Muß Joschka Fischer aussagen?
Ausschuß zum Kurden-Angriff auf das israelische Generalkonsulat
nimmt seine Arbeit auf
Von Jörg Meißner und Dirk Banse
Prominente Bundespolitiker und Vertreter von überregionalen Behörden
wie Bundesamt für Verfassungsschutz, Bundesnachrichtendienst oder
Bundeskriminalamt müssen damit rechnen, in Berlin in den Zeugenstand
gerufen zu werden. Vorgeladen werden sie möglicherweise vom Untersuchungsausschuß
zur Aufklärung der Erstürmung des israelischen Generalkonsulats
durch PKK-Anhänger am 17. Februar 1999.
Das Gremium tritt heute zu seiner konstituierenden Sitzung erstmals
im Abgeordnetenhaus zusammen. Ungewöhnlichster Zeuge könnte im
weiteren Verlauf Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne)
sein.
«Wen wir laden werden, können wir erst nach gründlichem
Aktenstudium sagen», betonte der justizpolitische Sprecher der CDU-Fraktion,
Andreas Gram, gestern gegenüber der Berliner Morgenpost. Vorladungen
von Zeugen aus Bonn und aus Bundesbehörden wolle er aber nicht ausschließen.
Gram fungiert im Untersuchungsausschuß als stellvertretender
Vorsitzender. Geleitet wird das Gremium vom Grünen-Abgeordneten Wolfgang
Wieland, der damit auch einziger Vertreter seiner Partei im Ausschuß
ist. Für die CDU sind neben Gram noch die Abgeordneten Joachim Bohm
und Nicolas Zimmer dabei. Die SPD ist mit Hans-Georg Lorenz und Frank Ebel,
die PDS mit der Abgeordneten Marion Seelig vertreten.
Aufgeklärt werden sollen die Begleitumstände, die nach der
Entführung von PKK-Chef Öcalan am 15. Februar 1999 aus Kenia
in die Türkei zu massiven Ausschreitungen von PKK-Anhängern auch
in Berlin führten. Insbesondere soll untersucht werden, wie
es trotz erhöhter Alarmbereitschaft der Berliner Polizei zur Erstürmung
des israelischen Generalkonsulats am 17. Februar kommen konnte. Dabei waren
vier kurdische Eindringlinge von israelischen Sicherheitskräften erschossen
worden.
CDU und SPD im Abgeordnetenhaus sind der Meinung, daß die Sachverhalte,
soweit sie in Berlin zu verantworten sind, vom Parlament bereits ausreichend
aufgehellt wurden. Der Untersuchungsausschuß wird deshalb von beiden
Koalitionspartnern für überflüssig gehalten, zumal kaum
Aussicht besteht, die komplexe Materie in den wenigen Monaten bis zur Wahl
am 10. Oktober auch nur annähernd zu durchforsten.
Die Oppositionsfraktionen Bündnis 90/Die Grünen und PDS haben
das Gremium mit der erforderlichen Mehrheit dennoch durchgesetzt. Sie sind
der Meinung, daß es im Vorfeld des blutigen Geschehens am 17.
Februar Versäumnisse im Berliner Sicherheitsapparat gab. Geklärt
werden soll unter anderem, ob politisch Verantwortliche versagt haben.
Die israelische Seite will den Ausschuß nicht kommentieren. «Wir
haben unsere Untersuchungen bereits im Februar abgeschlossen», erklärte
am Donnerstag der Sprecher der israelischen Botschaft, Din Heiman. Ergebnis
der Untersuchungen: Die israelischen Sicherheitsbeamten haben sich, so
die Erklärung, streng nach Vorschrift verhalten. Dort heißt
es auch, daß die israelische Seite zu keinem Zeitpunkt die wertvolle
Arbeit der deutschen Sicherheitsbehörden kritisiert habe.
Zustimmung findet der Ausschuß bei den Kurden. Wichtig sei nur,
daß alle Seiten objektiv beleuchtet werden sollten. Das fordert der
kurdische Verein Awadani. Er warnt davor, den Ausschuß zu Wahlkampfzwecken
zu benutzen.