Einen Monat nach den Schüssen noch viele Fragen offen
Zeugenvernehmung noch nicht abgeschlossen.
Grüne legen detaillierten Fragenkatalog vor
Vier Wochen nach den tödlichen Schüssen am israelischen Generalkonsulat
ist ein Ende der Ermittlungen durch die Generalstaatsanwaltschaft nicht
abzusehen. Wie Justizsprecherin Michaela Blume der taz sagte, „sind noch
mindestens zwei Monate oder länger nötig“, um die Vorfälle
aufzuklären. Noch immer würden Zeugen und Beschuldigte vernommen.
Bislang sind bereits 200 Personen befragt worden. Es wurden zudem 32 Haftbefehle
gegen Kurden erlassen und 15 Geschosse sichergestellt.
Zwei Tage nach der Festnahme des PKK-Führers Abdullah Öcalan
und seiner Verschleppung in die Türkei hatten rund 70 Kurden am Mittag
des 17. Februars versucht, das Konsulatsgebäude zu besetzen. Israelische
Sicherheitsbeamte erschossen dabei drei Kurden. Ein vierter erlag seinen
Verletzungen wenige Tage später. Mindestens zwölf Menschen wurden
durch weitere Schüsse verletzt, einige auch von hinten.
Gestern legten die Grünen unterdessen einen detaillierten Fragenkatalog
vor, der im letzte Woche beschlossenen Untersuchungsausschuß beantwortet
werden soll. Auch die PDS hatte sich für die Einsetzung eines derartigen
Ausschusses ausgesprochen. Es soll vor allem geklärt werden, ob die
Polizei die versuchte Besetzung des Hauses hätte verhindern können.
Die Grünen stellen unter anderem auch die Frage, warum das türkische
und US-amerikanische Konsulat sowie das Willy-Brandt- Haus erheblich stärker
durch die Bereitschaftspolizei geschützt waren als das israelische
Generalkonsulat. Seit dem Ansturm auf das Konsulat hat Berlins Innensenator
Eckart Werthebach (CDU) immer wieder die rund 28.000 Mitarbeiter zählende
Hauptstadtpolizei verteidigt. Angesichts der großen Zahl an gefährdeten
Objekten könne die Polizei nicht überall sein. Auf dieses Problem
habe man mit einem sogenannten Raumschutzgesetz reagiert. Hiermit sollen
Polizisten flexibel und rasch an einem möglichen Gefahrenort eingesetzt
werden. Kritiker wies er mit den Worten zurück: „Wenn wir prophetische
Gaben hätten, dann hätten wir anders entschieden.“
Der zweite Komplex, der im Untersuchungsausschuß geklärt
werden soll, befaßt sich mit mit den Vorgängen vor und im Konsulat.
Die zentrale Frage wird sein: Wie haben sich die israelischen Schicherheitsbeamten
im und vor dem Generalkonsulat verhalten? Und zu welchem Zeitpunkt haben
sie wie viele Schüsse abgefeuert?
Unterdessen hat der bündnisgrüne Abgeordnete Riza Baran,
der selbst Kurde ist, einen offenen Brief an den CDU-Fraktionschef Klaus-Rüdiger
Landowsky geschrieben. Darin formuliert der Abgeordnete sein Befremden
über die Formulierung, mit der Landowsky auf den Tod der 18jährigen
Sema Alp reagiert hatte. Landowsky hatte sich darüber betroffen
gezeigt, daß „ein junges Mädchen, jünger als seine eigene
Tochter, ums Leben kommen mußte“. Baran schreibt: „Das hat mich gerührt,
aber auch irritiert.“
Annette Rollmann