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Ungeliebt
Europäisches Sozialforum in Florenz

 
 
Von Jochen Reinert


 
Silvio Berlusconi ist verstimmt. Wenn es nach ihm gegangen wäre, erklärte er freimütig vor dem Parlament, wäre das für nächste Woche nach Florenz einberufene Europäische Sozialforum einfach verboten oder in die Provinz verbannt worden. Aber wenn schon kein Verbot, dann will das Berlusconi-Kabinett die Teilnehmer wenigstens ein bisschen sieben — also weg mit den Schengen-Paragrafen über Freizügigkeit, her mit Grenzkontrollen. Angeblich will man auf diese Weise gewaltbereite Demoaktivisten von einem Florenztrip abhalten — offenbar ist das aber nur ein Vorwand, das ungeliebte Treffen massiv zu behindern. Denn nach den Erfahrungen von Genua wollen die Veranstalter selbst für Friedfertigkeit sorgen.
Das Europäische Sozialforum in Florenz kann zweifellos jenem politischen Prozess neue Schubkraft geben, der vor knapp zwei Jahren mit dem ersten Weltforum in Porto Alegre gestartet wurde — dem Prozess der globalen Sammlung der Globalisierungskritiker, die unter der Losung »Für eine gerechtere Welt« nach Alternativen zum Turbo-Kapitalismus suchen. Die Sozialforen-Bewegung begreift sich nicht als Heilsbringer-Liga oder Radau-Tribüne, sondern als ein »Markt der Ideen« wider die Allmacht des Marktes. Daran wird auch Berlusconi nichts ändern — auch wenn er außer Polizisten sämtliche römische TV-Stationen gegen Florenz in Stellung bringen kann.

(ND 02.11.02)


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