Von Matthias Gebauer
Entgegen der eigentlichen Planung der türkischen Behörden
ist das Grab der 18jährigen Sema Alp aus Neukölln im Südosten
der Türkei offenbar doch zu einer Art Wallfahrtsort für Kurden
und PKK-Sympathisanten geworden. Sema Alp war, wie drei andere Kurden auch,
durch die Schüsse der israelischen Sicherheitsbeamten am 17. Februar
ums Leben gekommen. Der Vater der Toten berichtete, daß kurz nach
dem Abzug der massiven Polizeikräfte am Sonntag bereits mehrere Dutzend
Angehörige und andere Kurden zum Grab gepilgert seien, um von Sema
Alp Abschied zu nehmen. „Viele Menschen fühlen mit uns und wollen
uns trösten“, so Mehmet Alp, der im Moment in Cijan bei seiner Familie
ist.
Die Entwicklung des Begräbnisortes zu einer Pilgerstätte
hatte die türkische Polizei zu verhindern versucht. Die PKK hatte
in der Vergangenheit „Gefallene“ als Helden gefeiert und für ihre
Propaganda benutzt.
Gemeinsam mit dem Geheimdienst hatte die Polizei die Familie deshalb
am Freitag von der Maschine aus Frankfurt abgeholt und direkt nach Diyarbakir
geflogen. Ebenso ging es den Angehörigen der beiden anderen toten
Kurden. Eine Dreiergruppe von Journalisten wurde abgewiesen und erst nach
stundenlangen Befragungen wieder auf freien Fuß gesetzt.
Der Familie wurde eine 10 Minuten dauernde Beerdigungszeremonie unter
massivem Polizeischutz gestattet. „Nach dieser Aktion bin ich froh, daß
wir jetzt eine Gelegenheit zur ruhigen Trauer haben“, so Mehmet Alp. Bisher,
so der Familienvater, habe die Polizei an den Dutzenden Trauergästen
keinen Anstoß genommen.
In Berlin wurde unterdessen bekannt, daß der vierte getötete
Kurde am Freitag in seine Heimat überführt werden soll. Am gleichen
Tag soll auch eine Trauerfeier in Berlin stattfinden.
Ob die türkischen Sicherheitsbehörden auch bei Sinan Karakus
eine öffentliche Beerdigung in dem hauptsächlich von Kurden bewohnten
Gebiet verhindern werden, steht noch nicht fest.