Sturm aufs Konsulat: Behörde will ein Dutzend Kurden ausweisen
Demonstranten droht der Prozeß / 130 Beschuldigte ermittelt
Von Marlies Emmerich und Lutz Schnedelbach
Berlin will etwa ein Dutzend Kurden, die bei der Erstürmung des israelischen Generalkonsulats im Februar gewesen sein sollen, schnell aus Deutschland ausweisen. Das hat am Dienstag die Sprecherin der Ausländerbehörde, Isabelle Kalbitzer, bestätigt. Es soll sich im wesentlichen um die gleichen Personen handeln, denen die Justiz schweren Landfriedensbruch vorwirft. Bei der Erstürmung des Konsulats waren vier Kurden getötet, mehrere schwer verletzt worden. Nach Angaben des kurdischstämmigen Abgeordneten Giyasettin Sayan (PDS) ist der Kreis der von Ausweisung Bedrohten noch höher. Es seien 18 Ausweisungen positiv entschieden worden, 43 Kurden würden überprüft. "Eine nicht zumutbare Härte", so Sayan.
Wie Kalbitzer sagt, könne die Ausweisung ohne rechtskräftige Verurteilung erfolgen. Dies sehe das vor zwei Jahren geänderte Ausländergesetz vor. Allerdings gebe es die Möglichkeit, Widerspruch einzulegen. Zudem sei in es eher üblich, den Ausgang von Strafverfahren abzuwarten.
Mit Blick auf einen langen Rechtsstreit bezeichnet der Grünen-Politiker Wolfgang Wieland die angedrohten Ausweisungen als "Aktionismus der CDU im Wahlkampf." Zu einer wirklich sinnvollen Aufklärung der Vorfälle gehöre im übrigen nicht zuletzt eine juristische Aufarbeitung.
Neben den von Ausweisung Bedrohten ermittelt die Justiz nach Angaben von Sprecherin Michaela Blume gegen rund 130 Beschuldigte "querbeet". Neben Landfriedensbruch werden den bei der Erstürmung des Konsulats beteiligten Kurden unter anderem Sachbeschädigung, Körperverletzung, Hausfriedensbruch oder Verstoß gegen das Versammlungsrecht vorgeworfen. Gegen den ersten Angeklagten beginnt das Hauptverfahren am 16. Juni vor dem Landgericht. Der Mann soll einen Polizisten mit einer Eisenstange geschlagen haben. Im Juli folgen weitere Prozesse. Es gebe 16 Anklagen und acht Ermittlungsverfahren, so die Sprecherin. Die Hauptbeschuldigten säßen in Untersuchungshaft.
Zu Prozeßbeginn rechnet die Polizei ebenso mit Protesten wie bei der voraussichtlich Ende Juni anstehenden Verurteilung des PKK-Führers Öcalan in der Türkei. "Wenn sich die Lage zuspitzt, können wir türkische und israelische Gebäude in kurzer Zeit wieder zu Festungen umbauen und notfalls den Bundesgrenzschutz anfordern", so ein Polizist.