Berlin (dpa) - Nach dem Kurden-Sturm auf das israelische Generalkonsulat Mitte Februar in Berlin hat ein Polizeivideo neue Spekulationen über den Ablauf der Ereignisse ausgelöst. Damals waren vier Kurden erschossen worden.
Nach den Berichten des Fernsehsenders VOX und des ARD-Magazins «Kontraste» vom Donnerstag sollen entgegen der Darstellung israelischer Behörden die Schüsse von Sicherheitsbeamten nicht nur aus Notwehr gefallen sein. Zu dem Ablauf der Ereignisse sollen heute (Freitag) der Berliner Polizeipräsident Hagen Saberschinsky, Innenstaatssekretär Kuno Böse und der Chef der Schutzpolizei Gernot Piestert vor einem Untersuchungsausschuß des Abgeordentenhauses befragt werden.
Bei der Eskalation der Kurden-Proteste in Berlin zwei Tage nach der Verhaftung des Führers der kurdischen Separatistenorganisation PKK, Abdullah Öcalan, wurden außerdem mindestens zwölf Demonstranten zum Teil schwer verletzt. Die Festnahme Öcalans am 15. Februar in Kenia hatte europaweit in zahlreichen Städten Protestaktionen und Ausschreitungen von PKK-Anhängern ausgelöst.
In dem ausgestrahlten Video eines Polizeibeamten ist eine Gruppe von Kurden zu sehen, die nach mehreren Schüssen von der Eingangstreppe des Konsulates in Panik flüchtet. Ein Polizist ruft, daß scharf geschossen werde. Gegen die Notwehrdarstellung der Israelis sprechen den Berichten zufolge die Blutspuren vor dem Gebäude. Verletzte Kurden liegen schreiend auf der Straße. Nach früheren israelischen Angaben hatten sich die Sicherheitsbeamten streng nach Vorschrift verhalten. Die Schüsse seien innerhalb des Konsulates und nur aus Notwehr abgefeuert worden.
Berlins Polizeichef steht seit den Ereignissen vom 17. Februar unter Druck. Es geht um die Frage, ob das Generalkonsulat in der Hauptstadt ausreichend geschützt wurde. Am Tag der Erstürmung standen drei Wachpolizisten vor dem Konsulat.
Siegener Zeitung, 28.5.99