Vierter Kurde starb nach Schießerei in Berlin
Wieder Proteste gegen Festnahme Öcalans - Warnung vor Auseinandersetzungen
zwischen PKK und türkischen Rechten
Berlin (AP) Knapp zwei Wochen nach dem Blutbad im israelischen Generalkonsulat
in Berlin ist ein vierter Kurde seinen Verletzungen erlegen: Der 26jährige
starb nach Angaben der Polizei am frühen Samstagmorgen, ohne das Bewußtsein
wiedererlangt zu haben. Unterdessen demonstrierten erneut mehrere tausend
Kurden und Deutsche in zahlreichen deutschen Städten für die
Freilassung von PKK-Führer Abdullah Öcalan. Auch in Zürich
gab es Proteste. Nach «Focus»-Informationen mobilisieren türkische
Rechtsradikale ihre in Deutschland lebenden Landsleute gegen die verbotene
Kurdische Arbeiterpartei PKK.
Israelische Sicherheitsleute hatten den jungen Kurden am 17. Februar
angeschossen, nachdem er zusammen mit rund 75 anderen Landsleuten versucht
hatte, das Generalkonsulat in Berlin-Wilmersdorf aus Protest gegen Öcalans
Festnahme in Kenia zu besetzen. Seit den Schüssen lag er im Koma.
Drei Kurden starben sofort, 16 weitere, darunter der 26jährige, erlitten
teils schwere Verletzungen. Die drei Toten waren am Freitag von ihren Familien
in die Türkei übergeführt worden.
Die Kurdenproteste hielten die Polizei am Samstag in zahlreichen westdeutschen
Städten in Atem. Rund 300 PKK-Anhänger demonstrierten in München
friedlich für Öcalans Freilassung und skandierten Parolen gegen
Israel.
Die Polizei setzte durch, daß vor Beginn der Veranstaltung von
unzähligen Aufklebern mit Öcalans Foto der rote PKK-Stern abgerissen
wurde. In Nürnberg zogen 550 Demonstranten weitgehend friedlich durch
die Straßen, die Polizei nahm acht Menschen vorläufig fest.
In Kiel marschierten rund 800 Kurden und Deutsche durch die Innenstadt,
und in Mainz verlangten nach Polizeischätzung rund 1.200 Kurden Öcalans
Freilassung. In Frankfurt am Main verhinderten starke Kontrollen der Zufahrtswege,
daß Kurden in die Innenstadt gelangen konnten. Auch in Braunschweig
und Göttingen blieben
die Demonstrationen friedlich. In Zürich versammelten sich nach
Polizeischätzung 4.000, nach Angaben der Veranstalter 6.000 bis 7.000
Menschen und demonstrierten für eine politische Lösung im Kurdenkonflikt.
Vor Eskalation der Gewalt gewarnt
Der CDU-Innenpolitiker Erwin Marschewski verlangte unterdessen die
sofortige Ausweisung von Ausländern, die Landfriedensbruch begehen.
Er sagte der «Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung», das
Asylrecht sei ein Einfalltor für PKK-Aktivisten. So kämen gewaltbereite
politische Extremisten ins Land, die ihr Gastrecht mißbrauchten.
Das Münchner Nachrichtenmagazin «Focus» meldete, türkische
Rechtsradikale mobilisierten ihre in Deutschland lebenden Landsleute gegen
die PKK. Der Chef des Hamburger Orient-Instituts, Udo Steinbach, warnte
vor einer
Eskalation der Gewalt für den Fall, daß Öcalan hingerichtet
wird. «Dann werden Türken und Kurden in Deutschland übereinander
herfallen», sagte er dem Blatt. Der Vorsitzende des kurdischen Exilparlaments,
Yasar Kaya, kündigte jedoch ein Ende der gewalttätigen Proteste
in Deutschland an.
© AP