archives of global protests

ENTWURF zu einer Prag-Auswertung
(Basierend auf: Prague Evaluation Notes (en))

Dies sind Einschätzungen, die sich im wesentlichen (aber nicht nur!) auf Stichworte von einem der Berliner Auswertungstreffen stützen (Nachbereitung am 8.10.00 in der Köpi - es gab mehrere, z.B. auch am späten Freitagabend, den 6.10. beim BUKO, ein Treffen mit phänomenaler internationaler Beteiligung aus Kolumbien, Mexiko, Kanada, usw.). Die Notizen wurden ergänzt mit weiteren Kritikpunkten und einigen persönlichen. Das Treffen wurde auf Englisch abgehalten. Die Atmosphäre am Sonntagabend in der Köpi, einem Berliner Hausprojekt, war sehr gut. Mit dabei waren unter anderem auch einige internationale VertreterInnen von Inpeg, die kurz von einem Auswertungstreffen in Prag berichteten, das einige Tage zuvor statt gefunden hatte.

Sehr wütend sind wir über die Räumung von Ladronka, eines der beiden besetzten Häuser in Prag.
Siehe: http://www.ladronka.cz.

 

Aktionstage in Prag: Wir haben einen Erfolg zu feiern!!!


 

Infernal Noise Brigade

Vorgeschlagene Diskussionsthemen:

1. Situation der tschechischen Linken nachdem wir wieder weg waren

Nach dem Fall der Mauer hatten tschechische Gruppen nur zehn Jahre Zeit eine neue Infrastruktur aufzubauen, und es gibt nicht so viele tschechische AktivistInnengruppen: sie befinden sich in einer anderen Situation als die westlichen Gruppen, und dies muß berücksichtigt werden. Außerdem arbeiteten einige tschechische antifaschistischen und anarchistischen Gruppen bewußt nicht mit Inpeg zusammen.

Einige tschechische AktivistInnen sagten bei den Auswertungstreffen in Prag, daß sie viel von der internationalen Mobilisierung gelernt haben (siehe Text "The Months After" - Die Monate danach), ihr Selbstbewußtsein hinsichtlich ihrer Beteiligung und Moderation auf internationalen Treffen wurde gestärkt.

Nach dem 26. September (S26) erhielten AktivistInnen von Inpeg Morddrohungen auf ihren Mobiltelephonen. Die beiden tschechischen Inpeg-SprecherInnen wurden von einer Wirtschaftslobbyorganisation angezeigt, zu Sachbeschädigung aufgerufen zu haben, es gab auch eine Anzeige gegen Unbekannt. Sehr viele PragerInnen folgten der behördlichen Aufforderung und verließen die Stadt, so daß die Straßen am 26. September bis auf die Demoteilnehmenden relativ leer wirkten. Andererseits winkten auch Menschen von ihren Fenstern und Balkonen. Eine ältere Frau leerte eimerweise Wasser auf die Polizisten, nachdem der Wasserwerfer zum Einsatz gekommen war. Leider sprühte der Wasserwerfer daraufhin den Wohnhausfassaden entlang auch in die Wohnungsfenster hinein.

In der Zeitung "junge Welt" wurde am 20. Oktober ein Artikel unter dem Titel "Zurück aus Prag. IWF-Protest: Globale Wirkung und Schaden für die Linken vor Ort. Ein Nachwort" publiziert (http://www.jungewelt.de/2000/10-20/008.shtml). Nach unseren Kenntnissen wird die Meinung von vielen tschechischen AktivistInnen bestritten, daß die Proteste eine schädliche Auswirkung auf die Linke in Prag gehabt hätten, trotz der Räumung des besetzten Hauses Ladronka (unter dem Vorwand, die Stromrechnung nicht bezahlt zu haben). Auch tschechische AktivistInnen freuten sich über die vorzeitige Beendigung des IWF-/ Weltbank-Treffens. Im bereits erwähnten Text „The Months After" schreibt die tschechische Inpeg-Pressesprecherin: "I think the Czech people learned a lot thanks to internationals, we have great contacts, lot of technical stuff left (which was one of the big problems of Czech activists) and I think the meeting of IMF/WB was the best thing that could happen to us. It was a great experience!" (Ich glaube die TschechInnen haben viel gelernt dank den Internationalen, wir haben großartige Kontakte geknüpft, wir haben sehr viel technisches Material wie Computer zu den Aktionstagen erhalten (was früher eines der großen Probleme der tschechischen AktivistInnen gewesen war) und ich glaube die Gegenaktivitäten zu IWF/ Weltbank waren das Beste das uns je passieren konnte. Es war eine großartige Erfahrung!)

Es gab eine große Zahl von tschechischen TeilnehmerInnen am 26. September, insbesondere auf dem blauen Demozug, nebst vielen AktivistInnen aus Polen, Griechenland und anderen Ländern. Die Berliner AktivistInnen betonten ausdrücklich daß sie nichts unternahmen ohne vorherige Absprache mit den tschechischen AktivistInnen im Entscheidungsprozeß vor Ort.

Ein hoher Anteil der 859 Verhafteten waren aus der Tschechischen Republik (330 waren aus anderen Ländern). Die massive Repression gegen tschechische AktivistInnen und die brutale Behandlung in den Gefängnissen deutet auf den Versuch hin, die Entwicklung einer Dynamik aufgrund der stärkeren Internationalisierung des Protests und des Erfolges gegen IWF und Weltbank vor Ort zu verhindern.

Beteiligung der tschechischen AktivistInnen im internationalen Prozeß:

Etwa 30 TschechInnen machten bei Inpeg mit, 15 bis 40 TschechInnen nahmen jeweils an den größeren internationalen Vorbereitungstreffen teil. Viel zu wenige tschechische AktivistInnen waren in ständigem Kontakt mit internationalen AktivistInnen, und sehr oft schalteten sie ihre Handys aus um endlich mal Ruhe zu haben. Sie mußten nebst der äußerst aufwendigen Organisierungsarbeit meist auch noch ihren Lebensunterhalt verdienen, im Gegensatz zu manchen internationalen AktivistInnen die einige Wochen vorher nach Prag kamen um beim Vorbereitungsprozeß mit zu helfen und sich bis zu 18 Stunden täglich dem Aktivismus widmen konnten (weil sie im Vorfeld zu hause dafür geschuftet haben).

Bei den internationalen Vorbereitungstreffen (im April, Juni und August 2000), waren sehr wenige TschechInnen während der ganzen Zeit anwesend, die Treffen wurden auf Englisch durchgeführt (stets mit tschechischer und italienischer Übersetzung).

Dies war die erste internationale Kampagne dieser Art in der Tschechischen Republik die ein Jahr dauerte (den Aufruf zur internationalen Beteiligung starteten die TschechInnen im Frühjahr 2000).

Erfolg:
Die Regierung hatte jede einzelne Demo verboten, und die Legitimität dieser Entscheidung wurde durch die Mißachtung bestritten (erstmalig in der Tschechischen Republik). Es gelang wie geplant, das Kongreßzentrum zu umzingeln. Einige kletterten sogar auf die Balkone des lybischen Hotels gegenüber dem Kongreßzentrum mit einer Piratenflagge, und andere gelangten sogar auf das Gelände des Kongreßzentrums und sprühten "Stop IMF!" an das Gebäude. Die Delegierten waren sichtbar beunruhigt (siehe auch den Bericht eines Weltbank-Delegierten der im Gebäude war (http://www.infoshop.org/news5/s26_banker.html). Aufgrund der Proteste wurde das Treffen einen Tag früher als geplant beendet. Hurra!

Gewaltfreiheits-Erklärung:
Beim internationalen Treffen im Juni wurde die folgende Aussage diskutiert und dann auf der Inpeg-Internetseite und den internationalen mailing-Listen publiziert: "Inpeg does not support the initiation of any violence against people, animals or property. At the same time we support citizens' democratic rights to demonstrate. We oppose any measures taken by any authorities to prevent people from exercising this right." (Inpeg initiiert keine Gewalt gegen Menschen, Tiere oder Eigentum. Gleichzeitig unterstützen wie das demokratische Recht der Menschen zu demonstrieren. Wir lehnen jegliche Maßnahmen der Behörden ab, Menschen an der Ausübung dieses Rechts zu hindern). Dies ging jedoch mit einer eindeutigen Betonung einher, andere Widerstandsformen zu verstehen und zu akzeptieren. Im August gab es einen Konsens daß wir uns im Sinne von einer Einheit die Vielfalt respektiert treffen ("we will meet in the spirit of unity and respecting diversity"). Bei den Auswertungstreffen wurde der Prozeß der Entscheidungsfindung zur Gewaltfreiheitsaussage kritisiert, da viele Gruppen und Spektren bei den internationalen Treffen nicht vertreten waren und diese Entscheidung auch nicht vorher mit ihnen diskutiert und abgestimmt wurde und auch nur im Internet verbreitet wurde). Allgemein fehlte eine breitere Diskussion mit Prager Gruppen zu den Erwartungen für den 26. September und über den Umgang mit der Presse am Abend des Globalen Aktionstages. Alle rechneten damit (mit Ausnahme der Inpeg-PressesprecherInnen?!) daß McDonald's nach dem 26. September neue Scheiben bestellen müßte (und siehe da, sie waren schon bestellt).

Treffen:
Es gab einen Mangel an Versammlungsmöglichkeiten. Es gab zwei besetzte Häuser (mittlerweile wurde Ladronka geräumt, grrrrrr!) in Prag. Sie erhielten im Vorfeld Drohungen von der Polizei, so daß im September auch keine auswärtigen AktivistInnen dort übernachteten. Die Prager Vorbereitungen wurden meist in Kneipen durchgeführt, und vor der Eröffnung des Infocafé auf der Pariszka (eine Woche vor den Aktionstagen) gab es auch keine öffentliche Anlaufstelle. Tschechische Treffen werden in einem anderen Stil durchgeführt als die internationalen Treffen (schneller und nur alle 2-3 Monate, AktivistInnen-Zeitschriften erscheinen nur etwa alle 6 Monate). Die meist sehr jungen Tschechischen AktivistInnen stehen nicht so auf ellenlaaaaaange Treffen, und die internationalen Treffen dauerten drei Tage. Tschechische AktivistInnen fühlten sich überrannt. Es gab eine hohe Anzahl von US-AmerikanerInnen in Prag (ein Fünftel der EinwohnerInnen Prags kommt aus den USA). Insbesondere beim Independent Media Centre (IMC, Unabhängiges Medienzentrum) machten viele aus den USA mit. In einigen Arbeitsgruppen waren auch sehr viele TschechInnen (z.B. bei den DemosanitäterInnen), aber im Infozentrum arbeiteten wenige TschechInnen (nicht sonderlich logisch).

Medien:
Die tschechischen Medien starteten eine riesige Kampagne gegen die Anti-IWF/WB-Proteste. Mit der Öffentlichkeitsarbeit im Vorfeld der Aktionstage gelang es Inpeg daraufhin, positiv die Berichterstattung durch das Betonen der Inhalte (z.B. Auswirkungen der Srtukturanpassungsmaßnahmen) und der Gewaltfreiheit zu beeinflussen. Nach dem 26. September wurde Inpeg in der einheimischen Presse jedoch völlig diskreditiert. Eine Inpeg Pressesprecherin sah sich gezwungen, sich von den so genannten gewalttätigen Protestierenden zu distanzieren.

DISKUSSIONSPUNKTE
beim internationalen Auswertungstreffen in PRAG

(kurz nach dem 26.9.) - wiederum kein Protokoll, weil mit zusätzlichen Kommentaren versehen

Was wir hätten besser tun können:

(Aber kaum besser hätten machen können! Wir sollten uns immer darüber im Bewußtsein sein, wie begrenzt die Mittel waren und sind, wie schwierig die Bedingungen vor Ort, und wie relativ klein die Zahl derer war die permanent daran gearbeitet haben, v.a. von tschechischer Seite, d.h. sie haben alles mit wenig Geld und mit ganz wenigen Leuten aufgezogen, und dafür war das großartig was sie geschafft haben! Also manche der Kritikpunkte sind in diesem Sinne sozusagen unberechtigt).


 

Konvergenz-Zentrum

INFRASTRUKTUR

TAKTISCHES

KONSENS/ ENTSCHEIDUNGSFINDUNG/ BEZUGSGRUPPEN/ VORGEHENSWEISE/ SPRECHERINNEN-RAT-MODELL

KOMMUNIKATION

INFO NACH AUSSEN/ INFOZENTRUM

ÖFFENTLICHKEITSARBEIT

Situation an der GRENZE/ Relativ geringe Zahl an DemonstrantInnen:
Warum war die Zahl geringer als erwartet? (20 000 Leute waren angekündigt worden, vor allem die Internationalen SozialistInnen (Dachorganisation von Linksruck/ Linkswende) versprachen viel mehr Busse als tatsächlich kamen).

Weitere Punkte:
tiefer Mangel an Visionen für die Zukunft/ Erarbeitung von inhaltlichen Alternativen zu diesen globalen Institutionen und dem System; Zusammenarbeit mit NGOs; Medizinische Hilfe; Zugänglichkeit/ Rechenschaft; Offenheit vs. Paranoia/ Hierarchie; Gewalt/ Gewaltfreiheit (De-Eskalations-Teams); Finanzen (sollte mehr offengelegt und einsehbar sein); Kunst, Demopuppen und Transparente (Es hätte mehr Transparente und Stoff geben sollen. Fünf Orte für das Art and Resistance Festival wurden von den Behörden verhindert, es gab nur einen Abend).

WAS WIR WIRKLICH GUT GEMACHT HABEN:

Wir haben gewonnen!!! Wir haben das IWF/ Weltbank-Treffen behindert und es wurde am nächsten Tag abgesagt, wir sind alle zusammen auf die Straßen gegangen obwohl die Demos von den Prager Behörden verboten worden waren. Wir hatten einen hübschen Stadtplan mit einem Koordinatennetz, die Samba-Band war großartig, die Delegierten haben sie gehört. Die verschiedenen Märsche haben das Kongresszentrum wie geplant umzingelt, haben verhindert, dass die Delegierten zur Oper (Gala-Abend) gehen konnten, der Art and Resistance-Abend (Kulturfestival) war wirklich großartig.
Medienarbeit: In der Öffentlichkeitsarbeit wurde eine klare Betonung auf das Thema IWF/ Weltbank gesetzt, bei den Pressekonferenzen sprachen VertreterInnen aus Bolivien, Kolumbien, Tansania und anderen Ländern beispielsweise über die Auswirkungen der Strukturanpassungsmaßnahmen.

Eine internationale Grassroots (Basis)-Kooperation und die Struktur von Bezugsgruppen (affinity groups) wurde vergrößert und verbreitert, die Vielfalt der Taktiken hat uns geholfen und die Polizei verwirrt. Die drei Märsche (eigentlich waren es vier: blau, gelb, rosa und rosa-silber) waren eine geniale und erfolgreiche Entscheidung: Die Leute konnten selbst entscheiden, bei welchem sie teilnehmen wollten. (Siehe Stadtplan).
Die Antirepressions- und Gefangenensoligruppe (Jail Support Group) hat unmittelbar am 27.9. ihre Arbeit aufgenommen, es gab nach dem 26.9. jede Menge Soli-Aktionen an Botschaften in vielen Städten.

Kritik der Mobilisierung in der BRD:
-- Es gab in der letzten interim eine Kritik daß die Mobilisierung in der BRD ziemlich intransparent gewesen sei, von einer kleinen Zahl von Menschen angeleiert wurde, usw. Der Text beschwert sich vor allem über einen bundesweiten Diskussionszusammenhang zu Neoliberalismus und anderen Themen von etwa 30 Leuten, der per e-mail kommuniziert und sich ab und zu getroffen hatte und an dem unter anderem auch eine "Gruppe Landfriedensbruch" teilgenommen hatte.
-- Die Beschwerde, daß es kein funktionierendes bundesweites Bündnis gab (nebst der von Linksruck, dem Netzwerk gegen Neoliberalismus und Konzernherrschaft und der Gruppe Landfriedensbruch organisierten bundesweiten Prag Koordination 2000), mutet etwas seltsam an, da es einen breit veröffentlichten Aufruf des Diskussionszusammenhangs gab zur dezentralisierten Organisierung nach Prag, in Übereinstimmung mit den Konsensvereinbarungen bei den internationalen Treffen, Selbstorganisierung an der Basis zu fördern: "Proteste gegen IWF und Weltbank in Prag werden aus den Zusammenhängen einer weltweiten Basisbewegung organisiert. Basisbewegung bedeutet eine Bewegung, in der es keine autoritären Strukturen von Chefs, Kadern und Hierarchien gibt. Wir denken, daß dieser Gedanke der Bewegung von unten, der horizontalen hierarchiefreien Vernetzung, für die deutsche Mobilisierung nach Prag der Anspruch sein sollte. Darum lehnen wir die Bildung eines bundesweiten "Bündnisses" ab, sondern setzen auf die horizontale Vernetzung von Menschen und Basisgruppen, die sich untereinander koordinieren." ("Prag selbst organisieren", 1. Broschüre).
-- Es gab trotz zahlreicher auch erfolgreicher Anstrengungen von Basisvernetzung auch das Problem des Wissensvorsprungs (also hierarchischen Struktur) von einer kleineren Anzahl Menschen die bei den internationalen Treffen anwesend gewesen waren und Einblick in die internationalen Prozesse hatten sowie Internetzugang und die Möglichkeit, Hunderte von englischsprachigen mails auf internationalen e-mail-Listen regelmäßig zu lesen. Dennoch wurde alles versucht, dies auch in schriftlicher Form an die Gruppen vor Ort weiter zu geben, eine sehr aufwendige Arbeit, und selbstverständlich fehlte es an Menschen die Zeit hatten nebst der Vorbereitung Übersetzungsarbeit zu leisten.
-- Aber letztendlich brauchen Diskussions- und Mobilisierungsprozesse an der Basis auch eine Weile, bis sie in Gang kommen... und angesichts der Tatsache, daß damit in der BRD sehr spät begonnen wurde (nur wenige Monate vor den Aktionstagen in Prag), waren wir sehr erfolgreich verglichen mit anderen Mobilisierungen die ein Jahr oder noch länger vorher anfingen.
-- Selbstverständlich gab es aufgrund dieser kurzen Vorbereitungszeit wenig Möglichkeiten für eine intensive theoretische Arbeit, dennoch erstellte z.B. die Osteuropa-AG (dickes Lob!) in Berlin einen Reader zu IWF/ WB und Osteuropa.

Mobilisierung in Berlin:
-- Die Mobilisierung startete auch in Berlin zu spät, kurz vor den Sommerferien. Im April, nach dem ersten internationalen Treffen war das Interesse noch schwach, weil viele Gruppen sich noch auf den 1. Mai (auch ein globaler Aktionstag), den 1.6. (Hannover) und den 1.7. in Berlin-Schönefeld (Aktionstag gegen Abschiebungen) konzentrierten. Es war auch wichtig, diese Aktionstage abzuwarten, um einen tatsächlich von der Basis von unten getragenen Prozeß und nicht einen von oben initiierten Pragurlaub zu schaffen. Das erste größere Treffen fand deshalb erst Anfang Juli in Berlin statt.
-- Zu Beginn waren nur sehr wenige Gruppen beteiligt. Es gab zwei regelmässige Treffen in Berlin, montags ein Koordinierungstreffen im Mehringhof und sonntags in der Köpi (autonomere Gruppen). Die Koordinationstreffen dienten dem Informationsaustausch mit sozialistischen/ trotzkistischen Gruppen, aber nur wenig Gruppen hatten Interesse an diesem Austausch, aber für Berlin bestand so eine klare Anlaufstelle für die Prag-Mobilisierung, nebst der breit bekannten bundesweiten Kontaktadresse beim fzs, freien zusammenschluß der studentInnenschaften in Bonn.
-- Trotz der kurzfristigen Mobilisierung waren mehrere hundert Leute aus Berlin in Prag, einschliesslich mehrerer Busse, ein herausragender Erfolg! Es gab ein einwöchiges Seminar anfang September in der Köpi, bei der es Trainings zu Direct Action, medizinischer Hilfe usw. gab sowie inhaltliche Vorträge. Mehrere Infoveranstaltungen wurden in Berlin durchgeführt, z.B. von der Osteuropa-AG über die Auswirkungen der IWF-Politik in Osteuropa, ein Abend mit GewerkschafterInnen bei der IG Metall, und einen Abend am 15. September mit den neuesten Infos. Eine Woche vor den Aktionen wurde von der Osteuropa-AG ein nützliches Infopaket erstellt. In letzter Minute erschien ebenfalls ein Flugblatt mit Prager Anlaufadressen.
-- Wir waren uns über einige Probleme bei der Mobilisierung im klaren, wie dem Ausbleiben einer tiefgreifenderen theoretischen Auseinandersetzung, was aber kaum möglich gewesen war innerhalb weniger Monate.
-- Es gibt eine neue Qualität internationaler Vernetzung zwischen Bewegungen weltweit, die immer noch in der BRD relativ wenig vermittelt wird. Die Globalen Aktionstage waren in vielen Ländern erfolgreich, aber es gab kaum Infos darüber, welche Aktionen in drei Dutzend Ländern von Argentinien bis Zimbabwe durchgeführt wurden (wie bei den globalen Aktionstagen in den zwei Jahren zuvor). Es sollte intensiver versucht werden, Infos über die dortigen Auseinandersetzungen zu sammeln.
-- Viele Leute, die nicht in Prag waren, haben im nachhinein bedauert, nicht hingefahren zu sein. Sie waren überrascht dass es möglich war, das IWF/ Weltbanktreffen früher zu beenden - wir hatten wenig Erfolge zu feiern in den letzten Jahren, und einige Enttäuschungen in Köln (EU- und G7-Gipfel 1999) und anderswo.
-- gab eine Diskussion die das summit hopping ("Gipfelhüpfen") kritisierte, das Reisen von einem Gipfel zum nächsten unter Vernachlässigung der inhaltlichen lokalen Arbeit. (Siehe dazu z.B. http://squat.net/eurodusnie/articles/dusnieuws/2000/moves.htm und die Übersetzung "Was bewegt uns?" (http://www.freespeech.org/s26/praga/moves.htm#deutsch). Scherzhafterweise schlugen niederländische AktivistInnen eine "Revolutionssteuer" für Pragreisende vor, deren Erlös in die Arbeit vor Ort fließen sollte.

Berliner Selbstkritik:
-- Warum hatten wir nicht mehr bei der Infrastruktur ausgeholfen (obwohl wir sehr viel Geld und mehrere Computer nach Prag geschickt haben)?
-- Bestehende Kontakte in die Tschechische Republik wurden nicht genutzt. Die Kommunikation zwischen Berliner Gruppen oder bundesweiten Strukturen hätte in Prag selbst besser funktionieren können mit einer besseren Vorbereitung, z.B. durch die Einrichtung einer funktionierenden SMS-Mailingliste bevor die Leute in Prag ankamen. (Wobei kritisch anzumerken ist daß eine Festlegung auf Handy-Kommunikation auch wieder wie bereits erwähnt zu einer Info-Hierarchie führt).

Berichterstattung
-- Es war außerdem definitiv geplant, täglich deutschsprachige Berichte aus Prag im Internet zu veröffentlichen, dies scheiterte an technischen Problemen aufgrund der Infrastruktur in Prag. Auch unmittelbar nach dem 28.9. waren sehr viele Pragrückkehrende damit beschäftigt, Soliaktionen vor tschechischen Botschaften in der BRD (wie in vielen anderen Ländern auch) und Soliabende zu organisieren für die Freilassung der Gefangenen. Mehrere Aktionen fanden z.B. in Hamburg, Frankfurt, Berlin, Stuttgart nach dem 26.9. statt. So dauerte es auch teilweise lange, bis Berichte und Auswertungen mit mehreren Leuten diskutiert und erstellt werden konnten.

We love Prague and we hate capitalism! (Banner at the Köpi)

Einige Antihierarchische (Möge die Macht nicht mit uns sein).


S26 Prague
S26 Global Action Day