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da geht was

Ausgangspunkt der "Stadt-Land-Schluss"-Aktionstage war für uns eine grundsätzliche Kritik an dem politisch-ökonomischen Projekt EU:

Die EU ist allgegenwärtig. Als Institution zur Durchsetzung vorrangig ökonomischer Interessen gegründet entwickelten die Entscheidungsträger eine Reihe von politischen Maßnahmen zur Durchsetzung eben dieser Interessen. Ob MigrantInnen auf undurchdringliche Außengrenzen treffen, durch "Deregulierung" soziale Beziehungen dem "freien Spiel" des "Marktes" übergeben werden, durch die Privatisierung von Staatsunternehmen massenhaft Arbeitsplätze vernichtet werden oder "nur" Karteien für "Reisechaoten" angelegt werden ist all diesen sehr unterschiedlichen Vorgängen gemeinsam, dass sie von den kerneuropäischen Nationalstaaten geplant und dann innerhalb der EU-Struktur, teilweise unter Umgehung, ja sogar im offenen Widerspruch zu nationalstaatlichen Gesetzgebungen durchgesetzt werden.

1.) think global, act local — Gründe und Ziele für lokale Veranstaltungen

Es ist dabei von besonderer Wichtigkeit, dass es die BRD während der gesamten Entwicklung der EU, vor allem aber nach der Wiedervereinigung, verstanden hat, ihre wirtschaftlichen Interessen und machtpolitischen Ziele innerhalb der EU durchzusetzen. Aus diesem Grund ist es nicht übertrieben von einer deutschen Hegemonie innerhalb der EU zu sprechen. Momentan trifft dies besonders auf die EU-Osterweiterung und die im Aufbau befindliche gemeinsame EU-Verteidigungspolitik zu. Deutschland setzt alles daran, wirtschaftlich in seine östlichen Nachbarländer zu expandieren, während gleichzeitig der dortigen Bevölkerung sogar der bescheidene Versuch verwehrt wird, über den Verkauf ihrer Arbeitskraft in den Ländern der EU wenigstens einen Krümel vom Kuchen zu erhaschen. Bei der Entwicklung der gemeinsamen EU-Verteidigungspolitik ist die BRD daran interessiert wieder befreit von jeglichen "historischen Makeln" eine starke militärische Rolle spielen zu können um geopolitische Ziele umzusetzen.

Das soll nicht heißen, dass diese Prozesse immer reibungslos und ohne innere Widersprüche innerhalb der EU verlaufen. Fakt ist aber, das durch die EU — losgelöst von der vielbeschworenen demokratischen Kontrolle — eine massive Durchkapitalisierung und Durchstaatlichung der Gesellschaft gefördert wird und sie eben nicht ein Mehr an Freizügigkeit und eine Stärkung der individuellen Rechte mit sich bringt.

Aus diesen Gründen halten wir es für unbedingt notwendig, sich über die Strukturen und Prozesse, die dem Projekt EU zugrunde liegen im Klaren zu sein. Auf der Grundlage unserer Ablehnung des Prinzips von Nationalstaatlichkeit wollen wir uns im Protest gegen die EU mit linken VerklärerInnen des Nationalstaates eben so wenig vereint wissen, wie wir auf der Grundlage der Ablehnung des Kapitalismus und seiner Verwertungslogik dafür eintreten, dass ein wenig "Zähmung" ausreiche, um den Kapitalismus in ein freundliches Schoßhündchen zu verwandeln.

Vor dem Hintergrund der besonderen Rolle der BRD im Prozess der europäischen Einigung ist es als Teil der radikalen Linken notwendig, Widerstand gegen die EU hier vor Ort zu organisieren.

Bei den Aktionstagen war es für uns wichtig, eine eher abstrakte Kritik an der EU zu konkretisieren. Das heißt, über Veranstaltungen deutlich zu machen in wie weit uns die EU hier vor Ort in Hamburg betrifft und über Aktionen das Projekt EU und unsere Kritik daran öffentlich sichtbar zu machen.

Zweitens lag uns an einer Intensivierung gemeinsamer politischer Diskussionen unter kontinuierlich arbeitenden Gruppen. Unsere Intention war dabei, dass mögliche gemeinsame politische Ziele wieder zur Diskussion gelangen und unser strategisches politisches Ziel der Umwälzung von gesellschaftlichen Verhältnissen wieder wahrgenommen wird.

Drittens kam es uns darauf an, einen Weg zwischen dem Zustand der jetzigen Unorganisiertheit und einer Tendenz zur Organisierung als Selbstzweck zu finden. Die Überwindung dieses Zustand kann nur als Folge eines parallelen Prozesses von inhaltlicher und organisatorischer Konsolidierung erreicht werden.

 

2.) Allgemeine Bewertung — oder was hats gebracht !

Festhalten lässt sich, dass in Hamburg innerhalb der radikalen Linken die Auseinandersetzung mit dem Themenkomplex EU nicht gerade an der Spitze des Interesses zu liegen scheint. Zwar reihen sich viele in die Proteststürme vor Ort ein, in Göteborg waren 30000 EU GegnerInnen, die den europäischen Entscheidungsträgern gezeigt haben, was sie von ihnen und Ihrer Politik halten.

Es stellen sich in diesem Zusammenhang aber dennoch einige Fragen. So ist es noch nicht ausgemacht, ob Gipfelstürme in Zukunft weiter Sinn machen, nämlich dann nicht, wenn durch eine weitere Zuspitzung repressiver Maßnahmen die Anreise unmöglich wird oder ein Protest vor Ort unmöglich gemacht wird.

Außerdem wird offenbar wenig von den Inhalten und der Ausstrahlungskraft erfolgreicher Gipfelstürme wieder nach Hause mitgenommen. Eine "Rückübersetzung", die sich gegen die Widerwärtigkeiten zu Hause und im Rest der Welt richtet, lässt sich zwischen den Gipfeln nur sehr ansatzweise feststellen.

Um einen solchen Widerstand hier in Hamburg zu entwickeln, waren die Aktionstage ein richtiger Schritt. Es ist an diesem Punkt zumindest partiell gelungen, die Fragmentierung der "Szene" ein wenig aufzubrechen und über Diskussionen überhaupt erst einmal die Grundlage zu schaffen, von der ausgehend eine gemeinsame Kritik an der EU möglich wäre. Es ist gelungen den Widerstand in Hamburg zu artikulieren und sich auf den Ort Hamburg zu beziehen. Aktionen unterschiedlichsten Charakters haben stattgefunden, an denen sich diverse Gruppen beteiligt haben. Ein Anfang ist gemacht!

 

3.) Das Bündnis — Oder das Verhältnis von Theorie und Praxis

Eine nicht neue, aber elementare Konsequenz aus der Arbeit im Hamburger Bündnis ist, dass es hier um die gemeinsame Entwicklung von politischen Inhalten und Zielen gehen soll, die auch gemeinsam entwickelt werden müssen. Zwei gegenläufige Tendenzen machten diese gemeinsame Entwicklung schwierig.

Es gab die Tendenz zu Hierarchisierung innerhalb des Bündnisses. Diejenigen Gruppen, die inhaltlich die vermeintlich klarsten Positionen hatten, dominierten die inhaltliche Positionierung des gesamten Bündnisses. Diese Rolle wurde ihnen von den anderen Gruppen auch übereignet. Dies zeigte sich daran, dass die im Namen des Bündnisses verfassten Papiere zwar zur Kenntnis genommen wurden, aber wenig Anstrengungen folgten, sich über die dort verhandelten Inhalte auseinander zusetzen.

Dabei gab es eine Tendenz der Technisierung von Abläufen und Diskussionen, hinter denen die Inhalte oft zurück traten. Die Frage nach der Beteiligung oder Nichtbeteiligung von Hamburger Gruppen und Strukturen ist natürlich weniger eine persönliche als eine politische Frage. Bündnisse zu initiieren, heißt, konkrete politische Vorstellungen zu entwickeln und diese zur Diskussion zu stellen. Nur so können wir an Gruppen herantreten und von Ihnen eine politische Positionierung einfordern. Auf dieser Grundlage ist es somit auch möglich, Gruppen, die sich aus dem Bündnis herausziehen oder sich nicht beteiligen wollen, darzustellen, warum wir ihre Beteiligung politisch — nicht moralisch — notwendig finden.

Als grundsätzliches Problem muss in diesem Zusammenhang auch die nicht all zu optimistisch stimmende Verfasstheit unserer Strukturen genannt werden. Erfahrungen gemeinsamer politischer Auseinandersetzung nehmen ab und dies spiegelt sich natürlich auch in unseren Bündnissen wieder.

 

4.) Der Hafenaktionstag — Ein wenig schwammig an die Elbe

Die zentralen Kritikpunkte am Hafenaktionstag waren für uns, dass er sowohl in seiner politischen Ausrichtung unkonturiert blieb wie auch der Ablauf im Vorfeld nicht deutlich genug gemacht wurde. Dies entbehrt natürlich nicht einer gewissen Tragik, denn der Hafenaktionstag sollte für uns Ausdruck des praktischen Widerstandes gegen die EU werden, hier sollten sich alle beteiligten Gruppen ihren Raum nehmen, um die lokalen Bezüge einer Kritik an der EU herzustellen. Im Folgenden wollen wir versuchen, Gründe für das partielle Scheitern des Hafenaktionstages zu benennen.

Die Unbestimmtheit der politischen Ausrichtung ist Ausdruck unser noch mangelhaften Verbindung von Kritik und Praxis. Zwar ist es gelungen in den veröffentlichten Papieren auf einer abstrakten Ebene eine Kritik an der "Anti-Globalisierungs- und Anti-EU-Bewegung" zu formulieren, nicht gelungen ist allerdings eine Verbindung dieser Kritik mit einer Praxis, die vor Ort — in Hamburg — stattfindet.

Dies ist allerdings keine simples Vermittlungsproblem, sondern die Vorbereitung hat gezeigt, dass wir uns selbst oft nicht genau genug im Klaren waren, was aus der Orientierung auf den lokalen Raum praktisch resultiert. Konkret war die Idee des Hafenaktionstages, die Rolle der Hafenstadt Hamburg als Teil der EU-Außengrenze deutlich zu machen. Angedacht war z.B. den Zusammenhang zwischen freiem kapitalistischen Warenverkehr und restriktiver Flüchtlingsabschottung an den Freihafengrenzen deutlich zu machen. Hier zeigten sich die Schwierigkeiten, Aktionsformen zu finden, die idealerweise in der Lage sind, aus sich selbst heraus den politischen Sinn und Gehalt einer Aktion zu verdeutlichen. Die Unbestimmtheit der eigenen Ausrichtung wurde während der Mobilisierung zum Hafenaktionstag direkt nach außen weiter gegeben.

Der zweite Punkt war die Mobilisierung. Angesprochen werden sollte die "Radikale Linke". Grundlage war für uns die Überlegung, die "eigene Szene" für das Thema EU zu interessieren um darüber in einem Teilbereich eine eigene Handlungsfähigkeit herzustellen (im Sinne einer "inneren Konsolidierung"). Dies war auch das Ergebnis unserer eigenen politischen Diskussionen, die von uns ins Bündnis hinein getragen wurde. Konkret sollte es darum gehen, antirassistische Gruppen und Zusammenhänge aus anderen Teilbereichen, die sich im weitesten Sinne mit dem Thema EU beschäftigen, anzusprechen und für eine Mitarbeit zu gewinnen. Dieses Ziel ist nur teilweise erreicht worden. So ist es nicht einmal gelungen, die eigene Szene zu mobilisieren und eine perspektivische Diskussion und Praxis in Gang zu bringen. Um es auf einen kurzen Nenner zu bringen, blieben folgende Punkte bei der Mobilisierung ganz oder teilweise ungeklärt: "WER" (wird angesprochen), "WAS" (haben wir politisch zu sagen), "WIE" (bringen wir die Kritik zum Ausdruck).

 

5.) Der Ausblick — Oder wie gehts weiter

Der Begriff "Globalisierung" wird in der öffentlichen Diskussion ebenso inflationär wie schwammig gebraucht. Er beschreibt zum einen komplexe Zusammenhänge ist aber zum anderen von einer erheblichen inhaltlichen Unklarheit geprägt. Je nach politischem und theoretischem Standpunkt wird unter "Globalisierung" höchst verschiedenes verstanden. Für die einen enthält sie das Versprechen auf eine bessere und friedlichere Welt, für die anderen verbindet sich damit die Vorstellung eines globalen Chaos. Konkret heißt das, dass unter Globalisierung eine Vielzahl von Prozessen subsumiert werden (ökologische, ökonomische, kulturelle, politische, "zivilgesellschaftliche"), so dass der Begriff jegliche Trennschärfe einbüßt.

Zweitens ist — trotz der Vehemenz mit dem der Begriff "Globalisierung" in Zentrum gesellschaftlicher Diskurse gerückt wurde — nicht der Nachweis erbracht worden, dass die Vielzahl, der sich zum Teil gegenseitig widersprechenden Prozesse tatsächlich global, also weltweit stattfinden. Es scheint eher so, dass aus einer sehr einseitigen Interessenslage heraus eben diese Suggestion aufrecht erhalten werden soll. Richtiger dagegen ist, dass der überwiegende Teil, der unter dem Begriff "Globalisierung" subsumierten Prozesse, nicht "global", sondern in den Industrienationen der Welt stattfinden, die über die ökonomischen, politischen und wissenschaftlichen Ressourcen verfügen eben diese umzusetzen.

Mit dem Begriff des "nationalen Wettbewerbsstaates" findet sich ein guter Ausgangspunkt für eine Anlayse der aktuellen Herrschaftsverhältnisse: "Nationaler Wettbewerbsstaat" beschreibt den Staat, dessen innere Struktur und dessen Politik entschieden von den Zwängen der internationalen Standortkonkurrenz bestimmt wird. Ihn kennzeichnen vor allem zwei Merkmale:

1. In funktionaler Hinsicht hört der Staat auf, die nationale Ökonomie auf der Basis administrativ organisierter Klassenkompromisse zu regulieren. Sein vorrangiges Ziel ist nun vielmehr die Optimierung der Kapitalverwertungsbedingungen auf nationaler Ebene in Bezug auf den "globalsierten" Akkumulationsprozeß in fortwährender Konkurrenz mit anderen nationalen "Standorten". Dies geschieht ohne Rücksicht auf einen internen sozialen und politischen Interessensausgleich, materieller Wohlfahrt oder die Anforderung einer gleichgewichtigen Entwicklung der sozialen Räume und Sektoren. Wirtschaftliches Wachstum ist keinesfalls mehr mit zunehmenden Massenwohlstand verbunden, sondern führt zur relativen Verarmung breiter Schichten der Bevölkerung. Staatliche Wirtschaftspolitik im Sinne von "Standortpolitik" erweist sich somit als Umverteilungspolitk zugunsten des Kapitals.

2. Strukturell vollzieht sich damit eine Entdemokratisierung innerhalb des institutionellen Rahmens der liberalen Demokratien. D.h. grundlegende politische Entscheidungen werden von demokratischen Willensbildungsprozessen und den sich darin ausdrückenden Interessen der Bevölkerung abgekoppelt. Staatliche Politik unterwirft sich immer mehr den "Sachzwängen" des Weltmarktes

Der nationale Wettbewerbsstaat stellt somit eine historisch neue Form des autoritären Staates dar. Er ist, entgegen der Theorie vom "schwachen Staat", ein durchaus starker, ökonomisch und sozial in erheblichem Umfang intervenierender Staat. Dies wird nicht zuletzt daran deutlich, dass sich der Abbau des Sozialstaates mit einem äußerst zügigen Ausbau des Polizei- und Überwachungsstaates verbindet.

Nationale Grenzen werden zwar innerhalb der kapitalistischen Zentren teilweise durchlässiger, verwandeln sich aber gegenüber der Peripherie in militärisch immer perfekter kontrollierte Festungswälle. Und die staatlichen Militärpotentiale werden angesichts des Endes des Kalten Krieges keineswegs vermindert, sondern zu technologisch hochgerüsteten Instrumenten der globalen "Krisenintervention" umgebaut.

Der Prozess der Globalisierung geht als erstes daran, die dem Sozialstaat zugrundeliegenden Klassenkompromisse zu zerschlagen. Dies hat den sozialen Abstieg ganzer Bevölkerungsschichten zur Folge, die dann entweder als nutzlos gewordene "Arbeitskräfte" in den informellen Sektor drängen oder verelenden. Und den wenigen, denen noch ein Anspruch auf Sozialleistungen zugebilligt wird, wird deren Verzehr so ungemütlich wie möglich gemacht wird. Diese, dem angeblich naturhaften Fortschreiten des Kapitalismus geschuldete, Fragmentierung der Gesellschaft hat massive Folgen.

Erstens gibt es eine immer größere Anzahl von Menschen, die sowohl von Erwerbsarbeit als auch von Sozialleistungen ausgeschlossen sind und denen oft nur der Weg in "kriminelle" Geldbeschaffungsmöglichkeiten bleibt (wobei die Grenze zwischen "informeller" und "krimineller" Arbeit ohnehin fließend ist).

Zweitens werden im Zuge des Rückzuges des Staates aus den sozialen Regulierungssystemen dringend Sündenböcke gebraucht, die für den Abbau von sozialen Rechten verantwortlich gemacht werden können.

Drittens muss, da sozialer Friede endgültig kein Ziel der Politik mehr ist, die Repressionsmaschinerie aufgerüstet werden, um den GlobalisierungsgewinnerInnen das Elend in Form von BettlerInnen aus den Augen oder in Form von Kleinkriminellen vom Halse zu schaffen.

Der Abbau des Sozialstaates im "Nationalen Wettbewerbsstaat" bedeutet nicht nur den unmittelbaren Rückzug aus sozialen Leistungen und Standards — mit diesen formalen Prozessen ist auch eine Neudefinition einer gesellschaftpolitischen Perspektive verbunden. Mit der Politik der "Neuen Mitte" führen Blair und Schröder die Politik von Thatcher und Kohl auf modernisierte Art und Weise fort: die Segmentierung und Spaltung der Klasse durch mehr Ausgrenzung, durch mehr Rassismus, durch mehr Sexismus, durch mehr Kontrolle und Überwachung.

Der Egoexpress der Leistungswilligen nimmt mehr und mehr an Fahrt auf. Die Drohung der Herrschenden ist angekommen: Im ausgerufenen Neu-Verteilungskampf, in dem die Rücksichtslosigkeit zu einem wichtigen Merkmal vermeintlicher Stärke heranwächst, werden vermehrt die Götzenbilder einer autoritären Politik beschworen. Der Sieg des sog. "Bürgerblocks" in Hamburg und gleichzeitig die breite Zustimmung für Bundesinnenminister Schily, der dieselbe Politik in rotgrün auf Bundesebene veranstaltet, zeigt, dass die Mobilisierung mit autoritären Gesellschaftsmodellen keine lokalen Phänomene sind.

Für das völlig vereinzelte Individuum, das sich nun als eigenständiger Unternehmer und Gestalter seiner Biographie in der Konkurrenz aller gegen alle als eigener Standort vermarkten muss, werden vom Staat kollektive Identitäten geschaffen oder wiederbelebt. Seien diese nun national ("Wir Deutsche"), regionalistisch ("Wir Bayern, die immer in den Länderfinanzausgleich zahlen und denen zum Dank noch das Kruzifix von der Wand gerissen wird") oder sozialdarwinistisch ("Wir ehrlichen Steuerzahler, wahlweise Beitragszahler").

Ziel einer Auseinandersetzung innerhalb der radikalen Linken muss deshalb sein, die Vielzahl der Prozesse zu benennen, zu analysieren und ihre Folgen für die Menschen in politisch-praktischen Widerstandshandlungen sichtbar zu machen. Das theoretische Rüstzeug für eine solche Praxis ist in Teilen bereits entwickelt, so dass sich ökonomische Prozesse unter Einbeziehung des historischen Materialismus oder kulturelle Prozesse unter Berücksichtigung hegemonialer Machtinteressen durchaus so analysieren lassen, dass sie in einer radikalen Kritik an den bestehenden Verhältnissen münden können.

In diesem Sinn wird es in Hamburg z.B. wichtig sein, die Politik des künftig regierenden "Bürgerblocks" in dem Zusammenhang der Transformation des Staates zum "nationalen Wettbewerbsstaat" zu analysieren. Und die damit verbundenen Projekte des neuen Senates auf der Achse der europäischen Integration zu erkennen, anzugreifen und Widerstandsperspektiven zu entwickeln, die ihren Ausgangspunkt in den lokalen Bedingungen haben, aber in ihrem politischen-praktischen Bewusstsein deutlich machen, dass es gilt, die gesamte Bäckerei zu erobern!