Berlin (dpa) - Dem Berliner Verfassungsschutz ist vor dem Sturm von
Kurden auf das israelische Generalkonsulat mit vier Todesopfern möglicherweise
eine gravierende Panne unterlaufen. Nach einem Bericht der Berliner Zeitung
«Tagesspiegel» hatte das Amt trotz genauer Erkenntnisse über
das Zusammentreffen der Kurden am Morgen des 17. Februar keinen V-Mann
zur Beobachtung geschickt. Damit sei eine frühzeitige Warnung ausgeblieben,
berichtete die Zeitung am Mittwoch. Am Donnerstag beginnt unterdessen vor
dem Berliner Landgericht ein weiterer Prozeß gegen einen Kurden,
der an den Krawallen im Februar beteiligt war. Ein Sprecher des Berliner
Verfassungsschutzes erklärte, zum Einsatz nachrichtendienstlicher
Mittel würden grundsätzlich keine Angaben gemacht. Der innenpolitische
Sprecher der SPD-Fraktion, Hans- Georg Lorenz, sagte: «Es gibt in
Berlin kein Sicherheitskonzept.» Die Stadt sei nicht hauptstadtfähig.
«Fehler werden vertuscht», sagte Lorenz. Nicht der V-Mann,
sondern die Spitzen der Sicherheitsbehörden seien verantwortlich.
Laut Zeitung wollten sich die Kurden am 17. Februar um 5.00 Uhr in einer
PKK-nahen Einrichtung im Berliner Bezirk Kreuzberg treffen, um weitere
Aktionen gegen die Festnahme des kurdischen Separatistenführers Abdullah
Öcalan zu unternehmen. Zuvor war bereits das griechische Generalkonsulat
in Berlin besetzt und verwüstet worden. Der Informant des Verfassungsschutzes
habe sich aber nicht zu diesem Treffen der Kurden begeben, sondern sei
normal zur Arbeit gegangen. Der Vorsitzende des parlamentarischen Untersuchungsausschusses
zu den Sicherheitskonzepten vor den Kurdenkrawallen, Wolfgang Wieland (Bündnis
90/Grüne), sagte der Zeitung, damit werde die Vermutung bestätigt,
«daß der Quellenschutz beim Verfassungsschutz vorgeschoben
wird, um das Amt zu decken». Dem Ausschuß wurde laut Zeitung
bislang die Einsicht in Akten des Verfassungsschutzes von der Innenverwaltung
wegen des Quellenschutzes verwehrt. Bei der Erstürmung des Konsulats
waren vier Kurden von israelischen Sicherheitsleuten erschossen worden,
nachdem Polizeikräfte von den zahlenmäßig überlegenen
Kurden überrannt worden waren.