Zeuge: Israeli schoss vor Konsulat
Auch Polizisten in Gefahr - Kurden-Ausschuss beendet Beweisaufnahme
Von Jörg Meißner
Ein israelischer Sicherheitsbeamter hat beim PKK-Überfall auf das israelische Generalkonsulat am 17. Februar 1999 mehr als zehn Schüsse außerhalb des Gebäudes abgegeben. Dabei seien kurdische Demonstranten vor dem Haus getroffen und dort eingesetzte Berliner Polizeibeamte akut gefährdet worden. Das sagten gestern zwei Polizisten als Zeugen vor dem Parlaments-Untersuchungsausschuss zur Aufklärung der Geschehnisse aus.
Polizeihauptmeister Thorsten Gustke, der als einer der ersten Polizisten vor Ort war, berichtete, die Kurden hätten die Tür des Konsulats gewaltsam aufgebrochen. Daraufhin sei einer der beiden israelischen Sicherheitsbeamten herausgekommen und habe einen Demonstranten ins Bein geschossen. Kurze Zeit später seien innerhalb des Gebäudes etwa zehn Schüsse gefallen. Anschließend sei der Israeli erneut vor die Tür getreten und habe zehn bis 15 Mal auf die Kurden auf der Treppe und im Garten gefeuert.
Gustke, der nur fünf Meter von dem Schützen entfernt stand, sagte weiter, direkt vor ihm sei ein Kurde getroffen worden und kopfüber die Treppe hinuntergestürzt. «Für uns bestand eine immens hohe Gefährdungslage», so der Polizist. Er selbst habe sich hinter einen Pfeiler geflüchtet, in den Querschläger einschlugen. Als er dennoch den Kopf aus der Deckung streckte, habe er gesehen, dass der Israeli auf dem Treppenpodest vollkommen ruhig wirkte. Er habe die Waffe noch in Schussposition gehalten. Erst als er sicher war, dass aus dem Umfeld keine Gefahr mehr drohte, habe er die Waffe eingesteckt und sei ins Gebäude zurückgegangen.
Die Aussagen Gustkes wurden im Wesentlichen von einem Kollegen bestätigt. Auch dieser war vor den Schüssen des Israeli in Deckung gegangen. Beide Beamte äußerten die Auffassung, wären mehr Polizisten zu Beginn des Kurden-Angriffs eingesetzt worden, hätte das Eindringen der Demonstranten in das Konsulat verhindert werden können.
Als weiterer Zeuge sagte ein Kriminalbeamter des polizeilichen Staatsschutzes, die beiden israelischen Sicherheitsbeamten hätten nur ganz kurz vernommen werden können. Sie hätten ausgesagt, in Notwehr nur innerhalb des Gebäudes und lediglich auf die Beine der Angreifer geschossen zu haben. Aus polizeilicher Sicht wäre «eine Nachvernehmung zwingend erforderlich» gewesen. Wegen des Diplomatenstatus der Israelis sei dies jedoch nicht möglich.
Bei dem Überfall auf das Konsulat waren vier kurdische Angreifer
erschossen worden. Der Untersuchungsausschuss, der zum zweiten Mal ohne
CDU-Beteiligung tagte, hat nach Angaben seines Vorsitzenden Wolfgang Wieland
(B 90/Grüne) mit der gestrigen Befragung seine Beweiserhebung abgeschlossen.
In 14 Tagen würden SPD, Grüne und PDS eine gemeinsame Abschlusserklärung
vorlegen. Laut Wieland ist die Notwehr-Version der Israelis zumindest für
die Vorgänge außerhalb des Konsulats aufgrund der Polizei-Aussagen
nicht mehr nachvollziehbar.