Weiterer Prozeß um Gewalttaten bei Kurden-Protest in Berlin -
Abendmeldung
27jähriger soll Polizisten angegriffen haben - Bewährungsstrafen
für Besetzung in Hamburg
Berlin (AP)
Fünf Monate nach den gewalttätigen Ausschreitungen von Kurden
wegen der Festnahme von PKK-Chef Abdullah Öcalan hat in Berlin ein
weiterer Prozeß gegen einen mutmaßlichen Gewalttäter begonnen.
Dem 27jährigen Mann wird vorgeworfen, im Februar sowohl bei der Besetzung
des griechischen Generalkonsulats als auch beim Sturm auf das israelische
Generalkonsulat in der Hauptstadt Polizisten angegriffen zu haben. In Hamburg
wurden vier Kurden wegen Besetzung der SPD-Landeszentrale zu Bewährungsstrafen
verurteilt.
Das Berliner Verfahren ist das dritte in einer Serie von Prozessen wegen dieser Vorfälle in der Hauptstadt. Der wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte, Landfriedensbruchs und versuchter gefährlicher Körperverletzung Angeklagte verweigerte vor der Staatsschutzkammer des Landgerichts jede Aussage. Er soll am 16. Februar vor dem griechischen Generalkonsulat mit einem Hammer und am 17. Februar nahe der israelischen Vertretung mit einer Eisenstange auf Polizisten eingeschlagen haben.
Die am Donnerstag als Zeugen gehörten Beamten stützten die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft allerdings nicht. Ein 21jähriger Polizist sagte über den Angeklagten: «Ich kann mich an diesen Herrn nicht erinnern.» Daß bei einer Auseinandersetzung vor der griechischen Vertretung ein Hammer benutzt worden sei, habe er daraus geschlossen, daß er das Werkzeug nach dem Handgemenge am Boden liegen sah. Ein 35jähriger Zugführer hatte nach eigener Aussage den Angeklagten zwar in der Nähe des israelischen Konsulats «eventuell gesehen», konnte aber keine Aussagen zu möglichen Aktionen des 27jährigen machen. In Berlin war bereits Anfang Juli ein 31jähriger Kurde wegen der Vorfälle an der israelischen Vertretung zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt worden.
Prozeß in Leipzig vor Jugendkammer
Das Hamburger Landgericht verurteilte am Donnerstag vier Kurden wegen der Besetzung der SPD-Landeszentrale am 17. Februar zu jeweils einem Jahr Haft auf Bewährung. Die Männer waren unter anderem wegen schweren Landfriedensbruchs und Sachbeschädigung angeklagt. Die 23 bis 41 Jahre alten Männer standen nicht wegen Geiselnahme vor Gericht, obwohl bei der Besetzung der SPD-Kreisgeschäftsführer Dirk Sielmann stundenlang festgehalten worden war. Gegen die mutmaßlichen Geiselnehmer soll es im Herbst einen weiteren Prozeß geben.
In Leipzig erhob die Staatsanwaltschaft Anklage gegen mutmaßliche Rädelsführer der Geiselnahme im griechischen Generalkonsulat. Ihnen wird wegen der Besetzung im Zusammenhang mit den Öcalan-Protesten gemeinschaftliche Geiselnahme, Landfriedensbruch in besonders schwerem Fall sowie schwerer Hausfriedensbruch vorgeworfen. Der Prozeß wird voraussichtlich im Herbst vor der Jugendkammer beginnen, da einer der Angeklagten zur Tatzeit erst 20 Jahre alt war.
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