Frankfurter Rundschau, 08.06.1999
Marugeshswarappa ist bis nach Frankfurt gekommen, um ein wenig Hoffnung zu schöpfen. Die kam auf, als der Bauer aus dem südindischen Bundesstaat Karnataka auf dem Erzeugermarkt mit Landwirten aus der Wetterau ins Gespräch kam. Da zeigten sich die Inderinnen und Inder, die gemeinsam mit Marugeshswarappa in der Interkontinentalen Karawane anläßlich Weltwirtschaftsgipfels in Köln nach Europa aufgebrochen waren, dann doch beeindruckt von den Fähigkeiten und Leistungen der hiesigen Bauern - und erstaunt vom ökologischen Bewußtsein deutscher Konsumenten.
Der Bauer Karl-Friedrich Schabback aus der Nähe von Gießen machte in einer anschließenden Diskussion im Café Exzess allerdings auch deutlich, daß die deutschen Landwirte wie ihre indischen Kollegen vor schier unlösbar erscheinenden Problemen stehen. Viele sehen sich in einem Zwang zur Wirtschaftlichkeit. Wenn genmanipuliertes Saatgut als wirtschaftlich notwendig propagiert werde, könne sich kaum einer der Landwirte dem entziehen, befürchtete Schabback.
Der Kampf gegen die Pläne zur Verbreitung von genmanipulierten Nutzpflanzen in der Landwirtschaft ist auch eines der wichtigsten Anliegen der Karawane aus Indien, die hier von Mitarbeitern des Uni-Lehrstuhls "Erziehung und Internationale Entwicklungsprozesse" aufgenommen wurden. Die indischen Bauern befürchten, daß die Genprodukte internationaler Firmen ihre traditionelle Subsistenzwirtschaft zerstören. Das nicht reproduzierfähige Saatgut, die teuren Pestizide und die vielen neuen Krankheitserreger könnten das ökologische und ökonomische Gleichgewicht zum Umkippen bringen. Diese Ängste haben bereits dazu geführt, daß Versuchsfelder in Indien verbrannt wurden. Auch hier stellten die Inder Gemeinsamkeiten mit hiesigen Bauern fest. Gen-Experimente einer US-Firma in der Wetterau wurden nach Bürgerproteste vor knapp drei Jahren eingestellt. rut