veröffentlicht in: Klarofix 11/02
"... oder du kaufst dir ein Eigenheim"
Klarofix sprach mit zwei Mitgliedern der neuen Leipziger Antiragruppe über ihre Mobilisierung zur Demonstration am Abschiebeknast in Büren, den weitergehenden Zielen der Gruppe und den Möglichkeiten der Arbeit im Bereich Antirassismus.
Ihr habt zu der bundesweiten Antirademo nach Büren mobilisiert. Wie schätzt ihr den Erfolg eurer Mobilisierung ein, die mit Texten, Flyern, Plakaten und Infoveranstaltungen relativ breit angelegt war?
A: Erfolgreich lief die Mobilisierung leider nicht. Bei der Leipziger Infoveranstaltung waren zwar 15 Leute da, von denen dann aber im Endeffekt nur drei mitgefahren sind. Einige Leute aus Magdeburg sind noch mitgekommen und es waren dann mit den Leuten aus Freiberg und Dresden über 30 Leute die mitgefahren sind. Auch insgesamt ist die Aktion nicht so erfolgreich verlaufen. In Büren waren zwar mehr Leute als in den letzten Jahren, aber eben auch nicht mehr als 1.000. Die Strecke zum Abschiebeknast führte durch den Wald. Das mit 1.000 Leuten, die nicht mal voller Elan sind, kam uns ziemlich sinnlos vor, als wir dort standen. Die Stimmung war weder gut noch entschlossen.
B: In unserer Nachbereitung zu Büren haben wir gesagt, daß bundesweit nicht mehr zu holen war, weshalb wir auch im Vorfeld nicht mit mehr Leuten gerechnet hatten. Ich denke, daß war auch bei den anderen, an der bundesweiten Vorbereitung beteiligten Gruppen so. Es hieß zwar bundesweite Mobilisierung, aber letztendlich war schon klar, daß trotzdem fast nur Gruppen aus NRW kommen, weil alle Vorbereitungsgruppen von dort waren. Die Städte, aus denen organisierte Gruppen mit Bussen da waren (das waren übrigens relativ viele), waren dann auch fast alle in NRW. Ein größeres Potential gibt es auch gar nicht. Deshalb war 1.000 eine gute Zahl. Vor allem beim Vergleich zu den zwei Jahren davor. Letztes Jahr gab es die Demo nicht wirklich und vorletztes Jahr waren in Neuss auch nicht mehr. Es gab den großen Einbruch also nur qualitativ in der Stimmung der Demo und quantitativ für Leipzig.
Bei unserer Überlegung, was die Gründe für Leipzig sein könnten, haben wir zwei Sachen ausgemacht. Zum einen gab es früher aufgrund der Fixierung auf Antifaarbeit immer einen Bedarf, sich wenigstens einmal im Jahr auch mit etwas anderem auseinanderzusetzen. Es war das Gefühl da, Antifa könne nicht alles sein, aber man kam auch nicht davon los. Deswegen wurde sich gern auf den Event in Büren, der der einzige größere im Bereich Antira war, gestürzt. Und zwar szeneübergreifend. Die zwei Jahre, in denen von Leipzig dazu mobilisiert wurde, ist die Szene komplett hingefahren. Dieses Jahr hat es dann nicht so geklappt, weil sich viele Leute gesagt haben, wir waren schon auf dem Grenzcamp, für das unsere Mobilisierung relativ gut lief. Das heißt, die Mobilisierungsveranstaltungen sind genauso gefloppt, aber trotzdem waren 40 Leute aus Leipzig auf dem Camp, was wir als Erfolg einschätzen. Zum anderen ist in Leipzig sowieso gerade die Stimmung, zu hinterfragen, inwieweit bestimmte Politikformen Sinn machen. Dann ist eine traditionell stattfindende Demo, bei der die Haudrauf-Fraktion denkt, im Wald kann man sich nicht prügeln, und die Theoriefraktion, im Wald läßt sich Linksradikalität nicht rüberbringen, abschreckend.
Dazu müssen wir auch sagen, daß unsere Mobilisierung nicht wirklich gut war. Wir haben keine Texte geschrieben, was einen starken Abfall zu den Mobilisierungen in der Vergangenheit anzeigt. Zu Neuss und Büren wurden die Mobilisierungen sonst von viel mehr Personen und Gruppen getragen. Bei uns wurde das nur nebenbei abgehandelt, wobei sich nur drei bis vier Leute wirklich dafür interessiert haben. Früher gab es etwa im Klarofix schon ein halbes Jahr vorher beginnend Artikelserien bis zur Demo hin. Weil es sowas diesmal überhaupt nicht gab, haben wir es auch nicht geschafft, in Leipzig zu vermitteln, daß es nicht um eine traditionelle Anti-Abschiebehaft-Demo ging, bei der Abschiebehaft als vermeintlicht brutalster Ausdruck der Abschiebepolitik skandalisiert werden soll, sondern daß am Beispiel der Abschiebehaft auf die neuen Entwicklungen eingegangen werden sollte. Der Knast wurde als geeigneter Ort gesehen, um das Zuwanderungsgesetz etc. zu thematisieren, was auf der Demo auch geschehen ist, was wir in Leipzig als Ziel aber nicht vermitteln konnten. Auch durch den Aufruf zur Demo, wo das nur anklang, wurde es nicht genügend vermittelt.
... auch die Plakate waren sehr traditionell gehalten, so daß nach außen der Eindruck entstehen mußte, es handle sich um ein auf Tradition angelegtes Konzept.
B: Das stimmt. Der bundesweite Vorbereitungskreis an dem wir uns beteiligt haben, war ziemlich durchwachsen. Es gab traditionelle Gruppen, sowohl aus dem Antifa- als auch dem Antirabereich, die einfach gesagt haben, es muß mal wieder was in Büren gemacht werden. Das sei wichtig. Dann gab es ein paar Gruppen eher aus den großen Städten (Düsseldorf, Köln und wir), die darauf gedrängt haben, daß es nicht darum geht, unwürdige Zustände im Knast anzuprangern und damit zu suggerieren, es könne eine Forderung sein, daß es in dem Knast schöner wäre - humaner Knast, humane Abschiebung oder humane Flüchtlingspolitik.
A: Das haben wir versucht auch in die Referate der Mobilisierungsveranstaltungen mit einzubringen. Dort ging es um die Einwanderungsdebatte allgemein, das Verhältnis von Rassismus und Kapitalismus und auch den neuen Einwanderungsgesetzentwurf. Wir hatten also bei unserer Mobilisierung in Leipzig und in den Orten, in denen wir waren, den thematischen Schwerpunkt tatsächlich darauf gelegt.
B: Zur Abschiebehaft haben wir überhaupt nichts erzählt. Das war ein gewollter Bruch: obwohl zu einem Abschiebeknast mobilisiert wird, sagen wir überhaupt nichts dazu.
A: Wir wollten stattdessen strukturelle Zusammenhänge aufzeigen und darstellen, wie die gesamte AusländerInnenpolitik aussieht und wie ihre langfristigen Tendenzen sind.
Würdet ihr jetzt sagen, daß der Versuch, ein Symbol traditioneller Antiraarbeit - wie den Abschiebeknast in Büren - zu nehmen, um ihm einen neuen Sinn zu geben, gescheitert ist? Oder mobilisiert ihr nächstes Jahr wieder nach Büren?
B: Eher nicht. Wir wollen nicht nochmal nach Büren mobilisieren und haben auch gesagt, daß Büren sich nicht eignet, weil es sich totgelaufen hat, durch diesen Wald zu gehen, was früher, als die Stimmung noch gut war, ging. Von uns kam deshalb schon für diese Demo auf dem bundesweiten Treffen der Vorschlag, sie nicht in Büren zu machen, sondern in Berlin. Zum einen wegen des Großstadtcharakters, zum anderen weil es in der Hauptstadt leichter ist, die Inhalte zu vermitteln und klarer wird, was wir da wollen. Gescheitert heißt aber nicht, daß die Demo traditionell nicht noch viel mehr gefloppt wäre. Der Fehler war also nicht das zu verknüpfen. Und obwohl unsere Infoveranstaltungen nicht so gut gelaufen sind, war es gut, unsere Themen auf den Veranstaltungen zu bringen, statt wie in den letzten Jahren über Abschiebehaft, deren Bedingungen und den Widerstand der Häftlinge zu erzählen.
Das "wir" von dem ihr Sprecht, ist aus der diesjährigen Grenzcampvorbereitungsgruppe hervorgegangen, d.h. ihr habt eine neue Gruppe gegründet, die noch keinen Namen hat. Warum habt ihr die Notwendigkeit einer neuen Gruppe gesehen?
A: Einmal gibt es in Leipzig noch keine Antiragruppe in unserem Sinne. Außerdem haben wir in der Grenzcampvorbereitung gemerkt, daß ziemlich viele inhaltliche Diskussionen aus zeitlichen Gründen unter den Tisch gefallen sind. In der Gruppe, die wir neu gegründet haben, wollen wir jetzt die Schwerpunkte auf inhaltliche Diskussionen legen und uns nicht, wie es im Endstadium der Grenzcampvorbereitung war, nur mit organisatorischen Aufgaben rumschlagen. Zudem ist das Grenzcamp nicht der einzige Antiraevent, worum sich gekümmert werden kann. So gibt es jetzt im Zuge des Zuwanderungsgesetzes genug Punkte, an denen bundesweit mit vielen Gruppierungen angeknüpft und Aktion gemacht werden könnten, um sich so mit dem Thema näher zu beschäftigen.
Bei der Gruppenneugründung gab es sicher Überlegungen, wozu die Gruppe da ist, wie sie sich von anderen - gerade auch Leipziger - Antiragruppen (z.B. Kahina oder die Abschiebehaftgruppe) unterscheidet. Könnt ihr genauer umreißen, wie ihr euch als Gruppe definiert?
A: Da ist es uns erstmal wichtig, Antiraarbeit zwar als Schwerpunkt zu sehen, sie aber mit anderen Themen wie Kapitalismuskritik zu verknüpfen. Während sich die Abschiebehaftgruppe nur mit einem Phänomen der AusländerInnenpolitik in Deutschland beschäftigt, geht es uns um die Auseinandersetzung mit strukturellen Zusammenhängen.
B: Ein Unterschied zur Abschiebehaftgruppe oder Kahina ist auch, daß wir gesagt haben, wir sehen es überhaupt nicht als Voraussetzung an, mit Flüchtlingen zusammen zu arbeiten bzw. die sogar in sozialarbeiterischer Hinsicht zu unterstützen. Wir finden es gut, wenn sich eine Zusammenarbeit entwickelt, aber wir machen es nicht zur Bedingung unserer Arbeit, erst zu kucken und mit denen zu reden, was die wollen, weil wir Rassismus als Problem der deutschen Gesellschaft begreifen. Deshalb ist es nicht Vorraussetzung unserer Politik, obwohl MigrantInnen und Flüchtlinge davon betroffen sind, das wir uns zuerst mit ihnen auseinandersetzen oder ihnen helfen müssen. Wir finden es zwar wichtig, daß es auch soetwas gibt (Wir finden also Gruppen, die so etwas machen nicht schlimm oder glauben, die bekämpfen zu müssen, weil ihre Arbeit reformerisch ist und damit den straighten Weg zur Revolution verlängern würde.), aber das ist nicht unser Anspruch. Das ist das Resultat unserer Analyse der Gruppen, die es gibt, bzw. der Versuche, solche Gruppen mit einem eher politischen Ansatz zu gründen, von denen es in Leipzig schon mehrere gab. Wir haben die Erfahrung gemacht, daß die Grenzcampgeschichten (sowohl die Mobilisierung als auch Vorbereitung hier und Aktionen auf dem Grenzcamp) immer relativ gut liefen. Das nun auch schon drei Jahre. Wobei es aber immer so war, daß die Gruppe ein halbes Jahr mobilisiert hat, hingefahren ist und sich dann aufgelöst hat. Jetzt ist es also der Versuch, in eine Gruppe, die sich immer wieder neu gründet, allerdings oft auch mit neuen Leuten und die deshalb auch Diskussionsprozesse nicht kontinuierlich führt, eine Kontinuität hineinzubringen.
A: Wobei wir annehmen, daß zur Vorbereitung der Grenzcamps, anlaßbezogen neue Leute wieder mit dazustoßen werden, ohne kontinuierlich in der Gruppe zu sein. Die Grenzcampvorbereitung wird also auch weiterhin für uns noch eine Rolle spielen.
B: Wir finden es wichtig, auf bundesweiter Ebene zu arbeiten. Da gab es zwei Ansätze, bei denen wir uns vorläufig inhaltlich verortet hatten. Das war zum einen das bundesweite Organisierungstreffen der Antifagruppen, daß es jetzt nicht mehr gibt. Was uns die Entscheidung der Teilnahme abnimmt. Das andere Treffen war "kein mensch ist illegal". Wir wollten in beide reinschnuppern und dann überlegen, ob wir uns an beiden oder nur an einem beteiligen. Uns war aber klar, daß wir auf alle Fälle bundesweit eingebunden sein wollen. Wahrscheinlich passiert das jetzt über "kein mensch ist illegal".
Wir haben eingeschätzt, daß wir als relativ kleine Gruppe im Moment nicht die Möglichkeiten haben, ohne Unterstützung von Leipziger Gruppen oder anderen Gruppen bundesweit, Events im bundesweiten Maßstab anzuschieben und in eigener Regie zu machen. Wenn wir uns also an bundesweiten Sachen beteiligen, dann im Bündnis mit anderen Gruppen. Sei es hier vor Ort oder in anderen Städten.
A: Ansonsten wollen wir stärker an die Öffentlichkeit gehen - auch über Mobilisierungsveranstaltungen hinaus. Wir wollen Texte veröffentlichen, nicht nur im Klaro, sondern auch verstärkt Sachen fürs Cee Ieh schreiben und im Tomorrow Theorie Café eine Reihe von Veranstaltungen im nächsten Jahr durchführen.
B: In Leipzig wollen wir auch Aktionen machen. Allerdings eher kleinere Sachen. Was wir noch überlegt haben, ist intern für uns Diskussionen zu bestimmten Themen zu führen, die etwa vom Grenzcamp als Überhang geblieben sind. Wenn wir uns dann als Gruppe personell und inhaltlich gefestigt haben, wollen wir versuchen auf Flüchtlingsgruppen in Leipzig zuzugehen. Nicht um denen zu sagen, wir wollen mit oder für euch was machen, sondern um uns vorzustellen. Damit man einfach voneinander weiß und die Chance hat, etwas zusammen zu machen.
Wie schätzt ihr als Gruppe, die sich gerade neu gründet um sich mit Antirassismus auseinanderzusetzen, das Politikfeld gegenwärtig ein? Sieht es in dem Bereich günstig aus, etwas zu erreichen oder ist es ein Kampf gegen Windmühlenflügel? Zumindest scheint die Mobilisierung nach Büren nicht für eine sich selbsttragende Euphorie zu sprechen, durch die alle nur warten, daß endlich etwas passiert.
B: Zum einen ist es tatsächlich, wie Büren gezeigt hat, gerade schwierig, zum anderen ist die Situation für Leipzig gesehen aber gerade ziemlich offen. Wie sich die Leipziger Szene entwickelt, was neue Leute machen und als ihre Politikfelder begreifen ist gegenwärtig ziemlich im Wandel begriffen. Vor drei Jahren konntest du klar sagen, alle machen Antifa und fahren einmal im Jahr nach Büren. Aber alles darüber hinaus auch Versuche darüber hinaus Antiraarbeit zu machen, waren relativ schnell zum Scheitern verurteilt, weil es die Fixierung auf Antifa gab und viele Leute auch nicht wußten, Antira - was heißt das. Beispielsweise gab es eine Gruppe, die sich als erstes großes Ziel auf die Fahnen geschrieben hatte, Freßpakete gegen Geld einzutauschen. Damit gab es in Berlin als Protest gegen das Asylbewerberleistungsgesetz gute Erfahrungen. Das ist schon im Planungsstadium daran gescheitert, daß es organisatorisch viel zu aufwendig war. Das war der Tod dieser Gruppe.
Es war also alles relativ festgefahren. Es ließ sich klar sagen, was geht und von wievielen Leuten. Da gab es drei, vier Leute, die machten ein bißchen was in Leipzig, die anderen fuhren dann eben einmal im Jahr irgendwohin, und das war es. Jetzt ist es nach meinem Eindruck so, daß viele Leute von sich selbst nicht sagen können, was sie in zwei Jahren politisch machen werden. Unklar ist für sie, welche Ergebnisse die theoretischen Auseinandersetzungen und Diskussionen, die sie gerade führen, haben werden. So daß es Möglichkeiten gibt, wenn man in die inhaltlichen Debatten, die in Leipzig gerade geführt werden, eingreift. Das ist uns bislang jedoch nicht gut gelungen, weil unsere Veranstaltungen nicht besucht wurden bzw. es auf die Texte, die wir veröffentlicht haben, keine Ressonanz gab. Aber wir sind da noch nicht total ernüchtert und glauben, daß wenn wir das machen, wir auch noch Einfluß nehmen können. Es kann also sein, daß in einem halben Jahr uns eingeschlossen niemand mehr Antiraarbeit machen will, es kann aber auch sein, daß wir eine riesengroße Gruppe werden und dann einen Aufnahmestopp verkünden müssen.
Aber ist Antirassismus nicht mit dem Stigma behaftet, ein Politikfeld zu sein, auf dem sich nicht wirklich was erreichen läßt? Die letzten zehn Jahre waren von Rückschritten geprägt. Der Anfangspunkt der aktuellen Antiraszene liegt bei der faktischen Abschaffung des Asylrechts. Auch Aktivitäten, wie eben vier, fünf, sechs Jahre lang nach Büren zu mobilisieren, ohne daß sich dort substantiell was ändert, sind nicht gerade motivierend. Habt ihr Antworten in dieser "komplizierten" Situation?
B: Dafür bin ich zu alt.
A: Zunächst ist für die Arbeit, die wir machen wollen, Ausgangspunkt nicht mehr die Abschaffung des Asylrechts, sondern wir beziehen uns auf den im Moment dauernd proklamierten Bruch in der AusländerInnenpolitik, der entgegen unserer Ansicht mit der neuen Zuwanderungsgesetzgebung gegeben sein soll. An dem Punkt wollen wir dann die Verknüpfung zwischen Rassismus und anderen gesellschaftlichen Verhältnissen in Deutschland - den wirtschaftlichen Anforderungen des kapitalistischen Systems, einer Verwertungspolitik - herstellen. Es geht uns in unserem Ansatz auch darum, AusländerInnen nicht mehr in die klassische Opferrolle zu drängen.
B: Die Ausweglosigkeit die du beschreibst, trifft ja auf alle Politikfelder zu. Ich würde sie auch nicht negieren wollen. Dann kannst du sagen, daß wird sich auch in den nächsten hundert Jahren nicht ändern, kaufst dir ein Eigenheim und stellst illegale Putzkräfte an, damit das immer schön sauber ist. Oder aber du machst, wie wir, selbst sauber.
Gerade in Leipzig ist im letzten Jahr viel darüber geredet worden, daß Antifa und Antira stärker verknüpft werden müßten. Es gab einen Beitrag des bgr dazu auf dem Antifakongreß in Göttingen und eine Veranstaltung zu diesem Thema auf dem Grenzcamp. Jetzt gründet ihr euch als explizite Antiragruppe. Ist das eine Reaktion?
A: Wir verstehen uns ja gerade nicht als explizite Antiragruppe, sondern versuchen andere Themen mit einzubinden. Unsere Analyse des Einwanderungsgesetzes schlägt in dieselbe Kerbe des bgr-Referats, in dem auch Verwertung thematisiert wurde und der Versuch zu erkennen ist, Kapitalismus in die Analyse mit einzubeziehen.
B: Die Gründung der Gruppe hatte erstmal überhaupt nichts mit solchen Diskussionen zu tun. Weder in positiver noch in negativer Hinsicht. Ausschlaggebend waren eher die internen Gründe, daß das Grenzcamp gut lief und wir gerne weitermachen wollten, statt zu warten bis das nächste Camp ist. Der Vorschlag, überhaupt als Gruppe weiterzumachen, entgegen der Tradition sich in einem rauschenden Abschiedsfest aufzulösen, war also individuell motiviert. Die ganzen Diskussionen zum Selbstverständnis der Gruppe, was wir politisch machen wollen, welche Aktionsformen usw. sind erst danach gelaufen und laufen auch noch. Obwohl es jetzt schon Sachen gibt, die wir auf der als Gründungsveranstaltung geplanten Nachbereitungsveranstaltung zum Grenzcamp haben auch schon zur Diskussion gestellt haben. Trotzdem ist das noch in der Diskussion, und wir können nicht genau sagen, was wir machen werden. Aufgrund der individuellen Interessen aber auch der personellen Überschneidungen zu anderen Gruppen wird eine Themenvielfalt bzw. ein themenübergreifendes Arbeiten und eben auch die Zusammenarbeit mit Antifagruppen aber sicher möglich sein.
Danke für das Gespräch.
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