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Oaxaca-Ticker 4. Oktober

APPO und Sektion 22 nehmen nicht am Verhandlungstheater des Innenministeriums teil

Heute Mittwoch um 11 Uhr begann das "Forum für Regierungsfähigkeit, Frieden und Entwicklung in Oaxaca", zu welchem das Innenministerium eingeladen hat. An diesem Forum sollten, gemäss Innenminister Abascal, alle wichtigen Sektoren der Gesellschaft in Oaxaca teilnehmen. Was für den Innenminister wichtige Sektoren sind, wird daraus klar, dass er vergessen hat, Indígenas einzuladen (der wichtigste Bevölkerungsteil), ebenso kritische Intellektuelle, nach Kritik im Vorfeld der Konferenz wurden diese Gruppen in allerletzter Minute doch noch eingeladen.

Eine Gruppe Indígenas ist am Verhandlungsort Bucarelli eingetroffen, hat ein Dokument verlesen und sich daraufhin zurückgezogen. In diesem Dokument wurden im Wesentlichen vier Sachen festgehalten: Erstens nimmt die APPO und die Sektion 22 der LehrerInnengewerkschaft nicht an der Konferenz teil und darum fehle dem Forum jegliche Repräsentativität und Legitimität. Zweitens sind Indigenas nicht vertreten, was das Forum noch zusätzlich fragwürdig macht. Drittens nimmt Ulises Ruiz am Forum Teil, dessen Rücktritt unzweifelhaft Vorbedingung für ein Forum dieser Art sei. Und viertens militarisiere das Innenministerium Oaxaca täglich mehr und dies lasse das Dialogangebot zur Farce verkommen.

Die APPO und die Sektion 22 haben gestern beschlossen nicht an diesem Forum teilzunehmen, weil die Sicherheit ihrer Leute nicht gewährleistet ist, weil gleichzeitig in Oaxaca die Militarisierung extrem verstärkt wird und zusätzlich jede Nacht Angriffe auf die Zivilbevölkerung an den Barrikaden stattfinden. Abascal rede doppelzüngig und man könne ihm nicht vertrauen. Das Forum sei eine Farce und nichts anderes als ein Schachzug zur Rechtfertigung einer Militärintervention. Die APPO ruft auf, weitere Barrikaden zu errichten. Jeden Tag integrieren sich neue Quartierkomitees und Gemeinden in die APPO, was dazu führt, dass sie angesichts einer möglichen Militärintervention so zahlreich wie nie zuvor ist.

Innenminister Abascal verspricht im Senat "im Namen Gottes", dass keine Repression stattfinden werde

Der reaktionäre und fanatische Katholik Abascal hatte gestern einen schwierigen Arbeitstag. Im Senat musste er während vier Stunden vor den Abgeordneten seine aktuelle Politik in Oaxaca rechtfertigen. Die PRD-Abgeordneten protestierten gegen die drohende militärische Intervention und haben Abascal in ihren Diskursen soweit in die Enge getrieben, dass dieser im Namen Gottes versprach, in Oaxaca keine Gewalt anzuwenden. Abascal ist ein unverblümter Lügner, das wurde in den letzten Tagen mit aller Deutlichkeit klar. In Medieninterviews gibt er innerhalb einer Stunde fünf verschiedene Erklärungen ab, die sich gegenseitig vollständig widersprechen. Gestern schloss er im Namen Gottes eine Militärintervention aus, um zwei Stunden später in einem Radiointerview zu erklären, dass diese Militärintervention nicht ausgeschlossen werden könne.

Es gibt aber auch Hinweise dafür, dass die Verschiebung von Militäreinheiten der Marine nach Oaxaca ein Fehler war. Weitere Kreise der Zivilbevölkerung, die bisher nicht offen die Absetzung von Ulises forderten, haben sich jetzt für diese Option entschieden, weil ihnen das besser erscheint als eine Militärintervention. Vielleicht hat Abascal mit dem Einfliegen der Marine schlafende Hunde aufgeweckt. Der Ruf nach einem Rücktritt von Ulises ist noch lauter geworden. Die PRD wird morgen eine Demonstration in Mexiko organisieren, endlich mit der klaren Forderung, Ulises abzusetzen. Die Studentinnen und Studenten in Oaxaca organisieren ebenfalls für morgen eine Grossdemo. Vor der Kirche Santo Domingo findet während 72 Stunden ein "Planton" statt, zu dem Menschenrechtsorganisationen und unzählige NGO's aufgerufen haben. Mit weisser Kleidung, geschmückt mit verschiedensten Farben, soll gegen eine Militärintervention und für die Absetzung von Ulises Ruiz protestiert werden. Die Farben sollen die kulturelle Vielfalt Oaxaca repräsentieren. Die Kirche Santo Domingo ist eines der wichtigsten touristischen Ziele Oaxacas und wurde bisher von der Bewegung in Ruhe gelassen.

Die Marine mobilisiert in Oaxaca und Ulises versucht in Oaxaca propagandistisch in Erscheinung zu treten

Die mexikanische Marine mobilisert weiter. Im Touristenort Huatulco, an der Pazifikküste, wurden aus einem Kriegsschiff Schützenpanzer, Helikopter und anderes Kriegsmaterial ausgeladen. Täglich landen Militärflugzeuge mit Soldaten und sogar ein Kampfjäger wurde hergebracht. Mit dem Militär wurden und werden auch Einheiten der Bundespolizei stationiert. Währenddessen mussten sich ungefähr hundert Bodyguards Arbeiterkleider anziehen, um möglichst unauffällig ein Quartier zu durchkämmen und abzusichern. Dies ermöglichte Ulises Ruiz während fünf Minuten in der Öffentlichkeit zu erscheinen und der Presse entsprechende Fotos zu liefern. Radio APPO wurde schon zu Beginn der Aktion informiert, entschied sich aber, dies nicht öffentlich zu machen, damit sich die Bevölkerung nicht mobilisiert und damit eine Konfrontation mit den bewaffneten Leibwächtern von Ulises Ruiz zu vermeiden. Gleichzeitig sieht Mann und Frau wieder Gemeindepolizisten, nachdem diese drei Monate lang aus dem Stadtbild verschwunden waren: Auf einem Parkplatz eines Einkaufszentrums durften einige Polizeiautos ihre Runden für die Medien drehen - eine Propagandaaktion von Ulises Ruiz.


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