Werthebach: Warnungen kamen zu spät Innensenator rechtfertigt Verhalten beim Überfall auf das israelische Konsulat in Berlin
Von Andreas Baumann
Berlin Drei Monate nach dem Blutbad im israelischen Generalkonsulat
in Berlin hat Innensenator Eckart Werthebach (CDU) indirekt Vorwürfe
gegen die Sicherheitsbehörden des Bundes erhoben. Verfassungsschutz
und Bundeskriminalamt hätten die Berliner Sicherheitskräfte am
17. Februar erst gegen 13.20 Uhr vor dem für 14 Uhr geplanten Sturm
kurdischer Extremisten auf das Konsulat gewarnt, sagte Werthebach vor dem
Untersuchungsausschuß des Abgeordnetenhauses. Die Polizei sei „durch
verspätete Informationen in eine schlechtere Ausgangsposition geraten".
Bis kurz vor der Tragödie lagen dem Innensenator nach eigenen
Angaben nur allgemeine Warnungen vor, daß türkische, amerikanische,
griechische, kenianische und israelische Objekte gefährdet seien.
Die Polizei habe ihre Schutzmaßnahmen angemessen verschärft.
Lediglich für die Berliner Außenstelle der US-Botschaft habe
es eine konkrete Warnung gegeben. Elf Minuten nach den Hinweisen auf das
israelische Generalkonsulat seien die Beamten dort verstärkt worden.
Die 23 Polizisten wurden dann allerdings von den Kurden überrannt.
Israelische Sicherheitsleute erschossen vier der Angreifer. Stunden vor
dem Blutbad hatte es zwischen dem Innenstaatssekretär Kuno Böse
(CDU) und dem Leiter des polizeilichen Staatsschutzes ein Gespräch
gegeben, wie Werthebach berichtete. Ergebnis sei gewesen, daß wegen
„der hohen Eigensicherung des israelischen Generalkonsulates eine Gefährdung
eigentlich ausgeschlossen" sei. Unklar blieb gestern, ob der Berliner Verfassungsschutz
womöglich schon am Vorabend Hinweise auf die geplante Besetzung hatte,
wie die PDS vermutet. Werthebach sagte, eine „nachgeordnete Behörde"
habe ihm eine relevante Information erst nach den Ereignissen mitgeteilt.
Diese als geheim eingestufte Information sollte in nichtöffentlicher
Sitzung besprochen werden. Unterdessen ist der Berliner Polizeipräsident
Hagen Saberschinsky unter Druck geraten. Nach Informationen des SFB hatte
Staatssekretär Böse den Polizeichef am 16. Februar auf eine Gefährdung
israelischer Einrichtungen hingewiesen. Der erwiderte laut einem Telefonprotokoll:
„Ja, ja, wir schützen die ganze Welt." Innensenator Werthebach betonte
am Freitag, es habe sich um eine spontane Reaktion gehandelt, die angesichts
der Vielzahl unkonkreter Warnhinweise „nicht zu beanstanden" sei. Der Vorsitzende
des Untersuchungsausschusses, Wolfgang Wieland (Bündnis 90/Grüne),
plädierte für eine Zeugenvernehmung Saberschinskys. Geklärt
werden müsse, ob die Gefährdung des israelischen Konsulats von
der Polizei unterschätzt worden sei. Saberschinsky bezeichnete die
Veröffentlichung des Telefonats als „empörende Kampagne" gegen
die Polizei.