Erster Prozeß wegen der Besetzung des
israelischen Konsulats endet mit mildem Urteil
Der 19jährige Kurde Imren S. ist gestern von einem Berliner Strafgericht
wegen Hausfriedensbruchs zu vier Wochen Jugendarrest verurteilt worden.
Der Angeklagte gehörte zu den etwa 70 KurdInnen, die sich am 17. Februar
an der Besetzung des israelischen Konsulats beteiligten. Mit dem Prozeß
wurden erstmals die kurdischen Proteste in Berlin nach der Verhaftung des
PKK-Vorsitzenden Abdullah Öcalan vor einem Gericht verhandelt.
Von der ursprünglichen Anklage des schweren Landfriedensbruchs
gegen Imren S. blieb nach der Vernehmung von zwei Polizeizeugen wenig übrig.
Ein Polizist will den Angeklagten mit einer Holzlatte herumfuchteln gesehen
und einige Zeit später an seiner blauen Mütze bei der Festnahme
wiedererkannt haben. Doch mit letzter Sicherheit wollte er sich nicht festlegen,
zumal alle DemonstrantInnen ziemlich einheitlich gekleidet waren, wie er
zugeben mußte.
Der zweite Polizist konnte zu den Vorwürfen überhaupt nichts
sagen, weil er erst dazukam, als der junge Kurde festgenommen wurde. Beide
bestätigten, daß der Angeklagte nach den Schüssen israelischer
Wachsoldaten in Panik das Konsulatsgelände über den Zaun verlassen
habe und sich sofort auf den Boden legte, als Polizeibeamte auf ihn zukamen.
Bei seiner Festnahme leistete er keinen Widerstand. Selbst die Staatsanwaltschaft
plädierte am Ende nur noch für eine Verurteilung wegen schweren
Hausfriedensbruchs. Das Gericht entschied schließlich auf einfachen
Hausfriedensbruch und verurteilte S. zu vier Wochen Jugendarrest, der mit
der fast dreimonatigen Untersuchungshaft abgegolten ist.
Wolfgang Kalek, Rechtsanwalt der Kurden, wies in seinem Plädoyer
darauf hin, daß bei diesem Tatvorwurf Untersuchungshaft völlig
unüblich sei. Noch beim letzten Haftprüfungstermin habe aber
die Staatsanwaltschaft wegen der Generalprävention die Aufhebung des
Haftbefehls abgelehnt. Kalek erinnerte daran, daß seinem in Deutschland
geborenen Mandanten die Ausweisung in die für ihn völlig fremde
Türkei mit anschließender politischer Verfolgung gedroht hätte,
wenn die ursprünglichen Anklagepunkte aufrechterhalten worden wären.
Am Freitag wird auch auf politischer Ebene mit der Klärung der
Vorgänge rund um das israelische Generalkonsulat begonnen. Unter
der Leitung des innenpolitischen Sprechers der Grünen-Fraktion, Wolfgang
Wieland, wird erstmals der vom Abgeordnetenhaus beschlossene Untersuchungsausschuß
zusammentreten. Das Gremium tagt hinter verschlossenen Türen.
Peter Nowak
taz Berlin, 6.5.1999