Hungerlohn für viele Arbeitsstunden zahlen. Und dann kommt es nicht mehr auf den Preis der Produkte an, die das Volk braucht, ob teuer oder billig, weil es eh keiner bezahlen kann. Wenn jemand in einem kleinen oder mittleren Unternehmen gearbeitet hat, dann ist das vorbei, weil es geschlossen und von einem großen transnationalen Konzern aufgekauft wird. Wenn jemand einen kleinen Laden hatte, dann verschwindet der oder muß im Geheimen für die großen Konzerne arbeiten, die ihn barbarisch ausbeuten und sogar Kinder zur Arbeit zwingen. Wenn der Arbeiter in einer Gewerkschaft war, um seine gesetzlichen Rechte zu fordern, dann geht das nicht mehr, weil die gleiche Gewerkschaft ihm jetzt sagt, daß er sich damit abfinden muß, daß die Gehälter herabgesetzt werden oder der Arbeitstag oder die Zuschüsse, weil ansonsten die Firma schließt und in ein anderes Land zieht. Und dann gibt es da den "Kleinsthandel", eine Art wirtschaftliches Programm der Regierung, damit alle Arbeiter der Stadt sich an die Straßenecken stellen, um Kaugummi und Telefonkarten zu verkaufen. Das heißt, die wirtschaftliche Zerstörung auch in den Städten.
Da die Wirtschaft des Volkes sowohl auf dem Land als auch in der Stadt kaputt gemacht wird, müssen viele Mexikaner und Mexikanerinnen ihre Heimat verlassen, also Mexiko, um in einem anderen Land Arbeit zu suchen, nämlich in den Vereinigten Staaten, und dort werden sie nicht gut behandelt, sondern sie werden ausgebeutet, verfolgt, verachtet und sogar getötet.
Der Neoliberalismus, den uns die schlechten Regierungen aufzwingen, hat die Wirtschaft nicht verbessert, ganz im Gegenteil, auf dem Land herrscht großer Mangel, und in den Städten gibt es keine Arbeit. Was geschieht, ist, daß Mexiko in etwas verwandelt wird, in dem nur noch Arbeitskräfte geboren werden und bald darauf sterben, die für den Reichtum von ausländischen Geschäftemachern schuften, hauptsächlich der reichen Gringos. Deshalb sagen wir, daß Mexiko von den Vereinigten Staaten beherrscht wird.
Gut, aber das ist nicht alles, was passiert, denn der Neoliberalismus hat auch die politische Klasse Mexikos verändert, das heißt die Politiker, weil er sie dazu brachte, so zu werden wie die Angestellten eines Ladens, die alles in ihre Macht stehende tun müssen, um alles billig zu verkaufen. Man hat bereits gesehen, wie sie die Gesetze verändert haben, um den Artikel 27 aus der Verfassung zu streichen, damit Ejido- und Gemeindeland verkauft werden darf. Das war Salinas de Gortari, und er und seine Banden sagten, daß dies zum Wohl der Landwirtschaft und der Campesinos geschehe und daß sie davon Nutzen ziehen und auf diese Weise besser leben würden. Und war es etwa so? Die mexikanische Landwirtschaft ist ärmer als jemals zuvor, und den Campesinos geht es viel schlechter als zu den Zeiten von Porfirio Diaz. Sie sagten auch, daß sie privatisieren und alle staatlichen Unternehmen ins Ausland verkaufen werden, um das Wohl des Volkes zu fördern. Oder weil sie vielleicht nicht gut funktionieren und ihnen Modernisierung fehlt und man sie besser verkaufen sollte. Aber anstatt besser zu werden, wecken die sozialen Rechte, die in der Revolution von 1910 errungen wurden, heute nur noch Bedauern ... oder Wut.
Sie sagten auch, daß die Grenzen geöffnet werden müßten, damit das ganze ausländische Kapital ins Land fließen könne, damit sich die mexikanischen Unternehmer sputen und die Dinge verbessern. Aber jetzt sehen wir, daß es gar keine nationalen Unternehmen mehr gibt, alles haben die ausländischen Geschäftemacher geschluckt, und was sie verkaufen, ist schlechter als das, was in Mexiko vorher hergestellt wurde.
Gut, und jetzt wollen die mexikanischen Politiker auch noch PEMEX verkaufen, das heißt das Erdöl, das den Mexikanern gehört, und der einzige Unterschied besteht darin, daß die einen sagen, es sollte ganz verkauft werden, und die anderen sagen, daß es nur teilweise verkauft werden sollte. Sie wollen die Sozialversicherung privatisieren, die Elektrizität, das Wasser, die Wälder und alles andere, bis von Mexiko nichts mehr übrigbleibt und unser Land nur noch Wüstland ist oder ein Vergnügungspark für die Reichen der Welt, und die Mexikaner und Mexikanerinnen sollen ihre Diener sein, davon abhängig, was ihnen angeboten wird, ein armseliges Leben, ohne Wurzeln, ohne Kultur, ohne Heimat eben.
Das heißt, daß die Neoliberalisten Mexiko töten wollen, unsere mexikanische Heimat. Und die gewählten politischen Parteien tun nicht nur nichts, um sie zu verteidigen, sondern sind die ersten, die sich in den Dienst der ausländischen Geschäftemacher stellen, in erster Linie derer aus den Vereinigten Staaten, und sie sind dafür zuständig, uns zu betrügen und dazu zu bringen, wegzuschauen, während sie alles verkaufen und das Geld behalten. Alle gewählten politischen Parteien, die es jetzt gibt, nicht nur einige. Denkt darüber nach, ob sie jemals etwas Gutes getan haben, und ihr werdet diese Frage mit nein beantworten müssen, sondern daß die euch nur berauben und reinlegen. Ihr werdet sehen, daß die gewählten Politiker immer ihre guten Häuser haben, ihre guten Autos und ihren Luxus. Und immer wollen sie, daß wir ihnen dankbar sind und sie wieder wählen. So kommt es, daß sie, wie es so schön heißt, keine Ehre haben. Und die haben sie nicht, weil sie auch keine Heimat haben, nur Bankkonten.
Wir sehen auch, daß der Drogenhandel und das Verbrechen stark zunehmen. Manchmal denken wir, daß die Verbrecher so sind, wie sie in den Liedern oder in Filmen dargestellt werden, und einige sind vielleicht auch so, aber nicht die großen Chefs. Die großen Chefs sind gut gekleidet, haben im Ausland studiert, sind elegant, verstecken sich nicht, sondern essen in guten Restaurants und erscheinen in der Presse, sehr hübsch und gut gekleidet bei ihren Festen. Das heißt, sie gehören, wie man so schön sagt, zur "guten Gesellschaft", und einige sind sogar Gouverneure, Abgeordnete, Senatoren, Staatssekretäre, reiche Unternehmer, Polizeichefs, Generäle.
Wollen wir damit sagen, daß die Politik nichts bringt? Nein, wir wollen damit sagen, daß DIESE Politik nichts bringt. Und sie bringt nichts, weil sie das Volk nicht berücksichtigt, ihm nicht zuhört, es nicht beachtet, sich ihm nur dann nähert, wenn die Wahlen anstehen, und heute wollen sie nicht einmal mehr Wählerstimmen, es reichen schon die Umfragen, um zu sagen, wer gewinnt. Und sie machen leere Versprechungen, daß sie das machen werden und jenes, und statt dessen kriegt man sie hinterher nicht mehr zu sehen, bis in den Nachrichten kommt, daß sie viel Geld gestohlen haben, aber ihnen nichts geschehen wird, weil das Gesetz, das diese gleichen Politiker gemacht haben, sie schützt.
Denn es gibt da noch ein anderes Problem, und zwar, daß die Verfassung schon völlig abgenutzt und verändert worden ist. Sie beinhaltet nicht mehr die Rechte und Freiheiten des arbeitenden Volkes, sondern nur noch die Rechte und Freiheiten der Neoliberalisten, damit sie ihre großen Profite machen können. Und die Richter sind nur noch dazu da, um diesen Neoliberalisten zu dienen, weil sie immer zu ihren Gunsten urteilen, und den Armen lassen sie nur die Ungerechtigkeiten, die Gefängnisse, die Friedhöfe.
Gut, aber trotz der ganzen Verwirrung, die die Neoliberalisten verursachen, gibt es Mexikaner und Mexikanerinnen, die sich organisieren und Widerstand leisten.
Und so haben wir herausgefunden, daß es Indígenas gibt, die fern von Chiapas leben, und die ihre Autonomie bauen und ihre Kultur verteidigen und das Land, die Wälder und das Wasser beschützen.
Es gibt Landarbeiter, das heißt Campesinos, die sich organisieren und ihre Märsche und Mobilisierungen abhalten, um Kredite und Zuschüsse für die Landwirtschaft zu fordern.
Es gibt Stadtarbeiter, die nicht zulassen, daß ihre Rechte abgeschafft oder ihre Arbeitsplätze privatisiert werden, sondern protestieren und demonstrieren, damit das wenige, das ihnen und dem Land gehört, nicht weggenommen wird - wie die Elektrizität, das Erdöl, die Sozialversicherung, die Bildung.
Es gibt Studenten, die nicht zulassen, daß die Bildung privatisiert wird, und darum kämpfen, daß sie kostenfrei bleibt und allen freisteht und wissenschaftlich ist, das heißt, daß man nicht dafür bezahlen muß, daß sie für alle Menschen zugänglich ist, und daß in den Schulen kein Unsinn gelehrt wird.
Es gibt Frauen, die nicht zulassen, daß man sie als Schmuckstücke behandelt oder daß man sie erniedrigt und verachtet, weil sie Frauen sind, sondern die sich organisieren und für den Respekt kämpfen, der ihnen als Frauen zusteht.
Es gibt Jugendliche, die nicht akzeptieren, daß man sie mit Drogen verdummt oder sie wegen ihrer Lebensart verfolgt, sondern sich durch ihre Musik, ihre Kultur und ihre Rebellion bewußt machen.
Es gibt Homosexuelle, Lesben, Transsexuelle und viele andere, die sich nicht damit abfinden, daß sie verspottet, verachtet, mißhandelt und sogar getötet und als Anormale oder Verbrecher behandelt zu werden, weil sie eine andere Lebensart haben, sondern Organisationen bilden, um ihr Recht auf das Anderssein zu verteidigen.
Es gibt Priester, Nonnen und sogenannte Laien, die nicht auf die Seite der Reichen stehen und sich auch nicht damit begnügen zu beten, sondern sich organisieren, um die Kämpfe des Volkes zu begleiten.
Es gibt sogenannte Sozialkämpfer, Männer und Frauen, die ihr ganzes Leben für das ausgebeutete Volk gekämpft haben, und das sind die, die an den großen Streiks und Arbeiteraktionen teilgenommen haben, an den großen Bürgermobilisierungen, den großen Campesinobewegungen, und die große Unterdrückung erlitten haben, und auch wenn einige bereits alt geworden sind, machen sie weiter, ohne sich zu ergeben, und laufen von hier nach da und suchen den Kampf, suchen die Organisation, suchen die Gerechtigkeit, gründen linke Organisationen, Nichtregierungsorganisationen, Menschenrechtsorganisationen, Organisationen für die Verteidigung der politischen Gefangenen und für das Wiederfinden der Verschwundenen, linke Publikationen, Lehrer- und Studentenorganisationen, das heißt, des sozialen Kampfes, und sogar politisch-militärische Organisationen, und sie geben keine Ruhe, und sie wissen viel, weil sie viel gesehen und gehört und erlebt und gekämpft haben.
Und so sehen wir im Großen und Ganzen, daß es in unserem Land, das Mexiko heißt, viele Menschen gibt, die sich nicht fügen, die sich nicht ergeben, die sich nicht verkaufen. Das heißt, die würdig sind. Und das macht uns sehr zufrieden und glücklich, denn mit so vielen Menschen wird es für die Neoliberalisten nicht so einfach sein zu gewinnen, und unsere Heimat kann vielleicht vor den großen Plünderungen und der Zerstörung, die sie anrichten, gerettet werden. Und wir hoffen, daß unser "wir" all diese Rebellionen einbeziehen kann.
V. - Was wir tun wollen
Gut, jetzt werden wir euch erzählen, was wir auf der ganzen Welt und in Mexiko tun wollen, weil wir nicht alles, was auf unserem Planeten vorgeht, mit ansehen und einfach still bleiben können, als ob wir hier ganz alleine wären.
Was wir auf der ganzen Welt tun möchten ist, allen zu sagen, die auf ihre Weise und in ihren Ländern Widerstand leisten und kämpfen, daß sie nicht allein sind, und daß wir Zapatisten, auch wenn wir sehr klein sind, sie unterstützen, und daß wir nach Wegen suchen werden, um ihnen in ihren Kämpfen beizustehen und mit ihnen zu sprechen, um zu lernen, denn wenn wir etwas gelernt haben, dann ist es, zu lernen.
Wir möchten den lateinamerikanischen Völkern sagen, daß es für uns eine Ehre ist, ein Teil von ihnen zu sein, wenn auch nur ein kleiner, daß wir uns gut daran erinnern können, wie sich der Kontinent vor einigen Jahren erhellte und eins der Lichter Che Guevara hieß, so wie es sich davor einmal Bolívar nannte, denn manchmal ergreifen die Völker einen Namen, um zu sagen, daß sie eine Fahne ergreifen.
Wir möchten dem kubanischen Volk sagen, das sich schon seit vielen Jahren auf seinem Pfad des Widerstandes befindet, daß es nicht allein ist, daß wir mit der Blockade gegen Kuba nicht einverstanden sind, und daß wir nach einer Möglichkeit suchen werden, den Kubanern etwas für ihren Widerstand zu schicken, auch wenn es nur Mais ist.
Wir möchten dem nordamerikanischen Volk sagen, daß wir nichts vermischen und sehr wohl wissen, daß die schlechten Regierungen, die sie haben und die auf der ganzen Welt Schaden anrichten, und die Nordamerikaner, die in ihrem Land kämpfen und sich mit den Kämpfen anderer Völker solidarisieren, zwei ganz verschiedene Dinge sind.
Wir möchten unseren Brüdern und Schwestern der Mapuche in Chile sagen, daß wir ihren Kampf sehen und daraus lernen. Und den Venezolanern, daß wir sehen, wie gut sie ihre Souveränität verteidigen, das heißt, das Recht ihrer Nation, über das eigene Schicksal zu entscheiden.
Den indigenen Brüdern und Schwestern aus Ecuador und Bolivien möchten wir sagen, daß sie uns eine gute Lektion in der Geschichte ganz Lateinamerikas erteilen, weil sie es tatsächlich schaffen, die neoliberale Globalisierung zu bremsen.
Den Piqueteros und den Jugendlichen aus Argentinien möchten wir sagen, daß wir sie lieben. Denen, die in Uruguay ein besseres Land wollen, daß wir sie bewundern. Denen, die in Brasilien Ohne Land (Sin Tierras) sind, daß wir sie respektieren. Und allen Jugendlichen in Lateinamerika, daß es gut ist, was sie tun, und daß sie uns große Hoffnung geben.
Wir möchten den Brüdern und Schwestern aus dem Sozialen Europa sagen, das heißt, dem würdigen und rebellischen Europa, daß sie nicht allein sind. Daß uns ihre großen Bewegungen gegen die neoliberalistischen Kriege sehr froh machen. Daß wir ihre Formen der Organisation und ihre Arten zu kämpfen aufmerksam beobachten, um vielleicht etwas daraus lernen zu können. Daß wir nach Wegen suchen, sie in ihren Kämpfen zu unterstützen, und daß wir ihnen keine Euros schicken werden, weil die wegen des Absackens der Europäischen Union sicher bald entwertet werden, aber daß wir ihnen vielleicht Kunsthandwerk und Kaffee schicken werden, den sie vermarkten können, und so ihre Arbeit für den Kampf ein wenig unterstützt wird. Vielleicht schicken wir ihnen auch Pozol [ein Getränk aus Mais - Anm. d. Übs.], der viel Kraft für den Widerstand schenkt, aber vielleicht auch lieber nicht, weil wir den Pozol besser gewöhnt sind, und es wäre schlimm, wenn sie sich daran den Magen verderben und deshalb ihre Kämpfe schwächer werden und die Neoliberalisten sie besiegen.
Wir möchten den Brüdern und Schwestern aus Afrika, Asien und Ozeanien sagen, daß wir wissen, daß auch sie kämpfen, und daß wir ihre Ideen und Praktiken besser kennenlernen möchten.
Und wir wollen der ganzen Welt sagen, daß wir gerne möchten, daß sie groß wird, so groß, daß alle Welten hineinpassen, die Widerstand leisten, weil die Neoliberalisten sie vernichten wollen, und weil sie sich nicht ergeben, sondern für die Menschlichkeit kämpfen.
Was wir nun in Mexiko machen möchten, ist eine Übereinkunft mit Personen und Organisationen der Linken zu schließen, weil wir glauben, daß die Idee, gegen die neoliberale Globalisierung Widerstand zu leisten, der linken Politik zu eigen ist. Wir möchten ein Land schaffen, in dem es Gerechtigkeit, Demokratie und Freiheit für alle gibt. Nicht so wie jetzt, wo es Gerechtigkeit nur für die Reichen gibt, Freiheit nur für ihre großen Geschäfte, und die Demokratie nur dazu da ist, um die Wände mit Wahlpropaganda zu bemalen. Und weil wir glauben, daß nur die Linke einen Kampfplan entwickeln kann, damit unsere Heimat Mexiko nicht stirbt.
Und deshalb denken wir, daß wir mit diesen Personen und Organisationen der Linken einen Plan machen werden, um in alle Ecken Mexikos zu gehen, wo es bescheidene und einfache Menschen wie uns gibt.
Nicht etwa, um ihnen zu sagen, was sie tun sollen, oder ihnen Anordnungen zu geben. Und auch nicht, um sie zu bitten, für einen Kandidaten zu stimmen, weil wir ja schon wissen, daß die, die es gibt, Neoliberalisten sind. Und auch nicht, um ihnen zu sagen, daß sie so sein sollen wie wir oder einen bewaffneten Aufstand versuchen sollten.
Was wir tun werden ist, sie zu fragen, wie sie leben, wie sie kämpfen, wie sie über unser Land denken, und was wir tun können, um nicht besiegt zu werden.
Was wir tun werden ist, die Meinung der einfachen und bescheidenen Menschen einzuholen, und vielleicht begegnen wir darin der gleichen Liebe, die auch wir für unsere Heimat fühlen.
Vielleicht können wir, die wir einfach und bescheiden sind, untereinander eine Übereinkunft erzielen und uns gemeinsam im ganzen Land organisieren und unsere Kämpfe zusammenführen, die jetzt allein und voneinander isoliert sind, und können so eine Art Programm finden, das alles beinhaltet, was wir uns alle wünschen, und einen Plan, wie wir dieses Programm, das sich "Landesweites Kampfprogramm" nennt, umsetzen wollen.
Und dann, je nachdem, was die Vereinbarung der Mehrheit dieser Menschen ist, denen wir zuhören werden, können wir einen gemeinsamen Kampf mit allen führen, mit Indígenas, Arbeitern, Campesinos, Studenten, Lehrern, Angestellten, Frauen, Kindern, alten Menschen und Männern, mit allen, die ein gutes Herz haben und kämpfen wollen, damit unsere Heimat nicht vernichtet und verkauft wird, die Mexiko heißt und zwischen dem Rio Bravo und dem Rio Suchiate liegt, mit dem Pazifischen Ozean auf der einen und dem Atlantik auf der anderen Seite.
VI.- WIE WIR DAS TUN WOLLEN.
Dies ist also unser einfaches Wort, das sich an die bescheidenen und einfachen Menschen in Mexiko und auf der ganzen Welt richtet, und dieses Wort nennen wir jetzt:
DIE SECHSTE ERKLÄRUNG AUS DEM LAKANDONISCHEN URWALD
Hier sind wir, um mit unserem einfachen Wort zu sagen:
Die EZLN bleibt ihrem Versprechen, den Waffenstillstand einzuhalten, weiterhin verpflichtet und wird keinerlei Angriffe gegen Regierungsstreitkräfte ausführen oder offensive militärische Bewegungen vornehmen.
Die EZLN bleibt weiterhin ihrem Versprechen verpflichtet, auf dem Weg des politischen Kampfes zu bestehen, durch diese friedliche Initiative, die wir jetzt vorschlagen. Daher ist die EZLN auch weiterhin entschlossen, keine geheimen Beziehungen irgendeiner Art mit nationalen oder internationalen politisch-militärischen Organisationen herzustellen.
Die EZLN bekräftigt ihre Verpflichtung, die indigenen zapatistischen Gemeinden, aus denen sie besteht und die ihre oberste Führung sind, zu verteidigen, zu unterstützen und ihnen zu gehorchen, und, ohne in ihre internen demokratische Prozesse einzugreifen, mit allen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zur Stärkung ihrer Autonomie, der guten Regierung und der Verbesserung ihrer Lebensbedingungen beizutragen. Das heißt, was wir in Mexiko und auf der ganzen Welt tun werden, wird ohne Waffen erfolgen, durch eine zivile und friedliche Bewegung und ohne unsere Gemeinden zu vernachlässigen oder ihnen die Unterstützung zu entziehen.
Aus diesem Grund ...
weltweit ...
1. - Wir werden mehr Beziehungen des Respekts und der gegenseitigen Unterstützung mit Personen und Organisationen knüpfen, die gegen den Neoliberalismus und für die Menschlichkeit Widerstand leisten und kämpfen.
2.- Im Bereich unserer Möglichkeiten werden wir Materialien wie Nahrungsmittel und Kunsthandwerk an die Brüder und Schwestern schicken, die auf der ganzen Welt kämpfen.
Für den Anfang werden wir uns vom Rat der Guten Regierung von La Realidad den Lastwagen ausleihen, der "Chompiras" heißt und angeblich eine Ladekapazität von 8 Tonnen hat, und ihn mit Mais und vielleicht zwei 200-Liter-Containern Benzin oder Petroleum beladen, je nachdem, was ihnen lieber ist, und das alles bei der Kubanischen Botschaft in Mexiko abliefern, damit sie es an das kubanische Volk als Unterstützung von den Zapatisten für ihren Widerstand gegen die nordamerikanische Blockade schicken. Oder vielleicht können wir das auch an einem nähergelegenen Ort abliefern, weil Mexiko Stadt immer so weit weg ist und "Chompiras" bis dorthin auseinanderfallen könnte, und dann könnten wir unser Versprechen nicht einhalten. Aber das geht sowieso erst nach der Ernte, weil die Felder jetzt noch grün sind, und falls wir nicht angegriffen werden, denn in den nächsten Monaten könnten wir nur unreife Maiskolben verschicken, und daraus werden keine guten Tamales, also warten wir besser damit bis November oder Dezember, je nachdem.
Wir werden auch eine Übereinkunft mit unseren Frauenkooperativen erzielen, die Kunsthandwerk machen, um eine gute Anzahl Stickereien an die Europas zu schicken, die vielleicht nicht mehr Union sind, und vielleicht schicken wir auch organischen Kaffee von den zapatistischen Kooperativen, damit sie ihn verkaufen können und so ein wenig Geld für ihren Kampf gewinnen. Und wenn er nicht verkauft wird, können sie immer noch über einer Tasse Kaffee über den antineoliberalistischen Kampf plaudern, und wenn es etwas kälter wird, können sie sich mit den zapatistischen Stickereien zudecken, die sehr gut halten, sogar wenn sie mit der Hand und einem Stein gewaschen werden, und außerdem nicht abfärben.
Den indigenen Brüdern und Schwestern aus Bolivien und Ecuador werden wir auch ein wenig nicht-genmanipulierten Mais schicken; wir wissen zwar nicht, wo wir ihn abgeben können, damit er richtig ankommt, aber wir sind trotzdem bereit, diese kleine Unterstützung zu leisten.
3.- Und allen Männern und Frauen, die auf der ganzen Welt Widerstand leisten, sagen wir, daß weitere interkontinentale Treffen stattfinden müssen, mindestens noch eins. Vielleicht im Dezember dieses Jahres oder im nächsten Jänner, das muß noch überlegt werden. Wir möchten den Zeitpunkt nicht genau festlegen, weil wir uns alle gemeinsam über das wo, wann, wie und wer einig werden sollten. Aber nicht mit einer Tribüne, auf der wenige sprechen und die anderen zuhören, sondern ohne Tribüne, ein Treffen, das völlig eben ist und bei dem alle sprechen, aber der Reihe nach, denn ansonsten gibt es nur Geschrei und man kann kein Wort verstehen, und wenn es gut organisiert ist, können alle zuhören und sich so die Worte des Widerstandes der anderen notieren, um sie danach mit ihren Compañeros und Compañeras in ihren Ländern zu besprechen. Und wir denken, daß es an einem Ort stattfinden sollte, an dem es ein sehr großes Gefängnis gibt, denn wenn sie uns unterdrücken und einsperren wollen, dann wären wir nicht nur einfach ein großer Haufen Gefangener, sondern wir wären gut organisiert und könnten dann im Gefängnis das Interkontinentale Treffen für die Menschlichkeit und gegen den Neoliberalismus fortsetzen. Später werden wir erzählen, was wir tun können, um uns darüber zu einigen, wie wir uns einigen wollen.
Gut, das ist also, was wir denken, was wir auf der ganzen Welt tun wollen. Es folgt nun ...
in Mexiko ...
1.- Wir werden weiterhin für die indigenen Völker Mexikos kämpfen, aber nicht mehr nur für sie und mit ihnen, sondern mit allen Ausgebeuteten und Enteigneten Mexikos, mit ihnen allen und im ganzen Land. Und wenn wir alle Ausgebeuteten Mexikos sagen, dann meinen wir damit auch die Brüder und Schwestern, die gezwungen waren, in die Vereinigten Staaten zu gehen und dort Arbeit zu suchen, um zu überleben.
2.- Wir werden direkt und ohne Vermittler oder Mittelsmänner mit den einfachen und bescheidenen mexikanischen Menschen sprechen und ihnen zuhören, und je nachdem was wir hören und lernen, werden wir gemeinsam mit diesen Menschen, die wie wir einfach und bescheiden sind, ein landesweites Kampfprogramm erarbeiten, aber ein Programm, das eindeutig linksgerichtet sein wird, antikapitalistisch, antineoliberal, also für Gerechtigkeit, Demokratie und Freiheit für das mexikanische Volk.
3.- Wir werden versuchen, eine andere Art der Politik zu errichten oder wieder zu errichten, eine Art, die wieder vom Geist erfüllt sein soll, den anderen zu dienen, ohne materielle Interessen, mit Opfer, mit Hingabe, mit Ehrlichkeit, die ihr Wort hält, deren einzige Belohnung darin besteht, ihre Pflicht erfüllt zu haben, das heißt so, wie es früher die linken Militanten gemacht haben, die sich weder von Schlägen noch Gefängnis oder Tod aufhalten ließen und schon gar nicht von Dollarscheinen.
4.- Wir werden auch versuchen, einen Kampf zu wecken, um die Schaffung einer neuen Verfassung zu fordern, mit neuen Gesetzen, die die Forderungen des mexikanischen Volkes berücksichtigen, die da lauten: Unterkunft, Land, Arbeit, Ernährung, Gesundheit, Bildung, Information, Kultur, Unabhängigkeit, Demokratie, Gerechtigkeit, Freiheit und Frieden. Eine neue Verfassung, die die Rechte und Freiheiten des Volkes anerkennt und den Schwachen gegen den Starken verteidigt.
aus diesem Grund ...
Die EZLN wird eine Delegation ihrer Führung entsenden, um diese Arbeit auf dem gesamten nationalen Gebiet und auf unbestimmte Zeit durchzuführen. Diese zapatistische Delegation wird, gemeinsam mit den Organisationen und Personen der Linken, die sich dieser Sechsten Erklärung aus dem Lakandonischen Urwald anschließen, an jene Orte gehen, zu denen wir ausdrücklich eingeladen werden.
Wir erklären ebenfalls, daß die EZLN eine Politik der Allianz mit Organisationen und Bewegungen betreiben wird, die nicht parteigebunden sind und sich in Theorie und Praxis als links definieren, in Einklang mit den folgenden Bedingungen:
Keine Übereinkünfte zu treffen, die von oben nach unten aufgezwungen werden, sondern nur Übereinkünfte zu erzielen, um gemeinsam zuzuhören und die Empörung zu organisieren; keine Bewegungen zu gründen, die später hinter dem Rücken derer, die sie gemacht haben, verhandelt werden, sondern immer die Meinungen der Teilnehmer zu berücksichtigen; nicht nach Geschenken, Positionen, Vorteilen, öffentlichen Posten der Macht oder jener, die sie anstreben, zu suchen, sondern sich jenseits der Wahlkalender zu bewegen; nicht zu versuchen die Probleme unserer Nation von oben zu lösen, sondern VON UNTEN UND FÜR UNTEN eine Alternative zur neoliberalen Zerstörung zu errichten, eine linke Alternative für Mexiko.
Ja zum gegenseitigen Respekt für die Autonomie und Unabhängigkeit der Organisationen, ihrer Kampfformen, ihrer Organisationsweisen, ihrer internen Prozesse der Entscheidungsfindung, ihrer legitimen Vertreter, ihrer Ziele und Forderungen; und Ja zu einer klaren Verpflichtung der gemeinsamen und koordinierten Verteidigung der nationalen Souveränität, mit unnachgiebiger Opposition zur beabsichtigten Privatisierung von Elektrizität, Erdöl, Wasser und natürlichen Ressourcen.
Das heißt, wir laden, wie man sagt, die politischen und sozialen linken Organisationen, die nicht registriert sind, und die Personen, die sich als links bekennen und keiner registrierten politischen Partei angehören, dazu ein, sich mit uns zu einer Zeit, an einem Ort und in einer Weise zu treffen, die wir zur richtigen Gelegenheit vorschlagen werden, und eine landesweite Kampagne zu organisieren und alle möglichen Ecken unserer Heimat aufzusuchen, um das Wort unseres Volkes zu hören und zu organisieren. Das ist so ähnlich wie eine Kampagne, aber etwas ganz anderes, weil es keine Wahlkampagne ist.
Brüder und Schwestern,
Dies ist unser Wort, mit dem wir erklären:
Weltweit werden wir uns stärker mit den Widerstandskämpfen gegen den Neoliberalismus und für die Menschlichkeit verbrüdern. Und wir werden diese Kämpfe unterstützen, wenn auch nur ein wenig. Wir werden mit gegenseitigem Respekt Erfahrungen, Geschichten, Ideen und Träume austauschen.
In Mexiko werden wir das ganze Land bereisen, durch die Ruinen, die der neoliberale Krieg zurückgelassen hat, und durch die Oasen des Widerstandes, die dazwischen blühen.
Wir werden diejenigen suchen und finden, die diesen Boden und diesen Himmel so sehr lieben wie wir.
Wir werden von La Realidad bis Tijuana nach jenen suchen, die sich organisieren und kämpfen wollen, um das zu errichten, was vielleicht die letzte Hoffnung ist, damit dieses Land, das mindestens seit der Zeit besteht, als ein Adler sich auf einen Nopal setzte, um eine Schlange zu verschlingen, nicht stirbt.
Wir kämpfen für Demokratie, Freiheit und Gerechtigkeit für jene, denen sie verweigert werden.
Wir kämpfen für eine andere Politik, für ein linkes Programm und eine neue Verfassung.
Wir laden die Indígenas, Arbeiter, Campesinos, Lehrer, Studenten, Hausfrauen, Nachbarn, Kleineigentümer, Kleinhändler, Kleinunternehmer, Pensionäre, Behinderte, Glaubensmänner und -frauen, Wissenschaftler, Künstler, Intellektuellen, Jugendlichen, Frauen, die alten Menschen, Homosexuellen und Lesben, Jungen und Mädchen, dazu ein, sich auf individuelle oder kollektive Weise direkt mit den Zapatisten an dieser NATIONALEN KAMPAGNE zu beteiligen, um eine andere Form des Politikmachens zu schaffen, für ein nationales linkes Kampfprogramm und für eine neue Verfassung.
Das ist unser Wort darüber, was wir tun wollen und wie wir es tun werden. Es ist eure Entscheidung, ob ihr euch dem anschließen wollt.
Wir sagen den Männern und Frauen, die gute Absichten in ihren Herzen tragen, die mit diesem Wort, das wir sagen, einverstanden sind und keine Angst haben, oder die vielleicht doch Angst haben, aber diese beherrschen, daß sie öffentlich sagen sollen, ob sie mit dieser Idee, die wir vorstellen, einverstanden sind, und dann können wir gemeinsam über das wer und wie und wo und wann dieses neuen Schrittes im Kampf entscheiden.
Während ihr darüber nachdenkt, möchten wir euch sagen, daß heute, im sechsten Monat des Jahres 2005, wir Männer, Frauen, Kinder und alten Menschen der Zapatistischen Armee der Nationalen Befreiung, uns entschieden und diese Sechste Erklärung aus dem Lakandonischen Urwald bereits unterzeichnet haben, die, die schreiben können mit ihrer Unterschrift, und die, die es nicht können mit ihrem Fingerabdruck, aber die, die nicht schreiben können, sind schon weniger geworden, weil die Schulbildung bereits Fortschritte gemacht hat, hier auf dem Gebiet in Rebellion für die Menschlichkeit und gegen den Neoliberalismus, das heißt auf zapatistischem Land und Himmel.
Und dies war unser einfaches Wort, gerichtet an die edlen Herzen der einfachen und bescheidenen Menschen, die Widerstand leisten und gegen die Ungerechtigkeiten auf der ganzen Welt rebellieren.
DEMOKRATIE! FREIHEIT! GERECHTIGKEIT!
aus den Bergen des mexikanischen Südostens
das Geheime Revolutionäre Indigene Komitee
Generalkommandantur der Zapatistischen Armee der Nationalen Befreiung
CCRI-CG der EZLN
im sechsten Monat, das heißt im Juni des Jahres 2005