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Florenz packt seine Statuen ein - das Sozialforum kommt

In der toskanischen Hauptstadt macht die Erinnerung an Genua 2001 die Runde / Berlusconi heizt die Furcht vor Krawallen an

Von Roman Arens (Rom)

Das Europäische Sozialforum in Florenz - seit vielen Wochen werden wachsende Sorgen in der Öffentlichkeit formuliert und Ziele möglicher Gewalttäter und Terroristen konkret beschrieben. In Florenz patroullieren starke Polizeikräfte, und Skulpturen im Freien werden vorsichtshalber schon mal gut verpackt. Florentiner fühlen sich an eine Stimmung erinnert wie in Genua vor dem G8-Gipfel 2001 mit seinen Straßenschlachten und Polizei-Exzessen.

Silvio Berlusconi hat Angst um David. Der Regierungschef fürchtet, der Statue vor dem Palazzo Vecchio in Florenz könnte etwa ein Arm gebrochen werden, wenn die toskanische Hauptstadt in der kommenden Woche das Europäische Sozialforum beherbergt. "Das ist ein Wahnsinn", meint der Kabinettsherr. Doch die Runde seiner Minister entschied am Donnerstag gegen ihn und für das Forum: Eine so späte Absage sei für die Sicherheit und Unversehrtheit der Kunststadt noch viel riskanter, als wenn der viertägige Seminar-, Versammlungs- und Demo-Marathon am Mittwochabend tatsächlich beginne.

Die optimistische Annahme, dass eine andere Welt möglich sei, lag schon zwei Mal einem globalen Sozialforum zugrunde: jeweils im brasilianischen Porto Alegre. Noch bevor es dort seine dritte Auflage im Januar 2003 erlebt, startet Florenz nun die erste kontinentale Ausgabe des Wissens- und Meinungsaustauschs unter dem Motto: "Ein anderes Europa ist möglich - gegen Rassismus, gegen Krieg und gegen Neoliberalismus".

Die meisten der Veranstaltungen, die von 413 Organisationen aus 32 Ländern vorbereitet werden, finden in einer alten, zum Kongresszentrum umgebauten Festung am Rande des Stadtzentrums statt. Diese "Fortezza del Basso" ist ein ziemlich sicherer Ort. Sorgen machen den zuständigen Behörden vor allem zwei Termine: eine wie auch immer geplante "symbolische Besetzung" einer US-Militärbasis in der Nähe von Pisa durch eine Gruppe von "Disobbedienti" (Ungehorsamen), die in Genua durch ihre weißen Overalls aufgefallen war, und eine Demonstration gegen den Krieg, die angesichts der derzeitigen Weltlage zahlreiche Teilnehmer nach Florenz locken könnte. Die "Disobbedienti" haben Gewaltfreiheit versprochen; denn: "Schaufensterscheiben einschlagen würde doch nur der Regierung nützen."

Die Entscheidung der römischen Regierung, das Forum nicht zu unterbinden, begrüßte der Präsident der Region Toscana, Claudio Martini, mit einem souveränen Angebot: "Lassen wir jetzt alle Polemiken ruhen, um einen Erfolg der Veranstaltung zu garantieren." Der linksdemokratische Globalisierungskritiker Martini, der das Forum nach Florenz geholt hat, sah sich wie sein Parteifreund Leonardo Domenici, Bürgermeister der alten Stadt am Arno, in den letzten Wochen heftiger Kritik von Mitte-rechts ausgesetzt. Martini und Domenici standen da, als würden sie in politischer Verblendung leichtfertig schwere Schäden in Kauf nehmen.

Innenminister Giuseppe Pisanu hatte im römischen Parlament eine Liste der Risiken aufgestellt und den beiden aus Florenz jede Entscheidung und Verantwortung zugeschoben. Dagegen haben sie sich heftig gewehrt - bis die nationale Regierung einsah, dass sie sich nicht aus der Verantwortung stehlen kann. Das verlangte schon ihre eigene Gefahren-Analyse, zu der übrigens Polizeiberichte aus Deutschland und Griechenland beigetragen haben. Jetzt nach der Entscheidung können die Zuständigen in Rom und Florenz gemeinsam daran arbeiten, wie das Demonstrationrecht am wirksamsten gewährleistet und Gewalt verhindert werden kann.

Siehe auch das FR-Spezial Grenzen der Globalisierung

 

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Copyright © Frankfurter Rundschau 2002
Dokument erstellt am 31.10.2002 um 21:30:20 Uhr
Erscheinungsdatum 01.11.2002


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