2-11-02: Abschiebeknast verhindern
Aufruf für Demo gegen den Abschiebeknast in Rendsburg Kein Abschiebeknast in Rendsburg ... und auch nicht anderswo!
In Rendsburg entsteht ein Abschiebeknast
Im November 2002 soll das Abschiebegefängnis in Rendsburg fertig

sein. Bis zu 56 (männliche) Abschiebehäftlinge sollen hier einsitzen. Der Umbau der Jugendarrestanstalt in der Grafenstraße hat 1,2 Millionen Euro gekostet, der Betrieb wird pro Jahr 2 Millionen Euro verschlingen. Beim Umbau ging es vor allem darum, Freizeit- und Werkräume zu Zellen umzubauen, um Platz für mehr Gefangene zu schaffen und das Gefängnis ausbruchssicher zu machen. Gleichzeitig sollen Frauen in einer eigenen Abteilung im Frauengefängnis Lübeck eingesperrt werden, die Möglichkeit, Abschiebehäftlinge auch in normale Gefängnisse oder angemietete Plätze in Hamburger und Brandenburger Gefängnisse zu sperren, bleibt erhalten.

Wer kommt in Abschiebehaft?

Abschiebehaft ist keine Strafhaft. In Abschiebehaft kommen Flüchtlinge, MigrantInnen und andere Menschen ohne deutschen Pass, die kein Aufenthaltsrecht haben und bei denen seitens der Ausländerbehörde der Verdacht besteht, dass sie nicht freiwillig ausreisen werden. Dieser Verdacht muss nicht objektiv begründet sein, sondern kann schon daran festgemacht werden, dass jemand auf Befragen sagt, dass er in Deutschland bleiben möchte. Abschiebehaft soll höchstens drei Monate dauern, kann aber auf bis zu 18 Monate verlängert werden. In Abschiebehaft können zum Beispiel Flüchtlinge sowie Migrantinnen und Migranten geraten, die

  • vor Verfolgung und/oder Hunger geflohen sind und einen Asylantrag gestellt haben, der abgelehnt wurde,
  • als BesucherInnen eingereist sind, deren Visum aber inzwischen abgelaufen ist,
  • · einen Inländer geheiratet haben, deren Ehe aber vor der Mindestzeit von zwei Jahren auseinander gegangen ist,
  • ohne Erlaubnis eingereist sind, um hier zu arbeiten oder Verwandte zu besuchen, und z.B. bei einer Polizeikontrolle ohne Papiere erwischt wurden,
  • gegen Gesetze verstoßen haben, die nur für Menschen ohne deutschen Pass gelten.
Flüchtlinge und MigrantInnen, die strafrechtlich verurteilt wurden und danach ausgewiesen werden, kommen nicht in das Abschiebegefängnis in Rendsburg. Hier sollen also nur Abschiebehäftlinge eingesperrt werden, die "nichts getan haben", außer dorthin zu gehen, wo sie sich ein besseres Leben versprechen. 1993 wurde das Asylrecht abgeschafft 1993 wurde das bis dahin geltende Asylrecht abgeschafft, das Grundgesetz geändert. Wer direkt, z.B. per Flugzeug, nach Deutschland kommt, wird noch auf dem Flughafen in einem Lager interniert. Flüchtlinge, die über ein Nachbarland ("sicherer Drittstaat") einreisen, haben kein Recht mehr auf Asyl. Deshalb werden von ungefähr 100.000 Asylanträgen, die pro Jahr entscheiden werden, nur etwa 6.000 anerkannt. Weitere 20.000 Flüchtlinge bekommen ein vorläufiges Bleiberecht. Dabei sollte es doch egal sein, über welches Land ein Flüchtling einreist – es muss ein Recht auf Asyl geben, und Menschen sollten selbst entscheiden dürfen, wo sie leben.
Mehr als 55.000 Asylanträge wurden im Jahre 2001 abgelehnt, viele Flüchtlinge werden anschließend abgeschoben – und häufig nach der Abschiebung im Herkunftsland erneut verfolgt, gefoltert oder gar getötet. Andere sind ohne Perspektive, ohne Arbeit und dem Hunger ausgeliefert.
Seit 1993 ist die Zahl der Abschiebungen sprunghaft gestiegen. In Schleswig-Holstein kommen zur Zeit 300 Menschen pro Jahr in Abschiebehaft, viele werden bereits nach ein paar Tagen abgeschoben, andere bleiben wochen- oder monatelang im Gefängnis. Ungefähr die Hälfte sind abgelehnte Flüchtlinge, die übrigen sollen aus anderen Gründen das Land verlassen. Wenn das Abschiebegefängnis in Rendsburg fertig ist, können allein hier bis zu 600 Menschen pro Jahr (jeder durchschnittlich 6 Wochen) eingesperrt und abgeschoben werden.
Sind Geschäfte wichtiger als Menschen?
Die BRD ist weltweit einer der größten Rüstungs- und Waffenexporteure und schafft durch ihre kriegerische Außenpolitik weitere Fluchtursachen. So kam es beispielsweise Anfang der 90er Jahre durch die maßgeblich von der BRD betriebene Zerschlagung Jugoslawiens zu einer Steigerung der Flüchtlingszahlen in der BRD. Zynischerweise initiierten die bürgerlichen Parteien zeitgleich eine ‚Das Boot ist voll'-Kampagne, die unter anderem zur Zunahme rassistischer Morde, Pogromen wie in Rostock-Lichtenhagen und zur faktischen Abschaffung des Asylrechts führte.

Eine Perspektive auf menschenwürdige Existenzbedingungen für alle wird im entfesselten Kapitalismus zerrieben. Millionenfaches Leid und Armut auf der einen Seite, auf der anderen unvorstellbarer Reichtum.
Kein Mensch flieht freiwillig. Menschen fliehen, weil ihnen die wirtschaftliche Grundlage entzogen wird, weil sie diskriminiert, verfolgt oder gefoltert werden, weil ihnen Krieg oder Hunger droht. Während des Asylverfahrens in Deutschland geht die Diskriminierung aber weiter: Unterbringung in Sammelunterkünften, Arbeitsverbot, gekürzte Sozialhilfe, Meldepflichten und die Residenzpflicht, nach der Flüchtlinge ihren Kreis nicht ohne Erlaubnis verlassen dürfen, sind einige Beispiele dieser Politik. Am Ende dieser Kette von Diskriminierungen steht die Abschiebehaft und die Abschiebung. Wir wollen keine "humanere" Haft, wir wollen keine Haft! "Abschiebehaft ist keine Strafhaft" so Schleswig-Holsteins Justiz-Staatssekretär Wulf Jöhnk. Deshalb soll in Rendsburg "menschlicher" inhaftiert werden (LZ 11.04.2002). Das ändert nichts daran, dass für die Betroffenen die Inhaftierung völlig unverständlich bleibt, oft alte Traumata aktiviert werden und in der öffentlichen Wahrnehmung die Kriminalisierung und Stigmatisierung von MigrantInnen verstärkt wird. Das Rendsburger Abschiebegefängnis wird "human" genannt – eine rot-grüne Propagandalüge, die zur Verschleierung der Realität und zur Einbindung gesellschaftlicher Gruppen in die Knast-Verwaltung dient. In der Abschiebehaft haben sich in Deutschland schon über 30 Menschen das Leben genommen. Mit Beratungsstelle und sozialer Betreuung sollen Selbstmorde im Rendsburger Gefängnis verhindert werden. Was der Häftling dann nach der Abschiebung an Leid erfährt ist nebensächlich, denn es geht lediglich darum die bestehenden wirtschaftlichen und politischen Machtstrukturen zu erhalten.

Demo! Aktionstag!

Für den 2. November rufen wir zu einer Demonstration und einem Aktionstag auf. Die Demonstration beginnt mittags und der Vormittag ist frei für verschiedenste Aktivitäten aus der linken und antirassistischen Protestkultur. Also kramt in Euren Aktionskisten, denkt Euch was aus! Auf einer der Kundgebungen bei der anschließenden Demonstration wird es Raum geben zu berichten, was Ihr gemacht habt und welche Erfahrungen Ihr gesammelt habt.

Aktiv gegen den Rendsburger Abschiebeknast und staatliche Flüchtlingsabwehr!

Auftaktkundgebung der Demonstration 12 Uhr Theatervorplatz

... und auch nicht anderswo! Am 2. November finden nicht nur Aktionen gegen den Rendsburger Abschiebeknast statt. Ein bundesweites Treffen von Abschiebehaftgruppen ruft zu dezentralen Aktionen an Abschiebeknästen auf. Nähere Informationen findet ihr im Internet unter http://www.abschiebehaft.de

Kontakt: Netzwerk Asyl Rendsburg
Postfach 506
24768 Rendsburg
Tel/Fax 04331/849219
mail:kontakt@netzwerk-asyl.de

Aktuelles:
www.netzwerk-asyl.de

Spenden:
Die Aktivitäten gegen den Abschiebeknast Rendsburg kosten viel Geld. Bitte spendet auf folgendes Konto:
Gesellschaft für politische Bildung
KN : 1300 19-201
BLZ: 200 100 20 [Postbank Hamburg]
Verwendungszweck RENDSBURG

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