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Frankfurter Rundschau, 30.10.06
Konflikt im armen Bundesstaat Oaxaca nimmt immer mehr Züge eines Bürgerkriegs an / Drei Tote bei mehreren Schusswechseln
Die Konfrontation im mexikanischen Bundesstaat Oaxaca eskaliert. Präsident Vicente Fox hat die Bundespolizei geschickt.
Managua - Mexikos Präsident Fox hat am Wochenende rund 500 Bundespolizisten nach Oaxaca entsandt, um die seit Monaten schwelende Krise um den Gouverneur des Bundesstaates, Ulises Ruiz, zu beenden. Damit reagierte Fox auf eine Eskalation vom Freitag, in deren Folge drei Menschen, darunter ein US-Kameramann, erschossen worden waren.
"Die Geschehnisse haben gegen Recht, Ordnung und Frieden der Bürger von Oaxaca verstoßen", begründete der Präsident die Entsendung der Polizisten der Einheit PFP. Bisher hatte Fox immer darauf verwiesen, dass es sich um einen Konflikt auf Länderebene handelt und die Bundesregierung deshalb nicht eingreife. Seit Mai sind wegen der Kontroverse bereits neun Menschen getötet worden und 1,3 Millionen Schüler ohne Unterricht. Der Konflikt nimmt zunehmend Züge eines Bürgerkriegs an.
Oaxaca, Hauptstadt des gleichnamigen Bundesstaates, ist seit fünf Monaten im Grunde lahm gelegt. Aus dem Protest streikender Lehrer für die Erhöhung ihrer Gehälter ist mittlerweile eine soziale Bewegung geworden, die sich in der Gruppe "Versammlung der Völker von Oaxaca" (Appo) zusammengeschlossen hat. Die Appo, die das Zentrum von Oaxaca mit Straßensperren besetzt hält, fordert den Rücktritt von Gouverneur Ruiz und will ihren Protest erst beenden, wenn ihre Forderung erfüllt ist. Sie werfen Ruiz, der der früheren Regierungspartei PRI angehört, vor, nur durch Wahlbetrug an die Macht gekommen zu sein. Zudem nennen sie ihn korrupt. Doch die Situation ist inzwischen verworren, da auch paramilitärische Gruppen in den Konflikt eingegriffen haben, die gezielt Appo-Führer verfolgen.
Die mexikanische Bundesregierung forderte die Appo am Samstag auf, besetzte Straßen, Plätze und die öffentlichen Gebäude "umgehend" zu räumen sowie alle Barrikaden abzubauen. Der Sprecher der Protestbewegung, Florentino López, wies die Forderung zurück. "Wir werden der PFP die Stadt nicht übergeben, sie ist hier nicht willkommen". López betonte, der Widerstand der Appo sei "friedlich und nicht gewalttätig". Die Barrikaden sollten so lange wie möglich aufrecht erhalten werden.
Auch US-Kameramann erschossen
Der 36 Jahre alte US-Kameramann war am Freitag zwischen die Fronten geraten, als Unbekannte auf die Appo-Protestierer schossen, die in mehreren Teilen des Bundesstaates die Straßenblockaden verschärft hatten. Der Kameramann erlitt einen Bauchschuss und starb auf dem Weg ins Krankenhaus. Bei insgesamt zwölf Schusswechseln wurden zudem ein Lehrer und ein bisher nicht näher identifizierter Mann getötet.
Am 22. Mai waren rund 70 000 Lehrer des Bundesstaates in den Streik getreten, um höhere Gehälter durchzusetzen. Nach einem gewaltsamen Räumungsversuch des Hauptplatzes von Oaxaca-Stadt durch Sicherheitskräfte im Juni verschärften die Demonstranten ihren Protest und forderten auch den Rücktritt von Gouverneur Ruiz. Am Donnerstag hatten die Lehrer mehrheitlich beschlossen, von Montag an die Arbeit wieder aufzunehmen. Doch die Appo will ihren Protest weiter fortführen.
Oaxaca, 450 Kilometer südlich von Mexiko-Stadt gelegen, ist einer der ärmsten Bundesstaaten Mexikos. Klaus Ehringfeld