Berliner Abgeordnete beharren auf Schilys Auftritt
Bundesverwaltungsgericht soll Minister zwingen, vor einem Ausschuß auszusagen
Von Karl-Heinz Baum (Berlin)
Müssen Bundesminister und Bundesbeamte vor einem Landtagsausschuß aussagen, auch wenn die Bundesregierung das nicht will? Auch nach fünfzig Jahren Bundesrepublik Deutschland ist die Frage ungeklärt. Oder besser: Wenn die Bundesregierung eine Aussage für Minister oder Beamte ablehnte, haben das bisher die Landtage hingenommen.
Doch das Berliner Abgeordnetenhaus will jetzt Bundesinnenminister Otto Schily und den Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz Peter Frisch trotz Regierungs-Veto zur Aussage zwingen. Am Donnerstag beantragte Präsident Herwig Haase für das Land Berlin beim Bundesverwaltungsgericht eine Einstweilige Anordnung gegen die Bundesrepublik Deutschland.
Es geht um Vorfälle im israelischen Generalkonsulat in Berlin-Wilmersdorf am 17. Februar. An diesem Tag haben israelische Sicherheitsleute auf dem Gelände des Konsulats vier Kurden erschossen, die zusammen mit anderen gegen die Verschleppung des PKK-Führers Abdullah Öcalan am Vortag protestierten. Ein Ausschuß des Berliner Parlaments untersucht das Geschehen und die Sicherheitslage an beiden Tagen. Die Regierung findet, der Ausschuß überschreite seine Zuständigkeit, Bundesangelegenheiten habe er nicht zu untersuchen.
In Berlin sieht man das anders. Ausschußvorsitzender Wolfgang Wieland (Bündnisgrüne), ein Strafverteidiger, räumt zwar dem Ausschuß auch nur ein eingeschränktes, auf Berlin bezogenes Interesse ein, die Dinge aufzuklären. Doch benötige der Ausschuß die Zeugen da, wo sie möglicherweise Abläufe in Berlin beeinflußt haben. Sie sollen allein zu Fragen reden, die sich unmittelbar aufs Handeln an beiden kritischen Tagen in Berlin beziehen: Wie wurde die mögliche Gefahr, daß Kurden das Konsulat besetzen könnten, analysiert? Was übermittelte die Bundesregierung nach Berlin? Wer hat mit wem über was telefoniert? Wurde der Bundesgrenzschutz zur Hilfe angeboten?
Die Klage fußt auf § 50 der Verwaltungsgerichtsordnung. Danach entscheidet das höchste deutsche Verwaltungsgericht "im ersten und letzten Rechtszug", also endgültig, über Streitigkeiten zwischen Bund und Ländern, wenn sie kein Verfassungsrecht berühren. Damit das Gericht nicht über kleinkarierte Streitereien befinden muß, hat es festgelegt, vorgelegte Fragen dürften "nicht landläufige Verwaltungsstreitgkeiten" sein.