Gerichtsurteile
Gericht rügt Ausweisungspraxis
Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in Leipzig hat erneut die Ausweisungspraxis in Baden-Württemberg beanstandet. Die Ausweisung von türkischen Staatsangehörigen und EU-Bürgern verstoße ohne Möglichkeit eines Widerspruchs gegen europäisches Recht und sei daher unzulässig, urteilten die Richter. Damit erklärte das BVG die Ausweisung eines in Berlin geborenen straffällig gewordenen Türken für rechtswidrig. In Baden- Württemberg seien für derartige Entscheidungen nur Regierungspräsidien als Verwaltungsinstanz zuständig. Diese Praxis widerspreche jedoch den EU-Vorgaben. So hatte im Juni 2005 der Europäische Gerichtshof entschieden, dass das europäische Recht für die Ausweisung von EU-Bürgern wie auch von Türken mit festem Aufenthaltsstatus die Beteiligung einer unabhängigen zweiten Behörde (Vier-Augen-Prinzip) vorschreibe.
Aktenzeichen: BVerwG 1 C 5.04
Grundsatzurteil: Deutsch lesen reicht für Einbürgerung
Das Bundesverwaltungsgericht (BverwG) in Leipzig hat in einem Grundsatzurteil vom 20. Oktober 2005 entschieden, dass ein seit Jahren in Deutschland lebender Ausländer auch dann Anspruch auf Einbürgerung hat, wenn er nicht so gute schriftliche Deutschkenntnisse vorweisen kann, wie das einige Bundesländer verlangen und wie sie nach dem Zuwanderungsgesetz geplant sind. Voraussetzung für eine Einbürgerung sei allerdings, dass jemand Deutsch lesen und verstehen können muss. Es reiche aus, „wenn er einen deutschsprachigen Text des täglichen Lebens lesen und deutsch diktieren sowie das mit technischen Hilfsmitteln Geschriebene auf seine Richtigkeit überprüfen kann“, so die Richter.
Diesen Leitsätzen widerspricht die Einbürgerungspraxis vor allem in Bayern und Baden-Württemberg. Möglicherweise müssen nun die Verwaltungsvorschriften zum Staatsbürgerschaftsrecht geändert, aber auch das Zuwanderungsgesetz diesem jüngsten Gerichtsbeschluss angepasst werden, das ursprünglich höhere Anforderungen festlegt.
Aktenzeichen: 5 C 8.05 und 5 C 17.05
(Azadî/taz/FR, 21.10.2005)