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Flugblatt von 2002





Von Nürnberg nach Den Haag
Über den Fall Milosevic und die Zerschlagung Jugoslawiens






Balkanpolitik

"Bei den Slawen muß per 'divide et impera' vorgegangen werden"
(Kaiser Wilhelm II, 1912)

Eines der wichtigsten Operationsfelder der deutschen Außenpolitik sowohl in strategischer als auch in ideologischer Hinsicht ist traditionell die Balkanregion und der ausgemachte Feind waren und sind dort die Serben. So ist es auch nicht
verwunderlich, sondern genau folgerichtig, dass Jugoslawien das Opfer des ersten deutschen Angriffskrieges nach 1945 geworden ist.

Der deutsche Nationalökonom Friedrich List formulierte schon 1842 die Leitlinie, die seitdem für die deutsche Außenpolitik Gültigkeit haben sollte: "Ganz
Südosteuropa ist unser Hinterland". Der Balkan sollte dem hegemonialen Einfluß Deutschlands unterstellt und ein großer Zentralstaat unter serbischer Führung, unterstützt von Russland, verhindert werden([footnote] Dieses Interesse fand seine Begründung auch immer in einem antiserbischen Ressentiment) . Die Zielsetzung der deutschen Außenpolitik wurde in einem Militärstrategiepapier zum ersten Krieg auf dem Balkan 1875-76 so formuliert: Es gilt "uns der griechischen, albanischen und mohamedanischen Elemente zu unserem Vorteil zu bedienen und diese Stämme
gegen die südslawischen (gemeint sind die Serben, ANGhb) auszuspielen." Der völkische Separatismus erschien schon damals als das beste Mittel, sich des serbischen Zentralismus zu erwehren. Nach dem Krieg des Balkan-Bündnisses([footnote] Serbien, Griechenland, Bulgarien, Montenegro,
Rumänien) 1912 gegen das osmanische Reich wurde auf der anschließenden Balkankonferenz in London gegen die Zentralisierungsbestrebungen
Serbiens und Russlands dank deutschen Drucks die Gründung des Staates Albanien beschlossen.

Als es 1914 zu Grenzstreitigkeiten zwischen Albanien und Serbien kam und dieses albanische Grenzgebiete besetzte, stellte Deutsch-Österreich den Serben ein Ultimatum sich zurückzuziehen. Entgegen der Hoffnung Deutschlands kam Serbien
diesem nach, denn der Vorstoß wäre eine willkommene Rechtfertigung gewesen, endlich in den Krieg gegen Serbien zu ziehen. Mit den Worten des Kaisers: "Jetzt oder nie mit den Serben muß aufgeräumt werden und zwar bald." Das Attentat auf den österreichischen Thronfolger in Sarajevo bot dann endlich den Anlaß. Deutschland begann den ersten Weltkrieg: Nach einem 48-stündigen Ultimatum zogen deutsche
Soldaten in den Krieg, bombardierten Belgrad und machten 1915 Serbien dem Erdboden gleich. Infolge der Niederlage erlitt das deutsche Konzept einer völkischen Außenpolitik mit der Gründung der "Vielvölkerstaaten" Tschechoslowakai und Jugoslawien weitere herbe Rückschläge. Der deutsche Expansionismus war also zunächst in die Schranken gewiesen worden.

Auch nach dem 1.Weltkrieg wurde völkische Außenpolitik weiter ideologisch untermauert; so entwickelte Reichskanzler von Baden in einer Denkschrift das Konzept des "ethischen Imperialismus", das auch bei den Scharpings und Fischers von heute wahre Jubelstürme hervorrufen dürfte. "Das Selbstbestimmungsrecht der Völker" müßte durchgesetzt werden, so wäre natürlicherweise das nationale Interesse Deutschlands mit einem "allgemeinen ethischen Menschheitsziel"
verknüpft, "kolonisieren heißt missionieren".

Die Nazis setzten dieses Programm schließlich um. Himmler formulierte: "Bei der Behandlung der Fremdvölkischen im Osten müssen wir darauf sehen, so viel wie möglich einzelne Völkerschaften anzuerkennen. Ich will damit sagen, dass wir nicht nur das größte Interesse daran haben, die Bevölkerung des Ostens nicht zu einen, sondern im Gegenteil in möglichst viele Teile und Splitter zu zergliedern."
Am 6.April 1941 wurde mit der erneuten Bombardierung Belgrads der deutsche "Blitzkrieg" (Himmler) gegen Jugoslawien eingeleitet. Es wurde zerschlagen
und zwischen Deutschland, Italien und dem deutschen Satellitenstaat Kroatien([footnote] Kroatien wurde zu dieser Zeit vom faschistischen Ustascharegime regiert, das im heutigen Kroatien wieder viele Anhänger besitzt) aufgeteilt.

Nach längerer Zwangspause betätigte sich die BRD in den 70ern wieder als Förderer des völkischen Separatismus in Jugoslawien. Die Verbündeten hießen Slowenien und Kroatien und der Gegner Großjugoslawien und damit abermals Serbien. In der neu gegründeten Alpen-Adria-Gruppe verständigten sich deutsche, österreichische,
italienische, kroatische und slowenische Vertreter über eine politische und regionale Neuordnung des Balkans. Schon Ende der 80er wurde Albanien vom damaligen Außenminister Genscher finanzielle Hilfen in Aussicht gestellt, wenn sich
dieses im Kosovo daran beteiligte, "die Dominanz Serbiens auf dem Balkan zu brechen". Mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion eröffnete sich endlich auch die Möglichkeit, das zweite "Vielvölkergefängnis" im Osten, Jugoslawien, zu zersplittern. Die reicheren Nordrepubliken Kroatien und Slowenien waren im Zuge der Wirtschaftskrise Ende der 80er Anfang der 90er nicht länger bereit, den ärmeren Süden finanziell zu unterstützen, und stellten ihre Zahlungen
für den nationalen Bundesentwicklungsfond ein. Dies war der erste Schritt auf dem Weg zur einseitigen Unabhängigkeitserklärung 1991. Hiermit brachen Kroatien
und Slowenien die Verfassung und nahmen eine militärische Eskalation billigend in Kauf. Die größte Unterstützung ihrer Sezessionsbestrebungen erhielten sie aus Deutschland, das Slowenien und Kroatien als erster Staat diplomatisch anerkannte.
Außerdem wurden Kredite in hohem Umfang für die beiden Sezessionsrepubliken
gewährt, während die finanzielle Hilfe für Restjugoslawien gestrichen wurde. Der damalige Präsident Kroatiens Tudjman würdigte die Rolle Deutschlands 1991 wie folgt: "Ohne Hilfe der Deutschen hätten wir gar nicht bis jetzt standhalten
können." Auch die kriegerische Auseinandersetzung wurde von der BRD begrüßt; Genscher 1991: "Mit jedem Schuß rückt die Unabhängigkeit näher."

So wurde Deutschland zum Kriegstreiber auf dem Balkan -- zunächst als waffenliefernder Anheizer und später als bombender Friedensengel. Mit Hilfe des Jugoslawienkonflikts sollten im wesentlichen drei strategische Ziele erreicht werden: Die Kriegsfähigkeit wiederzuerlangen, die Führungsrolle in der EU zu festigen und die Hegemonie der USA in der Konkurrenz zur EU zu brechen.

Zunächst liefen die USA den Deutschen jedoch den Rang der hegemonialen Einflußmacht ab, knüpften ebenfalls Verbindungen zum strategischen Schlüsselland Kroatien und bauten dieses zum militärischen Gegenpart Restjugoslawiens auf. Als dann jedoch massive Vertreibungen von Serben aus Kroatien stattfanden,
was wiederum genau in das deutsche Konzept einer völkischen Parzellierung paßte, setzten die USA gegen den massiven Druck der Deutschen eine vorrübergehende diplomatische Isolierung Kroatiens durch.

Im Folgenden weitete sich der Jugoslawienkonflikt auch auf andere Regionen aus, zunächst auf Bosnien-Herzegowina. Dort versuchte die bosnisch-muslimische Mehrheit die Unabhängigkeit zu erringen. Der jugoslawische Staat verteidigte seine staatliche Integrität und es kam zu blutigen Auseinandersetzungen zwischen bosnisch-muslimischen Einheiten, bosnischen Serben -- von Restjugoslawien unterstützt -- und Kroaten, die um die Hegemonie in Bosnien stritten, denn auch Kroatien beanspruchte Teile Bosniens. Die EU, die USA und damit die NATO unterstützten die bosnisch-muslimische Regierung und 1995 kam es erstmals
zu NATO-Luftangriffen gegen Einheiten der bosnischen Serben. Der Konflikt wurde im selben Jahr auf der Konferenz von Dayton mit einem Friedensabkommen beigelegt. "Die USA übernahmen in der Balkanpolitik die Führung, was in Dayton ja auch seinen Ausdruck fand. Mit Dayton wurde auch Milosevic zum Partner der USA, die in Bosnien einen Staat ohne Nation, also auch ohne Befriedigung für die von deutscher Seite gepflegte Projektionen für ein völkisches Selbstbestimmungsrecht schufen. In Deutschland stieß dies Vorhaben auf eine entsprechende Kritik. Die Etablierung
eines ethnisch parzellierten Bosnien wurde mit einem gegen die Serben auftretenden Westen, aber mit Milosevic als Partner der Garantiemacht USA erreicht, was die Serben gegen ein Arrangement mit der EU und Deutschland immunisierte."([footnote] Karl Nele, Ein europäischer Gründungsakt mit Feuerwerk in BAHAMAS 29, S.11)

Deutschland war am Widerstand der USA gescheitert, die Frage der Unabhängigkeit des Kosovo zum Gegenstand der Verhandlungen von Dayton zu machen. Danach besserten die Deutschen ihre Beziehungen zu Albanien weiter auf und begannen mit der
finanziellen und militärischen Unterstützung der kosovarischen UCK: "Jetzt müssen wir die Scheinwerfer auf das Kosovo richten."([footnote] Kinkel 1996) Inzwischen entbrannte an der Kosovofrage ein Bürgerkrieg in Serbien. Deutschlands Versuch, den USA den Rang als Friedensstifter streitig zu machen, führte 1997 zur Einberufung einer Vermittlungsverhandlung zwischen Albanern und Serben in München. Wie die Verhandlungsposition bei diesem Treffen aussah, geht aus einem internen Papier hervor: "Die historischen Gebietsansprüche der Serben müssen dem Recht auf Heimat der Albaner unzweifelhaft weichen."([footnote] zitiert nach Jürgen Elsässer (Hg.), Nie wieder Krieg ohne uns, Hamburg 1999, S. 52) Somit stießen sie die Serben vor den Kopf, welche vorzeitig abreisten.

Die Vorbereitung des Terrains für ein unabhängiges völkisch-albanisches Kosovo auf internationaler, diplomatischer Ebene wurde von der notwendigen Bemühung begleitet, eine Kraft innerhalb des Kosovo zu etablieren, die jene Anstrengung schlagkräftig vor Ort forcierte. Fündig wurde man bei der UCK. Ohne deutsche
Unterstützung hätte diese nur schwerlich innerhalb von 2 Jahren von einem unorganisierten Mob völkischer Freischärler in eine schlagkräftige Armee avancieren können. Deutschland förderte so zielstrebig eine weitere militärische Eskalation, um nun auch das Kosovo von Restjugoslawien zu separieren. So stellte sich Deutschland in direkte Opposition zur US-dominierten NATO-Linie, die sich gegen eine Unabhängigkeit des Kosovo aussprach und die UCK als Terrororganisation einstufte. Bundesverteidigungsminister Rühe forderte auf einer NATO-Tagung
im Juli 1998 konkrete Interventionspläne zu entwickeln, um die kriegerische Auseinandersetzung zwischen der jugoslawischen Armee und der albanischen UCK
zugunsten der Kosovo-Albaner mit militärischen Mitteln zu entscheiden. Zunächst scheiterte Deutschland jedoch mit diesen Plänen.

Die Situation im Kosovo eskalierte in den folgenden Monaten weiter; Erfolge der UCK, national-befreite Zonen zu schaffen -- sprich serben-, juden- und romafreie Landstriche --, lösten sich mit erfolgreichen Rückeroberungsvorstößen der jugoslawischen Armee ab. Viele Menschen mußten flüchten -- Albaner und Serben. Mehrere Ereignisse Ende 1998 und Anfang 1999, im Besonderen das angebliche Massaker von Racak, intensivierten den Druck auf die Regierung Milosevic.
Während die USA auf eine kurze militärische Strafaktion gegen Jugoslawien bauten, setzte die Bundesregierung auf eine politische Lösung. Gegen die Pläne der USA setzten die Deutschen den Friedensgipfel von Rambouillet durch, ohne jedoch die Möglichkeit einer militärischen Intervention aus den Augen zu verlieren. An
dieser Konferenz Anfang 1999 nahmen die NATO-Staaten USA, Großbritannien, Frankreich und Deutschland, zusätzlich Russland, sowie die Bürgerkriesparteien teil. Die Verhandlungen scheiterten, weil sich die serbische Seite weigerte, den Annex B des NATO-Vertragswerkes zu unterschreiben, welcher den NATO-Truppen
Immunität zusicherte sowie ungehinderten Zugang in Jugoslawien festschrieb. Das bedeutete den Verlust staatlicher Souveränität([footnote] siehe Jürgen Elsässer, 1999, S.136ff) . Die Folgen der Weigerung der Milosevic 1999 begannen die
NATO-Staaten mit der Bombardierung Belgrads; erstmals waren auch Bundeswehr-Soldaten an offenen Kampfhandlungen beteiligt. Das inzwischen "ethnisch gereinigte" Kosovo erlangte weitgehende Souveränität. Die deutsche Außenpolitik konnte einen Sieg auf ganzer Linie verbuchen: Die anvisierte Parzellierung
Jugoslawiens war gelungen, ebenso die Etablierung Deutschlands als bombender Friedensmacht, mit entsprechenden Engagement und Konsequenzen weltweit.



Propaganda

Meutejournalismus und Kriegspropaganda, die dem Gegner schlimmste Greueltaten unterstellen, gibt es wohl in jedem Krieg, doch selten haben die Lügengeschichten und Schauermärchen eine derartige Dimension wie im Jugoslawienkrieg angenommen und
vor allem diente dieses Propagandaarsenal bislang nicht als Grundlage für die Anklageschrift eines Kriegsverbrecherprozesses.

Berichte von Massengräbern etwa hat es gegeben, die hunderte bis tausende Leichen enthalten sollten. Später, bei genauerer Untersuchung, entpuppten sich diese meist -- so sie überhaupt existierten -- als kleinere Gräber. Besonders die deutschen
Medien taten sich mit ihrer Leichenfledderei und dem Herbeiphantasieren von KZs hervor, galt es doch die Serben zu den neuen Nazis und Milosevic zum neuen
Hitler zu erklären, um so den eigenen Angriffskrieg zur Friedensmission umdeuten zu können. Es bedurfte hier nicht nur einfacher Kriegsverbrechen sondern der Phantasien von KZs, damit Deutschland nicht trotz, sondern wegen der Massenvernichtung der europäischen Juden Krieg führen konnte. Der Mörder macht
sich zum Richter, weil er der Mörder ist, die typisch deutsche Geschichtsumdeutung. Begierig saugte der voyeuristische deutsche Mob jede neue Horrorschlagzeile auf, die meist folgenden Dementis wenige Tage später interessierten jedoch niemanden mehr.

Eines der prominentesten Beispiele für den ressentimentgeladenen Hetzjournalismus ist ein Foto der ITN-Reporterin Penny Marshall, das am 5.August 1992 veröffentlicht wurde und die Existenz serbischer KZs beweisen sollte. Eine Gruppe ausgemergelter Männer hinter Stacheldraht ist dort zu sehen. Die spätere
Recherche des Journalisten Thomas Deichmann, dass es sich hierbei um ein Fake handelte, die Männer nämlich nicht hinter, sondern vor dem Stacheldraht standen und aus einem Flüchtlingslager stammten, konnte die Lüge von den serbischen KZs nicht aus der Welt schaffen.



Anklage

Seit dem 12. Februar 2002 steht Slobodan Milosevic nun vor Gericht. Ihm werden "Verbrechen gegen die Menschlichkeit"([footnote] "Das den Nürnberger Prozessen zugrunde liegende Londoner Statut hat () die 'Verbrechen gegen die Menschheit'
als 'unmenschliche Handlungen' definiert, woraus dann in der deutschen Übersetzung die bekannten 'Verbrechen gegen die Menschlichkeit' geworden sind - als hätten es die Nazis lediglich an 'Menschlichkeit' fehlen lassen, als sie Millionen
in die Gaskammern schickten, wahrhaftig das Understatement des Jahrhunderts." (Hannah Arendt).) , Vertreibungen, Mord, Verstöße gegen das Kriegsrecht und
die Genfer Konvention in Bezug auf die Bürgerkriege in Bosnien,
Kroatien sowie Serbien (Kosovo) vorgeworfen. Die Anklage gegen ihn wurde am 27.Mai 1999 während des NATO-Bombardements auf Jugoslawien erhoben, sie steht also vorranging im Zusammenhang mit dem Bürgerkrieg in der serbischen Provinz Kosovo. Bis zur Eröffnung des Verfahrens stand die genauen Anklagepunkte nicht fest.

Was Slobodan Milosevic vorgeworfen wird, deckt sich kaum mit den Behauptungen vor
allem des bundesdeutschen Verteidigungsministers Scharping. Die Dimension der Verbrechen liegt weit unter den Darstellungen der Bundesregierung.

Einer der wichtigsten Anklagepunkte gegen den Ex-Präsidenten ist das "Massaker von Racak". Dort wurden am 16.Januar 1999 45 Leichen in Zivilkleidung gefunden. Aus NATO-Kreisen verlautete man sofort, es könne sich nur um ein serbisches Massaker an kosovarischen Zivilisten handeln. Die serbische Regierung im Gegenzug bestand darauf, dass es sich bei den Toten um UCK-Kämpfer handele, die bei Kriegshandlungen getötet wurden und denen nachträglich Zivilkleidung angezogen wurde. Eine OSZE-Untersuchungskommission unter Leitung der finnischen Ärztin Ranta konnte keine Beweise dafür finden, dass es sich bei den Toten von Racak tatsächlich um Opfer eines Massakers statt von Kampfhandlungen handelte([footnote] Horst Pankow, Meutenjournalismus in Jürgen Elsässer, 1999) . Die NATO hält den Bericht bis heute zurück und behauptet weiterhin, ein Massaker sei erwiesen.

Ebenso wird es Chefanklägerin del Ponte schwerfallen zu beweisen, die serbische Regierung habe Übergriffe auf die kosovarische Zivilbevölkerung gebilligt oder befohlen, angesichts gegenteiliger Befehle: "1.1. Gegenüber Personen, die nicht unmittelbar an Feindseligkeiten teilnehmen, einschließlich deren, die
die Waffen niedergelegt haben, Personen, die durch Verletzungen, Gefangennahme oder aus irgendwelchen anderen Gründen zum Kampf unfähig sind, ist unter allen Umständen menschlich vorzugehen. Deshalb sind gegenüber den oben aufgeführten Personen folgende Handlungen verboten: a/ Alle Arten der Ermordung, Verstümmelung, Grausamkeiten und Folterung "([footnote] zitiert nach Ralph Hartmann, Der Fall Milosevic, Berlin 2002, S.200ff) . Befehle dieser Art und der Mangel anderslautender Befehle zeigt, dass die serbischen Behörden Übergriffe befürchteten oder diese ihnen bekannt waren, und nicht, dass jene gedultet
oder gar befohlen wurden. Verurteilungen serbischer Militärs auf Grundlage dieser Befehle sind dokumentiert.



Recht

"Über Monate ist fortan Milosevic praktisch Herr des Verfahrens. Er kann Beweise und Zeugen anbringen, niemand kann ihn wirklich bremsen. [] (Beweise wie; ANG) mehrere Dokumente aus Rudolf Scharpings Ministerium, eine ganze Kiste voller Bilder über die von Nato-Bomben angerichteten Verheerungen. [] Das alles hatte sich der Ex-Präsident ganz unauffällig von seinen Rechtsanwälten beschaffen und in die Zelle [] bringen lassen."([footnote] Spiegel 8/2002, S.142ff) So schrieb es Thomas Darnstädt im Spiegel über das UN-Kriegsverbrechertribunal und bekundet damit seinen Vorbehalt gegenüber den paar Errungenschaften, welche das bürgerliche Recht mit sich brachte: Das Recht des Angeklagten sich zu verteidigen, eben "Zeugen und Beweise" anzubringen. Wer einem Angeklagten den Gebrauch seiner Rechte als Mißbrauch, als Verschwörung zurecht legt, für den muß es etwas geben, was mehr wiegt als das verbriefte Recht. Damit steht Thomas Darnstädt nicht allein, sondern auf dem Boden des deutschen Grundgesetzes.

Bürgerliches Recht im Allgemeinen, wie es seit der französischen Revolution erkämpft wurde, hat den Zweck, die allgemeine Konkurrenz auf Dauer möglich zu machen -- so wie im internationalen Rahmen die Genfer Konvention den Zweck hat Krieg führbar zu halten, denn die kapitalistische Produktionsweise setzt
vorraus, dass die Einzelnen als Privateigentümer sich anerkennen. Waren sind der allgemeinen Verfügung entzogen. Da aber die Bürger dank gesellschaftlicher Arbeitsteilung aufeinander verwiesen sind, müssen sie auf die Einschränkung ihrer Mittel verpflichtet werden, um den Umschlag der wirtschaftlichen Konkurrenz in allgemeinen Bürgerkrieg zu verhindern. Freiheit ist demnach die Freiheit, sich seiner Waren ohne direkten Zwang zu entäußern, Gleichheit die Sicherheit gleicher
Konkurrenz der konkret Ungleichen. Freiheit und Gleichheit sind nur durch das staatliche Gewaltmonopol zu gewährleisten. Damit ist jedem bürgerlichen Staat ein Widerspruch zueigen; der Widerspruch nämlich zwischen dem allgemeinen Schutz
des Bürgers vor (staatlicher) Gewalt und Aussetzung dieses Schutzes im Einzelfall wie Freiheitsentzug oder Zwangsarbeit.

Das deutsche Grundgesetz nun aber schützt die "Würde des Menschen" vor der Freiheit. Deshalb sieht es vor, dass demokratische Rechte demjenigen nicht zukommen, der "die Freiheit der Meinungsäußerung, insbesondere die Pressefreiheit, die Lehrfreiheit, die Versammlungsfreiheit, die Vereinigungsfreiheit, das Brief-,
Post- und Fernmeldegeheimnis, das Eigentum oder das Asylrecht zum Kampfe gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung mißbraucht." D.h. der beschriebene Widerspruch ist mittels "freiheitlicher demokratischer Grundordnung"
explizit zugunsten des Staates gelöst. Das Pochen auf die Buchstaben des Gesetzes soll nicht sein. Auch das Bundesverfassungsgericht "versteht die Grundrechte nicht nur als Freiheitsrechte, sondern gleichzeitig als objektive Wertordnung."([footnote] BVerfGE 7, 198ff. -"Lüth-Urteil") . Eine Wertordnung zu schützen heißt, die Gesellschaft zur nationalen Gemeinschaft zu machen, den Willen der einzelnen Bürger mit dem des Staates zu harmonisieren. Eine Wertordnung
zu schützen -- die sich nur in Identität von Volk und Staat behaupten läßt -- ist das Gegenteil vom Recht, auf das der einzelne Bürger sich gegen den Staat berufen kann. Das ist institutioneller Ausdruck des Fortwesens der NS-Volksgemeinschaft
in der Demokratie.

Im Art.1 GG bekennt "Das Deutsche Volk [] sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft "
Jene "metaphysische"([footnote] Christian Starck, Bonner Grundgesetz, Kommentar,
Band 1, München 1999, S. 36ff) Kategorie "Würde des Menschen" ist demnach das auf den Punkt gebrachte Menschenrecht. Scharping, Fischer und Schröder
heucheln also nicht, wenn sie von der Durchsetzung kollektiver Menschenrechte gegen Jugoslawien sprechen. Sie machen ernst damit, dass kollektive Menschenrechte über der staatlichen Integrität stehen. Sie machen ernst mit dem "Völkerrecht"([footnote] internationales Recht, als Völkerrecht statt als Staatenrecht zu verstehen, heißt als Subjekte desselben auch Völker statt Staaten zu setzen) und das heißt "Menschenrecht bricht Staatsrecht"([footnote] Adolf Hitler, Mein Kampf, Erster Band, 36. Auflage, München 1934, S. 104ff) .

Fehl geht aber, wer die "wahren" Menschenrechte hiergegen in Anschlag bringen will. Ohne Staat ist kein Recht denkbar, denn nur er kann Recht setzen
und garantieren. "Und ergo handeln die Menschenrechte keineswegs von den Menschen, wie sie gehen und stehen, sondern sie befassen sich mit dem Menschen an
und für sich, wie er eigentlich zu sein hat Die Identität der Menschen mit sich selbst liegt außer ihnen, im politischen Souverän; Es ist dessen polit-ökonomische Anthropologie, die sich in den Menschen auslegt."([footnote] Joachim Bruhn, Was deutsch ist, Freiburg 1994, S.121) Damit sind Staat sowie Volk im Recht bereits gesetzt.

Weil nun aber die bürgerliche Nation, das "natürliche" Menschenrecht und der Staat die Tendenz zu dem, was im Nationalsozialismus seinen stärksten Ausdruck fand -- das Völkische nämlich --, in sich trägt, ist die deutsche Anthropologie nicht
erst seit dem Krieg gegen Jugoslawien erfolgreiches Exportprodukt. Stiftet doch die Homogenisierung der Menschen zum Volk jene Gleichheit, welche die abstrakte
Gleichheit des Rechts nie garantieren kann, hat diese doch immer konkrete Ungleichheit zur Folge([footnote] siehe Joachim Bruhn, 1994, a.a.O.) , als "Volksgenosse" ist jeder gleicher Teil des "Volkskörpers".

Dieses deutsche Exportprodukt bringt nicht nur Thomas Darnstädt auch gegen die Vereinigten Staaten von Amerika in Anschlag. Er wähnt sie im faktischen Bündnis mit Slobodan Milosevic: "Gelingt es dem Zündler auf der Anklagebank, [] eine Debatte über die NATO-Friedenseinsätze zu erzwingen, werden die USA mit dem Gericht möglicherweise kurzen Prozess machen." Nicht nur, weil die USA größter Konkurrent der Europäischen Union sind, steht er da nicht allein, sondern weil sie als Hort der bösen Seite des Kapitalismus, des Imperialismus und des Egoismus gelten.

Auch dieser Konflikt ist es, der bewirkt, dass die USA sich mittlerweile gegen den Internationalen Gerichtshof stellen und die Deutschen ihn lauthals fordern. Auf den internationalen juristischen Sonderfall der Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse folgte die Einrichtung einer internationalen Strafgerichtsbarkeit als Normalität -- mit dem entscheidenden Unterschied, dass
die Angeklagten von Nürnberg nun mit auf der Anklägerbank sitzen.

Auch wenn die liberalen Gesellschaften den völkischen Gemeinschaften vorzuziehen sind, gilt es sie zu kritisieren und abzuschaffen. Nicht nur, weil ihnen schon immer die Tendenz zum Umschlag in die völkische Barbarei immanent ist, sondern auch , weil sie allein schon das gesamte Unheil kapitalistischer Vergesellschaftung repräsentieren.


Für eine Welt, in der man ohne Angst verschieden sein kann,
also her mit dem Kommunismus!


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