Hasan
Sevimli erneut in der Türkei untergetaucht
Der Ende Januar 2001 in die Türkei abgeschobene 19-jährige
Kurde Hasan Sevimli soll dort erneut untergetaucht sein. Aus dem Umfeld
des Helferkreises, der sich für ein Bleiberecht von Hasan eingesetzt
hatte, wurde bekannt, dass der Schüler von der türkischen
Polizei gesucht wird, weil er in Deutschland den Militärdienst
in der Türkei verweigert hat. Der zuletzt in Süddeutschland
untergetauchte 19-Jährige war in die Türkei abgeschoben
worden, nachdem ihn ein Verwandter denunziert hatte.
(AZADI/DK, 22.5.2001)
Abgeschoben,
gefoltert, durch Minen getötet
Laut Mitteilung
des Niedersächsischen Flüchtlingsrates ist der aus der Bundesrepublik
in die Türkei abgeschobene Kurde Adnan Cevik bei seinem Versuch, erneut
nach Deutschland zu fliehen, durch Minen an der griechisch-türkischen
Grenze getötet worden. Ende 1999 wurde er nach Ablehnung seines Asylantrags
in die Türkei abgeschoben. Nach Angaben seines in der Türkei lebenden
Vaters wurde Adnan sofort nach seiner Ankunft mehrere Wochen festgehalten
und gefoltert. Wie der Niedersächsische Flüchtlingsrat mitteilte,
sind an der Grenze zwischen der Türkei und Griechenland in den vergangenen
zehn Jahren etwa 30 Menschen bei Fluchtversuchen umgekommen. (AZADI/FR,
19.4.2001)
Knallhartes
Ausländergesetz
Rund 300 Schüler/innen
der Gesamtschule und der Bürgermeister der Stadt Löhne/Westfalen setzen
sich beim Petitionsausschuss des nordrhein-westfälischen Landtags
für den 17-jährigen Kurden Mehmet Demir ein, der 1995 als 11-Jähriger
nach Deutschland kam und nun abgeschoben werden soll. Sein Vater Ömer
Demir und der kleinere Bruder dürfen (noch) hier bleiben. “Mein Vater
war in der Türkei acht Jahre lang im Gefängnis. Meine Mutter ist tot”,
sagt der Jugendliche. Der erste Asylantrag des Vaters wurde zwar abgelehnt,
doch wird er weiterhin geduldet: “Weil er sehr krank und körperlich
und psychisch nicht reisefähig ist. Mein Vater wurde in türkischen
Gefängnissen gefoltert. Davon hat er sich nie erholt”, erläutert Mehmet
Demir. Rechtsanwalt Rainer Hoffmann aus Bielefeld: “Normalerweise
wäre Ömer Demir nicht einmal verhandlungsfähig gewesen. Dass sein
Asylantrag im ersten Verfahren abgelehnt wurde, hätte ich nie für
möglich gehalten.” Zur drohenden Trennung von seinen einzigen Verwandten
kommt bei Mehmet die massive Angst, vor dem Hintergrund des Schicksals
seines Vaters als Kurde in der Türkei starken Repressalien ausgesetzt
zu werden. Rechtsanwalt Hoffmann: “Das Ausländergesetz ist knallhart.
Das hat der frühere Innenminister Kanther genauso gewollt. Ob jemand
aus Schule, Hochschule oder Beruf gerissen wird, ist nach dem Gesetz
völlig egal.” Der Petitionsausschuss des Landtags ist nunmehr die
letzte Hoffnung. Das Ausländeramt in Herford will auf eine Abschiebung
während des laufenden Petitionsverfahrens verzichten. (AZADI/NW, 30.4.
2001)
Akt
staatlicher Gewalt
Fünf saarländische
Rock-Bands spielten am 23. Mai in der Niedtalhalle Siersburg, um zu
zeigen, “dass man nicht zu allem schweigen darf, was im kleinen Saarland
passiert”. Das Konzert “Rock für Menschlichkeit” ist für den 20-jährigen
Kurden Hüseyin Yalcin, der am 20. März 2001 aus dem Saarland abgeschoben
wurde. Der Bassist Tom Rüdell hatte erfahren, dass Hüseyin Yalcin
von einem Großaufgebot an Polizeikräften mit Hundestaffel aus dem
Landesaufnahmelager Lebach abgeschoben worden ist, obwohl er das einzige
volljährige Kind einer fünfköpfigen Familie ist, die ohne Vater lebt
und dessen Schwester unheilbar an Leberzirrhose erkrankt ist. Und
obwohl der damalige saarländische Innenminister Klaus Meiser zugesagt
hatte, dass Hüseyin so lange im Saarland bleiben könne, wie seine
todkranke Schwester noch lebt. “Dieses Wort wurde nicht gehalten.
Was mit Hüseyin passiert ist, war ein Akt willkürlicher politischer
Gewalt - unmenschlich, brutal, kalt. Uns geht es darum, das öffentlich
zu sagen,” erklärt Tom Rüdell stellvertretend für seine Band und für
die anderen Musikgruppen. Hüseyin muss jetzt seinen Dienst als Soldat
beim türkischen Militär ableisten. Der Erlös des Konzertes soll der
Familie Yalcin zu Gute kommen. (AZADI/SZ, 21.,28.5.2001)
Behörden
arbeiten türkischem Militär zu
Der kurdische
Kriegsdienstverweigerer Sedat Baydemir droht die Abschiebung, weil
die Behörden seine aktive Teilnahme an Aktionen gegen den Kriegsdienst
im Rückkehrfall nicht für einen gefährlichen Umstand halten. Nach
Ansicht von Pro Asyl und Connection e.V., einer Organisation für Kriegsdienstverweigerer
und Deserteure, bedeute dies eine krasse Fehleinschätzung. Es drohe
dem Betroffenen nicht nur ein großes Risiko von Misshandlungen, sondern
auch Strafverfolgung wegen Separatismus. Am 1. Dezember 2000 hatte
Sedat Baydemir vor dem türkischen Konsulat in Hannover öffentlich
erklärt: “Ich mache vom Recht auf Kriegsdienstverweigerung Gebrauch
und lehne den Kriegsdienst und den Krieg ab. Ich möchte nicht, dass
das türkische Militär mich als eine Tötungsmaschine benutzt. Ich möchte
weder töten noch getötet werden.” Über diese Aktion berichtete auch
die türkische Tageszeitung “Hürriyet” und denunzierte die beteiligten
Verweigerer als Angehörige der PKK. Vor allem aufgrund dieses Artikels
sehen Pro Asyl und Connection eine hohe Gefährdung von Sedat Baydemir:
“Anstatt diejenigen zu unterstützen, die sich der Teilnahme am Krieg
in der Südosttürkei entziehen, um ihn beenden zu helfen, arbeiten
deutsche Behörden durch die Abschiebung von Wehrpflichtigen dem türkischen
Militär noch zu.” Beide Organisationen wollen sich dafür einsetzen,
dass die zuständigen Behörden die Gefährdung Baydemirs anerkennen.
Ein im Februar 2001 gestellter Folgeantrag wurde vom Bundesamt für
die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge abgelehnt. Am 30. Mai 2001
demonstrierten kurdische und türkische Kriegsgegner sowie deutsche
Unterstützer vor der Justizvollzugsanstalt Hanau, in die Baydemir
nach seiner Festnahme gebracht worden war. Am Abend vor der Kundgebung
war Sedat Baydemir allerdings aus Furcht vor “Unruhen” in die JVA
Weiterstadt verlegt worden. (AZADI/jw, 26., 31.5.2001)
Zur
Teilnahme am “Projekt X” gezwungen
Der 28-jährige
syrische Kurde Hussein Daoud, der im vergangenen Dezember aus Deutschland
abgeschoben wurde, ist bei seiner Ankunft in Damaskus sofort verhaftet
worden und offenbar an den Folgen von Misshandlungen im Polizeigewahrsam
gestorben. Dies meldeten Flüchtlingsorganisationen aus Niedersachsen
Ende April. Hussein Daoud lebte zuvor zwangsweise im so genannten
“Projekt X”, einem Sonderbereich der Zentralen Anlaufstelle für Asylbewerber
in Braunschweig, das seit nunmehr drei Jahren in Braunschweig und
Oldenburg als Modell abgelehnte Asylbewerber/innen interniert, die
wegen “ungeklärter Identität” nicht abgeschoben werden können. Die
Behörden bezweifeln die Angaben der Asylsuchenden. Ähnliche Projekte
sind in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz geplant. Wer in dieses
Projekt gezwungen wird, darf nicht arbeiten, keine Deutschkurse besuchen
und wird regelmäßig verhört: “Wir haben es satt. Jeden Tag rufen sie
dich, fragen dich, woher du kommst. Jeden Tag die gleichen Fragen,
die gleichen Antworten,” sagt ein Flüchtling. Zimmerdurchsuchungen,
bei denen es zu Beschlagnahmungen von Briefen, Dokumenten oder auch
Geld kommt, dienen dem Zweck, Hinweise auf das Herkunftsland zu erhalten.
Etwa 40 Prozent der Flüchtlinge sind inzwischen untergetaucht. In
den letzten drei Jahren konnte nach offiziellen Angaben lediglich
bei 22 Prozent der Flüchtlinge die “Identität belegt” werden; die
Hälfte von ihnen wurde abgeschoben. (AZADI/jw, 31.5.2001)
Abgeschoben
in die Folter
Im vergangenen
Jahr sind laut Niedersächsischem Flüchtlingsrat und Pro Asyl in mindestens
fünf Fällen abgeschobene kurdische Flüchtlinge nach ihrer Ankunft
in der Türkei gefoltert worden. Beide Organisationen gehen von 35
nachweisbaren Misshandlungen in den vergangenen zwei Jahren aus. Pro
Asyl fordert die Behörden und Gerichte auf, “endlich großzügig Asyl
zu gewähren und die Gefahrenprognose der tatsächlichen Gefährdungslage
anzupassen”. (AZADI/FR, 31.5.2001)