Asyl- und Abschiebepolitik
»Verfassungsfeind« muss draußen bleiben
Ein Amt für Ausländerwesen in Norddeutschland teilte einem Kurden, der einen Antrag auf Einbürgerung gestellt hatte, Ende August mit, dass er „im Moment nicht eingebürgert werden“ könne, weil bei ihm aufgrund vorgelegter Unterlagen des Landesamtes für Verfassungsschutz „Anhaltspunkte für eine verfassungsfeindliche oder extremistische Betätigung“ vorliege. Danach sei er „Funktionär der YEK-KOM“, hinter der der „Volkskongress Kurdistans“ (KONGRA-GEL) stehe. Und dieser sei „im April 2004 vom Rat der Europäischen Union als terroristische Organisation auf die sogenannte EU-Terrorliste gesetzt“ worden. Außerdem sei er vor einigen Jahren zum Vorsitzenden eines „PKK-nahen“ Kulturzentrums gewählt worden.
(Azadî)
Verfassungswidrig und überflüssig
Die Migrationsbeauftragte der Bundesregierung, Marieluise Beck, wies die Pläne der baden-württembergischen CDU zur Aberkennung der Staatsbürgerschaft für eingebürgerte Ausländer scharf zurück. Eine solche Maßnahme sei „verfassungswidrig, überflüssig und unwirksam bei der Extremismusbekämpfung“, erklärte sie. Das Grundgesetz untersage den Entzug der Staatsbürgerschaft. Es gebe keine Deutsche erster und zweiter Klasse, dies gelte auch für Eingebürgerte. Heribert Rech, Innenminister von Baden-Württemberg, hatte gefordert, eingebürgerten Ausländern die deutsche Staatsangehörigkeit wieder zu entziehen, wenn sie nach der Einbürgerung „bestimmte, gegen die Interessen der Bundesrepublik Deutschland gerichtete Verfehlungen begangen haben.“
(Azadî/ND, 14.9.2005)
Menschenhasser Otto Schily
Der Richtlinienvorschlag der EU-Kommission im Hinblick auf Schutzrechte für von Abschiebung bedrohte illegalisierte Menschen, wurde von Bundesinnenminister Schily in einem Brief an den Vizepräsidenten der EU-Kommission, Franco Frattini, kritisiert: Er erschwere Abschiebungen, würde illegale Migration nicht eindämmen und der Bekämpfung des Terrorismus zuwiderlaufen. Unerlässlich sei vielmehr, Regelungen „über erleichterte Ausweisung und Abschiebungshaft bei bestimmten Personengruppen – wie Terrorismusverdächtige oder Hassprediger“ vorzusehen. Es bestünde kein Bedarf an der Harmonisierung von Schutzrechten. Nicht einverstanden zeigte sich Schily auch von der Befristung von Wiedereinreiseverboten. Hier müsse im Gegenteil wegen der inneren Sicherheit ein unbefristetes Wiedereinreiseverbot festgeschrieben werden. Eine Abschiebungshaft von maximal sechs Monaten hält Schily auch für zu knapp bemessen. Schließlich seien es in Deutschland 18 Monate.
(Azadî/ND, 17.9.2005)
Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern planen Zentralerfassung von Flüchtlingen
Protest von Flüchtlingsorganisationen und
Linkspartei.PDS
Pläne der Bundesländer Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern (MV), spätestens ab Ende 2006 Asylsuchende in einer gemeinsamen Unterkunft in der Gemeinde Horst/MV unterzubringen, stießen auf massive Kritik von Flüchtlingsinitiativen und der Schweriner Fraktion der Linkspartei.PDS, Koalitionspartner der SPD. Statt die wenigen Flüchtlinge (Hamburg verzeichnet derzeit etwa 50 Asylanträge monatlich) „in Großunterkünften von der Bevölkerung zu isolieren“, sollen Unterkünfte in Wohnvierteln eingerichtet werden, um eine Integration von Beginn an zu ermöglichen. Nach Auffassung des Landtagsabgeordneten Peter Ritter verletze die Landesregierung die Leitlinien des Koalitionsvertrages zur Integration von Flüchtlingen und Migranten. Die Flüchtlingsräte beider Länder befürchten mit der geplanten Zentralisierung in Horst „eine Art Abschiebelager“, das die Flüchtlinge „weitab von jeglicher Infrastruktur am Rande eines Waldes“ von Rechtsberatung und Unterstützung abschneiden soll. Die Einrichtung unabhängiger Beratungsstellen lehnen das Schweriner Innenministerium und die Hamburger Innenbehörde ab.
Gegen die Absichten zu Einrichtung dieses kombinierten Einreise- und Abschiebelagers in einer ehemaligen NVA-Kaserne in Horst protestierten am 24. September Aktivist(inn)en von Flüchtlingsorganisationen. Sie forderten dezentrale Lösungen mit der Priorität einer Unterbringung in Privatwohnungen sowie das Recht auf freie Wahl des Aufenthaltsortes.
(Azadî/FR, 24.9.2005)
Kurde gefährdet angeblich
innere Sicherheit
Behörde zieht Einbürgerung zurück
Die Staatsangehörigkeitsbehörde einer süddeutschen Stadt hat einem Kurden die Einbürgerung wieder entzogen, weil er im Rahmen der Identitätskampagne „Auch ich bin PKK/ler“ im Jahre 2001 die Selbstbezichtigungserklärung unterschrieben hat und weil er in der Vergangenheit in der BRD Plakate für eine in der Türkei verbotene linke Organisation geklebt haben soll. Diese politische Betätigung ist laut Behörde „geeignet, die Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland zur Türkei nachhaltig zu beeinträchtigen“ und gefährde deren „auswärtigen Belange“. Es liege „nicht im Interesse der Bundesrepublik Deutschland“, die deutsche Staatsangehörigkeit „an Personen zu verleihen, die die innere oder die äußere Sicherheit“ der BRD „oder eines deutschen Landes gefährden.“ Ein Einbürgerungshindernis liege vor, „wenn sich der Einbürgerungsbewerber in politisch-extremistischen Organisationen betätigt“. Gegen den Bescheid der Behörde hat der Verteidiger des Mandanten einstweiligen Rechtsschutz beantragt.
(Azadî, September 2005)