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Für
Bewegung sorgen! Naziaufmarsch stoppen!
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Am
29. Januar 2005 wollen militante Neonazis aus sogenannten freien
Kameradschaften zusammen mit der NPD durch Kiel marschieren. Unter dem
Motto „Gegen Multikulti und Hartz IV, das Volk sind wir“ wollen sich
Herrenmenschen, RassistInnen und AntisemitInnen, faschistische
SchlägerInnen, gesichtslose Familienoberhäupter,
frauenverachtende
Männerhorden, rechts- und ordnungsfanatische
SpießbürgerInnen in der
Stadt zusammenrotten.
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„ Der Tod ist ein Meister aus Deutschland“ ( Paul Celan)
Die Nazis beziehen sich mit ihrem Aufmarschdatum bewusst auf die
Machtübergabe an die NSDAP vor 72 Jahren. Kern der
nationalsozialistischen Ideologie ist der Glaube an die naturbedingte
Überlegenheit einer herbei halluzinierten „arischen Rasse“.
Hieraus
leiten Nazis den historischen Auftrag ab, dem „Recht der Natur“ Geltung
zu verschaffen. Durch „Rassenhygiene“ und Eugenik , durch die
„Ausmerzung“ von „minderwertigen Rassen“ sowie „kranken Elementen“ soll
ein „reiner arischer Volkskörper“ geschaffen werden. Im
Nationalsozialismus wurde diese Ideologie erstmals zur Staatsdoktrin
erklärt. Sterilisations-, „Euthanasie“- und Nürnberger
„Rassegesetze“
bildeten eine Grundlage für die systematische und industrielle
Massenvernichtung von JüdInnen, Sinti und Roma, Homosexuellen und
sog.
behinderten Menschen.
Dazu kam, dass Rassismen und Antisemitismus einhergehend mit
Herrenmenschentum, Loyalität, Abgabe der Selbstverantwortung durch
hierarchische Strukturen und Bürokratismus in den Denkstrukturen
zutiefst verankert waren.
Das Kontroll- und Überwachungssystem des Nationalsozialismus
funktionierte deshalb so gut, weil es ein perfekt organisiertes
Netzwerk von Kontrolle und Selbstkontrolle war, aufgebaut auf
widerlichstem Denunziantentum, das auch dem kleinsten Arschloch das
Gefühl gab, ein wenig an der Macht teilhaben zu können.
„Ihre Welt aus Ordnung ist mir zu steril und ihre Freiheit ist wie Stacheldraht“ (Toxoplasma)
Die Gesellschaft, in der wir heute leben, ist eine durch und durch
geordnete, von oben nach unten, in der das Recht des Stärkeren und
die
Verfügungsgewalt über vermeintlich Schwächere gelten.
Eine durch und
durch repressive Welt, die gegen alle mobil macht, die sich nicht im
Rahmen der vorgegebenen Normen bewegen wollen oder können. Eine
durch
und durch kontrollierte Welt, die mit Überwachungssystemen,
Denunziantentum und Polizeipräsenz all denen ein Gefühl von
Sicherheit,
Wichtigkeit und Überlegenheit geben will, die sich nichts mehr zu
sagen
haben und deren Gefühlshorizont sich irgendwo zwischen kaputten
Fernsehshows, Bedrohungsphantasien durch alles Fremde und Hass auf
alles, was in ihrer Welt keinen Platz hat, bewegt.
Wo die völkisch-rassistische Ideologie als bedeutende
gesellschaftliche
Strömung eine über 100jährige Kontinuität aufweist,
wo autoritäre
Mechanismen die Gesellschaft durchdringen, sind die Wurzeln geblieben
und Anknüpfungspunkte faschistischer Ideologie an die Mitte der
Gesellschaft hergestellt. Die Deutschen verdrängen und halten
diese
„Werte“ und „Preussischen Tugenden“ als deutsches Gut aufrecht.
Deutsches Grossmachtstreben wird mit „historischer Verantwortung“
legitimiert. Was vor Jahren nur aus den Tiefen das alt- und
neonazistischen Sumpfes zu hören war, ist heute oftmals
Regierungspolitik und gesellschaftliche Normalität.
Das bißchen Totschlag...“ (Die Goldenen Zitronen)
Parteien wie SPD und Grüne setzen heute mit ihrer „inneren
Sicherheit“
auf die umfassende Kontrolle des Individuums – von
„Bürgerrechten“,
„Datenschutz“und „Recht auf Privatsphäre“ will heute niemand mehr
reden
- stattdessen wechseln sich in den Medien Bedrohungsszenarien über
„islamistische Terrorpläne“, „russische Mafia-Banden“ und
„afrikanische
Drogendealer“ beliebig ab. So entsteht ein irrationales
Angstgefühl und
das Bedürfnis, sich von der Umwelt abzuschotten. Und da in der
Argumentation politischer StrategInnen alles Böse von außen
kommt, wird
das kapitalistische Projekt EU seit Jahren zu einer milliardenschweren
Festung ausgebaut. An den EU-Außengrenzen aus
Hochsicherheitszäunen und
Hightech-Überwachungsanlagen sind schon mehr als 4000 Menschen bei
dem
Versuch, ins reiche Europa zu gelangen, gestorben.
Während die staatliche Abschiebemaschinerie sich zu einem
lukrativen
Geschäft entwickelt hat, müssen Flüchtlinge unter
menschenunwürdigen
Bedingungen verharren und sind dabei schutzlos dem Terror von
SchließerInnen und Sicherheitsdiensten ausgesetzt.
Allein im Rendsburger Abschiebeknast, versuchten bereits mehrere
gefangene MigrantInnen, sich das Leben zu nehmen, weil sie den
dauerhaften Terror und die ständige Angst vor Abschiebung nicht
länger
ertragen konnten.
Diese widerlichen und menschenverachtenden Zustände werden von den
Regierenden genauso bewusst hergestellt, wie die Existenz
hunderttausender sogenannter illegalisierter Menschen, die sich unter
härtesten Bedingungen im reichen Europa durchschlagen müssen,
in Kauf
genommen wird.
Völkisch-rassistische Hetze um „Leitkultur“,
„Parallelgesellschaften“
und die Forderungen nach einer als Integration titulierten Assimilation
der MigrantInnen zeigen, dass den Regierenden nichts ferner liegt, als
die in der Bevölkerung weit verbreitete rassistische Gesinnung zu
bekämpfen. Sie wird im Gegenteil als Grundlage für die
Durchsetzung
kapitalistischer Interessen für notwendig erachtet.
Niemand anderes als Rot-Grün hat in so rasendem Tempo die
Remilitarisierung deutscher Politik durchgesetzt. Imperialistische
Angriffskriege in aller Welt zur Aneignung von Rohstoffen und
Absicherung deutscher Interessen sind als offizielle militärische
Richtlinien Normalität geworden - eine Diskussion in Gesellschaft
und
Medien findet nicht statt. Im Gegensatz zu den us-amerikanischen
Kriegen wird bei deutschen Militäreinsätzen unhinterfragt von
„ehrenhaften“ Zielen ausgegangen.
Die für die Militarisierung der Außenpolitik erforderliche
Militarisierung der Gesellschaft nach innen bedeutet seit Jahren das
Zurückschlagen feministischer und antipatriarchaler Positionen.
Kernstücke patriarchaler Ideologie wie Konkurrenzdenken,
Chauvinismus,
das Recht des Stärkeren, Machtstreben und Heldentum sowie
Verfügungsgewalt über vermeintlich Unterlegene wie Frauen,
Kinder,
Alte, Kranke, Arme, Menschen anderer Herkunft, Religion oder Hautfarbe
kehren mal schleichend, mal offensichtlich in alle gesellschaftlichen
Bereiche zurück.
Niemand anderes als Sozialdemokratie und Grüne sind dabei, in
Zusammenarbeit mit dem Kapital, ohne nennenswerten Widerstand der
Gewerkschaften, die über 100 Jahre erkämpften Rechte der
Lohnabhängigen
zu zerschlagen. Sie verabschieden sich von jeglichen „sozialen“
Komponenten einer kapitalistischen Marktwirtschaft.
Die Rolle des Staates im Kapitalismus war schon immer, optimale
Bedingungen für die Ausbeutung der Arbeitskraft zu schaffen.
Deshalb
ist der bürgerliche Staat ist keine neutrale Instanz, die nur
anders
geführt oder besetzt werden muss.
„Die da oben machen ja doch, was wir wollen“ (Bernadette La Hengst)
Eine
antifaschistische Perspektive kann demnach nur der Kampf gegen die
gesellschaftliche Ordnung sein .Wir vertrauen nicht darauf, dass uns
der Staat vor Nazi-Übergriffen schützt oder das weitere
Ausbreiten
faschistischer Ideologien verhindert, sondern versuchen, den
Selbstschutz zu organisieren.
Dem Lechzen nach Macht über andere
und dem Aufstieg in der durch Kapitalismus und Patriarchat vorgegebenen
Hackordnung setzten wir Solidarität entgegen.
Ein zentrales Moment antifaschistischer Politik ist für uns die
Solidarität mit denen, die unter dem institutionalisierten
Rassismus
und dem Terror faschistischer Banden am meisten leiden. Diese
Solidarität können wir mit der Forderung nach
uneingeschränkter
Bewegungsfreiheit, offenen Grenzen und dem Bleiberecht für alle
Flüchtlinge und MigrantInnen auf vielfältige Weise praktisch
umsetzen.
Ein anderer Aspekt ist es, den Nazis weder die Straße noch
sonstigen Raum zu überlassen.
Der einzige Grund dafür, dass Kiel keine „national befreite Zone“
wie
einige ostdeutsche Regionen ist, in denen die Nazis die Herrschaft
über
die Straße übernommen haben, ist der, dass sie hier mit
antifaschistschen Widerstand konfrontiert werden, sobald sie
öffentlich
auftreten. Das gilt es fortzuführen – nicht nur am 29.1., sondern
auch
im laufenden Landtagswahlkampf, wobei davon auszugehen ist, dass die
NPD u.a. auch wieder mit samstäglichen Infotischen in der
Holstenstraße
präsent sein wird.
Wir appellieren weder an den Staat noch an irgendwelche Unternehmen,
noch vertrauen wir auf irgendwelche Wahlen, um unsere Träume und
Utopien einer solidarischen, gerechten und kollektiven Gesellschaft zu
verwirklichen.
Wie wir schon im Zusammenhang mit den Aktionen gegen die
Arbeitsagenturen sagten: Wir machen die Ansprüche und
Bedürfnisse nach
einem schönen Leben für alle Menschen weltweit zum
Ausgangspunkt einer
Kritik des Bestehenden.