
...und
staatliche Repression (Photo AZADI, Düsseldorf)
Identitätskampagne:
Behinderung, Durchsuchung, Festnahmen, Verbote (I)
Am
29. Juni 2001 brachen in Mannheim etwa 150 kurdische Jugendliche zu
einem Friedensmarsch an die deutsch-französische Grenze nach
Kehl auf unter dem Motto Anerkennung der politischen und kulturellen
Rechte der Kurden Demokratie in der Türkei. Trotz
einiger Behinderungen durch baden-württembergische Behörden,
konnten die Jugendlichen ihren zweiwöchigen Marsch am 13. Juli
in Kehl beenden.
Am 2. Juli 2001 wurde eine zuvor angemeldete und genehmigte Kundgebung
in München im Zusammenhang mit der Identitätskampagne von
der Polizei verboten und die Versammlungsleiter festgenommen. Ihnen
wurde vorgeworfen, mit dieser Demonstration gegen das Betätigungsverbot
der PKK verstoßen zu haben. Gleichzeitig durchsuchten zahlreiche
Polizeikräfte in Anwesenheit eines Staatsanwaltes das kurdische
Med-Kulturhaus e.V. in München. In einer Pressemitteilung
vom 2. Juli 2001 kritisiert AZADI in aller Schärfe diese Politik
des Verbietens und Unterdrückens und fordert ein Ende der permanenten
Drangsalierung der kurdischen Bevölkerung in Deutschland.
(AZADI, Juli 2001)
Identitätskampagne:
Verbote und Ermittlungen (II)
Am 30. Juni konnten
in Hamburg mehrere tausend Menschen gegen das PKK-Verbot und für
die Anerkennung der kurdischen politischen Identität demonstrieren.
Am 2. Juli hatte eine Delegation 2.168 Selbstanzeigen der Hamburger
Justizbehörde übergeben können. Doch die Unterschriftenübergabe
hatte Folgen: 27 Personen erhielten eine polizeiliche Vorladung. Außerdem
wurden Ermittlungen gegen sie eingeleitet wegen des Verstoßes
gegen das Vereinsgesetz, u. a. auch gegen den Rechtsanwalt Jürgen
Schneider, der die Delegation begleitet hatte.
Des weiteren hat die Polizei gegen fünf geplante Kundgebungen
ein Verbot erlassen, das am 12. Juli vom Verwaltungsgericht bestätigt
wurde.(AZADI/ISKU/Kurdistan Volkshaus e.V.,13.7.,20.8.2001)
Identitätskampagne:
BAW ermittelt neu (III)
Im Rahmen der
europaweiten Kampagne zur Anerkennung der kulturellen und politischen
Identität der Kurdinnen und Kurden, verbunden mit Forderungen
nach einer Aufhebung des Betätigungsverbotes für die PKK,
haben sich bereits mehr als 27.000 Kurd(inn)en zur PKK bekannt. Der
Generalbundesanwalt (GBA) hat als Reaktion auf diese Kampagne inzwischen
ein neues PKK-Strukturermittlungsverfahren eingeleitet (Az.: 2 BJs
33/01-6). Damit macht die Bundesanwaltschaft deutlich, dass sie ungeachtet
der politischen und strategischen Veränderungen der kurdischen
Bewegung nicht bereit ist, sich aus ihrer Repressionshaltung zu lösen.
Gegenüber der Nachrichtenagentur AFP hat eine Sprecherin der
Bundesanwaltschaft (BAW) am 4. Juli 2001 die Meldung von AZADI bestätigt
und erklärt, dass sich die Ermittlungen gegen Unbekannt richteten
(was in solchen Verfahren üblich ist, AZADI). (AZADI-Pressemitteilung,
4.7.2001)
Laut SPIEGEL vom 16. Juli 2001 plädieren Verfassungsschützer
dafür, der PKK für den Fall dauerhaften Wohlverhaltens
eine Perspektive aufzuzeigen. Die außenpolitische Sprecherin
der Bündnisgrünen, Angelika Beer äußert ebenfalls
im SPIEGEL, es gebe keine Hinweise, dass das (Betätigungsverbot
der PKK, AZADI) aufrechtzuerhalten wäre. Ähnlich bewertet
dies auch der grüne Berliner Justizsenator Wolfgang Wieland:
Die PKK ist kein Gesangsverein, aber wenn sie sich geändert
hat, sollte das auch honoriert werden. Laut SPIEGEL wurde das
Thema von der Tagesordnung der Innenministerkonferenz im Mai 2001
wieder gestrichen. Vor allem Bundesinnenminister Schily befürchte
Probleme mit der türkischen Regierung. Diese würde argwöhnisch
beobachten, ob auch jeder Bekenner angeklagt wird. Dem Magazin zufolge
sollen die Generalstaatsanwälte Niedersachsens ihre Staatsanwaltschaften
angewiesen haben, vorerst keine Ermittlungen einzuleiten. Es handele
sich bei den Selbstbezichtigungen um eine bloße Sympathiebekundung
für die PKK, die nicht strafbar sei.
Halit
Y. wieder in Haft
Aufgrund eines
Haftbefehls des Bundesgerichtshofes vom 11. Juni 2001 wurde der kurdische
Politiker Halit Y. am 9. Juli in der Wohnung von Nuri K. in Bochum
festgenommen und einen Tag später verhaftet. Auf Antrag des Generalbundesanwalts
(GBA) wurde die Wohnung durchsucht, weil Halit Y. dort seinen
Lebensmittelpunkt eingerichtet habe und Belege verwahrt seien,
die als Beweismittel für seine Einbindung in den führenden
Funktionskörper der PKK dienen könnten. Beschlagnahmt
wurden u. a. Protokolle der Förderation kurdischer Vereine in
Deutschland e.V. (YEK-KOM). Halit Y. wird Mitgliedschaft in einer
kriminellen Vereinigung vorgeworfen.
Der 44-Jährige wurde bereits 1998 wegen Mitgliedschaft in einer
terroristischen Vereinigung (§ 129 a StGB)
zu einer mehrjährigen Gefängnisstrafe verurteilt und im
Februar 2000 entlassen.
Halit Y. arbeitete bis zu seiner Verhaftung im Vorstand von YEK-KOM
und setzte sich im Rahmen der Identitätskampagne für eine
Legalisierung der kurdischen Bewegung und ein Ende der Verleugnungs-
und Verbotspolitik in der Bundesrepublik ein. AZADI rief in einer
Pressemitteilung die demokratische Öffentlichkeit auf,
die Beschneidung der demokratischen Rechte eines Teiles der Bevölkerung,
der Kurdinnen und Kurden in Deutschland, nicht länger hinzunehmen.
Zudem forderte AZADI die Freilassung aller kurdischen politischen
Gefangenen. (AZADI-Pressemitteilung, 11.7.2001)
Identitätskampagne:
Durchsuchungen und Verbote (IV)
Am frühen
Morgen des 24. Juli 2001 wurden auf Antrag der Staatsanwaltschaft
Karlsruhe die Wohnung und das Auto des Vorsitzenden des Kurdischen
Elternbeirats in Pforzheim durchsucht sowie die Räume des Vereins.
Hierbei beschlagnahmte die Polizei u.a. Blanko-Formulare und unterschriebene
selbstbezichtigende Erklärungen Auch ich bin PKKler.
Ramazan S. wird vorgeworfen, gegen § 20 Vereinsgesetz verstoßen
zu haben, weil er Flugblätter verteilt und Unterschriften gesammelt
habe, obwohl er das gegen die PKK vom Bundesinnenministerium
nach Vereinsrecht ausgesprochene Betätigungsverbot kenne.
Die Stadt Karlsruhe hatte zuvor schon den Kurd(inn)en untersagt, Informationsstände
und Kundgebungen im Zusammenhang mit der Identitätskampagne durchzuführen.
Dies wird damit begründet, dass die Zielsetzung der demonstrativen
Veranstaltungen das vom Bundesminister des Innern ausgesprochene Betätigungsverbot
der PKK unterlaufe.
Auch in Bremen, Hamburg und Peine wurden alle Aktionen verboten.
(Gekürzte AZADI-Pressemitteilung v.26.7.2001)
Identitätskampagne:
Durchsuchungen und Verbote (V)