~~==++ Antirassistische Gruppe Leipzig ++==~~
veröffentlicht in: incipito 8

Lost in Space

Von Antirassismus und der Gefahr, sich in den unendlichen Weiten der Kritik zu verlieren. Eine Bestandsaufnahme der Antirassistischen Gruppe Leipzig.

Die auch in der Leipziger Linken permanent schwelende - mal offen, mal verklausuliert ausgetragene - Auseinandersetzung um Kritik und Politik ist auch an der Antirassistischen Gruppe Leipzig nicht spurlos vorbeigegangen. Der Anspruch eine grundsätzliche Gesellschaftskritik zu formulieren und diese idealerweise auch noch zu transportieren, garantiert auch uns ständiges Kopfzerbrechen. Unser Schlingern und Neuausloten von Perspektiven soll Gegenstand der folgenden Betrachtung sein.

I Im Meteoritenfeld der Kritik

Starken Einfluss auf uns hatte nach dem Frankfurter Grenzcamp 2001 insbesondere die von der damaligen ANG an uns heran getragene Kritik, Antirassismus würde nicht über die bürgerliche Gesellschaft hinaus weisen, sondern lediglich helfen diese durchzusetzen. Antirassistische Ansätze würden auf die Etablierung der Gleichheit aller abzielen, die nicht mehr sei als die abstrakt gleiche Möglichkeit eines jeden, seine Haut zu Markte zu tragen. Diese abstrakt formulierte Gleichheit ginge einher mit der Definition dessen, was "Mensch sein" bedeutet. Mit dieser Erschaffung "des Menschen" in der Moderne, der gleichzusetzen ist mit dem bürgerlichen Subjekt, sei untrennbar die Unterteilung Mensch, Untermensch, Übermensch und damit die Wurzel von Rassismus und Antisemitismus verbunden. Wer auf eine allgemeine Gleichheit bestehe, mache damit letztlich den Bock zum Gärtner. In der Folgezeit versuchten wir diese Argumentation nachzuvollziehen und unsere erheblichen Defizite in Sachen Gesellschaftsanalyse und -kritik zu verkleinern.
Die Ergebnisse dieser Anstrengungen wollten wir nicht für uns behalten, sondern in die bundesweiten antirassistischen Zusammenhänge tragen,(1) in denen wir 9 von 10 Leuten Theoriedefizite und Nachholbedarf in Sachen Kapitalismuskritik attestierten.
Konkret umsetzen wollten wir unsere Anstäße mittels diverser Artikel, eines eigenen Aufrufs und einer zentralen Veranstaltung auf dem Grenzcamp 2002 in Jena. Artikel und Aufruf erschienen kurze Zeit später und lästen nicht gerade Begeisterungsstürme aus. Insgesamt gab es wenig Resonanz, gelegentlich wurden die Texte lobend erwähnt, äfter allerdings als zu akademisch, abgehoben etc. teilweise sehr unwirsch kritisiert. Inhaltliche Diskussionen fanden kaum - und unsere zentrale Veranstaltung auf dem Camp nur in verschlankter Form vor wenig Publikum statt. Gründe dafür gab es mehrere und auf verschiedenen Ebenen. Die inhaltlichen Zweifel an unserer Position, die sich innerhalb unserer Gruppe erst kurz vor dem Camp artikulierten, haben wir schon in Incipito # 5 dargestellt.
Zusätzlich und diese inhaltlichen Zweifeln mitbedingend, hatten wir das Leipziger Szeneklima verinnerlicht: Auf der einen Seite wollten wir mäglichst viel und am liebsten vollständig die verschiedenen Konzepte erfassen, wie Gesellschaft zu erklären sei und welche Rolle Rassismus in ihr spielt, andererseits bestand auch der Wunsch und die Notwendigkeit nach außen zu agieren. Damit mussten manche Dinge schon spruchreif sein, bevor sie es eigentlich waren. Konsequenz dessen: die mitunter phrasenhafte Verwendung von Begriffen und bestimmter politischer Modeworte, ohne in der Lage zu sein, diese auch nachvollziehbar mit Inhalt füllen zu kännen.
Für die/den EinzelneN äußerte sich das Ganze wie folgt: mensch kann etwas nicht genau ausführen, hält es aber dennoch für richtig oder wichtig und mächte es deshalb auch artikulieren. Die äffentliche Artikulation geht aber mit dem Zwang einher, eine rechtfertigende Verantwortung für das Gesagte übernehmen zu müssen. Das Geäußerte wird nicht als Position mit vermutendem, vorläufigen Charakter wahrgenommen, sondern hat gefälligst als endgültig und wahr daherzukommen. Eine Atmosphäre der gemeinsamen Erarbeitung von Wissen - auch mit Hilfe solidarischer Kritik! - scheint damit aus der Sicht des/ der EinzelneN nicht mehr zu existieren. Vielmehr herrscht ein Klima der Verunsicherung das aus vielerlei nicht gerade emanzipatorisch anmutenden Verhaltensweisen resultiert: So wartet mensch vergebens, dass auf polemische Anwürfe, eine sachliche Erläuterung der Kritik folgt, sind Namedropping und das Jonglieren mit und Anreißen von Konzepten auf sehr abstrakten Ebenen an die Stelle der nachvollziehbaren Darstellung von Positionen bzw. der eigenen Sicht auf die Dinge getreten und kann nicht zuletzt auf Veranstaltungen ein immer resoluteres Verstecken hinter der eigenen Position beobachtet werden, das selbst Resultat einer Unsicherheit und einer ähnlichen Einschätzung der momentanen Lage sein kännte. Ein Kreislauf, der nicht selten zum Ausstieg aus linken Diskussionszusammenhängen führt... oder wie in unserem Fall zu einer Verlagerung politischer Artikulation auf den bundesweiten Grenzcampzusammenhang.
Auf Gruppenebene vergräßerte sich zu dieser Zeit die schon immer existierende Schere bezüglich Wissensstand und Diskussionsfreude der Leute. Texte und Positionen, die Gruppenmeinungen repräsentieren sollten, wurden nicht im gleichen Maße von allen durchdrungen und der Anspruch einer gemeinsamer Position somit ad absurdum geführt.
Nur am Rande bemerkt ist aus unserer Sicht ist die Frage berechtigt, ob es sich bei den eben dargestellten Prozessen lediglich um antiragruppenspezifische Phänomene handelt, oder auch andere Leute ähnliche Erfahrungen machen.(2)

Mit den demotivierenden Erfahrungen des Jenenser Sommers im Rücken stürzten wir (uns) in eine zähe, teilweise bizarre Haken schlagende Perspektivendiskussion. Im etwa zweiwächigen Turnus formulierte der ein oder die andere mehr oder weniger euphorisch Positionen, die nicht an die von vor 2 Wochen anschlossen. Die jeweils andere Woche verbrachten wir in eher lethargischer Grundhaltung, ab und zu unterbrochen von Orga-Aktionismus. Die Auseinandersetzung tobte zwischen den Polen Antirassismus als Hebel für eine generelle Gesellschaftskritik, Politik der ersten Person, Kommunikationsguerilla zur Schaffung kritischen Bewusstseins, Lesekreis zur tieferen Durchdringung gesellschaftlicher Zusammenhänge und "Projekt begraben". In dieser traurigen Zeit bekleideten wir bei diversen Veranstaltungen anderer Gruppen die StatistInnen- und gelegentlich SponsorInnenrollen, wurden brav mit auf die Ankündigungen gedruckt, hielten uns ansonsten zurück und verloren einige Gruppenmitglieder.

II Mit Lichtgeschwindigkeit überwinden wir das Politik vs. Kritik-Kontinuum

Herausgezogen haben wir uns schließlich am eigenen Schopfe: Mit der Zielsetzung auf dem diesjährigen Grenzcamp eine Konferenz auszutragen und so die letztes Jahr verpasste Chance zur inhaltlichen Auseinandersetzung doch noch zu ergreifen. Inzwischen sind wir auch älter geworden und haben ein, zwei Dinge gelernt: So haben wir die Quote der Theoriebedürftigkeit bundesweiter antirassistischer Zusammenhänge von 90% auf etwa 40-60% korrigieren dürfen. Was zum einen daran liegt, dass in der Postantifasommerlinken der Trend hin zu einer verstärkten theoretischen Durchdringung der Gesellschaft ging und dieser natürlich auch auf die Antiraszene ausstrahlte. Hier fielen dann auch unsere Texte auf fruchtbaren Boden. Andererseits haben wir auch einigen Leuten aus dem Grenzcampzusammenhang zu leichtfertig das Etikett der Theoriefeindlichkeit/-bedürftigkeit angepappt. Sie weckten unseren agitatorischen Versorgungsinstikt wohl eher, weil sie nicht jede unserer Bewegungen mitmachten und auch andere Themen, als die ein, zwei, die wir als MittelstuflerInnen der Leipziger Schule gerade wichtig fanden, hochhielten. Beides interpretierten wir fälschlicherweise als Desinteresse und taxierten sie als mindestens eine Klassenstufe unter uns liegend. Mittlerweile kännen wir uns nicht des Eindrucks erwehren, dass einige von ihnen durchaus auch AbiturientInnen sein kännten, von denen wir noch eine ganze Menge lernen kännen. Denn sie geben eine mägliche Antwort auf eine Frage, die uns schon eine ganze Weile beschäftigt: Nämlich die nach der Konkretisierung des dialektischen Verhältnisses zwischen Theorie und Praxis. Das heißt, sie zeigen Mäglichkeiten auf, wie wir die Position, dass mensch Theorie und Praxis nicht gegeneinander diskutieren sollte, greifbar machen kännen, indem sie mithilfe und/oder trotz eines differenzierten theoretischen Hintergrundes das Grenzcamp mit vorbereiten und konkrete Aktionen machen. Dies alles mag nicht immer den vollen Umfang ihre Ansprüche ausdrücken, es läuft ihnen allerdings auch nicht entgegen und ist somit theoretisch gedeckt.
Am Beispiel: auch moralische Entrüstung kann genutzt werden, um zum Nachdenken über Gesellschaft anzuregen und aktiv zu werden bzw. zu bleiben. Kritisches Bewusstsein zu entwickeln, funktioniert immer noch am besten über die Offenlegung der konkret sich manifestierenden Widersprüche der bürgerlichen Gesellschaft. So kännen an die Frage "Wie geht die Gesellschaft mit bestimmten Menschen um?" weitere Fragen angeknüpft werden: Warum gerade diese Menschen? Mittels welcher Mechanismen werden sie ausgegrenzt? Warum funktioniert das? Welche Logik/Prinzipien stehen dahinter? Was hat das mit mir zu tun? etc. Es zeigt sich, dass alle Wege zur Gesellschaftskritik führen kännen, Antirassismus bildet da keine Ausnahme.
Wir erkennen diese Versuche als solche an und wollen sie mindestens begleiten. Damit zusammenhängend sind wir zu dem Schluss gekommen, dass unsere alten Ideen nicht falsch, sondern "nur" ergänzungsbedürftig sind. Antirassismus führt nicht per se in die Sackgasse, es kommt vielmehr ganz darauf an, wie mensch dieses Politikfeld begreift und was man dann damit macht. Unser alter Ansatz, von dem Phänomen Rassismus loszulaufen, um zu einer allgemeinen Gesellschaftskritik zu kommen und von dieser aus wieder andere konkrete Felder zu erschließen, scheint uns somit wieder gangbar. Auf diese Art und Weise kann eine Vermittlung von konkreter und Metaebene stattfinden. Die abstrakten Begriffe und Relationen einer Gesellschaftskritik kännen konkret gefüllt und damit der Erfahrung zugänglich gemacht werden, andererseits färbt das eigene Bild von Gesellschaft natürlich auch auf die Wahrnehmung und Einordnung konkreter(er) Erscheinungen ab. Die Vermittlung der beiden Ebenen ist dabei nicht nur nett, sondern notwendig, um die Extreme des frei schwebenden Gedankengebäudes einerseits und des blinden Aktionismus andererseits zu vermeiden.

Das eben formulierte hängt eng zusammen mit einer weiteren Konsequenz unserer Entwicklung als Gruppe in den letzten Monaten: Wir wollen endlich raus aus der Ecke der Lähmung und Verkrampfung, die viel mit der oben geschilderten eigenen Unsicherheit und eines von allen irgendwie abgelehnten und doch von vielen mehr oder weniger am Leben gehaltenen szenekulturellen Umgangs zu tun hat. Es gibt, entgegen einem sich weiterverbreitenden Irrtum kein Patentrezept für die schnellstmägliche oder sanftest mägliche oder einzig mägliche Herbeiführung paradiesischer Zustände. Eine direkte Verbindung zwischen der Wahl eines im Nachhinein falschen Bündnispartners oder falschen Aktions- bzw. theoretischen Konzeptes und dem Scheitern der Weltrevolution existiert nicht und die Position "Das hätte ich dir auch vorher schon sagen kännen." zeugt nicht nur von mangelhaftem Verständnis der Natur von Erkenntnisprozessen, sondern ist auch Ausdruck davon, dass mensch zu viel Zeit mit seinen verbiesterten Verwandten verbracht haben muss.
Während diese Ansicht so auf der theoretischen Ebene vielleicht noch von vielen geteilt wird, zeichnet sich in der Praxis ein anderes Bild: Sich selbst Fehler einzugestehen und diese auch anderen zuzugestehen kommt real selten vor.
Wir begreifen unser Agieren also als Erproben von Mäglichkeiten, die uns als konkreten Personen zum jetzigen Zeitpunkt offen zu stehen scheinen. Wir versuchen die Konsequenzen unseres Tuns und Lassens abzuschätzen, wissen, dass dabei noch viele unbekannte Variablen zurückbleiben und versuchen diese dann anschließend, auch mit Hilfe anderer, zu rekonstruieren und zu reflektieren. Andere Herangehensweisen halten wir momentan für kontraproduktiv.

III ...und Jean Luc Picard sagt: "Energie!"

Soviel zum Thema Aha-Erlebnisse und eigene Befindlichkeit. Nun zum viel beschworenen Konkreten: Wie schon erwähnt, beteiligen wir uns an der Vorbereitung eines, von uns ursprünglich als Konferenz betitelt- und konzipierten, Forums im Vorfeld des diesjährigen Grenzcamps. Unsere Ausgangsidee für diesen erstmalig verfügbaren Raum war es, eine Reihe von Veranstaltungen zu organisieren, die unserer gerade dargestellten Auffassung gerecht wird. In drei Stufen wollten wir Gesellschaftskritik und Rassismusanalyse einander näher bringen. Auf der ersten Stufe sollten verschiedene Herangehensweisen an das Phänomen Gesellschaft einführend vorgestellt werden (vom ollen Marx beeinflusst: Kritische Theorie, Regulationstheorie, (Post)Operaismus, weiterhin: postmoderne Ansätze und Systemtheorie). Auf einer zweiten Stufe sollte das Verständnis des Phänomens Rassismus-Antirassismus aus der jeweiligen Perspektive erarbeitet werden, bevor auf der dritten und letzten Stufe die verschiedenen Ansätze an konkreten Themen und Fragestellungen miteinander auf einem Podium in Diskussion treten und zusammengeführt werden sollten.
Außer uns haben sich auch andere Gruppen und Einzelpersonen Gedanken über die inhaltliche und formale Gestaltung dieser Tage gemacht und - wenn auch eher spät - ihre Vorstellungen kommuniziert. Diese gingen inhaltlich eher in Richtung einer ausführlichen internen Auseinandersetzung über Fragen, die gerade auch im letzten Jahr für viel Bewegung gesorgt haben und seitdem zu verschiedenen Anlässen vertieft wurden.(3) Ihnen geht es wie auch uns um eine Reflexion der eigenen Realität, die jedoch erst einmal andere Fragen nahelegt als unsere. Nach anfänglichem Hin und Her haben wir deshalb unsere Pläne modifiziert und in das offenere Konzept des Forums eingepasst. Dies sollte jedoch nicht als Akt der Beliebigkeit mißverstanden werden, weil wir auch in dieser offeneren Form noch immer unser Ziel verfolgen und uns lediglich der Herausforderung bewusster geworden sind, die darin besteht, unsere eher abstrakte Ebene mit der konkreteren Ebene, auf der sich das Forum vorwiegend bewegen wird, zu vermitteln. Es geht um die selben Sachen, das eine hat eine Relevanz für das andere. Die Frage, an der wir uns auf dem Forum messen lassen wollen, ist, inwiefern uns die Kopplung gelingt.

Doch hier nun die konkreten Pläne: Das Auftaktforum "Antirassismus ausbuchstabiert" (31.07. - 03.08.2003) soll die Mäglichkeit bieten, Diskussionen, die sonst auf dem Camp stattgefunden haben, vorab in Ruhe und ohne Aktions- und Plenastress im Rahmen von Workshops, Vorträgen und Podiumsdiskussionen zu führen.
Zentral dabei wird die grundsätzliche Debatte um die verschiedenen Auffassungen von antirassistischer Politik sein, die sowohl im bundesweiten Grenzcampzusammenhang, als auch im kein Mensch ist illegal - Netzwerk seit geraumer Zeit geführt wird. Diese dreht sich vereinfacht gesprochen um folgende Fragen: Heißt Antirassismus notwendigerweise, eine intensive Kooperation zwischen Flüchtlingen, MigrantInnen und Menschen ohne Flucht- und Migrationshintergrund zu praktizieren? Inwieweit muss Antirassismus immer auch praktische Soliarbeit für und mit Flüchtlinge(n) und MigrantInnen beinhalten? Wie lässt sich das Verhältnis von staatlichem zu gesellschaftlichem Rassismus bestimmen? Sollte linker Widerstand stets alle Herrschaftsverhältnisse im Auge behalten, auch wenn er einen bestimmten, z.b. antirassistischen Fokus wählt?

Unser Beitrag zum Forum wird sich an der ursprünglichen Idee für die Konferenz orientieren. Wir haben verschiedene ReferentInnen angefragt, die ihre jeweiligen Ansätze, Gesellschaft und Rassismus zu denken, vorstellen sollen. Dabei handelt es sich grob um die Ansätze der kritischen Theorie, der Systemtheorie und postmoderner/ poststrukturalistischer Konzeptionen. Wesentliche Eckpunkte, die zusammen mit den ReferentInnen diskutiert werden sollen, sind: Veränderungen und Differenzierungen des Rassismus/Neorassismus, Mäglichkeiten und Grenzen von Aufklärung, Abhängigkeit bzw. funktionelle Autonomie von Kapitalismus und Rassismus. Die Positionierung zu diesen Fragen bildet unserer Meinung nach einen wesentlichen Hintergrund des eigenen politischen Verständnisses und ermäglicht dessen Reflexion: Welche Relevanz hat Rassismus in der Gegenwart, mit welchen anderen gesellschaftlichen Phänomenen muss Rassismus wie zusammengedacht werden, wie bestimmt sich das Verhältnis zur Bevälkerung, welche Aktionsformen kännen fruchtbar gemacht werden etc.

Desweiteren werden wir zusammen mit der Grenzcamp-AG Bremen die Auftaktveranstaltung vorbereiten. In dieser wollen wir die zentralen Herangehensweisen innerhalb des linken Antirassismus miteinander in Diskussion treten lassen. Eine der aktuellen Debatten, die an dieser Stelle dann fortgesetzt werden wird, firmiert unter dem Stichwort der "Reäkonomisierung des Antirassismus" bzw. der "Autonomie der Migration". Im Zuge dieser Diskussion, aber auch aufgrund der verstärkten Selbstorganisation von MigrantInnen und damit deren Teilhabe an sonst fast ausschließlich weiß/deutsch geprägten Debatten, hat sich die Wahrnehmung von MigrantInnen stark gewandelt. Sie werden nicht mehr nur als Flüchtlinge, die unserer paternalistischen Zuwendung bedürfen, betrachtet, sondern zunehmend als handelnde Subjekte wahrgenommen. Damit verbunden wird die Prekärisierung von Arbeits- und Lebensbedingungen in ihren je individuellen Ausformungen als eine Anschlussstelle verschiedener Ansätze heiß diskutiert werden. An diesem Punkt kännen und müssen u.a. Rassismus, Sexismus und Kapitalismus in Verbindungen gedacht und -bekämpft werden. Angedacht ist ein Podium, auf dem VertreterInnen der unterschiedlichen Ansätze kurze Inputreferate halten, um diese dann gemeinsam mit allen Anwesenden zu diskutieren.

Als Orientierung für die inhaltliche Bandbreite und die Schwerpunkte des Forums möchten wir auf den im folgenden dokumentierten Aufruf verweisen und auf die Einladung zum Forum selbst.(4)

Resümee: Trotz aller neu gewonnenen Energie werden wir uns dieses Jahr vor allem vom Primat des Zuhärens leiten lassen. Wir werden in erster Linie als Fragende nach Käln reisen und hoffen an fruchtbaren Diskussionen teilnehmen zu kännen. Vielleicht sieht mensch sich ja...

Fußnoten

(1) Den Versuch auch in Leipzig über das Thema Antirassismus in Diskussion zu treten, gaben wir nach kurzer Zeit auf. Neben einem zumindest irgendwie nachvollziehbaren Desinteresse bzw. den üblichen Klischees von hippiesken BongospielerumarmerInnen schlug uns die Position entgegen, dass jegliche Form von Antirassismus eigentlich die Speerspitze des deutschem Mobs sei und damit sehr eng verbunden mit Antisemitismus. Diese Ansicht, die für uns nicht nachvollziehbar ist, war sehr präsent und fand ihren Ausdruck unter anderem in der pseudoinvestigativen Analogiebildung, dass Leute, die am Frankfurter Flughafen gegen Abschiebung demonstrieren ja irgendwie etwas mit Flugzeugen zu tun haben, genau wie die Anschläge vom 11. September (www.left-action.de/archiv/0110251531.shtml). Also liegt eine Wesensverwandschaft vor. Was zu beweisen war. (2) Viel von dem gerade Erwähnten scheint uns exemplarisch bei der Veranstaltung des BGR zur Zivilgesellschaft am 13.05.2003 aufgetaucht zu sein. Solidarischer und/ oder konstruktiver Wissensaustausch? Fehlanzeige. Vielmehr waren (beiderseits des Grabens AKG - BGR) die Feindbildern klar und es wurde sich hinter der eigenen Position verschanzt. Dabei soll an dieser Stelle keinem/ keiner der Beteiligten die Kasperkarte zugeschoben werden, es reicht erst einmal die Feststellung, dass es Puppentheater war, an welchem mensch da teilgenommen hat. Als AkteurIn oder ZuschauerIn. Wäre nicht anstelle von Allwissenheit vortäuschender Zitierwut und Begriffsgefechten das Eingeständnis eines noch offenen Punktes oder einer nicht endgültig geklärten Frage, oder einfach eine Erläuterung und Diskussion der dahinter steckenden Logik der Auseinandersetzung färderlicher gewesen? Gefragt haben sich das sicher viele der Anwesenden, explizit eingefordert wurde dies allerdings auch von niemandem. Auch von uns nicht. (3) Samsa, G.: Der Zug rollt wieder, AK 470 (4) http://www.nadir.org/nadir/kampagnen/kongress03/
Antirassistische Gruppe Leipzig

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09.11.2003
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