Isohaft ist Folter
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Isolationshaft ist Folter
„...Das Gefühl, es explodiert einem der Kopf (das Gefühl, die Schädeldecke müsste eigentlich zerreißen, abplatzen)- das Gefühl, es würde einem das Rückenmark ins Gehirn gepresst-...Das Gefühl, als sei einem die Haut abgezogen worden“. (Aus einem Brief von Ulrike Meinhof, vom 16.06.72-9.2.73 in Köln-Ossendorf in totaler Isolation inhaftiert.) Isolationshaft In den USA als Gehirnwäscheprogramm für politische Gefangene entwickelt, in Deutschland in den siebziger Jahren angewandt und in alle Welt exportiert. Isolationshaft von Menschenrechtsorganisationen weltweit als „Weiße Folter“ geächtet, hat es für die Folterer und ihre Hintermänner vor allem einen Vorteil, es hinterlässt keine sichtbaren Spuren. Isolationshaft wird deshalb auch insbesondere von Staaten als Foltermethode angewandt, die sich selbst einen demokratischen und rechtsstaatlichen Charakter geben wollen. Die Einführung von Isolationshaft in der Türkei 1990 besuchte eine türkische Regierungsdelegation das Gefängnis Stuttgart-Stammheim, um sich über die Anwendung der Isolationshaft zu informieren. Nach einer ca. einjährigen Diskussion begannen politische Gefangene drei linker türkischer Organisationen am 20.10.2000 mit einem Hungerstreik gegen die geplante Einführung der Isolationszellen und kündigten gleichzeitig an, nach 30 Tagen in ein Todesfasten überzutreten, falls die Regierung die Forderungen nicht erfüllt. Während des deshalb am 19. November 2000 begonnen Todesfasten, lenkte die Regierung zum Schein Ende November/Anfang Dezember auf Verhandlungen ein. Zu diesem Zeitpunkt waren die Geschehnisse von Ende Dezember 2000 bereits lange geplant. Am 30 November erklärte die türkische Regierung „ Falls die Aktionen (gemeint ist der Hungerstreik) nicht beendet werden, werden die Verantwortlichen das nötige unternehmen..., um die F-Typ-Gefängnisse (Isolationsgefängnisse) so schnell wie möglich einzuführen.“ Menschenrechtsorganisationen wussten diese Verlautbarungen richtig zu deuten. „Die Regierung bereitet neue Angriffe vor und droht mit Massakern, anstatt die Rechte und Freiheiten der Gefangenen anzuerkennen“, hieß es in einer Erklärung, die TAYAD Anfang Dezember herausgegeben hatte. Am Morgen des 19.12.2000 stürmten 8500 schwerbewaffnete Soldaten, darunter auch speziell ausgebildete Spezialbataillone und Eliteeinheiten der Geheimdienste zeitgleich zwanzig Gefängnisse, in denen sich hungerstreikende/todesfastende Gefangene befanden. Zur Ausrüstung der Militärs gehörten Kanas-Präsisionsgewehre, Nachtsichtgeräte, Flammenwerfer, Bulldozer, Panzer, Hubschrauber, Nerven-, Rauch, und Tränengasbomben, Bagger, Vorschlaghämmer, Schweiz- und Bohrmaschinen. Über 20.000 Tränen, Nerven, Pfeffer, und Rauchbomben wurde in die Gefängnisse geworfen, allein im Gefängnis Canakkale wurden ca. 5500 Gaskartuschen gezählt. 28 Gefangene wurden ermordet, zahlreiche verletzt. Zum Teil sind die Gefangenen bis heute nicht von den Verletzungen genesen. Exkurs: Die Türkei und die westliche Demokratie Bereits am 17. Dezember schlossen die USA ihre Botschaften und Konsulate in der Türkei und deren Nachbarländer. Ein sicheres Zeichen, dass die USA von dem Angriffsplan auf die Gefängnisse informiert war und Vorkehrungen im Sicherheitsbereich trafen. Kein EU/NATO Statt verurteilte das Vorgehen des türkischen Militärs. Im Gegenteil, am 22 Dezember, die Militäraktion war gerade beendet, bewilligte der IWF (Internationaler Währungsfond) der Türkei einen Milliardenkredit, um den diese jahrelang gekämpft hatte. Ob der Termin Absicht oder Zufall war, mag dahingestellt bleiben. Läge westlichen Staaten/Institutionen jedoch ernsthaft etwas an der Einhaltung der Menschenrechte, hätte sie einen Milliardenkredit nicht gerade nach Geschehnissen bewilligt, die an den Militärputsch von 1980 erinnern. Eine der wenigen Ausnahmen waren belgische Parlamentarier, die sich Anfang Januar 2002 in Istanbul befanden und sich aktiv für Gefangene und UnterstützerInnen einsetzen. Nach dem MassakerDie meisten männlichen politischen Gefangenen wurden nach der Stürmung in die F-Typ-Gefängnisse verlegt. Jetzt beteiligten sich jedoch noch weitere Organisationen der türkischen Linken an dem trotz der Isolationshaft und Massakern fortgesetzten Hungerstreik/Todesfasten. Gleichzeitig ließ außerhalb der Gefängnisse der Protest gegen die Isolationshaft aufgrund des Schockes des 19. Dezembers und der anhaltenden Repressionen nach. So wurden Anfang November 2001 die Istanbuler Armenvierten Alibeyköy und Kücückarmutlu von Sondereinheiten der Polizei und dem Militär angegriffen, weil es dort eine starke Solidarität mit den Gefangenen gab und auch Angehörige bzw. auf Zeit entlassende Gefangene das Todesfasten aufnahmen bzw. draussen fortsetzten. Erst Anfang dieses Jahres entwickelte sich durch einen von der Anwaltskammer formulierter Lösungsvorschlag unter dem Namen „Drei Türen-drei Schlösser“ wieder eine stärkere Protestbewegung. Dieser Vorschlag sieht vor, dass aus jeweils drei Dreierzellen die Schlösser entfernt werden, so dass neun Gefangene zusammen leben könnten. Dieser Vorschlag wurde jedoch vom Justizminister durchweg abgelehnt. Anfang Mai forderte der IHD (Menschenrechtsverein)-Vorsitzende nach einem internen Gespräch mit dem Justizminister die Gefangenen öffentlich auf, das Todesfasten zu beenden. Am 28 Mai brachen acht Organisationen das Todesfasten ab. In einer Erklärung schrieben sie, sie würden den Kampf gegen die F-Typ Zellen nunmehr mit anderen Mittel fortsetzen. 32 Gefangene der DHKP-C (Revolutionäre Volksbefreiungspartei/Front) setzen das Todesfasten bis auf den heutigen Tag fort. Solidarität in Deutschland?! Die heutige Aktion findet im Rahmen einer Reihe von Aktivitäten in verschiedenen europäischen Städten statt, die auf den Kampf politischer Gefangener gegen Isolationshaft aufmerksam machen sollen .Herausgeber: Autonome Linke Neumünster href="http://www.aulin.da.ru">www.aulin.da.ru Buchtipp: |