archivos de los protestos globales
taz Nr. 8097 vom 12.10.2006
In Mexiko verhandeln Vertreter der Streikenden aus Oaxaca mit der Regierung
MEXIKO-STADT taz Im Konflikt um den Lehrerstreik im mexikanischen Bundesstaat Oaxaca zeichnet sich eine Lösung ab. Vertreter des Innenministeriums und Sprecher der Streikenden bewerteten gemeinsame Gespräche der letzten Tage als Erfolg. Damit scheint ein gewaltsames Vorgehen der Sicherheitskräfte gegen die Pädagogen abgewendet zu sein. Trotzdem bleiben große Polizei- und Militäreinheiten in dem Bundesstaat in Bereitschaft. Denn erst in den nächsten Tagen wird sich entscheiden, ob die Vereinbarungen von beiden Seiten akzeptiert werden.
Gemeinsam mit linken und indigenen Gruppen haben die Lehrer in der gleichnamigen Landeshauptstadt Oaxaca die Kontrolle übernommen, nachdem die Polizei im Juni brutal gegen die Streikenden vorgegangen war. Die in der "Versammlung der Bevölkerung Oaxacas" (Appo) organisierten Aktivisten besetzten Radiostationen, errichteten Barrikaden und blockierten Regierungseinrichtungen. Ging es zunächst um höhere Löhne, so fordert die Appo angesichts des Polizeieinsatzes die Absetzung des Gouverneurs Ulises Ruiz von der Partei der Institutionellen Revolution (PRI). Der Politiker gilt als Vertreter des alten PRI-Regimes, das sich über 70 Jahre lang durch Korruption, Repression und Wahlbetrug an der Macht gehalten hatte.
Um ihrer Forderung Nachdruck zu verleihen, marschierten etwa 3.500 Menschen die 480 Kilometer von Oaxaca in die mexikanische Hauptstadt. Dort angekommen, ließen sie sich am Montag in einem Protestcamp vor dem Gebäude des Senats nieder. Die Abgeordneten dieser Kammer müssen über die Zukunft des PRI-Gouverneurs entscheiden, und bislang ist der Senat in dieser Frage gespalten. "Wir verlassen Mexiko-Stadt erst wieder, wenn man uns die Rücktrittserklärung von Ulises Ruiz präsentiert", erklärte die Appo-Sprecherin Silvia Hernández. Mehrere tausend Mitglieder linker Organisationen und sozialer Bewegungen aus der Hauptstadt schlossen sich den Aktivisten an.
Dennoch verständigten sich deren Verhandlungsführer unabhängig vom Rücktritt des Gouverneurs mit dem Bundesinnenministerium auf zentrale Punkte, die zu einem Ende des Aufstands führen könnten. Demnach muss die Appo akzeptieren, dass die örtliche Polizei wieder die Kontrolle in der Touristenstadt übernimmt - allerdings unter föderaler Führung, da man der Ruiz-Regierung kein Vertrauen schenkt. Zudem sollen einige Führungspersonen aus dem Sicherheitsapparat zurücktreten. Alle Appo-Gefangenen sollen freigelassen und etwa 300 Haftbefehle eingestellt werden. Darüber hinaus bietet die Regierung Änderungen im Schulsystem sowie Lohnangleichungen an. Vertreter der Aufständischen verwiesen jedoch auf ihre basisdemokratische Entscheidungsfindung.
WOLF-DIETER VOGEL